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1.1.17 Natürlicher Preis / Marktpreis

Die neoklassische Marginalanalyse bringt im Grunde keinen Erkenntnisfortschritt zu Adam Smith. Im Grunde stehen die relevanten Aussagen bezüglich der Funktionsweise von Märkten schon im siebten Kapitel des zweiten Buches von Wealth of Nations (OF THE NATURAL AND MARKET PRICE OF COMMODITIES).

Zugute halten kann man der Neoklassik nur, dass sie mit den unseligen drei Produktionsfaktoren aufgeräumt hat und alles schlicht in die Herstellungskosten gepackt hat.

Für Adam Smith gibt es drei Produktionsfaktoren: Arbeit, Kapital und Boden, wobei im Grunde das Kapital entscheidend ist, denn dieses setzt die anderen erst in Gang.

Die Arbeiter erhalten Lohn, die Grundbesitzer, die die Nahrung und Rohstoffe liefern, eine Rente und das Kapital erzielt einen Profit. Hinsichtlich Lohn, Rente und Profit geht er nun ebenfalls von einer Wettbewerbssituation aus. Er geht also davon aus, dass die Arbeiter immer dahin wandern, wo sie am meisten verdienen, das Kapital dahin wandert, wo es am meisten Rendite abwirft und der Grundbesitzer den Ertrag des Bodens an denjenigen verkauft, der am meisten bezahlt.

Schon an dieser Stelle ist er näher an der Beschreibung einer marktwirtschaftlichen Ordnung als die Neoklassik, denn er beschreibt hier komplexe Allokationswirkungen. Die Löhne, Renten und Kapitalgewinne, die sich so einspielen, nennt er "natürlich".

"Natürlich" nennt er also einen Zustand, bei dem der Ertrag aus den drei Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Boden in jeder Verwendung gleich ist, wobei er allerdings nie expressis verbis erläutert, was er unter "natürlich" eigentlich versteht. Das muss man sich denken.

Damit liefert er aber schon fast eine Marginalanalyse. Arbeit, Kapital und Boden wandert solange ab, bis sich die Grenzerträge in jeder Verwendung ausgleichen, also in jeder Verwendung die letzte Einheit den gleichen Ertrag liefert. Er umschreibt also, dass z.B. eine höhere Produktivität des Kapitals zu einer Abwanderung von Arbeit führen kann, nämlich solange, bis der Grenzertrag der Arbeit dem Grenzertrag des Kapitals wieder entspricht. Es ist eine Marginalanlyse. Der Ordoliberalismus muss sich nicht auf die Neoklassik berufen, was er ja auch nicht tut. Das wesentliche steht schon bei Adam Smith, man muss ihn nur genau lesen. Der "natürliche" Preis für einen Produktionsfaktor ist der Grenzertrag.

Diese drei Komponenten, Lohn, Rente und Profit sind nun Bestandteil des Preises einer Ware. Dieser Preis ist der natürliche Preis. Ein Marktpreis, also ein tatsächlicher Preis, der unterhalb dieses Preises liegt, kann keinen Bestand haben, denn dann würden die Arbeiter sich eine Arbeit suchen, wo der "natürliche" Preis bezahlt wird, die Bodenbesitzer würden an jemanden verkaufen, der den "natürlichen" Preis für die Erträge des Bodens bezahlt und das Kapital würde dahin wandern, wo es sich mit dem "natürlichen" Zins verzinst. Liegt der Marktpreis aber über diesem "natürlichen" Preis, werden Arbeiter, Grundbesitzer und Kapital in diesen Sektor einwandern, das Angebot erhöhen und der Marktpreis wird wieder auf den natürlichen Preis fallen.

When the price of any commodity is neither more nor less than what is sufficient to pay the rent of the land, the wages of the labour, and the profits of the stock employed in raising, preparing, and bringing it to market, according to their natural rates, the commodity is then sold for what may be called its natural price. Ist der Preis einer Ware weder höher noch geringer als das, was nötig ist um die Rente des Landes, die Löhne für die Arbeit und den Profit auf das Kapital zu bezahlen, der, nach den natürlichen Raten, für die Aufzucht, Zubereitung und Transport zum Markt nötig ist, dann wird es zu dem verkauft, was wir den natürlichen Preis nennen.

aus: Book II, Chapter VII

Der kleine Schönheitsfehler bei Adam Smith ist der innere Widerspruch. Die oben stehende Aussage impliziert nämlich, dass die Nachfrage einen Einfluss auf den Markpreis hat. Ergäbe sich der Wert einer Ware lediglich aus der in ihr verkörperten Arbeit, wie er einige Kapitel vorher behauptet, siehe produktive und unproduktive Arbeit, dann kann es keinen Unterschied zwischen Marktpreis und natürlichem Preis geben.

Dass es einen solchen aber bei Adam Smith gibt, wollten Marx und Ricardo einfach nicht wahrhaben, wobei man den Irrtum verstehen kann, wenn man die damaligen Verhältnisse berücksichtigt. Bei einem reinen Anbietermarkt, wo alles, was produziert wird auch abgesetzt werden kann und die Nachfrageseite immer rationiert ist, kann der Eindruck entstehen, dass allein die Kostenstruktur den Wert einer Ware bestimmt. Dass andere extrem ist dann Carl Menger. Bei ihm bestimmt sich der Wert der Ware allein aus der Nachfrage.

(Allerdings ist es selbst dann nicht richtig. Auch bei einem reinen Anbietermarkt, wo also alles was produziert wird auch abgesetzt werden kann, wird das produziert, was den größten Gewinn bringt und das hängt von der Nachfrage ab.)

Reflektiert jemand unbefangen über Märkte und ohne in ein Lehrbuch der VWL zu schauen, dann wird er ungefähr so argumentieren wie Adam Smith. Arbeit, Kapital und Boden würde er allerdings schlicht zu Kosten zusammenfassen. Er würde allgemein mit Kosten argumentieren und diese wiederum in die verschiedenen Kostenarten zerlegen, wenn er an Allokationsproblemen interessiert ist.

Er würde in etwa so wie Adam Smith argumentieren, also mit dem gesunden Menschenverstand, ganz ohne neoklassische Marginalanalyse mit angeschlossenem Mathematik Hokuspokus. Genau darin besteht nämlich die Stärke der marktwirtschaftlichen Ordnung. Ihre Prinzipien werden von 100 Prozent der Menschheit ohne jede Reflexion verstanden, bzw. 100 Prozent der Menschheit verhalten sich marktwirtschaftlich.

Würde die marktwirtschaftliche Ordnung von einem Verständnis der Marginalanalyse und deren mathematischer Modellierung abhängen, dann würde sie nicht funktionieren, denn das versteht kein Schwein und folglich wüsste auch niemand, was er zu tun oder zu lassen hat.

(Mal unabhängig von allen bereits genannten Kritikpunkte: die ökonomischen Modelle erfassen Effekte, aber keine Ursachen; das entscheidende Moment der marktwirtschaftlichen Ordnung, mangelnde Information, ist nicht Bestandteil des Modells; ökonomische Modelle gehen von Planbarkeit aus, dann wäre aber die Planwirtschaft überlegen; ökonomische Modelle sind widersprüchlich, da sie zwar von strukturellen Problemen absehen, aber trotzdem Renten hypostasieren.)

Tendenziell werden Leute den Beruf wechseln, wenn sie irgendwo anders mehr verdienen. Bauern pflanzen Mais an, der zu Biodiesel verarbeitet wird, wenn das mehr bringt als Weizen für Brot. Das Kapital wandert ab, an den Finanzmärkten im Bruchteil einer Sekunde, wenn es irgendwo rentabler angelegt werden kann.

Die Probleme, die jetzt jedem in den Sinn kommen, hat Adam Smith bereits gesehen, quer durch das ganze Buch, nennt er zig Beispiele. Kapital, das in Anlagen gebunden ist, kann nicht in eine rentablere Verwendung wandern, zumindest nicht kurzfristig. Für den Erwerb bestimmter Qualifikationen braucht man Zeit, so dass die Leute eben nicht sofort den Arbeitsplatz wechseln können. Hier bräuchte man eine Stärkung der formalen und vor allem der informalen Bildungslandschaft. Von der Tendenz her ist es aber das, was wir täglich erleben und was wir auch meinen, wenn wir vom Gesetz von Angebot und Nachfrage sprechen. Wir meinen dann, dass der Preis von der Kostenstruktur (Anbieterseite) und der Präferenzststruktur (Nachfrageseite) determiniert ist.

Die scheinbar größere Präzision des neoklassischen Modells und der Marginalanalyse ist mit einer völligen Abstrahierung von der Wirklichkeit erkauft. Hat man aber die Auswahl, zwischen einem Erklärungsmuster, das die Realität für praktische Zwecke ausreichend genau beschreibt und einem Modell, das zwar präzise, aber für praktische Zwecke und für die Erklärung der Realität völlig unbrauchbar ist, dann ist dem Modell der Vorzug zu geben, welches die Realität ausreichend präzise beschreibt. Wir werden diese Aussagen später, wenn wir über Alfred Marshall sprechen, relativieren. Was Léon Walras, Carl Menger und Vilfredo Pareto angeht, die anderen Neoklassiker, die durch die Lehrbücher der Mikroökonomie geistern, werden wir sie nicht relativieren. Es wäre ein großer Fortschritt, wenn man diese drei Kandidaten schlicht aus den Lehrbüchern tilgen würde.

Im theoretischen Modell beschreibt die Neoklassik auch Monopolgewinne genauer. In der mikroökonomischen, einzelwirtschaftlichen Betrachtung, ist der Polypolyst mit einem Marktpreis als Datum konfrontiert. Er passt sich mit seiner Menge an den Preis an.

Bei steigendem Grenzkostenverlauf wird er solange anbieten, bis die Kosten der letzten Einheit genau so groß sind wie der Preis. Jenseits dieser Menge verringert jede weitere Produktion seinen Gewinn, weil die Grenzkosten dann höher sind als der Preis.

Völlig anders ist die Situation im Monopol. Beim Monopolist steigen nicht nur die Grenzkosten, sondern es fallen auch die Grenzerlöse (Achtung! Bei der Argumentation im Kapitel vollkommener Markt wurde mit aggregierten Größen argumentiert. Die Summe aller Polypolisten sieht sich natürlich ebenfalls mit einer fallenden Nachfragekurve konfrontiert, für den einzelnen Polypolisten ist der Preis aber ein Datum.).

Da im Monopol nicht nur die Grenzkosten steigen, sondern auch die Preise fallen (nochmal: Das ist auch im Polypol der Fall, wenn man mit der aggregierten Nachfrage und dem aggregierten Angebot argumentiert, aber der EINZELNE Polypolist, passt sich mit seiner Menge an den Preis an, der Monopolist kann sich den Preis frei aussuchen und wählt den für ihn optimalen) wird der Monopolist weniger anbieten als der Polypolist und das zu einem höheren Preis.

Das mindert die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt, weil einige Grenznachfrager nicht mehr nachfragen, hier fällt die Konsumentenrente und die Produzentenrente vollkommen weg und bei einem anderen Teil schöpft der Monopolist die Konsumentenrente ab, weil die Nachfrager nun zu einem höheren Preis kaufen müssen, was ihre Konsumentenrente zu Gunsten der Produzentenrente schmälert.

Wir werden die Aussagekraft des Modells nochmal anhand eines konkreten Beispiels erötern, siehe kardinale Nutzenmessung.

An dieser Stelle könnte man konzedieren, dass das neoklassische Modell tatsächlich präziser ist. Dass ein Monopolpreis höher ist, sehen alle unmittelbar ein, denn im Grunde kann der Monopolist jeden Preis setzen, der ihm gefällt. Allerdings sehen auch alle intuitiv ein, dass auch der Monopolist für ein Smartphone keine halbe Million Euro verlangen wird, dann würde er nämlich kein einziges verkaufen.

Er wird natürlich auch nicht Null Euro verlangen. Folglich liegt der Monopolpreis irgendwo zwischen diesen beiden Extremen. Genau genommen gilt auch beim Monopolisten Grenzkosten = Preis, da aber der Preis beim Monopolisten eine von der Menge abhängige Variable ist, ist der Preis kein Datum mehr. Der Monopolist wird also solange anbieten, bis die Grenzkosten der letzten Einheit so hoch sind, wie der Grenzerlös der letzten Einheit und dieser Grenzerlös ist höher, als der Polypolpreis und die abgesetzte Menge geringer. Bei Adam Smith heißt es zu diesem Thema schlicht:

A monopoly granted either to an individual or to a trading company, has the same effect as a secret in trade or manufactures. The monopolists, by keeping the market constantly understocked by never fully supplying the effectual demand, sell their commodities much above the natural price, and raise their emoluments, whether they consist in wages or profit, greatly above their natural rate. The price of monopoly is upon every occasion the highest which can be got. The natural price, or the price of free competition, on the contrary, is the lowest which can be taken, not upon every occasion indeed, but for any considerable time together. The one is upon every occasion the highest which can be squeezed out of the buyers, or which it is supposed they will consent to give; the other is the lowest which the sellers can commonly afford to take, and at the same time continue their business. Wird einem Individuum oder einer Handelsgesellschaft eine Monopolstellung eingeräumt, so hat dies den gleichen Effekt, wie ein Handels- oder Produktionsgeheimnis. Die Monopolisten halten die Märkte in permanenter Unterversorgung, in dem sie die effektive Nachfrage nie befriedigen, so dass ihre Waren zu einem weit höheren Preis verkaufen und so ihre Erträge auf einem Niveau halten, ob diese nun in Lohn oder Gewinn bestehen, das weit über dem natürlichen Niveau liegt. Der Monopolpreis ist auf jeden Fall immer der höchste Preis, der überhaupt erzielt werden kann. Der natürliche Preis, oder der Preis, der sich bei freiem Wettbewerb ergibt, ist der niedrigste Preis, der zwar nicht nicht immer erzielt wird, der aber zumindest langfristig erzielt werden muss. Der erste Preis ist in jedem Fall der maximale Preis, den man aus den Käufern rausquetschen kann oder von dem man animmt, dass sie ihn gerade noch bezahlen. Der andere ist der niedrigste Preis, den der Verkäufer gerade noch akzeptieren kann und dabei sein Geschäft weiterbetreiben kann.

aus: Book II, Chapter VII


Das ist jetzt vielleicht nicht sonderlich präzise, aber vollkommen einleuchtend. Der Monopolpreis ist der höchste Preis, den irgendjemand noch bezahlt, denn genau den zieht ihm der Monopolist aus der Tasche. Im Polypol müsste er einen Marktpreis bezahlen, der geringer wäre, als das, was er bezahlen müsste, wenn er seine Präferenzen offenlegen müsste. Im Monopol muss er diese nun offenlegen. Mehr als den Monopolpreis wird er allerdings nicht bezahlen, weil das mehr wäre, als seinen Präferenzen enstpricht. Der Polypolpreis ist der gerade noch kostendeckende Preis. Das ist also der niedrigste Preis. Darunter geht es nicht mehr, denn sonst macht der Anbieter Verlust. Der höchste Preis ist also der Monopolpreis und der niedrigste Preis der Polypolpreis.

Theoretisch ist die Marginalanalyse präziser, praktisch allerdings keinen Deut. Wer hier also von einer marginalistischen Revolution spricht, das liest man auf Tausenden von Websites und Tausenden von Büchern, z.B. hier Die Marginalistische Revolution, der fühlt sich auch unter der Dusche inmitten eines Tsunamis. Die Neoklassik ist bestenfalls eine andere Darstellung einer Binse.

Die Marginalanalyse suggeriert, dass sie die Mengen und die Preise im Monopol und Polypol berechnen kann, tatsächlich abstrahiert sie derartig vollkommen von der Realität, dass Adam Smith mit seinen simpleren Vorstellungen die Realität besser beschreibt.

Die wesentlichen Momente nennt auch er. Der Monopolist wird einen Preis setzen, der höher liegt, als es zur Deckung der Kosten für Lohn, Bodenrente und angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals notwendig wäre (siehe vollkommener Markt). Der Polypolist wird solange anbieten, bis die letzte Einheit gerade noch kostendeckend ist.

Im Polypol würde dieses Mehr durch den Wettbewerb abgeschmolzen. Dass auch im Monopol der Preis nicht beliebig hoch ist, erwähnt er ebenfalls (...oder von dem man annimmt, dass sie ihn gerade noch bezahlen...). im Übrigen hätte man dafür gar keine Analyse gebraucht, denn das sieht jeder unmittelbar ein.

Jeder sieht ein, dass in dem Moment, in dem es nur einen Anbieter gibt, dessen Macht eine andere ist, als in einer Situation, wo es deren mehrere gibt, die Preise höher sind. Das drückt sich im Übrigen nicht nur im Preis aus, sondern auch im Service, Umgangston, Flexibilität etc.. Gibt es ein Monopol qua Gesetz, wie zum Beispiel bei der Verpflichtung zur Veröffentlichung der Jahresabschlüsse beim e-bundesanzeiger, dieser gehört dem DuMont Verlag, dann können die Gebühren für diese "Dienstleistung" durchaus mal den eigentlichen Marktpreis um das das 60 fache übersteigen. Bei e-bundesanzeiger haben wir im Übrigen ein ganz raffiniertes Monopol, denn hier gibt es nicht mal eine Mengenreaktion. Das "Angebot" muss zu jedem Preis angenommen werden. Hier hat also der Staat einem privaten Unternehmen ordentliche Gewinne qua Gesetz zugesprochen.

Die neoklassische Marginalanalyse bietet auch überhaupt keinen Ansatzpunkt, um Monopole konkret zu identifizieren. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (http://www.gesetze-im-internet.de/gwb/index.html) argumentiert völlig anders. Dieses setzt an konkreten Maßnahmen an, die den Wettbewerb einschränken. Die Sympathie des Autors für Juristen ist wirklich sehr gering. Aber selbst Juristen kommen noch zu praktikabeleren Definitionen.

§ 19 Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung

  1. Die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.
  2. Ein Unternehmen ist marktbeherrschend, soweit es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt
    1. ohne Wettbewerber ist oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder
    2. eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat; hierbei sind insbesondere sein Marktanteil, seine Finanzkraft, sein Zugang zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten, Verflechtungen mit anderen Unternehmen, rechtliche oder tatsächliche Schranken für den Marktzutritt anderer Unternehmen, der tatsächliche oder potentielle Wettbewerb durch innerhalb oder außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ansässige Unternehmen, die Fähigkeit, sein Angebot oder seine Nachfrage auf andere Waren oder gewerbliche Leistungen umzustellen, sowie die Möglichkeit der Marktgegenseite, auf andere Unternehmen auszuweichen, zu berücksichtigen.

    Zwei oder mehr Unternehmen sind marktbeherrschend, soweit zwischen ihnen für eine bestimmte Art von Waren oder gewerblichen Leistungen ein wesentlicher Wettbewerb nicht besteht und soweit sie in ihrer Gesamtheit die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllen. Der räumlich relevante Markt im Sinne dieses Gesetzes kann weiter sein als der Geltungsbereich dieses Gesetzes.
  3. Es wird vermutet, dass ein Unternehmen marktbeherrschend ist, wenn es einen Marktanteil von mindestens einem Drittel hat. Eine Gesamtheit von Unternehmen gilt als marktbeherrschend, wenn sie

    1. aus drei oder weniger Unternehmen besteht, die zusammen einen Marktanteil von 50 vom Hundert erreichen, oder
    2.aus fünf oder weniger Unternehmen besteht, die zusammen einen Marktanteil von zwei Dritteln erreichen,
    es sei denn, die Unternehmen weisen nach, dass die Wettbewerbsbedingungen zwischen ihnen wesentlichen Wettbewerb erwarten lassen oder die Gesamtheit der Unternehmen im Verhältnis zu den übrigen Wettbewerbern keine überragende Marktstellung hat.
  4. Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

    1.die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen in einer für den Wettbewerb auf dem Markt erheblichen Weise ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt;
    2.Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;
    3.ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
    4.sich weigert, einem anderen Unternehmen gegen angemessenes Entgelt Zugang zu den eigenen Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, wenn es dem anderen Unternehmen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ohne die Mitbenutzung nicht möglich ist, auf dem vor- oder nachgelagerten Markt als Wettbewerber des marktbeherrschenden Unternehmens tätig zu werden; dies gilt nicht, wenn das marktbeherrschende Unternehmen nachweist, dass die Mitbenutzung aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

Das Gesetz setzt also an konkreten Handlungen an, die geeignet sind, den Wettbewerb einzuschränken. (1) und (2) definieren marktbeherrschende Einzelunternehmen, Monopole.

Ein Monopol liegt vor, wenn ein Unternehmen auf einem sachlich und räumlich definierten Markt keine Wettbewerber hat. Sachlich bezieht sich auf das Gut, wobei die sachliche Definition ein Problem sein kann.

Hat ein Unternehmen zum Beispiel das Monopol auf einen bestimmten Stoff, zum Beispiel Aspartam, aber dieser Stoff kann durch x-andere künstliche Süßstoffe, Cyclamat, Saccharin, Stevia ohne weiteres ersetzt werden, dann liegt wohl kein Monopol vor, auch wenn in Bezug auf Aspartam kein Wettbewerb herrscht.

Noch problematischer ist der Begriff räumlicher Markt. Wenn praktisch alle Produkte aus der ganzen Welt herangekarrt werden können und herangekarrt werden, dann ist der räumlich relevante Markt immer der Globus, wenn man denn keine Zölle erhebt.

Insofern liegt dem Gesetz gegen Wettbewerbeschränkungen eine völlig andere Philosophie zugrunde, als den Zollgesetzen.

§ 2 Absatz 2 ist noch problematischer. Hier wird der Begriff Monopol drastisch erhöht und quasi ins Unendliche ausgedehnt und es ist zu erwarten, dass hier die Öffentlichkeit noch an kuriosen Diskussionen wird teilhaben dürfen. Die Zeitungsverleger beschweren sich z.B. aktuell über den bösen google der über google NEWS "snippets" von Presseartikeln im Internet veröffentlicht, dafür soll er zahlen und via Leistungsschutzrecht werden wir ein Gesetz bekommen, dass google zur Zahlung verpflichtet.

Daraufhin wird google schlicht die Zeitungen aus seinem Index werfen, denn sie sind ihm vollkommen egal und er wird nicht kostenlos Werbung für andere Unterenehmen machen und dafür auch noch bezahlen.

Daraufhin werden die Zeitungsverleger die Monopolkeule schwingen. Google hat zwar kein Monopol auf dem Markt für Pressererzeugnisse, aber er "kann sein Angebot oder seine Nachfrage auf andere Waren oder gewerbliche Leistungen umstellen", das heißt, er kann auch selbst eine Zeitung machen, bei seiner Innovations- und Finanzkraft macht er das zwischen Frühstück und Mittagessen.

Über das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen wird es google also 1. verboten, sich zu weigern, für andere Werbung zu machen und dafür auch noch zu bezahlen und 2. selber eine Zeitung aufzumachen.

Wahrscheinlich wird man auch nicht gelten lassen, dass die Journaille durchaus die Möglichkeit hat "auf andere Unternehmen auszuweichen", wenn sie denn nicht so gnadenlos dämlich wären.

Also da werden wir noch viel Lustiges lesen, hören und erleben. Juristen und Wirtschaft ist ein ausgesprochen heikles Thema. Auch bei Juristen würden wir eigentlich dringend empfehlen, dass Kenntnisse auf dem Niveau, wie sie hier dargelegt werden, vorhanden sind. Andernfalls sollte man sie nicht auf die Menschheit loslassen.

§ 2 Absatz 2 definiert dann auch noch Kartelle (zwei oder mehrere Unternehmen, die sich verhalten wie ein Monopol). § 3 konkretisiert dann die marktbeherrschende Stellung.

Nimmt man das Gesetz wörtlich, was man bei Gesetzen nie tun sollte, Gesetze sind eher so vage Anhaltspunkte, an denen sich die Justiz locker entlanghangelt, siehe auch www.recht-eigenartig.de, dann haben wir in diesem unserem Lande Monopole ohne Ende. Jeder Bäcker, Fleischer, Einzelhandel in einem kleinen Dorf hat ein räumliches Monopol in diesem Dorf. Definiert man den Buchverkauf über das Internet als eigenen Bereich, hätte auch Amazon ein Monopol, zumindest da, wo Amazon vertreten ist, USA / England / Deutschland / Schweiz / Österreich. Konkreter wird es dann bei § 4.

Hier werden konkrete und justiziable Sachverhalte genannt. Verlangt die Deutsche Telecom zum Beispiel für die berühmte letzte Meile von ihren Wettbewerbern mehr Geld, als sie selbst kalkulatorisch hierfür ansetzt, bzw. diskriminiert sie zwischen den einzelnen Wettbewerben, dann haben wir einen ziemlich eindeutigen Verstoß. Man kann davon ausgehen, dass das Gesetz im Grunde genauso praxistauglich wäre, wenn man (1), (2) und (3) schlicht streicht. Besonders problematisch ist, dass das Gesetz zwar Unternehmen wie google miteinbezieht, aber auf der anderen Seite unberücksichtigt lässt, dass ein Monopol nur vorliegen kann, wenn die Markteintrittsbarrieren hoch sind. Bei Salz zum Beispiel haben wir in Deutschland ein Monopol. Relevant ist eigentlich nur das Salz von Bad Reichenhall (SÜDSALZ GmbH). Allerdings sind deren Möglichkeiten, ihr Monopol auszunützen, äußerst beschränkt, denn Salz gibt es auf diesem Globus insgesamt eher zuviel als zu wenig.

Adam Smith hat Zweifel, siehe auch Allokation, dass man das Problem über ein Gesetz lösen kann. Zustimmen kann man ihm insofern, und das gilt vor allem für die Kartellverfahren der EU Kommission, dass diese Gesetze ein enormes Missbrauchspotential haben und die Einkommenserzielung wichtiger wird, als die Aufrechterhaltung der marktwirtschaftlichen Ordnung.

Lässt man dann auf solche vagen Gesetze auch noch unbedarfte Richter los, dann wird der Rechtstaat ausgehebelt.

Obwohl der Explorer nur ein Browser unter vielen ist und es zum Windows Media Player x Alternativen gibt und man sich beide überall problemlos herunterladen kann, kostenlos, wurde Microsoft zu einem Bußgeld von 497 Millionen Euro verdonnert. Beim Kartellgesetz kann durchaus auch mal die Erzielung von Einnahmen das eigentlich Ziel sein und die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs lediglich Alibifunktion haben.

Wie Adam Smith gleichermaßen richtig erkennt, ist es vor allem der Staat, der via Zölle Monopole aufrechterhält. Die Frage, ob ein Monpol vorliegt oder nicht, ist also eher eine Frage der Transparenz. Handelt es sich um eine relative große Gruppe an potentiellen Wählern, die, wie die Produzenten landwirtschaftlicher Erzeugnisse qua Gesetz monopolistisch organisiert sind, ohne dass es die negativ betroffene Gruppe, die Konsumenten, merken, handelt es sich um kein Monopol.

Handelt es sich um ein für die Parteien irrelevantes Einzelunternehmen, kann man sich als Robin Hood aufspielen und Wählerstimmen gewinnen. Dann wird dieses Unternehmen schnell zum Monopol.

Hierbei wird wohl ein ausländisches Unternehmen wie Microsoft oder google schneller zum Monopol als ein einheimisches.

Skurril an der Angelegenheit ist im Übrigen auch, dass man beim Urheberrecht eher bestrebt ist, die Monopolsituation zu festigen. Ein Monopol zum Beispiel hat die GEMA, sie vertritt das "Weltrepertoire" an Musik, das heißt konkret, dass der Urheber eines Werkes nachweisen muss, dass ihm ein Stück gehört, er es also selber komponiert hat.

Bevor er es veröffentlicht, muss er es der GEMA zur Begutachtung vorlegen, tut er dies nicht, läuft er Gefahr, auch als Nichtmitglied zur Kasse gebeten zu werden (GEMA Vermutung). Es wird aber noch viel irrer. Hier wird das Monopol qua Gesetz geschaffen, es gibt nämlich noch eine riesige Menge an sogenannten verwaisten Werken.

Verwaiste Werke sind Werke, bei denen der Urheber unbekannt, bzw. der Aufenthaltsort nicht ermittelt werden kann. Dieser unbekannte Urheber ist folgerichtig weder Mitglied der GEMA noch einer Schwestergesellschaft, denn weder er noch seine Erben bezahlen noch Beiträge.

Da aber die GEMA Vermutung besteht, muss dann jedes einzelne Werk über eine negative Feststellungsklage herausgeklagt werden. Es kommt aber noch toller. Hat die GEMA ursprünglich bestritten, dass es verwaiste Werke gibt, Schreiben der GEMA und des Bundesjustizministerium liegt hier vor, so hat sie irgendwann mal einsehen müssen, dass es solche doch gibt.

Die Lösung des Problems, wie sie nun politisch diskutiert wird, lässt einem allerdings die Haare zu Berge stehen. Nun sollen die Lizenzgebühren an die GEMA quasi "treuhänderisch" überwiesen werden, das heißt, die GEMA sackt ohne jeden Vertretungsanspruch das Geld erstmal ein.

In diesem Fall bekommt sie Geld für schlicht gar nichts. Wir haben hier also ein Monopol, das der Staat überhaupt erst schafft.

Dass Werke des "Geistes", also Patente und Ähnliches, geschützt werden, also Monopole hier hingenommen werden, ist nachvollziehbar. Bestünde dieser Schutz nicht, könnte der Urheber keine Erlös erzielen.

Die Frage ist, wie lange dieser Schutz dauern soll. Höchst kostenintensive Patente, das Ergebnis langjähriger Forschung, gelten zwanzig Jahre.

Das Urheberrecht auf Musikstücke gilt 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. In der Regel also noch für Zeiträume, in denen die Erben des Urhebers gar nicht mehr ermittelt werden können und man Beispiele, wo diese Erben noch Mitglied einer Verwertungsgesellschaft sind, nur mit einer sehr intensiven Recherche wird finden können.


Die Schutzfristen des Urheberrechts dienen also weniger dem Urheber oder dessen Erben, sondern der Musikindustrie, die über diesen Weg die Konkurrenz ausschaltet. Das perfideste aller Monopole wird also vom Staat selbst geschaffen.

Wir gehen auf diese Zusammenhänge ausführlich auf der www.recht-eigenartig.de ein. Der ganze Bereich Justiz ist aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht enorm ergiebig. Wir sehen aber bei Systemen, die wirtschaftlich aus dem Ruder laufen, auch psychsiche Deformationen. Die Analyse solche Systeme ist auch aus psychologischer Sicht ergiebig.

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Infos und Anmerkungen:

ES        DE

Das Buch zur Webseite.

natürlicher Preis = Polypolpreis


Der "natürliche" Preis bei Adam Smith nimmt die marginalistische Revolution vorweg.

Der natürliche Preis ist der gerade noch kostendeckende Preis.



marginalistische Revolution
juristische Definition eines Monopols

Adam Smith erkennt auch schon zutreffend, dass Monopole das Angebot rationieren und höhere Preise durchsetzen.

Gleichermaßen erkennt er, dass der Monopolpreis ein Maximalpreis ist, also die Konsumentenrente absaugt.

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