Wer die vorigen Kapitel gelesen hat, was sinnvoll ist, der weiß, über was wir nichts berichten werden. Und wo findet man das, über was wir nichts berichten werden? Genau! Bingo!

Es ist jetzt sinnvoll, einige Kapitel gelesen zu haben, z.B. Zins, Sparen, Zahlungsbilanz. Es sollte bereits klar sein, welche für die Klassik / Neoklassik zentralen Konzepte Keynes NICHT übernimmt. Geld hat bei Keynes eine zentrale Funktion und ist kein Schleier. Sparen hängt nicht vom Zinssatz ab, sondern vom Einkommen. Der Zins ist bei Keynes kein Preis für Kapital, denn Kapital ist Geld und Geld ist nicht knapp und was nicht knapp ist, kann keinen Preis haben. Geld ist auch nicht, wie das Kapital in der Klassik, ein Produktionsfaktor. Mit Geld kann man Produktionsfaktoren aktivieren oder von anderen Verwendungen abziehen, ist aber selbst kein Produktionsfaktor. Die neoklassische Gleichung I = S gilt nur EX POST aber nicht EX ANTE. Die Investition erhöht das Volkseinkommen so lange, bis das von diesem Volkeinkommen abhängige Sparen die Höhe der Investition erreicht. Wer sich was darunter vorstellen will: Im Grunde ist es das Gleiche, wie bei jeder Investition. Leiht sich jemand 1000 Euro, die im Zweifelsfalle die EZB druckt, dann muss diese Investition das Volkseinkommen soweit steigern, dass nach Bezahlung der Löhne, der Rohstoffe, der
Mieten, der Halb- und Fertigprodukte, die in das Endprodukt eingehen der Kredit getilgt


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John Maynard Keynes

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werden kann. Die Summe, die für die Tilgung des Kredites benötigt wird, entseht aber EX POST und liegt nicht EX ANTE vor. EX ANTE ist nur die GELDSUMME gleich dem Kredit. Das Sparen, also die nicht konsumtiv Verwendeten Einzahlungsströme, entstehen danach.

Man braucht also bei Keynes nicht lange rätseln. Was er schreibt deckt sich völlig mit der Alltagserfahrung. Das einzige, was bei Keynes ebenfalls angedeutet wird, ohne dass es die Bedeutung hat, die diesem Effekt zugemessen wird, ist, dass auch eine Steigerung des Konsums, über Sekundäreffekte, das Volkseinkommen so weit steigern kann, dass die hieraus resultierende Mehrersparnis die Höhe des Primärimpulses erreicht. Wir erleben aber immer wieder, nicht nur in Griechenland, dass dies eher nicht der Fall ist. Ein rein konsumtive expansive Fiskalpolitik hinterlässt in der Regel nur Strohfeuer. Einmal abgebrannt, bleiben nur Schulden. Allerdings heißt das Ding bei Keynes INVESTITIONSMULTIPLIKATOR und nicht KONSUMMULTIPLIKATOR.

Wer das nicht versteht, versteht die keynessche Theorie nicht und viele Leute verstehen das nicht und das IS-LM Modell trägt zum Verständnis der keynesschen Theorie wenig bis nichts bei. Die keynessche Theorie beschreibt aber die wirtschaftliche Realität. Die Neoklassik ist völliger Unsinn.

Das ganze Grauen des totalen Unverständnisses können wir z.B. hier betrachten, um mal ein Beispiel unter Tausenden zu nennen, ein Artikel aus der FAZ: Keynes für Anfänger. Will man die ganze Tragik besichtigen, kann man sich den Artikel durchlesen. Man kann Volkswirtschaftlehre studieren, die zwei haben Volkswirtschaftslehre studiert und nichts, absolut rein gar nichts begreifen. Die Investitionen enstprechen auch in der Klassik / Neoklassik dem Gleichgewicht, dort tun sie das aber EX ANTE und bei Keynes EX POST. Und das ist was total anderes. Wer das nicht kapiert, der kommt zum Beispiel zu schwachsinnigen Aussagen dieser Art: "Sinkt nun beispielsweise das Volkseinkommen, so wird weniger gespart. Damit auch weniger investiert wird und der Gütermarkt im Gleichgewicht ist, muss der Zins steigen. Deshalb ist die IS-Kurve nach links geneigt." Nein, ganz definitiv nicht. Es wird bei Keynes weniger investiert, wenn mehr gespart wird. Für die Investition braucht es überhaupt kein Sparen im Sinne der Klassik, nicht konsumiertes Einkommen aus der Vergangenheit. Um zu investieren braucht man GELD. Gespart wird dann anschließend. Das Zitat ist dem oben geannten Artikel entnommen.

Und nein, das Problem ist nicht irrelevant. Kann man einen Abschluss in Volkswirtschaftlehre bekommen ohne auch nur den allerblassesten Schimmer der allerblassesten Ahnung zu haben und sein umfassendes Nichtwissen massenmedial unters Volk bringen, dann kann man das komplette Studium der VWL auch knicken. Liest man sich dann noch die Kommentare zu dem Artikel durch, dann wird man kaum bestreiten können, dass wir hier ein ernsthaftes Problem haben.

Für die Qualität demokratischer Entscheidungsprozesse spielt es eine Rolle, ob die Leute Zusammenhänge halbwegs erkennen oder nur Müll im Hirn haben.

Müll ist dann auch sowas: " Der Staat muss seine Ausgaben erhöhen. Was er tut, ist dabei relativ egal: Straßen oder Brücken bauen, die Schulen sanieren oder jedem Beamten einen Dienstwagen kaufen." Nein, das hat Keynes nicht gesagt. Keynes hat nicht gesagt, dass es völlig egal ist ob Staatsausgaben investiv oder konsumtiv verwendet werden. Keynes hat nur als theoretische Möglichkeit erwähnt, dass auch rein konsumtive Ausgaben über Sekundäreffekte das Volkseinkommen so steigen lassen können, dass über die Sekundäreffekte die Kreditaufnahme des Primärimpulses getilgt werden kann. Schwachsinn dieser Art führt dann dazu, dass selbst Professoren mit dem Beispiel Griechenland die keynessche Politik für gescheitert erklären. Kaufen die Griechen für ihre Staatsbediensteten Autos in Deutschland, über Kredite finanziert, dann fließen die Sekundäreffekte ins Ausland ab. Bei den Griechen verbleiben die Schulden und in Deutschland die Umsätze.

Ein bisschen realistisch muss man schon sein. Der bedeutendste Ökonom des 20. Jahrhunderts hat solche ganz einfachen Zusammenhänge schon begriffen. Man muss schon ziemlich bescheuert sein, um Keynes für so naiv zu halten.

Mit Keynes ist dann Schluss mit lustig. Sind Strömungen wie der Ordoliberalismus oder der Monetarismus lediglich Anmerkungen zu Adam Smith, ohne dass eine tiefergehende Auseinandersetzungen mit der Klassik / Neoklassik stattfindet, haben wir bei Keynes eine intensive Auseinandersetzungen mit den zentralen Problemen der Klassik / Neoklassik. Drei zentrale Konzepte der Klassik / Neoklassik werden in Frage gestellt: Die Funktion des Zinses, die Bedeutung des Geldes und das Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt. Folgerichtig heißt das Werk von Keynes auch General Theory of Employement, Interest and Money.

Mit der General Theory of Employement, Interest and Money von John Maynard Keynes, erschienen 1936, beginnt in Theorie und Praxis eine neue Epoche der Volkswirtschaftlehre. Genau genommen beruht die gesamte Makroökonomie auf den Gedanken von Keynes, denn das, was bislang, also in der Klassik / Neoklassik als Makroökonomie gehandelt wurde, war lediglich die Aggregation mikroökonomischer Größen.

Die Mikroökonomie unterscheidet sich von der Makroökonomie auch nicht dadurch, dass die Mikroökonomie, so wie wir sie in ihrer simplifizierten Form heute in den Lehrbuchern finden, die nichts anderes ist, als eine eklektische Ansammlung neoklassischer Konzepte, sich mit individuellen Akteuren, Unternehmen, Haushalte, beschäftigt und die Makroökonomie mit aggregierten Größen, gesamtwirtschaftlicher Nachfrage, gesamtwirtschaftlichem Sparen etc.. Der entscheidende Punkt ist, dass es bei mikroökonomischen Größen kaum einen Unterschied macht, ob man sie als aggegierte Größen versteht oder als einzelwirtschaftliche Größen, da das einzelwirtschaftlich sinnvolle Verhalten auch gesamtgesellschaftlich sinnvoll ist. Die Neoklassik hypostasiert Deckungsgleichheit zwischen individuellem Interesse und Gesamtinteresse.

Die Mikroökonomie, so wie wir sie heute in den Lehrbüchern finden, ist eine eklektische Zusammenfassung von Konzepten verschiedener Autoren der Neoklassik und die Neoklassik macht klare Ansagen. Die Interessen der einzelnen Akteure am Markt decken sich mit dem Gesamtinteresse.

Aus der Sicht der Neoklassik ist z.B. sparen, zumindest solange der Zins als ein Preis angesehen wird, siehe Zins, auch aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sinnvoll. Aus makroökonomischer Sicht ist das weniger klar. Sparen alle, sinkt der monetär bewertete Grenzertrag der Produktionsfaktoren, da die Nachfrage zurückgeht. Sparen also alle, geht die wirtschaftliche Aktivität zurück. Die Wirtschaft landet in der Unterbeschäftigung.

Man kann es auch so sehen. Es würde durchaus reichen, wenn man in die akademischen Curricula nur drei Werke aufnimmt: Wealth of Nation von Adam Smith, Principles of Economics von Alfred Marshall und die General Theory of Employement, Interest and Money von John Maynard Keynes. Den Rest kann man problemlos ohne Erkenntnisverlust beerdigen. Stellt man sie im Orginal dar, also ohne das pseudowissenschsaftliche Brimborium und den mathematischen Hokuspokus, der ja, siehe oben die zwei Helden von der FAZ, nichts bringt, ist das in drei / vier Semestern zu machen. Damit gewinnt man zwei Semester (bezogen auf den Bachelor), die man für zu setzende, individuelle Schwerpunkte verwenden kann. Je nachdem was jemand vorhat, Informatik, Medien, Psychologie, Jura mit Fokusierung auf ein Rechtsgebiet, Wirtschaftgeschichte, betrieblichen Rechnungswesen, bestimmte Kulturkreise etc. etc. .

Diese Definition, entommen Gablers Wirtschaftslexikon, geht also am eigentlichen Problem 100 prozentig vorbei.

Die Makroökonomik betrachtet die Volkswirtschaft als Ganzes, indem sie gleichartige Wirtschaftssubjekte zu Sektoren (wie Haushaltssektor, Unternehmenssektor) zusammenfasst und ihre ökonomischen Aktivitäten in Form von Aggregatvariablen (wie gesamtwirtschaftlicher Konsum oder gesamtwirtschaftliches Güterangebot) darstellt. Demzufolge untersucht sie im Unterschied zur Mikroökonomik gesamtwirtschaftliche Fragestellungen (wie z.B. die Entstehung des Volkseinkommens) und bedient sich dabei der makroökonomischen Modellbildung. Dabei dominieren Gleichgewichtsansätze mit starker mikroökonomischer Fundierung.

aus: Makroökonomie

Wäre ein mikrökonomisch sinnvolles Verhalten auch makroökonomisch sinnvoll, bräuchten wir die Makroökonomie nicht, sie wäre überflüssig. Genau davon geht aber die Klassik und Neoklassik aus.

Es dominieren eben auch gerade nicht die Gleichgewichtsansätze mit starker mikroökonomischer Fundierung. Der Punkt ist, dass die Neoklassik, und die Mikroökonomie ist nichts anderes als Neoklassik, davon ausgeht, dass ein Gleichgwicht auf Teilmärkten immer auch zu einem gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht führt. Die Neoklassik ist sowohl Mikro- wie auch Makroökonomie. Die Klassik und Neoklassik unterscheidet hier gar nicht.

Dieser Zusammenhang ist in der (keynesschen) Makroökonomie aus vielen Gründen nicht gegeben. Ein Gleichgewicht auf dem Geldmarkt, produziert ein Gleichgewicht auf dem Gütermarkt. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass dieses Gleichgewicht sich bei Vollbeschäftigung einstellt.

In der Klassik / Neoklassik hängt der Gütermarkt vom Arbeitsmarkt ab. Bei Keynes hängt der Gütermarkt vom Geldmarkt ab und der Arbeitsmarkt vom Gütermarkt.

Der einzelne Haushalt ist den von der Makroökonomie vorgegebenen Parametern schutzlos ausgeliefert, was uns schon zum Kern der keyneschen Ökonomie führt. Nur ein Dritter, im Zweifelsfalle der Staat oder die Zentralbank, kann sinnvoll agieren. Wenn zum Beispiel die Sparquote vom Einkommen abhängt, der Zins jedoch über den Geldmarkt determiniert wird, dann kann, ganz anders als die Klassik und Neoklassik sich das vorstellt, der Zins auch nicht Sparen und Investieren in Übereinstimmung bringen. Die Haushalte und Unternehmen können nicht mehr sinnvoll agieren.

Genauer wäre also diese, schlichte, Definition: Die Makroökonomie beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Entscheidungen der Haushalte und Unternehmen auf die Gesamtwirtschaft. Die Mikröokonomie beschäftigt sich mit der Frage, wie einzelne Akteure der Wirtschaft ihren Nutzen optimieren. Diese Definition wäre zwar schlichter, nichtsdestotrotz aber präziser.

So ähnlich wie im Gablers Wirtschaftslexikon finden wir das aber auf Tausenden von Websites und in Tausenden von Büchern.

Das Fachgebiet Makroökonomie ist Teil des Instituts für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsrecht. Wir befassen uns vor allem mit mikrofundierter Makroökonomik, Geldtheorie und -politik, Finanzkrisen und experimenteller Wirtschaftsforschung.

aus: www.macroeconomics.tu-berlin.de

Mikrofundierte Makroökonomik? Man kann bezweifeln, dass so etwas geht. Entscheidende Parameter der Makroökonomie, etwa die Kreditschöpfung qua Geldschöpfung und der Geldmarktzins, lassen sich nicht aus mikroökonomischen Größen ableiten.

In der Mikroökonomie spielt das Verhalten der anderen Akteure des Marktes entweder keine Rolle oder ist prognostizierbar, da es auf rationalen Entscheidungen beruht. In der Makroökonomie spielt das Verhalten der anderen Akteure eine eintscheidende Rolle und ist auch nicht prognostizierbar, weil es, vor allem im Keynesianismus, auf einer subjektiven Risikoeinschätzung beruht.

Die Makroökonomie, insbesondere die keynessche Makroökonomie, beschäftigt sich mit der Frage, wie die makroökonomischen Parameter so eingestellt werden, dass die Nutzenoptimierung des einzelnen Haushaltes / des einzelnen Unternehmens auch zu einem gesamtwirtschaftlich sinnvollen Verhalten führen.

Um ein plattes Beispiel zu nennen: Geht ein Unternehmen davon aus, dass die Nachfrage zusammenbricht, dann ist es sinnvoll, die Anlagen zu veräußern, Arbeiter zu entlassen und sein Vermögen in Gold zu bunkern. Das ist ein rationales Verhalten. Tun das aber alle, dann wird genau das Problem geschaffen, das der einzelne Unternehmer für sich individuell lösen wollte.

Die Mikroökonomie und die Makroökonomie sind also zwei völlig unterschiedliche Dinge. Der Mikroökonomie entspricht die Welt der Klassik und Neoklassik. Die Nutzenoptimierung des einzelnen optimiert auch den gesamtwirtschaftlichen Nutzen. Das ist auch die Welt des Ordoliberalismus, siehe Ordoliberalismus. Dieser Zusammenhang ist in der keynesschen Makrökonomie nicht gegeben.

Wer eine mikroökonomisch fundierte Makroökonomie betreibt, der will zusammenbringen, was nicht zusammenpasst. Die Welt der Neoklassik und den Keynesianismus. Meistens haben wir es dann mit Darstellungen zu tun, bei denen wesentliche Elemente des Keynesianismus eliminiert wurden. Das prominenteste und fatalste Beispiel für so ein Verfahren ist das IS-LM Modell oder die neoklassische Synthese aus Keynesianismus und Neoklassik. Das Problem ist, dass in diesem Modell die zentralen Gedanken von Keynes nicht enthalten sind und die Erklärungskraft diese Modells für die Realität Null ist.

Der Ordoliberalismus fusst auf den Konzepten der Klassik / Neoklassik, das heißt auf mikroökonomischen Konzepten. Geht also davon aus, dass Wirtschaften an sich stabil sind.

Eine zentrale Aussage des Gedankengebäudes von Keynes ist eben genau dies: Das mikroökonomisch korrekte Verhalten, bei dem jeder Haushalt seinen individuellen Nutzen optimiert, ist makroökonomisch, systemisch bedingt, ein Fehlverhalten. Die Mikrökonomie bietet eben nicht nur Instrumente zur Analyse. Sie hat macht auch klare Ansagen. Die Mikroökonomie, also die Neoklassik, geht davon aus, dass Individualinteresse und Gesamtinteresse deckungsgleich sind.

Außer der Aufrechterhaltung des Wettbewerbs, einer minimalen sozialen Grundsicherung und der Durchsetzung des Straf- und Handelsrechts gibt es für den Staat nicht viel zu tun.

Im Ordoliberalismus à la Walter Eucken hat dann der Staat noch die Aufgabe, eine ausreichende Wettbewerbsintensität zu sichern. Die Idee hatte allerdings schon Adam Smith. Der Unterschied zwischen Adam Smith und Walter Eucken besteht lediglich darin, dass Adam Smith einen Eingriff dieser Art für inkompatibel mit der Freiheit hielt, siehe Monopol. Die Fragen, die Adam Smith in diesem Zusammenhang diskutiert sind allerdings bedeutsam. Man kann durchaus der Meinung sein, dass bei zahlreichem kartellrechtlichen Verfahren die Einnahmeerzielung im Vordergrund steht.

Insbesondere besteht im Ordoliberalismus oder in der sozialen Marktwirtschaft keine Notwendigkeit für eine Globalsteuerung durch den Staat über die Geldpolitik oder die Fiskalpolitik, weil die Wirtschaft, so die Annahme, an und für sich schon zum Gleichgewicht tendiert.

Deckt sich die individuelle Nutzenmaximierung mit der Nutzenmaximierung der Gesamtwirtschaft, braucht man keine Makroökonomie. Die Makroökonomie wäre dann lediglich ein kurze Bemerkung, die darauf hinweist, dass nur jeder individuell seinen Nutzen optimieren muss und dies automatisch zur besten aller Welten führt. Im Grunde ist es ja das, was Adam Smith auch behauptet.

Genau das bestreitet die makroökonomische Analyse von Keynes. Die Unternehmen und Haushalte mögen sich unter den gegebenen makroökonomischen Parametern korrekt verhalten, also ihren individuellen Nutzen optimieren. Aber genau das bewirkt, sind diese makroökonomischen Parameter falsch eingestellt, dass sie in die Falle tappen, der sie entrinnen wollten.

Es mag für Kapitalsammelstellen rational sein, ihr Geld in möglichst liquider Form zu halten, also in einer Form, die jederzeit in die liquideste Form, also Geld, zurückverwandelt werden kann, also in börsennotierte Wertpapiere. Diese steigen dann, unter Umständen alimentiert durch Verbindlichkeiten gegenüber der Zentralbank. Die Rendite auf diese Papiere sinkt umso mehr, je weiter die Blase wächst, bis zu dem Punkt eben, wo sie wieder mal platzt. Das geschieht periodisch alle paar Jahre.

Den Begriff systemisch verwenden wir auf zwei verschiedenen Arten. Einmal negativ, wenn die Volkswirtschaft als Automat beschrieben werden soll, der nach bestimmten Gesetzen funktioniert, vom Anbeginn der Tage bis zum Jüngsten Gericht, siehe Ordoliberalismus, und einmal neutral zur Beschreibung der Tatsache, dass Menschen ihren Nutzen innerhalb eines Systems optimieren auch wenn das Ergebnis nicht immer das ist, was gesamtwirtschaftlich wünschenswert ist.

Sind die Parameter falsch eingestellt, dann haben wir einen Anreiz zu einem Fehlverhalten, das heißt einem makroökonomisch nicht wünschenswerten Verhalten; einen systemischen Fehler.

In den üblichen Lehrbüchern, also in der Reduktion des keynesschen Systems auf das IS-LM Modell, finden wir auch eine Darstellung der Ökonomie im erstgenannten Sinn. Bleibt aber die Frage, was diese Darstellung noch mit Keynes zu tun hat. Denn dieser äußert sich eigentlich ziemlich unmissverständlich. Das Hin- und Herschieben der IS bzw. der LM Kurve ähnelt ein bisschen dem Hin- und Herschieben der Angebots-, bzw. der Nachfragekurve. Das Problem ist bei beiden Verfahren das Gleiche, man verliert etwas den Blick für die Variablen, die in dem Modell nicht auftauchen, also letztlich für die Ursachen der Effekte, die die Modelle zeigen.

Das IS-LM Modell, mal unabhänging von der Tatsache, dass es nur wenig zu tun hat mit der keynesschen Theorie, zwingt zu einem Tunnelblick. Die Komplexität der Wirtschaft gerät aus dem Blickfeld.

Das ist nicht im Sinne von Keynes.

The object of our analysis is, not to provide a machine, or method of blind manipulation, which will furnish an infallible answer, but to provide ourselves with an organised and orderly method of thinking out particular problems; and, after we have reached a provisional conclusion by isolating the complicating factors one by one, we then have to go back on ourselves and allow, as well as we can, for the probable interactions of the factors amongst themselves. This is the nature of economic thinking. Any other way of applying our formal principles of thought (without which, however, we shall be lost in the wood) will lead us into error. It is a great fault of symbolic pseudo-mathematical methods of formalising a system of economic analysis, [...], that they expressly assume strict independence between the factors involved and lose all their cogency and authority if this hypothesis is disallowed; Das Ziel unserer Analyse ist nicht die Entwicklung einer Maschine oder einer Methode der willkürlichen Manipulation, die eine unfehlbare Antwort liefert, sondern uns eine wohl organisierte und systematische Methode der geistigen Durchdringung zur Verfügung zu stellen, die es uns erlaubt, die Probleme zu durchdringen und nachdem wir so schrittweise durch die Isolierung der Faktoren eine Reduzierung der Komplexität erreicht haben und zu einem vorläufigen Ergebnis gekommen sind, uns wieder auf uns selbst zu besinnen und die möglichen Interaktionen der Faktoren untereinander zu berücksichtigen. Das ist die Art, wie ökonomische Probleme behandelt werden müssen. Die Anwendung anderer formaler Methoden (ohne die wir uns im Wald verlieren würden) werden unser Denken anfällig für Fehler machen. Es ist ein großer Fehler der symbolischen pseudo-mathematischen Methode ökonomische Zusammenhänge so zu formalisieren,[...] dass sie die Unabhängigkeit der beteiligten Faktoren voraussetzen und jede Kohärenz und Aussagekraft verlieren, wenn dies nicht der Fall ist.

aus: John Maynard Keynes, The general Theory on Employement, Interest and Money, Seite 148 (Kapitel 21, III)

Um die Aussage von Keynes mal an einem Beispiel zu illustrieren. Im Zusammenhang mit dem IS-LM Modell wird oft der crowding out Effekt diskutiert. Eine expansive Fiskalpolitik soll zu einer höheren Transaktionskasse führen, mit dem Ergebnis, dass die Spekulationskasse sinkt und der Zinssatz steigt, was dann wiederum die private Nachfrage zurückdrängen soll. Das Modell wirft also ein Probelm auf, das de facto so gar nicht existiert. Sollte die Geldmenge ein Hindernis sein, dann wird eben welches gedruckt.

Man kann im Zusammenhang mit einer expansiven Fiskal- und Geldpolitik vieles diskutieren. Man kann sich darüber unterhalten, ob die expansive Fiskalpolitik investiven oder konsumtiven Charakter haben soll, man kann über die Frage diskutieren, ob die durch den Primärmimpuls ausgelöste Nachfrage nicht ans Ausland abfließt, man kann darüber diskutieren, wieviel Inflation man hinnehmen will, wenn sich das bildet, was Keynes Flaschenhälse nennt, man kann die monetären Transmissionsmechanismen diskutieren etc. etc.. Alles sehr konkrete Problem, die im Rahmen des IS-LM Modells NICHT diskutiert werden.

Das einzige Problem, das im Rahmen des IS-LM Modells erschöpfend diskutiert wird, ist der crowding out effect. Dieser jedoch ist überhaupt kein Problem. Schon hier zeigt sich, dass das IS-LM Modell eine, höflich formuliert, neoklassische Synthese ist. Im Grunde hypostasiert es, eine Knappheit des Kapitals. Weil nicht genügend Kapital zur Verfügung steht, kann die Wirtschaft in der Unterbeschäftigung verharren. Deutlich wird das im sogennanten "klassischen Bereich" der LM Kurve. Da kein Kapital, was eigentlich schlicht Geld ist, zur Verfügung steht, kann das Volkseinkommen nicht mehr weiter wachsen. Zwar ist beim IS-LM Modell irgendwie angekommen, dass Kapital im Grunde Geld ist, trotzdem kann dieses knapp werden. Geld ist aber schlicht nie knapp.

Anhand des IS-LM Modells werden überwiegend Fragen diskutiert, die sich in der keynesschen Theorie überhaupt nicht stellen und zu den Fragen, die sich tatsächlich stellen, macht das Modell überhaupt keine Aussagen.

Die Vorstellung, dass Geld knapp sein könnte, ist vollkommen inkompatibel mit den keynesschen Vorstellungen. Bei Keynes beschränkt nicht irgendwelches Kapital die Ausdehnung der wirtschaftlichen Aktivität bis zur Vollbeschäftigung, sondern der Geldmarktzins, der sich auf dem Geldmarkt bildet.

Einen klassischen Bereich gibt es nicht. Ist der Geldmarktzins so hoch, dass er die wirtschaftliche Aktivität vor der Vollbeschäftigung ausbremst, dann wird eben Geld gedruckt. Eigentlich lässt Keynes hier an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Keynes sieht nicht mal ein, warum etwas, was nicht knapp ist, überhaupt einen Preis hat.

Den Geldzins hätte er gerne auf einem Niveau, das ausreicht, die Administrationskosten der Banken zu decken und das Risiko. Erst wenn Vollbeschäftigung erreicht ist, zusätzliches Geld also zur Inflation führt, kann der Zins wieder angezogen werden. Das IS-LM Modell geht von einem monetären Transmissionsmechanismus aus, der zwar scheinbar keynesiansich argumentiert, de facto aber zum gleichen Ergebnis kommt, wie die simple Quantitätsgleichung, siehe auch Monetarismus.

Auch im klassischen Bereich können wir die Situation haben, dass der Geldmarkt und Gütermarkt im Gleichgewicht ist und trotzdem Unterbeschäftigung herrscht. In diesem Bereich soll eine expansive Fiskalpolitik über den Zinssatz zu einem crowding out führen. Diese Situation ist im keynesschen System nicht vorgesehen und auch nicht plausibel. Solange es noch ein nicht aktiviertes Produktionspotential gibt, kann dieses aktiviert werden. Der Zins ist dann qua expansiver Geldpolitik noch weiter zu drücken. (Wobei, weil das auch immer wieder durcheinandergewürfelt wird, der Zins gemeint ist, zu dem sich Unternehmen Geld bei den Banken ausleihen, nicht der Leitzins, den die Zentralbank von den Geschäftsbanken fordert.)

Das IS-LM Modell diskutiert Fragen, die sich im Zusammenhang mit der keynesschen Theorie überhaupt nicht stellen und ignoriert vollumfänglich die Fragen, die sich tatsächlich stellen.

Keynes will sein Theoriegebäude also eher als ein System zur Analyse verstanden wissen und weniger als ein Handbuch zu einem Automaten, in dem steht, an welchen Parametern gedreht werden muss, wenn der Automat mal "stottert".

im Übrigen trifft der Vorwurf der "systemischen" Denke Keynes nicht, zumindest drängt sich dieser Eindruck nicht so suggestiv auf, wie bei manchen Vertretern der Neoklassik oder Ricardo. Das hat zwei Gründe. Zum einen fällt einem keine "ökonomische" Variable in engerem Sinne ein, die er nicht berücksichtigt hat und zum anderen werden nur sehr wenig Leuten Zusammenhänge zwischen Parametern einfallen, die nicht schon in der General Theory of Interest, Employement and Money stehen.

Zum anderen beruhen seine Analysen erstmal auf Annahmen, die ausschließen, dass sich der Automat radikal verändert. Sein Vorgehen unterscheidet sich radikal, erkenntnistheoretisch, von allen Verfahren, die wir bis jetzt gesehen haben. Schumpeter verfolgt Kausalketten solange, bis er auf eine nichtökonomische Ursache stößt, Marshall reduziert, das ist ein plausibler Ansatz, die Analyse ökonomischen Verhaltens auf die Aspekte, die sich in Geld ausdrücken. Walras sucht nach ewig geltenden Gesetzen, sieht die Volkswirtschaft also als Naturwissenschaft, Pareto vermutet, dass sich jede Art von menschlichem Verhalten letztlich psychologisch erklären lässt.

Keynes klammert schlicht alle nichtökonomischen Parameter erstmal aus. Das scheint ein vernünftiger Ansatz zu sein. Wenn wir die anderen Parameter, die auf die Wirtschaft einwirken, z.B. Innovationskraft und Ausbildungsstand, technologische Veränderungen etc. nicht direkt verändern können, dann müssen wir uns überlegen, was wir mit den Parametern erreichen können, die wir ändern können.

Das gilt natürlich nur unter der Voraussetzung, dass eine Änderung der festgesetzten Parameter nicht den ganzen Apparat verändert. Wir haben bereits bei Ricardo gesehen, dass ein ganzes System zusammenbrechen kann, wenn eine Annahme wegfällt. Die Annahmen über die Bevölkerungsentwicklung ist für das System von Ricardo zentral. Fällt diese weg, bricht sein System zusammen und genau das ist eben passiert.

Keynes auf jeden Fall definiert expressis verbis, was er alles auschließt. Es geht Keynes um ein quantitatives Wachstum, da qualitative Sprünge nicht planbar herbeigeführt werden können.

We take as given the existing skill and quantity of available labour, the existing quality an quantity of available equipement, the existing technique, the degree of competition, the tastes and habits of the consumer, the disutility of different intensities of labour and of the activities of supervision and organisation, as well as the social structure including the forces, other than our variables set forth below, which determine the distribution of the national income. This does not mean that we assume these factors to be constant; but merely that, in this place and context, we are not considering or taking into account the effects and consequences of changes in them. Wir nehmen die Ausbildung und die Menge an verfügbarer Arbeit, die Qualität und Menge an verfügbaren Anlagen, die Technik, die Wettbewerbsintensität, die Präferenzen und Gewohnheiten der Konsumenten, die Nutzeneinbußen, die durch die unterschiedlichen Intensitäten der Arbeit hervorgerufen werden, wie auch die Gliederung und Organisation, die soziale Struktur, die über die Verteilung des nationalen Einkommen bestimmen, außer den unten genannten, als gegeben an. Das heißt nicht, dass wir diese Faktoren als gegeben ansehen. Das bedeutet nur, dass wir hier und in diesem Kontext die Effekte und Konsequenzen einer Änderung dieser Faktoren nicht berücksichtigen.

aus: John Maynard Keynes, The general Theory on Employement, Interest and Money, Seite 122 (Kapitel 18, I)

Ähnlich lautende Stellen finden sich gefühlte dreißig Mal in dem Buch. Den Unterschied zur Neoklassik, mit Ausnahme von Alfred Marshall, muss man jetzt verstehen. Die Neoklassik sucht nach allgemeinen Gesetzen, sie schließt damit aus, dass die Qualität der Arbeit, die Technik, die Präferenzen, die Organisation (also auch die Verfassung) etc. sich im Zeitablauf ändert.

Sie arbeitet eigentlich gar nicht, wie vielfach behauptet, mit ceteris paribus Klauseln. In der Welt der Neoklassik ändern sich die oben genannten Parameter schlicht nie. Die Neoklassik sucht nach ewig geltenden Gesetzen, was wiederum ausschließt, dass der Automat sich qualitativ ändert. Die Neoklassik beschreibt im wesentlichen Marktkräfte, die zu gleichgewichtigen Zuständen führen. Ist das Gleichgewicht erreicht, verharrt die Wirtschaft in diesem Zustand, siehe auch Vilfredo Pareto.

Ein fataler Fehler ist es im übrigen schon, davon auszugehen, dass Keynes Gleichgewichte beschreibt, das suggeriert das IS-LM Modell. Das IS-LM Modell beschreibt in der Tat Gleichgewichte, allerdings beschreibt es nicht, wie man da hinkommt. Die IS Kurve lässt sich z.B. nur verschieben, wenn GELD zur Verfügung steht. Da sie im IS-LM Modell allerdings ohne Geld nacht rechts und links verschoben wird, fehlt der zentrale keynessche Gedanke. Keynes beschreibt PROZESSE, keine Gleichgewichte. Gleichgewichte sind uninteressant, wenn man sie nicht erreichen kann. Wir interessieren uns nicht dafür, dass es Gleichgewichte bei Vollbeschäftigung gibt. Uns beschäftigt die Frage, wie man da hinkommt.

Bei Keynes haben wir tatsächlich eine ceteris paribus Klausel. Alle Parameter, die geeignet sind den Apparat qualitativ zu verändern, wie etwa Innovationen / technischer Fortschritt, Bildung lässt er jetzt erstmal außen vor, erkennt aber die Relevanz dieser Parameter an. Das ist was anderes, als diese Parameter schlicht zu ignorieren.

Wer will, kann auch bei David Ricardo eine ceteris paribus Klausel einbauen. Das nützt aber nicht viel, wenn die Annahmen falsch sind.

Das Vorgehen von Keynes ist damit ein völlig anderes wie das zum Beispiel von Pareto. Bei Pareto haben wir als Ziel, das gesamte menschliche Verhalten, also auch das wirtschaftliche Handeln, gesetzesmäßig zu erklären, wobei die grundlegendste aller Wissenschaften die Psychologie (!!) ist, siehe Soziologie.

Pareto ist als auf der Suche nach dem ultimativen Megapparat. Bei Schumpeter haben wir wieder ein anderes, nicht weniger skurriles Verfahren. Er will Gründe für wirtschaftliches Handeln so weit zurückverfolgen, bis er auf ein nichtwirtschaftlich motiviertes Motiv stößt, siehe erkenntnistheoretische Grundlagen. Das wiederum ist lustig, denn was macht Schumpeter, wenn die nichtwirtschaftlichen Motive den Automat selbst verändern?

Wer von ceteris paribus Klauseln schwafelt, muss erstmal den Nachweis erbringen, dass er alle relevanten Parameter in seinem Modell verbaut hat.

Das nicht wirtschaftliche Motiv Verhütungsmittel einzusetzen, wirft zum Beispiel die ganze Theorie von David Ricardo über den Haufen. Die funktioniert nur, wenn sich die Plebs immer so vermehrt, dass sie nie mehr verdient, als einen gerade noch existenzsichernden Lohn, siehe David Ricardo.

Allgemeiner ausgedrückt: Eine Veränderung eines Parameters kann den Automat komplett ändern. Dann haben wir noch den ultimativen Automatenschmied, Léon Walras. Bei Léon Walras kreisen die Preise um das Gleichgewicht, wie die Erde um die Sonne, siehe Léon Walras. Die Gesetze mögen zwar ewig gelten, allerdings sind seine Gesetze lediglich der kleinste gemeinsame Nenner. Die Allgemeingültigkeit beruht auf der Trivialität.

Die Gesetze der Neoklassik bewegen sich weitgehend auf dem Niveau "je mehr Geld man hat, desto mehr kann man ausgeben". Dieses Gesetz hat universelle Gültigkeit, allerdings klärt es leider so wenig die Frage, wieviel Geld man den nun hat, wie die Regel "Lohn entspricht dem Grenzprodukt der Arbeit" die Lohnhöhe erklärt.

Bei Marx ist dann die ganze Menschheitsgeschichte ein Riesenautomat, siehe Karl Marx. Das eine Demokratie die von ihm hypostasierte Einkommensverteilung verändern wird, hat er schlicht ignoriert.

Die ceteris paribus Klausel steht prophylaktisch in jedem Lehrbuch der VWL, allerdings ist sie ein reines Lippenbekenntnis. Weder die Autoren, auf denen die heutige akademische Wirtschaftlehre fusst noch die Ökokaste gehen davon aus, dass sich der Automat selbst durch den Einfluss der von Keynes genannten Parameter qualitativ im Zeitablauf ändert. Das Ziel ist nicht Analyse, das Ziel ist die Ausklammerung relevanter Parameter zur Durchsetzung einer Ideologie.

Keynes ist der einzige, der explizit die Parameter, die den Automat im Zeitablauf ändern können, auch explizit nennt. Er abstrahiert von allen "nichtökonomischen" Parametern, was auch Sinn macht, denn kurzfristig werden sich diese in der Tat nicht ändern.

Die Neoklassik geht z.B. davon aus, dass bei Arbeitslosigkeit der Lohn soweit abzusenken ist, bis er dem monetär bewerteten Grenzprodukt der Arbeit entspricht. In dieser Aussage steckt eine ceteris paribus Klausel. Die Aussage nämlich, dass sich die Produktionsstruktur nicht ändert. Geschichtlich ist was anderes passiert: Vollbeschäftigung wurde in den sechziger Jahren dadurch erreicht, dass das Grenzprodukt der Arbeit gestiegen ist, was ja auch allgemein die intelligentere Methode ist. Es wäre günstiger, Ökonomen würden darüber nachdenken, wie man das monetär bewertete Grenzprodukt der Arbeit erhöht und weniger darüber, wie man den Lohn senken kann.

Daraus sollte man aber nicht schließen, wir kommen unten darauf zurück, dass sich die keynessche Theorie nur auf kurzfristige Zeiträume bezieht, wie wir das allerorten lesen und hören. Die keynessche Theorie ist keine Konjunkturtheorie. Die keynessche Theorie ist eine radikale Widerlegung zentraler Konzepte der Klassik / Neoklassik.

Des weiteren will er sein Theoriegebäude als Instrument zur Analyse verstanden wissen. In diesem Sinne ist die Darstellung von Hicks, das IS-LM Modell, ein Rückschritt. Dieses suggeriert, das sich mit der Verschiebung von ein paar Kurven der stotternde Automat wieder in Gang setzen lässt. Diese simplizistische Vorstellung war wohl kaum im Sinne Keynes.

Skurril ist in diesem Zusammenhang im Übrigen auch Popper. Der beschreibt im zweiten Band seines Werkes "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" die fatalen Folgen philosophischer Systeme, die Geschichte als einen Prozess begreifen, der zwangsläufig auf einen bestimmten Endzustand zusteuert, also die Theoriegebäude von Marx und Hegel. (Bei Platon sieht er das anders. Da lag der als ideal vorgestellte Zustand in der Vergangenheit und dahin will Platon zurück, aber das läuft auf das Gleiche hinaus.)

Allerdings erklärt er nicht, welcher Unterschied besteht, zwischen einem historischen Prozess, der auf einen Endzustand zusteuert und einer Gesellschaft, wo die ewigen Gesetze bereits gefunden sind und die sich folglich nicht mehr zu bewegen braucht. Ist man im Besitz der ewigen Wahrheit, gibt es kaum einen Grund, Fehlentscheidungen durch demokratische Entscheidungsprozesse zu korrigieren. Das trifft dann aber auch auf die Neoklassik zu. (Und, soit dit en passant und eigentlich viel fataler, auf religiöse Vorstellungen.)

Der salto mortale eines Hayeks in die Arme von Augusto Pinochet ist eine schlüssige Konsequenz, siehe Warnung vor der Planwirtschaft. Der totalitäre Liberalismus und der totalitäre Sozialismus sind die zwei Seiten derselben Medaille. Beim ersteren brauchen wir keinen demokratischen Entscheidungsfindungsprozess, weil der Markt alles regelt und was der Markt nicht regelt, muss nicht geregelt werden. Bei letzterem besteht kein Bedarf an einem demokratischen Entscheidungsprozess, weil die Wahrheit eh schon in Stein gemeiselt ist und die Gesetze der Ökonomie ohnehin unerbittlich wirken.

Alle Prämissen der Klassik / Neoklassik werden bei Keynes aufgegeben. Es ist ein radikaler Bruch in der volkswirtschaftlichen Theorie.

Rekapitulieren wir nochmal kurz die Vorstellungen der Klassik / Neoklassik. Keynes selbst subsumiert alles unter Klassik, was von seinem Standpunkt aus nachvollziehbar ist, denn seine Kritik betrifft sowohl die Klassik wie auch die Neoklassik in allen Varianten.

(Wir werden jetzt nicht nochmal wiederholen, dass die Begriffe Klassik / Neoklassik problematisch sind, weil die einzelnen Autoren, die der einen oder anderen Strömung zugerechnet werden sich unterscheiden. Wir verweisen auf die entsprechenden Kapitel. Im Zusammenhang mit Keynes geht es aber um drei Konzepte, Sparen, Geld, Zins. In dieser Hinsicht unterscheiden sich die verschiedenen Autoren der Klassik und Neoklassik nicht, man kann sie, wie Keynes das tut, zusammenfassen.)

Dass die Subsumierung verschiedenster Autoren unter Klassik bwz. Neoklassik nicht besonders sinnvoll ist, haben wir bereits gesehen, siehe Klassik bzw. Neoklassik. Was Keynes angeht, ist die Subsummierung beider Strömungen unter dem Begriff Klassik jedoch nachvollziehbar, weil seine Kritik sich an die Kernaussagen beider Systeme richtet. Wir sprechen also im Folgenden nur noch von Klassik.

Das Kernproblem mit dem sich Keynes beschäftigt ist die Unterbeschäftigung.

In der Klassik gibt es schlicht keine Unterbeschäftigung, sie wird einfach wegdefiniert. Gibt es Leute, die zu einem gegebenen Arbeitslohn nicht arbeiten, dann sind sie eben "freiwillig" arbeitslos. Bei Ricardo kann der Lohn so niedrig werden, dass die Leute schlicht verhungern und Tote sind nun mal nicht arbeitslos, die Leute haben es also vorgezogen zu sterben. In gewissem Sinne ist Arbeitslosigkeit dann "freiwillig". Die Neoklassik modifiziert das ein bisschen. Ein Lohn über dem Grenzprodukt der Arbeit ist zwar nicht möglich, allerdings ist unklar, warum er nicht auch niedriger sein kann. Gibt es Arbeitslosigkeit, dann ziehen, so die Neoklassik, die Arbeiter zu einem gegebenen Lohn Freizeit vor. Dass der Lohn auch so niedrig sein kann, dass die Alternative zur Arbeitsaufnahme verhungern wäre, kommt der Neoklassik gar nicht in den Sinn.

Die Neoklassik hypostasiert, dass die Arbeiter eine gewisse Machtpositition haben, also ihre Arbeit auch nicht anbieten können. Das trifft für Teilmärkte mit Sicherheit auch zu. In anderen Sektoren, vor allem eben bei unqualifizierter Arbeit, haben sie diese Machtposition nicht. Der Lohn kann, nicht nur theoretisch sondern höchst praktisch, auf das Existenzminimum fallen.

Die neoklassische Logik, bezahlt wird nach dem Grenzprodukt der Arbeit, wäre halbwegs plausibel, wenn der Faktor Arbeit WELTWEIT homogen wäre. Bei gegebenem, in allen Branchen gleichen, technischen Stand würde die Beschäftigung solange ausgedehnt, bis das (monetär bewertete) Grenzprodukt der Arbeit dem Lohn entspricht. Die Unternehmen würden nicht weniger Arbeit nachfragen, bis zu diesem Punkt machen sie ja noch Gewinne, mehr allerdings auch nicht. Allerdings bleibt auch dann die Höhe dieses Lohnes vollkommen unbestimmt.

Das Argument, dass es ja offensichtlich Leute gibt, die auch für fünf Euro arbeiten würden, ein Lohn der nicht existenzsichernd wäre, lässt die Klassik nicht gelten. Sie behauptet schlicht, dass, besteht auch bei diesem Lohn noch Arbeitslosigkeit, der Lohn aus irgendwelchen Gründen trotzdem zu hoch ist. Der Lohn sinkt in der Welt der Neoklassik auf ein Niveau, bei dem der Grenzertrag der Arbeit dem Lohn entspricht, soll heißen, dass solange Leute eingestellt werden, bis der (monetär bewertete) Grenzertrag der Arbeit dem Lohn entspricht. Sie erklärt aber nicht, wieso der Lohn nicht auch niedriger sein kann. Auf Teilmärkten kann der Lohn eine reine Machtfrage sein, der mit der Grenzproduktivität der Arbeit rein gar nichts zu tun hat.

Der Lohn wird also nach oben durch zwei limitierende Faktoren eingeschränkt. Erstens muss die Grenzproduktivität der Arbeit höher sein als die Grenzproduktivität des Kapitals, andernfalls wird Arbeit durch Kapital ersetzt (Roboter anstatt Menschen) und zweitens muss der (monetär bewertete) Ertrag der Arbeit am Markt noch zumindest die Lohnkosten wieder einspielen.

Das Saysche Gesetz, das in allen Lehrbüchern als Bindeglied zwischen Angebot und Nachfrage angeführt wird, sorgt dafür, dass es zu keiner Unterkonsumtion kommt.

Das Saysche Theorem besagt nun, dass jeder nur soviel arbeitet, wie er auch vorhat auszugeben. Nach dieser Logik kann es also eine Unterkonsumtion gar nicht geben. Ein klitzekleines Problemchen besteht hierbei dadurch, dass bei der Erstellung eines Produktes Arbeit nicht der einzige Produktionsfaktor ist. Hinzukommt ja noch Kapital und Boden, sowie, bei Say, der Unternehmerlohn.

Bei Kapital, beim Boden und beim Unternehmerlohn wird die Angelegenheit etwas problematisch. Denn der Boden erhält eine Rente, das Kapital einen Profit und der Unternehmerlohn hängt von Glück und Geschick ab. Diesen drei Einkommensarten liegt also keine bewusste Entscheidung zugrunde, sie ergeben sich einfach. Dass jemand nur soviel arbeitet, wie er auch vorhat auszugeben, ist plausibel. Dass jemand Vermögen, dass ihm rein zufällig zufällt auch tatsächlich ausgibt, ist weniger plausibel.

Näheres zur Idee der Rente, siehe David Ricardo.

Wenn aber Rente, Profit bzw. Unternehmerlohn "zufällig" anfallen, ist die enge Beziehung zwischen Nachfrage und Output zerbrochen. Dass ein Arbeiter nur soviel arbeitet, wie er vorhat zu konsumieren oder zu sparen, kann man nachvollziehen. Die Unanehmlichkeit, die mit der Arbeit zusammenhängt, wird er nur auf sich nehmen, wenn er eine konkrete Vorstellung des Warenkorbes hat, denn er hierfür einkaufen, bzw. für den er ansparen will. Einkommen aus Boden und Kapital liegt aber kein Opfer zugrunde. Der Konsum ist damit nicht mehr die Belohnung für Arbeit. Der Zusammenhang Grenzschmerz = Grenznutzen ist gestört, wenn sich die Höhe des Einkommens zufällig ergibt und dem auch kein Opfer entgegensteht.

Die Rente wird unabhängig vom Verhalten der Besitzer des Vermögens erzielt, welches die Rente abwirft. Das heißt, die Theorie von Say muss allgemeiner gefasst werden. Schlicht jedes Einkommen, egal aus welcher Quelle, wird entweder konsumiert oder gespart. Des weiteren heißt das, dass Einkommen, egal aus welcher Quelle es fließt und egal in welcher Höhe, konsumiert oder gespart wird. Say geht aber von einer bewussten Entscheidung aus. Jemand arbeitet soviel, dass er z.B. Summe X sparen kann. Wenn aber das Einkommen zufällig anfällt, dann wird auch nicht bewusst gespart. Damit stellt sich dann die Frage, von was das Sparen denn dann abhängt. Plausibel ist, dass umso mehr gespart wird, desto höher das Einkommen ist. Damit ist dann aber die Einkommensverteilung entscheidend für das Sparen.

Nach den Vorstellungen der Klassik wird Sparen und Investieren über den Zins in Übereinstimmung gebracht. Steigt der Zins, wird mehr gespart und weniger investiert und sinkt der Zins, wird weniger gespart und mehr investiert. Ist Sparen aber lediglich eine Residualgröße, die sich ex post ergibt, kann es vom Zins nicht abhängen. "Retten" könnte man das Saysche Theorem höchsten dadurch, dass man unterstellt, dass die Bezieher von Renten, Profiten und sonstigen sich eher zufällig ergebenden Einkommen sich nachträglich überlegen, wieviel sie bei gegebenem Zins sparen bzw. konsumieren wollen. Dann müssten die Bezieher solcher eher "zufälligen" Einkommen jeden Monat neu über ihr Konsumniveau nachdenken. Im Gegenzug könnten auch die Kreditnehmer nicht mehr disponieren, da ja unklar ist, wieviel gespart wird.

Bevor das jetzt also alles zu kompliziert wird, halten wir uns besser an die Realität. Diese ist vergleichsweise einfach. Den Zins und die Kreditschöpfungsmöglichkeiten legen die Zentralbanken fest und das klassische Geschwurbel ist schlicht Unsinn. Daraus folgt dann, dass man alle Lehrbücher der VWL drastisch entschlacken kann und obendrein noch der Wahrheit näher kommt.

Fazit: In der Welt der Klassik gibt es keine Unterbeschäftigung durch Unterkonsumtion weil alles, was produziert wird, auch nachgefragt wird. Arbeitslosigkeit ist allerhöchstens als strukturelles, vorübergehendes Phänomen vorstellbar, das heißt, dass vorübergehend die Koordination durch den Markt versagt und die falschen Dinge produziert werden. Das Saysche Gesetz zusammen mit dem Zins als Preis für Geld sorgt dafür, dass es zu keiner Unterkonsumtion kommt.

Weiter geht die Klassik davon aus, dass eine Lohnsenkung auch zu einer Preissenkung führt, denn andernfalls würde eine Lohnsenkung lediglich die Nachfrage verringern. Man kann bezweifeln, dass dies der Fall ist. Sinken die Löhne schneller als die Preise, dann kommt es zu einem Nachfrageausfall.

Dieses System, die Klassik / Neoklassik, enthält nun sehr viele Annahmen und Prämissen und keine einzige davon akzeptiert Keynes. Dass das oben beschriebene klassische System mit der real existierenden Wirklichkeit nichts zu tun hat, ist hierbei unschwer zu erkennen. Es reicht ein Blick aus dem Fenster. Wenn Kapitalsammelstellen enorme Probleme haben, Geld zu investieren, wenn der Zinsatz von den Zentralbanken vorgegeben wird, wenn Finanzprodukte, da liquide, attraktiver sind als Realinvestitionen, diese binden Kapital definitiv, was sie riskanter macht, dann kann mit der klassischen Theorie irgendwas nicht stimmen.

Einschub: Eine radikal vereinfachte Darstellung des keynesschen Gedankengebäudes

Das keynessche Theoriegebäude ist ausgesprochen komplex und geht weit über das IS-LM Modell, das sich üblicherweise in Lehrbüchern findet, hinaus. Das IS-LM Modell ist eine extreme Simplifizierung, insbesondere ist der Unterschied zur Neoklassik gar nicht erkennbar. Die IS Kurve z.B. beschreibt alle Kombinationen aus Zins und Volkseinkommen, bei denen sparen und investieren im Gleichgewicht sind.

Die Logik ist hierbei simpel. Ist der exogen vorgegebene Zins hoch, dann wird auch wenig investiert, weil es nur wenig Investitionen gibt, die diesen hohen Zins bedienen können. Da, bei Keynes, sparen vom Volkseinkommen abhängt, ist auch das dazugehörige Volkseinkommen gering. Je weiter der Zins sinkt, desto mehr wird investiert und desto größer muss das Volkseinkommen sein.

Man kann sich das leicht klar machen, wenn man an eine normale kreditfinanzierte Investition denkt. Je niedriger der Zins, desto mehr Investitionen gibt es, die diesen Kredit auch bedienen können. Damit diese Investitiionen nachhaltig sind, müssen sie den Kredit tilgen können, das heißt, das zuvor geschaffene Geld vernichten können.

Die IS Kurve, so wir sie in allen Lehrbüchern finden, lässt sich auch anders interprretieren. Ist das Volkseinkommen gering, wird wenig gespart, deswegen ist der Zins hoch und unter der Annahme der sinkenden Grenzproduktivität sind dann auch die Investitionen hoch rentabel, so dass dieser Zins dann auch gezahlt wird. Problem: Das ist Klassik / Neoklassik pur und hat mit dem keynesschen System nichts, absolut nichts zu tun. Die zentrale Aussage fehlt. In der Klassik ist Sparen nicht konsumiertes Einkommen aus der Vergangenheit und VORRAUSSETZUNG für die Investition. Bei Keynes wird die Investition erstmal über GELD finanziert und induziert dann später die nichtkonsumierten Einkommen, die den Kredit tilgen. Man kann es auch so sehen.

Ähnliche Probleme gibt es mit der LM Kurve. Diese macht keine Aussage über die monetärern Transmissionsmechanismen, man kann sich darunter vorstellen, was einem Spaß macht. Der gleiche Verlauf würde sich auch bei Zugrundelegung der schlichten Quantitätsgleichung ergeben. Ist das Volkseinkommen gering, ist der Bedarf an Transaktionskasse gering. Es steht also üppig Geld für investive Zwecke zur Verfügung, der Zins ist also niedrig. In dem Maße, wie das Volkseinkommen steigt, steigt auch der Bedarf an Transaktionskasse, damit schrumpft die Geldmenge, die für investive Zwecke zur Verfügung steht.

Der Zins steigt. Irgendwann haben wir dann eine Situation, bei der das gesamte Geld für Transaktionszwecke verwendet wird. Das ist dann der "klassische" Bereich, allerdings kann auch im klassischen Bereich Unterbeschäftigung herrschen. Der Ausdruck klassischer Bereich ist also irreführend.

Jede weitere Ausdehnung der Nachfrage würde über einen höheren Zins andere Nachfrage verdrängen. Man kann, mit viel Mühe, die Kurve auch mit den monetären Transfermechanismen von Keynes deuten, aber das Modell selber sieht ziemlich neoklassisch aus.

Das IS-LM Modell ist keine neoklassische Synthese, wie man allerorten liest, das ist Neoklassik pur. Das Modell enthält kein einziges der für Keynes relevanten Konzepte. Wir kommen darauf zurück.

Was man aber an dem IS-LM Modell sehr schön sieht, ist, dass die mathematische Modellierung keineswegs präziser ist, als eine verbale Darstellung. Im Gegenteil. Meistens produziert selbige totalen Blödsinn.

Damit man jetzt den roten Faden nicht verliert, geben wir vorab selber eine extrem vereinfachte Darstellung des keynesschen Systems. Man sollte bei dem was folgt im Blick behalten, worauf Keynes überhaupt hinaus will. In diesem konkreten Fall ist der Weg nicht das Ziel. In diesem konkreten Fall sollte man das Ziel kennen, bevor man losmarschiert.

Ein Knackpunkt bei Keynes ist, dass der Zins Sparen und Investieren nicht ins Gleichgewicht bringt. Sparen hängt allein ab vom Einkommen, ist also ein konstanter Prozentsatz des Einkommens. Der Zins jedoch bildet sich fernab von allen realwirtschaftlichen Zusammenhängen auf dem Geldmarkt.

Das ist, wir wiederholen, nichts besonders Abstraktes. Leiht sich jemand Geld von der Bank, nehmen wir an 10 000 Euro, die diese Bank sich wiederum von der Zentralbank leiht, die dieses Geld wiederum druckt, dann muss in der ZUKUNFT, nach Abzug aller Kosten, die Investition soviel bringen, dass der Kredit getilgt werden kann. Das Sparen, also das Nicht-Konumieren von Einnahmen, findet also in der Zukunft statt und nicht in der Vergangenheit. Die Investition hat das Sparen induziert und war NICHT Vorraussetzung für die Investition. I = S gilt EX POST, aber nicht EX ANTE.

Davon abgesehen, gibt es aber noch ein paar Probleme. Weder ist sparen eine Voraussetzung für investieren, das geht auch mit Geld, noch führt sparen automatisch zu Investitionen. Im Gegenteil. Sparen alle, dann sinkt die monetär bewertete Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals. Geht nämlich die Nachfrage zurück, dann müssen die Unternehmer die Preise senken und langfristig die Produktion zurückfahren.

Dass die Klassik dieses Problem nicht kennt, liegt daran, dass sie davon ausgeht, siehe Saysches Theorem, dass sparen automatisch zu Investitionen führt, weil die Alternative zu sparen nur der Konsum ist. Das ist falsch. Es gibt ein Zwischending. Die Anlage in börsennotierten Wertpapieren. Die sind fast so liquide wie Geld, da sie an der Börse gehandelt werden und folglich jederzeit in die allerliquidiste Form, nämlich Geld, zurücktransferiert werden können. Damit gibt es eine Anlageform, die sicherer ist, als eine Realinvestition, aber leider keine Arbeitsplätze schafft und auch das Volkseinkommen nicht erhöht.

Die Realinvestition konkurriert mit dem Geldmarktzins, muss aber entweder eine sehr viel höhere Rendite abwerfen oder Sicherheiten bieten, die der einer Finanzinvestition entsprechen. Es ist also der Geldmarktzins, der der die reale Investitionsvolumen festlegt.

Damit ein Zusammenhang zwischen Sparen und Investieren über den Zins hergestellt werden kann, muss das Ersparte auch tatsächlich investiert, das heißt in einer Investition gebunden werden. Wird das Sparen aber in einer Investition langfristig gebunden, steigt das Risiko. Die Leute werden es also unter Umständen vorziehen, das Geld liquide zu halten, das heißt nicht zu investieren und das Sparvermögen in seiner "flüssigsten" Form, also in Geld halten und es muss dann sehr rentable Investitionen geben, damit der sichere Hafen der absoluten Liquidität verlassen wird.

Vermuten die Leute, dass es wirtschaftlich "bergab" geht, sparen sie unter Umständen, halten das Geld aber in möglichst liquider oder sicherer Form oder verkonsumieren es schlicht.

Auf Deutsch: Selbst wenn die Rentabilität einer Investition 15 Prozent im Jahr beträgt, bunkern die Leute Geld, wenn sie den Eindruck haben, dass sie auch ihr gesamtes Vermögen verlieren können. Das ist das, was wir aktuell erleben.

Die Leute sparen entweder überhaupt nicht mehr, weil sie darin keinen Sinn erkennen [ein Fall, der bei Keynes nur eine untergeordnete Bedeutung hat] oder retten ihr Geld in einen sicheren Hafen, der wenig oder keine Rendite abwirft. Der Zins ist der Preis, der gezahlt werden muss, für die Aufgabe der Liquidität und die Übernahme von Risiko. Er ist nicht der Preis, der gezahlt werden muss, damit die Leute gegenwärtigen Konsum gegen zukünftigen Konsum tauschen, wie die Klassik sich das vorgestellt hat.

Man kann für einen unbestimmten Konsum in unbestimmter Zukunft nicht sparen und man wird keinen Investor dazu bringen, jetzt in Produktionsmittel zu investieren, damit er in dreißig Jahren die dann nachgefragten Konsumgüter herstellt, wenn er heute feststellt, dass aufgrund des Sparens die Nachfrage zurückgeht. Der Leser ist jetzt der Meinung, dass niemand auf so eine gaga Idee kommt. Das ist falsch. Die Riesterrente ist genau dieses gaga Prinzip. Dass sie scheitern wird, wie es sich ja aktuell abzeichnet, hätte man sich denken können, wenn man 1 und 1 zusammengezählt hätte.

Damit bildet sich der Zins auch nicht auf dem Kapitalmarkt, den es bei Keynes schlicht gar nicht mehr gibt. Der Kapitalmarkt ist ein etwas unklar definiertes Gebilde. Im Sinne der Klassik ist es ein Markt, bei dem bereits erwirtschaftetes Vermögen zu investiven Zwecken zur Verfügung gestellt wird. Aus dem Kapitalmarkt wird bei Keynes ein Geldmarkt.

Wer es ganz platt haben will: Welchen Anteil ihres Vermögens die Leute zusammensparen, ist völlig egal, denn der Zins wird von der Zentralbank festgelegt. So platt argumentiert Keynes zwar nicht, wie wir noch sehen werden, aber falsch ist es auch nicht.

Desweiteren haben wir bei Investitionen das gleiche Problem wie beim Sparen. Der Zins ist EIN Parameter. Daneben spielen aber auch Erwartungen bezüglich der Zukunft eine Rolle und die Aussichten auf die Zukunft werden unter Umständen sogar verdunkelt, wenn zuviele Leute sparen, denn das vermindert die Nachfrage und Unternehmen leiten ihre Vorstellungen über die Zukunft von der gegenwärtigen Situation ab. Es ist illusorisch zu glauben, dass die Unternehmen aufgrund einer hohen Sparquote in der Gegenwart, die die Nachfrage dämpft, mit einer hohen Nachfrage in der Zukunft rechnen.

Damit haben wir folgende Situation. Zwischen Sparen und Investieren besteht überhaupt kein Zusammenhang.

Sparen hängt allein ab vom Einkommen. Nur ex post stimmt es mit der Investition überein.

Die Investition wiederum hängt ab von der erwarteten Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals, wobei Keynes die erwartete Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals als erwarteten Barwert definiert, das heißt als die abdiskontierten erwarteten Erträge der Zukunft.

In der Klassik wird investiert, wenn die Rentabilität eines Investitionsprojektes den Kapitalmarktzins übersteigt. Dies ist der Zinssatz, der Sparen, gedacht als nichtkonsumierte Einnahmen der Vergangenheit, und Investitionen in Übereinstimmung bringt.

Diesen Kapitalmarkt gibt es bei Keynes nicht. Bei Keynes bildet sich der Zins auf dem Geldmarkt. Sparen spielt hier höchstens insofern eine eine Rolle, als es Bestandteil der monetären Masse ist.

Genauer: Völlig unabhängig von der tatsächlichen Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals bildet sich am GELDMARKT ein Zins und die Investitionen, die diese Hürde nicht überspringen, werden nicht getätigt, auch wenn sie an sich rentabel wären.

Wenn aber der Zins Sparen und Investieren nicht mehr direkt in Übereinstimmung bringt, wäre es reiner Zufall, wenn der Zins Sparen und Investieren auf einem Niveau zum Ausgleich bringt, bei dem gleichzeitig Vollbeschäftigung herrscht, bzw. das Investitionsvolumen ausreicht, um Vollbeschäftigung zu erreichen. Ein Gleichgewicht auf dem Geld- und Gütermarkt bei gleichzeitiger Unterbeschäftigung ist also ohne weiteres möglich.

Verkürzt: Es ist ganz locker denkbar, dass zu dem vom Geldmarkt vorgegebenen Zinssatz alle Investitionen getätigt wurden, bei denen dieser Zinssatz bedient werden konnte. Das heißt aber mitnichten, dass das Investitionsvolumen so groß war, dass auch alle Leute, die zu einem gegebenen Lohn arbeiten wollten, auch tatsächlich eine Arbeit gefunden haben.

Verkürzt und damit mal eine Richtung vorgegeben ist. Die Tatsache, dass die einen Sparen, heißt noch lange nicht, dass die anderen Investieren und Arbeitsplätze schaffen.

Insbesondere bei Unsicherheit werden die Investoren / Kapitalsammelstellen das schön bleiben lassen und sich in die Liquidität flüchten, das heißt in Anlageformen, die man auch wieder zurückziehen kann. Dies trifft z.B. für börsennotierte Wertpapier zu.

Um es mal ganz platt zu sagen. Facebook ist nach Maßgabe der Rentabilität etwa 25 Milliarden Dollar wert. Damit ergäben sich bei 1 Milliarde Gewinn etwa 4 Prozent Rendite pro Jahr, was normal ist. Tatsächlich ist die Marktkapitalisierung von Facebook aber 100 Milliarden, das heißt 75 Milliarden, die Facebook beim Börsengang erzielt hat, sind spekulativ. Die Rendite auf Facebook Aktien, also das, was mit den Dividenden verdient wird, ist lächerlich, 1 Prozent. Man braucht jetzt nicht viel Phantasie um sich vorzustellen, was es für einen impact auf den Arbeitsmarkt gehabt hätte, wenn diese 75 Milliarden in die Realwirtschaft geflossen wären. Hierbei ist Facebook nur ein Beispiel unter vielen. Die Summen, die rein spekulativ investiert werden, sind gigantisch. Kapitalsammelstellen haben enorme Probleme, rentable Realinvestitionen zu finden und parken Geld.


Abgesehen davon, hängt die Fähigkeit einer Wirtschaft Kredite zu schöpfen nicht vom Sparen ab. Weder in der Vollbeschäftigung, das haben wir schon bei Schummpeter gesehen, noch in der Unterbeschäftigung. Bestenfalls kann man Sparen als Umwidmung von Ressourcen interpretieren. Weg von der Produktion von Konsumgütern und hin zur Produktion von Investitionsgütern. Sparen kann aber, da es per definitionem ja eine Einschränkung des Konsums bedeutet, die Investitionneigung sogar dämpfen. Niemand wird investieren, nur weil die Nachfrage zurückgeht.

Der Zins bringt gar nichts zum Ausgleich, insbesondere nicht Sparen und Investieren. Denn Sparen hängt vom Einkommen ab, bei Keynes vom Einkommen in der ZUKUNFT, die Investitionen von der Rentabilität. Der Zins allerdings hängt entweder, das ist die einfache und nicht keynessianische Version, ab von den Zentralbanken oder, das ist die keynessche Version, von der Risikobewertung des Umfeldes durch den Geldmarkt. Auf die monetären Transmissionsmechanismen bei Keynes kommen wir noch zurück.

Um die Leute dazu zu bringen, Spekulationskasse aufzulösen, muss die Rentabilität einer Investition hoch sein. Anders formuliert: Die Klassik / Neoklassik geht davon aus, dass das Anlegen von Sparvermögen überhaupt kein Problem ist und das Sparvermögen problemlos dahin wandert, wo es am meisten Rendite abwirft. Keynes geht, realistischer, davon aus, dass genau dies ein gewaltiges Problem ist.

Die Theorie der Klassik impliziert, dass Kapital ein Produktionsfaktor ist, etwas, was knapp ist, und folglich einen Preis im Sinne einer gesamtwirtschaftlichen Signalfunktion hat. Geld ist aber nicht knapp und ist auch kein Produktionsfaktor. Geld lenkt lediglich Produktionsfaktoren, siehe Schumpeter. Und abgesehen davon: Kapital kann nur in seiner allerliquidisten Form, also in Geldform, in die rentabelste Verwendung wandern.


Das Saysche Gesetz gilt nicht. Sparen ist eine Residualgröße, die sich mehr oder weniger zufällig ergibt und zweitens sind Realinvestitionen risikobehaftet, so dass die Leute es vorziehen, ihr Sparvermögen in möglichst liquider Form zu halten. Dass Keynes Recht hat, sehen wir auch daran, dass der Markt vom üblichen Bankenschema, Kredite werden nur vergeben, wenn 100 Prozent durch Sicherheiten gedeckt, zunehmend abgeht. Zunehmend wird Risikokapital zur Verfügung gestellt.

Was Keynes will ist nun relativ simpel. Er will, dass der Zinssatz soweit abgesenkt wird, dass nur noch die Administrationskosten der Banken und das Risiko eingepreist ist. Zustandekommen soll jede Investition, die fähig ist, das geschaffene Geld anschließend qua Kredittilgung wieder zu vernichten. Das gesamte Produktionspotential soll also ausgeschöpft werden.

Funktioniert das nicht, weil die Risikoaversion zu groß ist, dann soll der Staat über eine expansive Fiskalpolitik die gesamtwirtschaftliche Nachfrage steigern. Hierbei ist natürlich immer investiven Staatsausgaben der Vorrang zu geben, weil dann schon die Investition selber zumindest einen Teil der Kredittilgung gewährleistet und es auch relativ problemlos ist, an die nächste Generation Schulden zu vererben, wenn man ihr auch Vermögen vererbt. Des weiteren ist der Staat der einzige, der in einer solchen Situation, totale Risikoaversion, überhaupt noch reagieren kann, weil er der einzige ist, der von allen positiven Sekundäreffekten über höhere Steueren, geringere Sozialausgaben, bessere Infrastruktur profitiert.

Wir werden auf all diese Themen später nochmal zurückkommen.



Wir zitieren Keynes mal in voller Länge, denn es ist lustig. (Nebenbei können wir noch lernen, dass die berühmte Tobin Steuer eigentlich von Keynes stammt.)

These tendencies are a scarcely avoidable outcome of our having successfully organised 'liquid' investment markets. It is usually agreed that casinos should, in the public interest, be inaccessible and expensive. And perhaps the same is true of stock exchanges. That the sins of the London Stock Exchange are less than those of Wall Street may be due, not so much to differences in national character, as to the fact that to the average Englishman Throgmorton Street is, compared with Wall Street to the average American, inaccessible and very expensive. The jobber's 'turn', the high brokerage charges and the heavy transfer tax payable to the Exchequer, which attend dealings on the London Stock Exchange, sufficiently diminish the liquidity of the market (although the practice of fortnightly accounts operates the other way) to rule out a large proportion of the trinsaction characteristic of Wall Street. The introduction of a substantial government transfer tax on all transactions might prove the most serviceable reform available, with a view to mitigating the predominance of speculation over enterprise in the United States. The spectacle of modern investment markets has sometimes moved me towards the conclusion that to make the purchase of an investment permanent and indissoluble, like marriage, except by reason of death or other grave cause, might be a useful remedy for our contemporary evils. For this would force the investor to direct his mind to the long-term prospects and to those only. But a little consideration of this expedient brings us up against a dilemma, and shows us how the liquidity of investment markets often facilitates, though it sometimes impedes, the course of new investment. For the fact that each individual investor flatters himself that his commitment is 'liquid' (though this cannot be true for all investors collectively) calms his nerves and makes him much more willing to run a risk. If individual purchases of investments were rendered illiquid, this might seriously impede new investment, so long as alternative ways in which to hold his savings are available to the individual. This is the dilemma. So long as it is open to the individual to employ his wealth in hoarding or lending money, the alternative of purchasing actual capital assets cannot be rendered sufficiently attractive (especially to the man who does not manage the capital assets and knows very little about them), except by organising markets wherein these assets can be easily realised for money. The only radical cure for the crises of confidence which afflict the economic life of the modern world would be to allow the individual no choice between consuming his income and ordering the production of the specific capital-asset which, even though it be on precarious evidence, impresses him as the most promising investment available to him. It might be that, at times when he was more than usually assailed by doubts concerning the future, he would turn in his perplexity towards more consumption and less new investment. But that would avoid the disastrous, cumulative and far­reaching repercussions of its being open to him, when thus assailed by doubts, to spend his income neither on the one nor on the other. Those who have emphasised the social dangers of the hoarding of money have, of course, had something similar to the above in mind. But they have overlooked the possibility that the phenomenon can occur without any change, or at least any commensurate change, in the hoarding of money.

Diese Entwicklung hat sich zwangläufig aus der Organisation von "liquiden" Investmentmärkten ergeben. Es herrscht Übereinstimmung darüber, dass es im öffentlichen Interesse liegt, den Zugang zu Kasinos schwer zugänglich und teuer zu gestalten und das gleiche gilt vielleicht für Wertpapierbörsen. Dass die Londoner Wertpapierbörse weniger sündhaft ist als die Wall Street liegt vielleicht weniger an den unterschiedlichen nationalen Eigenheiten als daran, dass für den durchschnittlichen Engländer Throgmorton Street schwerer zugänglich und teuerer ist als die Wall Street für den durchschnittlichen Amerikaner. Die Depotgebühren, die hohen Ordergebühren und die hohe an das Schatzamt, welche die Aufsicht über die Londoner Wertpapierbörse ausübt, zu zahlende Börsenumsatzsteuer verringert die Liquidität des Marktes in einem Maße (wenn auch die Praxis das Konto alles zwei Wochen zu saldieren eine gegenteilige Wirkung hat) das ausreicht, um die Eigenheiten der Transaktionen an der Wall Street zu verhindern. Die Einführung einer spürbaren Umsatzsteuer auf alle Transaktionen, würde sich als eine nützliche Reform erweisen und die Dominanz rein spekulativ bedingter Transaktionen über Transaktionen mit einem realwirtschaftlichen Hintergrund, wie dies in den USA der Fall ist, vermindern. Die Art und Weise wie Börsen heute funktionieren hat mich zu der Einsicht gebracht, dass eine Investition, die so dauerhaft und unauflösbar sein sollte, wie eine Heirat und nur durch den Tod oder einem anderen gewichtigen Grund gelöst werden kann, eine gutes Heilmittel für unsere gegenwärtigen Probleme wäre, denn dies würde den Investor zwingen, über die langfristigen Perspektiven, und nur über diese, nachzudenken. Denken wir jedoch darüber nach, dann erkennen wir rasch das Dilemma. Die Liquidität des Investment Marktes vereinfacht machmal auch die Investition in neue Projekte, auch wenn sie dieser von Zeit zu Zeit abträglich ist, denn jeder Investor ist beruhigt, wenn er weiß, dass sein Engagement liquide ist (auch wenn das nicht für alle Investoren gleichermaßen gilt) [das Argument gilt eigentlich nur bei der Erstemittierung von Aktien, der Autor] und geht deshalb bereitwilliger ein Risiko ein. Wären die individuellen Investitionen illiquide, dann würde dies neue Investitionen ernsthaft behindern, wenn es noch andere Möglichkeiten gäbe, Erspartes Vermögen zu halten. Das ist das Dilemma. Solange das einzelne Individuum zwischen Horten von Geld oder Verleihen von Geld frei wählen kann, gibt es, außer dem Aufbau von Märkten, wo Wertpapiere sofort in Geld umgewandelt werden können, nur die Möglichkeit, den Ankauf von realen Anlagegütern möglichst zu vereinfachen (vor allem für die Leute, die die Wertpapiere nicht selbst verwalten und sehr wenig davon verstehen). Die einzig radikale Kur für die Vertrauenskrise, die die heutige Welt bedroht, wäre dem Individuum nur die Alternative zu lassen zwischen dem vollständigen Konsum seines Vermögens oder der Produktion eines Anlagegutes, das ihm, auch wenn die Entscheidung auf zweifelhaften Informationen beruht, als das lukrativste erscheint. Möglich wäre, dass er, wenn er mehr als normal über die zukünftige Entwicklung beunruhigt ist, er in seiner Unsicherheit sich mehr dem Konsum widmen würde und weniger investieren würde. Dies jedoch würde die desaströsen, sich kumulativ auftürmenden und weitreichenden Konsequenzen vermeiden, die entstehen, wenn es ihm frei steht bei Zweifeln sich weder für das eine noch für das andere zu entscheiden. Diejenigen, die den sozialen Sprengstoff, der sich im Horten von Geld versteckt, betonten, hatten etwas ähnliches im Sinn, übersahen aber die Möglichkeit, dass dieses Phänomen sich auch ohne irgendeinen Wandel, bzw. ohne einen merklichen Wandel in der Hortung des Geldes ereignen kann.

aus: John Maynard Keynes, The General Theory of Employement, Interest and Money, Chapter 12, Seite 80

Die letzte Bemerkung (Those who have emphasized the social danger...) bezieht sich auf Silvio Gesell (1862 - 1930) auf den er im sechsten Buch, Kapitel 23, Abschnitt VI ausführlich eingeht. Man kann sich die Frage stellen, ob in diesem kurzen Abschnitt der Kern des keynesschen Theoriegebäudes nicht deutlicher zum Ausdruck kommt, als im IS-LM Modell. Gehen wir es nochmal durch.

Im ersten Abschnitt beschäftigt er sich mit der Frage, ob rein spekulative Investements nicht erschwert werden sollten. Was er unter spekulativen Investments versteht, beschreibt er zwei Seiten vorher. Spekulative Investments, also vor allem Ankauf von Wertpapieren aller Art, orientieren sich nicht an realwirtschaftlichen Fakten, sondern an rein psychologischen Faktoren.

Der Börsenspekulant versucht z.B. eine Prognose über die Prognose der anderen, denn wenn die anderen die Aktie kaufen, steigt sie. Genau genommen versucht er nicht mal eine Prognose über die Prognose der anderen. Er versucht eine Prognose über die Prognose, die sich die anderen Spekulanten über die Prognose der anderen Spekulanten machen.

Das ist der berühmte, von Keynes so bezeichnetet, beauty contest. Er geht zurück auf ein Gewinnspiel in einer Tageszeitung, bei dem die Leute nicht die Frau auswählen sollten, die sie selbst am schönsten fanden, sondern die Frau, von der sie vermuteten, dass die anderen sie für die Schönste halten.

Keynes sagt es nicht kurz und bündig, aber man kann sich unschwer vorstellen, dass diese Art der Spekulation das Kapital nicht in die rentabelsten, produktivsten und Arbeitsplätze sichernden Realinvestitionen lockt. Vor allem schaffen diese Art von Investitionen keine Arbeitsplätze und das Bruttosozialprodukt steigt um keinen Cent. Sind die so entstehenden Blasen aber auch noch kreditfinanziert, wie derzeit, dann ist der Crash gewaltig. Dann geht nicht nur der einzelne Spekulant pleite, sondern auch die, die ihm das Geld für die Spekulationen geliehen haben.

Es ist ein Kuriosum des Ordoliberalismus à la Walter Eucken, dass er zwar auf die Bedeutung der optimalen Faktorallokation pocht, aber die gigantische Fehlallokation, die durch die Spekulation induziert wird, schlicht ignoriert. Der pauschale Vorwurf, dass Keynes mit hochaggregierten Größen argumentiert, also mit einer globalen Nachfrage und sich wenig um die optimale Faktorallokation kümmert, greift dann nicht, wenn die gigantische Fehlallokation via Börse übersehen wird.

Der hemmungslosen Spekulation könnte man durch eine Börsenumsatzsteuer, was heute unter dem Begriff Finanztransaktionssteuer oder Tobin Steuer diskutiert wird, aber eigentlich, wie wir sehen, von Keynes stammt, Einhalt gebieten. Sind die Kosten für Transaktionen gering, können schon geringste Gewinnchancen milliardenschwere Transfers auslösen, Wechselkurse tanzen lassen, Rohstoffpreise auf die Achterbahn schicken, Immobilienblasen wachsen lassen etc..

Keynes sieht allerdings, dass die Börse auch Kapital für unternehmerische Tätigkeit zur Verfügung stellt, auch wenn dies de facto nur beim Börsengang der Fall ist. Ohne die Börse würden weniger Leute in Realinvestitionen investieren. Bei der erstmaligen Emittierung einer Aktie fließt dem Unternehmen tatsächlich Geld zu. Dadurch aber, dass die Aktien des emittierenden Unternehmens anschließend an der Börse gehandelt werden, ist der einzelne Investor "liquide". Das Argument sticht zweifelsfrei, auch wenn uns das Platzen der Internetblase des Jahres 2000 gelehrt hat, dass die Kapitalisierung neuer Unternehmer über die Börse genauso professionell gehyped wird wie der normale Aktienhandel.

Entscheidend ist dann dieser Satz:

So long as it is open to the individual to employ his wealth in hoarding or lending money, the alternative of purchasing actual capital assets cannot be rendered sufficiently attractive (especially to the man who does not manage the capital assets and knows very little about them), except by organising markets wherein these assets can be easily realised for money.

Das Ideal wäre also, man könnte den Leuten schlicht verbieten, Kapital zu horten. Das tut Silvio Gesell. Das Geld wird abgestempelt und verliert an Wert, muss folglich ausgegeben werden. Das mit dem Mann, der zuwenig über Investitionen (reale) weiß und deshalb Geld bunkert ist relativ. Der Autor würde vermuten, dass damit auch die professionellen Anleger der Kapitalsammelstellen überfordert sind.

Ob es möglich ist, einzelne Anleger dazu zu bringen, in Realinvestitionen zu investieren und ob es außerhalb von geregelten Kapitalmärkten möglich ist, genügend Kapital aufzubringen, kann man bezweifeln. Es wäre schon hilfreich, wenn man Kapitalsammelstellen wie Banken und Versicherungen dazu bringen könnte, mal über Realinvestitionen, jenseits von Immobilien, nachzudenken.

Das Problem bei Keynes ist unter Umständen, dass er die Spekulation nicht sauber in sein System integriert hat. Zwar weißt er schlüssig nach, warum es rational sein kann, schlicht gar nicht zu investieren und Geld zu horten, nämlich dann, wenn die Gefahr besteht, eben selbiges zu verlieren. (Rational ist es zum Beispiel nicht zu investieren, wenn der Aktienkurs / Wertpapierkurs [Aktienkurs, Wertpapierkurs fassen wir zusammen, siehe unten] sehr hoch ist, denn dann besteht die Gefahr, dass er fällt. Gleichermaßen wird niemand investieren, wenn er in der Zukunft mit einem Einbruch der Konjunktur rechnet.)

Auf der anderen Seite klärt er aber nicht, ob er Wertpapiere zum Geld, also ob er sie für vollkommen liquide hält, oder zu den Investitionen zählt. Berücksichtigt man das gesamte keynessche System, wäre es sinnvoll, Wertpapiere unter Geldvermögen zu subsumieren, denn für die Realwirtschaft macht es letztlich keinen Unterschied, ob Geld gehalten wird oder Wertpapiere. Beides ist gleichermaßen irrelevant was die Wirkung auf die Beschäftigung angeht oder beide sind sehr liquide.

Der einzige Unterschied besteht darin, dass bei der Investition in Wertpapiere noch ein Transmissionsmechanismus in die Realwirtschaft vorhanden ist. Werden Wertpapiere gekauft, steigt deren Kurs, die Rendite sinkt. (Je teuerer ein Papier ist, desto geringer ist, bei gleicher Dividende, die Rendite.) Über diesen Effekt gibt es einen Transmissionsmechanismus in die Realwirtschaft. Je geringer die Rendite auf dem Geldmarkt, desto interessanter werden Realinvestitionen. Wird das Geld aber gehalten, gibt es keinen Effekt mehr in die Realwirtschaft. Das ist der Grund, warum Keynes die Spekulationskasse eingeführt hat.

Man könnte es aber auch anders formulieren, an der Kernthese von Keynes würde sich nichts ändern. Nur ab einer gewissen Zinshöhe wird der sichere Hafen der Liquidität verlassen. Man könnte das Problem lösen, die Theorie wäre dann auch einfacher verständlich, wenn man Geld UND Wertpapiere in die Spekulationskasse packt, wo sie beide zusammen nur dann den sicheren Hafen der Liquidität verlassen, wenn die Rentabilität einer Realinvestition so hoch ist, dass das Risiko hingenommen wird. Diese Interpretation entspräche auch eher der derzeitigen Situation. Die derzeitige expansive Geldpolitik der Zentralbanken bläht die Börse auf, es gibt einen Effekt auf den Geldmarkzins, allerdings springt der Funke nicht über auf die Realwirtschaft.

Die Spekulationskasse kann das Phänomen nicht erklären, denn keine Bank wird Kredite bei der Zentralbank aufnehmen, um damit die Spekulationskasse zu vergrößern. Die Vorstellung einer Spekulationskasse ist nur sinnvoll, wenn man eine rationale Erklärung dafür sucht, dass bereits zirkulierendes Geld in einer Form gehalten wird, die keine Erträge bringt.

Doch zurück zum Sayschen Gesetz. Das Saysche Gesetz besagt bekanntlich, siehe Saysches Gesetz, dass der Zins Sparen und Investieren ins Gleichgewicht bringt, also der Zins, als Preis für Geld, dafür sorgt, dass genau so viel gespart, wie investiert wird.

Um mal ganz genau zu sein. Das Saysche Gesetz besagt, dass jeder nur soviel arbeitet, wie er anschließend vorhat zu konsumieren oder zu sparen, also den Konsum auf die Zukunft zu verschieben. Wieviel er aber sparen will, hängt dann vom Zins ab.

(Wir haben aber bereits gesehen, dass eine Entscheidung nur bei Arbeitseinkommen vorliegt, denn Gewinneinkommen im weitesten Sinn fallen zufällig an. Das vernachlässigen wir jetzt aber. Eigentlich würde das schon reichen, damit das Saysche Gesetz ungültig wird. Einfaches Beispiel: Gewinnt jemand im Lotto, wird er in der Regel mit der Anlage dieses Vermögens, jenseits von einfachen Dingen, Hausbau etc., überfordert sein. Will er das Geld dann sicher anliegen, wird er es an eine Kapitalsammelstelle übergeben, in der unbegründeten Hoffnung, dass diese schlauer ist als er. Die Kapitalsammelstelle wir mit diesem Geld höchstwahrscheinlich keine Realinvestition tätigen, sondern eine Finanzinvestition. )


Sinkt der Zins, wird weniger gespart und mehr investiert. Umgekehrt umgekehrt. Wenn der Zins sich nun aber auf dem Geldmarkt bildet und abhängt von der Präferenz für Liquidität, dann kann er ein Gleichgewicht zwischen Sparen und Investieren nicht herbeiführen, weil er weder mit der Sparquote, die hängt vom Einkommen ab, noch mit der Investitionsquote, die hängt von den Erwartungen bezüglich der Zukunft ab, irgendwas zu tun hat.

Um ganz genau zu sein. EX POST entspricht die Summe aus Sparen natürlich dem Investitionsvolumen, das ist zwangläufig. Aber nicht EX ANTE, wie die Klassik sich das vorstellte. Bei Keynes treiben Investitionen das Volkseinkommen solange in die Höhe, bis das Sparen, das vom Volkseinkommen abhängt, dem Investitionsvolumen entspricht. EX POST ergibt sich also die Gleichheit, nicht aber EX ANTE.

Hat der Zins eine Höhe, die Sparen und Investieren ins Gleichgewicht bringt und für Vollbeschäftigung auf dem Arbeitsmarkt sorgt, dann ist das reiner Zufall. Die Klassik beschreibt also einen möglichen Fall, ist aber kein allgemeiner Zustand. Damit ist es aber auch reiner Zufall, wenn alles, was produziert wird, auch tatsächlich nachgefragt wird, woraus sich dann wiederum ergibt, dass auch die Vollbeschäftigung, die ja voraussetzt, dass alles, was produziert wird auch abgesetzt wird, ein Spezialfall ist. Da Keynes auch ein Gleichgewicht auf dem Güter und Geldmarkt beschreiben will, das mit einer Unterbeschaftigung auf dem Arbeitsmarkt vereinbar ist, bezeichnet er seine Theorie als allgemeine Theorie. Sie beschreibt nicht nur den Spezialfall der Klassik, sondern jeden Zustand.

Wem das jetzt zu kompliziert ist, der kann es auch à la Schumpeter formulieren. Das ist zwar nicht das Gleiche, geht aber in diesselbe Richtung. (Ein entscheidender Unterschied zwischen Keynes und Schumpeter, mal abgesehen von den wesentlich komplexeren monetären Transmissionsmechanismen und der Tatsache, dass Keynes von Unterbeschäftigung ausgeht, Schumpeter von Vollbeschäftigung, besteht darin, dass bei Schumpeter mit Geld qualitative Sprünge in der Produktionsstruktur durchgesetzt werden, bei Keynes ein brachliegendes Produktionspotential aktiviert wird.)

Hat jemand die ultimative Killerapplikation, z.B. ein App, das zu jeder Straße, wo man sich gerade befindet alle möglichen Hintergrund Informationen liefert, also das ultimative Touri Tool, dann geht er zur Bank und leiht sich Geld. Diese schöpft einen Kredit qua Geldschöpfung, bzw. holt es sich von der Zentralbank. Er investiert und zahlt den Kredit zurück, also in den Folgejahren wird sozusagen "gespart", ein Teil des Rückflüsses aus der Investition wird nicht konsumiert, sondern "gespart". EX POST haben wir also eine Übereinstimmung von Sparen und Investieren, allerdings war die Investition vor dem Sparen da.

Allerdings ist Schumpeter nicht besonders realistisch, bzw. es gilt nur für venture capital. Schumpeter erklärt nicht, wie es der schöpferisch zerstörende Untenehmer fertig bringt, Kapitalsammelstellen davon zu überzeugen, ihm Geld zu leihen. Diese werden unter Umständen eine Risikoaversion haben und ihm kein Geld geben, es sei denn, er kann Sicherheiten bieten. Unsicherheit ist bei Schumpeter kein Thema, bei Keynes ein sehr zentrales.

Das ist eine zentrale Message von Keynes. Der Zins kann Sparen und Investieren nicht ins Gleichgewicht bringen, weil er weder mit Sparen noch mit Investieren irgendetwas zu tun hat. Er bildet sich auf dem Geldmarkt. Der (entgangene) Zins ist bei Keynes der Preis für Liquidität, anders formuliert, der Preis für Sicherheit.

Der Zins ist nicht der Preis, der für Geld bezahlt wird, damit jemand dazu gebracht wird, den höheren zukünftigen Konsum dem geringeren gegenwärtigen Konsum vorzuziehen. Wie hoch der Zins sein muss, um die Leute dazu zu bringen, den sicheren Hafen der Liquidität zu verlassen, hängt von ERWARTUNGEN ab.

Hierbei unterscheidet Keynes drei Bereiche. Gehen die Leute davon aus, dass jede Investition (wir würden das jetzt mal auf Realinvestitionen beschränken, weil Wertpapiere, so zumindest ist es einfacher verständlich, eher zur Kategorie Geld gehören, sie sind liquide und jederzeit in Geld konvertierbar) hochriskant ist, dann werden sie ihr Geld in der Spekulationskasse halten (oder eben mit Wertpapieren spekulieren).

In dieser Situation kann eine Senkung des Zinses, z.B. über eine Ausdehnung der Geldmenge durch die Zentralbank, keine zusätzlichen Investitionen mehr induzieren. Das Sparvermögen kann nicht durch Investitionen absorbiert werden und die Wirtschaft verharrt in der Unterbeschäftigung. Das ist das, was wir derzeit erleben. Die Zentralbanken pumpen Geld ohne Ende in den Markt, aber die Kapitalsammelstellen gehen damit an der Börse spielen. Man könnte sich fragen, warum sie das tun, warum sie nicht einfach nichts tun. Die Antwort ist einfach. Sie haben keine Alternative. Das ist die einzige Möglichkeit, die sie haben, so sie nicht in Realinvestitionen investieren wollen, zu überleben.

Damit man sich was darunter vorstellen kann, kann man den Zusammenhang auch etwas "unkeynesianisch" darstellen. Die Vermutung, dass zusätzlich geschaffenes Zentralbankgeld schlicht an der Börse "versackt" und keinerlei Realinvestitionen induziert ist nicht von der Hand zu weisen, siehe auch www.welt.de/../../Dax. Es ist also denkbar, dass, egal wie niedrig der Zins ist, keine Realinvestitionen mehr getätigt werden. Eine solche Situation würde der keynesschen Liquiditätsfalle entsprechen. [Die Argumentation ist etwas unkeynsianisch, wir kommen aber noch x-mal darauf zurück.].

Jedem fallen jetzt die Immobilienblasen ein, die ja gerade durch einen niedrigen Zins hervorgerufen worden sein sollen. Immobilien sind aber eine spezielle Kiste, weil sie zwar illiquide sind, dafür aber als relativ sicher gelten. Wir kommen darauf zurück.

Das andere Extrem ist der "klassische" Bereich. Herrscht Vollbeschäftigung, dann muss, bei einer gegebenen Geldmenge, der Versuch die Investitionstätigkeit auszudehnen, zu steigenden Zinsen führen, die andere Investitionen verdrängen, ohne dass die Investitionstätigkeit und damit das Volkseinkommen insgesamt zunimmt. Dazwischen gibt es dann einen Bereich, wo eine Ausdehnung der Investitionstätigkeit und damit eine Zunahme des Volkseinkommens zwar mit steigenden Zinsen einhergeht, aber dies noch prinzipiell möglich ist. Diesen Zusammenhang beschreibt die berühmte LM Kurve. Das Problem mit dieser Kurve besteht darin, dass die für Keynes relevante Variable, nämlich die Präferenz für Liquidität aufgrund von Unsicherheit, durch den Zins ausgedrückt wird. Es ist zwar zutreffend, dass der Zins Ausdruck dieser Liquiditätspräferenz ist, aber nicht die Ursache. Die eigentlich Ursache ist in dieser Art der Modellierung gar nicht enthalten. Die Ursache für das Zinsniveau ist Unsicherheit.

Die LM Kurve beschreibt alle Kombinationen aus Zins und Volkseinkommen, bei GEGEBENER GELDMENGE, bei der der Geldmarkt im Gleichgewicht ist. Ein geringes Volkseinkommen bedeutet z.B. dass der Bedarf an Transaktionskasse, also das, was man zur Abwicklung der privaten und geschäftlichen Einkäufe braucht, also im Geldbeutel oder in der Kasse hat, gering ist. Damit ist relativ viel Geld übrig. Hat man jetzt Angst, dass man dieses Geld verliert, wenn man es anlegt, dann stopft man es in die Spekulationskasse, da ist es liquide und damit sicher.

Mit zunehmendem Volkseinkommen steigt der Bedarf an Transaktionskasse, also das Geld, das man braucht, um die privaten und geschäftlichen Transaktionen zu tätigen. Bei gegebener Geldmenge muss hierfür die Spekulationskasse aufgelöst werden, das heißt, es müssen entweder Wertpapiere verkauft werden oder das Geld muss, weniger realistisch, unterm Kopfkissen hervorgeholt werden. Werden aber Wertpapiere verkauft, dann fällt deren Preis und die Divididende steigt. (Beispiel: 4 Euro Dividende auf eine Aktie die 100 Euro kostet ist relativ wenig, aber 4 Euro Dividende auf eine Aktie, die nur 50 Euro kostet ist relativ viel.)

Dieser Geldmarktzins determiniert natürlich die Ansprüche an die Realivestition. Ein Investor, in der Regel eine Kapitalsammelstelle wie Banken oder Versicherungen, wird natürlich nicht in eine Realinvestition investieren, solange die Rendite eines Wertpapieres plus des Gewinnes durch eine Wertsteigerung des Wertpapieres nicht höher sind, als die Rentabilität der Realinvestition. Da die Realinvestition aber obendrein auch noch riskanter ist, das Kapital ist dann unter Umständen in Spezialmaschinen gebunden die bei Scheitern des Projektes noch Schrottwert haben, muss die Realinvestition sogar noch um einiges rentabler sein und je nach der Risikoeinschätzung der Investoren, muss sie sogar sehr viel höher sein. Der Geldmarkt dominiert den Gütermarkt.

Dass wir Keynes vollständig missverstehen, wenn wir Wertpapiere (Aktien, Staatsanleihen, Genussscheine, Optionsscheine etc.etc.) zum Geld zählen, würden wir natürlich bestreiten und zwar aus dem schlichten Grund, dass Liquidität ein relativer Begriff ist. Absolut liquide ist zwar nur Geld, aber dann gibt es noch zahlreiche Vermögenswerte, die ziemlich liquide sind, wie eben zum Beispiel Aktien. Wenn man will, könnte man auch zu jedem Grad an Liquidität einen entsprechenden Zinsatz anführen. Und weiter würden wir sagen, dass es für das Keynesche System ziemlich Jacke ist, ob die Leute ihr Geld unterm Kopfkissen horten oder an der Börse spekulieren. Beides hat exakt Null Wirkung auf die Beschäftigung (wenn man mal von ein paar Börsenheinis absieht).

Eine Ausdehnung der Geldmenge durch die Zentralbank ist nur im mittleren Bereich sinnvoll. Im liquidity trap, also wenn jede Menge zusätzlichen Geldes in der Spekulationskasse versackt (oder, wenn wir Keynes hier erweitern, bzw. etwas "griffiger" formulieren, an der Börse landet; auf jeden Fall zu keinen Realinvestitionen führt) ist eine Ausdehnung der Geldmenge sinnlos, denn obwohl der Zins schon so niedrig ist, wird er aufgrund der negativen Erwartungshaltung niemanden mehr dazu bringen, den sicheren Hafen der Liquidität zu verlassen. Ein weiteres Absenken des Zinssatzes wäre also sinnlos. Diese Situation haben wir aktuell, wobei wir jetzt, gestern war Neujahr, das Jahre 2013 schreiben.

Völlig falsch und inkompatibel mit der keyneschen Theorie ist aber der klassische Bereich, weswegen das IS-LM Modell mit der keynesschen Theorie nichts zu tun hat. Tauft man das Ding dann noch klassischer Bereich, wie man immer wieder liest, z.B. hier, die Spekulationskasse, dann wird es völlig wirr. Im Grunde zeigt es, dass die keynessche Theorie nicht verstanden wurde.

Der Ausdruck klassischer Bereich kann nur eine Bedeutung haben, wenn Vollbeschäftigung herrscht, also die drei limitierenden Faktoren der Klassik, Arbeit, Kapital und Boden ausgelastet sind. Im "klassischen" Bereich der LM Kurve ist aber das GELD der limitierende Faktor und Geld ist gar kein Produktionsfaktor. Die Darstellung der LM Kurve und vor allem die Bezeichnung "klassischer" Bereich rückt aber dann das Geld in die Nähe des Kapitals. Wäre es Kapital im Sinne der Klassik, die sich dieses ja tatsächlich völlig liquide, das heißt als Geld vorstellt, dann ist es ein limitierender Faktor, der knapp wird, wenn das Volkseinkommen steigt.

Geld ist aber kein limitierender Faktor in der keynesschen Theorie und es ist sinnlos, es als solche zu betrachten, denn es steht in jeder Menge zur Verfügung. Die Geldmenge muss solange ausgedehnt werden, bis der Geldmarktzins ausreichend Investitionen ermöglicht, um Vollbeschäftigung zu erreichen.


Die LM Kurve mit ihrem "klassischen" Bereich suggeriert etwas, was der keynesschen Theorie diametral entgegengesetzt ist. Sie suggeriert, dass Geld Kapital im Sinne der Klassik ist.

Der Begriff "klassischer Bereich" ist irreführend. "Klassisch" wäre der Bereich dann, wenn irgendetwas, Kapital oder Arbeit, in diesem Bereich knapp wäre. Geld allerdings ist nie knapp und über den Grad der Beschäftigung, sagt dieser Bereich gar nichts aus.

Anders formuliert: Die LM Kurve suggeriert, dass die Zentralbanken aus lauter Boshaftigkeit die Geldmenge auf einem Niveau halten, bei dem Unterbeschäftigung herrscht. Das ist kein rationales Verhalten.

Das Gegenstück zur LM Kurve ist die IS Kurve. Sie zeigt alle Kombinationen aus Volkseinkommen und Rentabilität (Zinssatz), bei denen Sparen und Investieren im Gleichgewicht sind. Im keynesschen Sinne interpretiert, könnte man den Verlauf so erklären. Bei einem hohen Zinssatz, ist das Investitionsvolumen gering, da nur wenige, hoch rentable Investitionen, diesen Zins bedienen können. Demzufolge ist auch das Volkseinkommen, das notwendig ist, um das dem Investitionsvolumen entsprechende Sparvolumen zu erbringen, gering. In dem Maße, wie der Zins sinkt, ist das Investitionsvolumen und damit das Sparvolumen höher.

Wer sich was darunter vorstellen will: Ist der Zins niedrig, kann z.B. der Staat vermehrt Investitionen im Wohnungsbau tätigen. Dort werden dann, wir gehen davon aus, dass im Bausektor Unterbeschäftigung herrschte, vermehrt Leute eingestellt. Diese wiederum konsumieren, wodurch wiederum Einkommen generiert wird. Alle zusammen zahlen dann mehr Steuern. Sind diese hoch, können sie sogar die Höhe des ursprünglichen Primärimpulses erreichen. Die Steuern könnte man also als Zwangssparen interpretieren.

Zu einem bestimmten Volkseinkommen gehört eine bestimmte Höhe des Sparvolumens und zu diesem Sparvolumen gehört eine bestimmte ERWARTETE Rentabilität einer Investition, die dieses Sparvolumen absaugt.

Der Verlauf der IS Kurve suggeriert aber eher einen neoklassischen Zusammenhang. Bei einem niedrigen Volkseinkommen ist die Sparquote niedrig. Sparen, verstanden als nicht konsumiertes Einkommen aus der Vergangenheit, ist dann knapp, der Zins hoch. Zu diesem hohen Zins, gehört dann ein geringes Investitionsvolumen. Anders formuliert. Bei einem niedrigen Volkseinkommen wird alles konsumiert, die Möglichkeit zu sparen existiert nicht oder nur in geringem Maße. In dem Maße, in dem das Volkseinkommen wächst, kann auch mehr gespart werden, der Zins fällt. Das ist eine völlig neoklassische Darstellung, die weder was mit der Realität noch mit der keynesschen Theorie irgendwas zu tun hat.

Die Realität, die Keynes tatsächlich beschreibt, geht ein bisschen anders. Finanziert werden Investitionen mit GELD, wo dieses herkommt, von der Zentralbank gedruckt, über Giralgeldschöpfung oder angespart, ist völlig egal. Gespart im Sinne von Nicht-Konsumieren von Zahlungsrückflüssen, passiert DANACH.

Das IS-LM Modell erschwert das Verständnis realwirtschaftlicher Zusammenhänge extrem. Dieses Modell dürfte auch dafür verantwortlich sein, dass niemand Keynes versteht und wir tag-täglich eine unglaubliche Menge an Mist quer durch die Journaille lesen.


Im übrigen müssste beim IS / LM Modells auf der Ordinate Zinssatz / erwartete Rentabilität stehen. Die Ordinate bezeichnet in Bezug auf die LM Kurve den Geldzinsatz, in Bezug auf die IS Kurve jedoch die erwartete Rentabilität. Die Rentabilität ist Ausdruck einer Prognose bezüglich der Zukunft. Das heißt der entscheidende Parameter, nämlich die Erwartungshaltung der Unternehmer, ist in der Modellierung gar nicht enthalten. In der LM Kurve ist die Erwartung enthalten, weil die LM Kurve auf Annahmen zwischen Zins und Spekulationskasse beruht. Die IS Kurve basiert aber auf einem exogen vorgegebenen Zins, wobei niemand weiß, was man darunter eigentlich vestehen soll. Genau genommen investieren Unternehmen, wenn sie eine hohe Rendite ERWARTEN. Die Erwartung taucht aber in der IS Kurve, im Gegensatz zur LM Kurve, gar nicht auf.

Auch den nächsten Abschnitt versteht man ohne weiteres, wenn man es sich anhand einer "normalen" Investition klar macht. Leiht sich jemand eine Summe X und tilgt diesen Kredit dann aus den Erlösen dieser Investition, so müssen diese Erlöse umso größer sein, je geringer der Anteil, denn er zur Tilgung des Kredites verwendet.

Makroökonomisch ist das natürlich ein bisschen komplizierter. Um den Zusammenhang einfacher diskutieren zu können, interpretieren wir jetzt Steuerzahlungen als Sparen, als Zwangssparen. Wir gehen also davon aus, dass das durch den Primärimpulst induzierte Steuermehraufkommen zur Kredittilgung verwendet wird und dann vernichtet wird. Sparen ist ja bekanntlich nicht konsumiertes Einkommen. Ob das jemand freiwillig oder unfreiwillig macht, ist egal.

Leiht sich der Staat 1 Million und tilgt diese unmittelbar entstehen natürlich überhaupt keine Sekundäreffekte. Die Nachfrage steigt um 1 Million und sinkt um 1 Million, das Ergebnis ist Null.

Gehen wir mal von einem Steuersatz von 20 Prozent aus.

Der Staat gibt das Geld einem z.B. Bauunternehmer, der damit eine Brücke baut. Dessen Gewinn steigt um 1 Million, davon zahlt er 200 000 Euro Steuern und 800 000 zahlt er an seine Arbeiter. Diese wiederum zahlen 160 000 Steuern und machen für 560 000 Urlaub im Inland (!!). Die Tourismusbranche zahlt dann 112000 Euro Steuern und kauft sich Autos im Inland (!!) für 448000 etc. etc. Bis also über die Steuermehreinnahmen der Kredit getilgt ist braucht man ein mehr an Volkseinkommen von 5 Millionen bei 20 Prozent und von 10 Millionen bei 10 Prozent. Je geringer also das Zwangssparen, desto mehr steigt, isoliert betrachtet, das Volkseinkommen. Die Rechnung stimmt natürlich in der Realwirtschaft nicht, weil der Staat das Geld natürlich nicht vernichtet, sondern auch ausgibt. Naheliegenderweise ist das Spiel natürlich des weiteren sofort beendet, wenn der Bauunternehmer die 800 000 nimmt und sich damit in Spanien eine schicke Villa kauft.

Naheliegenderweise setzt der oben beschriebene Mechanismus natürlich auch voraus, dass überhaupt geliefert werden kann. Stellt die Tourismusbranche auf einmal fest, dass die Nachfrage das Angebot an z.B. Hotelbetten übersteigt, werden sie die Preise erhöhen, dann endet das Spiel natürlich auch früher. Bedingung für das Spiel ist, dass überhaupt im Inland (!!) geliefert werden kann, bzw. im Inland günstiger geliefert wird, als im Ausland, denn in beiden Fällen würde andernfalls die Nachfrage abfließen.

Naheliegenderweise fragt sich der Leser jetzt, warum die Staatsverschuldung Jahr für Jahr steigt. Die Staatsverschuldung steigt zum Beispiel dann, wenn Geld definitiv dem Wirtschaftskreislauf entzogen wird, also z.B. an der Börse gespielt wird. In dem Moment bricht die Kette natürlich ab. Gleichermaßen bricht die Kette ab, wenn das Geld nicht verkonsumiert wird, also nachfragewirksam wird, sondern dafür verwendet wird, Staatsanleihen zu kaufen. Dann bekommt der Staat sein Geld nicht über Steuern, sondern über eine höhere Verschuldung.

Weiter wird die Staatsverschuldung auch dann steigen, wenn der Staat jedes Jahr seine Ausgaben erhöht, weil der Rücklauf des Kredites sich über mehrere Perioden hinzieht.

Allerdings kann die Staatsverschuldung, aus demselben Grund wie oben, auch steigen, wenn der Staat die Ausgaben zurückfährt, weil das Volkseinkommen dann um ein Vielfaches der Verringerung der Staatsausgaben sinkt.

Keynes formuliert den Zusammenhang abstrakter. Das gesamtwirtschaftliche Sparen, unter dem man sich dann konkret Geld vorstellen muss, das bei Kapitalsammelstellen landet, muss dem Investitionsvolumen entsprechen.


Darunter kann man sich zwei unterschiedliche Situationen vorstellen. Bei einer Situation gibt es einen einmaligen Impuls, der dann in der Folge das nötige Sparen generiert oder einen dauerhaften Impuls, einmal pro Jahr. Im letzten Fall kann das Sparvolumen dem Investitionsvolumen nur entsprechen, wenn das jährliche Mehr das Volkeinkommen entsprechend erhöht.

Man sollte, da man ständig liest, dass Keynes zwischen konsumtiven und investiven Staatsausgaben nicht unterscheidet, in dem folgenden Abschnitt darauf achten, dass Keynes von Investition spricht. Investive Ausgaben sorgen dafür, dass der induzierte Konsum auch im Inland befriedigt werden kann, denn mit Investitionen produziert man Konsumgüter.

Ordinarily speaking, the public will not do this unless their aggregate income in terms of wage-units is increasing. Thus their effort to consume a part of their increased incomes will stimulate output until the new level (and distribution) of incomes provides a margin of saving sufficient to correspond to the increased investment. The multiplier tells us by how much their employment has to be increased to yield an increase in real income sufficient to induce them to do the necessary extra saving, and is a function of their psychological propensities. If saving is the pill and consumption is the jam, the extra jam has to be proportioned to the size of the additional pill. Unless the psychological propensities of the public are different from what we are supposing, we have here established the law that increased employment for investment must necessarily stimulate the industries producing for consumption and thus lead to a total increase of employment which is a multiple of the primary employment required by the investment itself. It follows from the above that, if the marginal propensity to consume is not far short of unity, small fluctuations in investment will lead to wide fluctuations in employment; but, at the same time, a comparatively small increment of investment will lead to full employment. If, on the other hand, the marginal propensity to consume is not much above zero, small fluctuations in investment will lead to correspondingly small fluctuations in employment; but, at the same time, it may require a large increment of investment to produce full employment. In the former case involuntary unemployment would be an easily remedied malady, though liable to be troublesome if it is allowed to develop. In the latter case, employment may be less variable but liable to settle down at a low level and to prove recalcitrant to any but the most drastic remedies.

Vereinfacht gesagt: Die Menschen werden dies so lange unterlassen, bis das aggregierte Einkommen ein Niveau erreicht hat, bei dem die Sparsumme [bei Keynes hängt Sparen ausschließlich vom Einkommen ab] ausreicht, um die gestiegenen Investitionen zu decken. Der Multiplikator zeigt, um wieviel die Beschäftigung ansteigen muss, um eine Zunahme des Realeinkommens zu induzieren, das die zusätzlich benötigte Sparsumme aufbringt, die die erhöhte Investitionssumme deckt. Er ist also eine Funktion der jeweiligen Präferenzstruktur. Wenn Sparen die Pille und Konsumtion die Marmelade ist, dann muss die Extramarmelade proportional zur Pille sein. Wenn die Präferenzstruktur [im Hinblick auf Konsum] der Öffentlichkeit tatsächlich so ist, wie wir vermuten, dann haben wir hier ein Gesetz, welches besagt, dass die durch die Investition induzierte Beschäftigung auch zu einer größeren Beschäftigung in der Konsumgüterindustrie führen muss und so zu einer Zunahme der Gesamtbeschäftigung, die ein Vielfaches der Wirkung auf die Beschäftigung beträgt, die ursprünglich durch die eigentliche Investition induziert wurde. Daraus folgt, dass nur geringe Änderungen im Investitionsvolumen zu einer desto größeren Änderung in der Beschäftigung führen wird, je höher die Konsumquote ist und eine nur geringe Zunahme der Investitionen zur Vollbeschäftigung führen wird. Umgekehrt wird bei einer nur geringen Konsumquote eine leichte Änderung in der Investitionstätigkeit nur zu einer leichten Änderung in der Beschäftigung führen und es bedarf aus demselben Grund eines großen Anstiegs des Investitionsvolumens um Vollbeschäftigung zu erreichen. Im ersten Fall wäre freiwillige Arbeitslosigkeit eine einfache, wenn auch schmerzliche Krankheit, wenn man es ihr gestattet sich zu entwickeln, zu heilende Krankheit. Trifft letzteres zu, dann wird die Beschäftigung weniger schwanken, aber sich unter Umständen auf einem niedrigen Niveau einpendeln und sich gegen alle Arten von Gegenmaßnahmen, außer vielleicht ganz drastischsten, widerspenstig zeigen.

aus: John Maynard Keynes, The General Theory of Employement, Interest and Money, Book 3, Chapter 10, Seite 60

Er beschreibt den sogenannten Multiplikator. Wird eine Investition getätigt dann muss irgendjemand bereit sein, die Investitionen zu "finanzieren". Nach den Vorstellungen der Klassik passiert das vorher. Zuerst spart jemand und dann investiert jemand. Bei Keynes passt sich das Volkseinkommen und damit das gesamtwirtschaftliche Sparen an die Investition an. Es wird also zuerst investiert und dann, qua Vergrößerung des Volkseinkommens, gespart. Beträgt also die ursprüngliche Investition 100 Euro und das Volkseinkommen 1000 Euro, die Konsumquote 90 Prozent (was wiederum heißt, dass 10 Prozent gespart wird), dann ist die Wirtschaft im Gleichgewicht, denn alles was produziert wird, wird auch investiert.

Y = C + I oder Y = C + S
mit I = S
Y = Volkseinkommen, I = Investition, S= Sparen
1000 = 900 [0,9 * 1000] + 100 [0,1 * 1000]

Steigt jetzt das Investitionsvolumen auf 2000, nicht einmalig, sondern immer wieder, also definitiv, dann muss sich, wenn niemand bereit ist, sein Konsumverhalten zu ändern, also von dem durch die Investition induzierten Realeinkommen genau so viel konsumtiv verwendet wird wie vom restlichen Einkommen, das Volkseinkommen erhöhen, anders kann es kein Gleichgewicht geben. Da die Sparquote 0,1 ist, bedarf es des Zehnfachen an Volkseinkommen, damit der Gütermarkt wieder im Gleichgewicht ist.

2000 = 1800 [0,9 * 2000] + 200 [2000 * 0,1]

Wie man sofort sieht, wenn man einen beliebig anderen Wert einsetzt, geht die Gleichung nicht mehr auf, wenn man einen anderen Wert einsetzt. In Klammern der Betrag, der fehlt, um die für die Investition erforderliche Sparsumme zur Verfügung zu stellen.

1500 = 1350 [0,9 * 1500] + 200 (-50)
1600 = 1440 [0,9 * 1600] + 200 (- 40)
1800 = 1620 [0,9 * 1800] + 200 ( -20)

Verstehen muss man jetzt noch, dass es sich nicht um eine einmalige Investition handelt. Das Investitionsvolumen wird dauerhaft erhöht, was nur möglich ist, bei gegebener Konsumneigung, wenn das Volkseinkommen dauerhaft steigt. Es soll genau genommen, das ist die Idee von Keynes, solange steigen, bis Vollbeschäftigung erreicht ist.

Des weiteren muss man die Reihenfolge verstehen. Erstmal bildet sich völlig unabhängig von der Höhe der Investitionen, die wiederum allein von der ERWARTETEN Rentabilität abhängen, und unabhängig vom Sparverhalten der Haushalte, das allein von der Höhe des Volkseinkommens abhängt, ein Zins auf dem GELDMARKT.

Die Höhe dieses Zinsatzes ergibt sich aus der Liquiditätspräferenz. Besteht eine große Unsicherheit bezüglich der weiteren Entwicklung der Wirtschaft, bzw. gehen die Wirtschaftssubjekte von einem Konjunktureinbruch aus, befürchten also, ihr Geld zu verlieren, wenn es in irgendwelchen Investitionen gebunden ist, dann landet es in der Spekulationskasse, wird also vollkommen liquide in Geld gehalten (wobei wir, wie oben beschrieben, eben auch Finanzanlagen zur Spekulationskasse hinzuaddieren würden. Ob vollkommen liquide, Geld, oder ziemlich liquiede, Geldanlangen, ist ziemlich egal.)

Von der Höhe des sich am GELDMARKT bildenden Zinsatzes hängt nun wiederum das Investitionsvolumen ab. Die ERWARTETE Rentabilität muss höher sein als der Zinssatz, der sich am Geldmarkt bildet.

Von der Investition wiederum hängt das Volkseinkommen ab, da dieses soweit steigen muss, bis unter Berücksichtung der Sparquote, das gesammelte Sparen, ex post, dem Investitionsvolumen entspricht.

Vom Volkseinkommen wiederum hängt die Beschäftigung ab. Da die gesamte Kausalkette mit dem Zinsatz auf dem GELDMARKT startet, der von psychologischen Faktoren, nicht aber von exakten Informationen über die Zukunft dominiert wird, wäre es reiner Zufall, wenn wir am Ende der Kausalkette Vollbeschäftigung hätten. Zusammengefasst: Mit der Klassik hat dieses Modell nichts mehr gemeinsam. Es ist ein radikaler Bruch.

Ob man nun jedes Detail der Argumentation von Keynes einleuchtend finden muss, mag dahingestellt sein. Dass aber keine Prämisse der Klassik, soweit sie makroökonomische Zusammenhänge betrifft, zutrifft, wird man schwerlich bezweifeln können. Man kann auch brutaler argumentieren. Der Zins ergibt sich schlicht aus der Politik der Zentralbank und eine Lenkungsfunktion hat er nicht, weil die Vergabe von Krediten nicht von der erwarteten Rentabilität abhängt, sondern von den Sicherheiten.

Der Zins ist im übrigen auch kein Preis, wenn wir unter Preis etwas vestehen, was eine Lenkungsfunktion hin zur optimalen Allokation hat. Geld ist nicht knapp und was nicht knapp ist, braucht man auch nicht optimal zu allozieren. Bei Unterbeschäftigung geht es darum, das gesamte Produktionspotential auszuschöpfen. Die Frage, ob Arbeit X nicht besser in Arbeit Y zu verwenden ist, stellt sich nicht, weil Arbeit Y für Arbeit X nicht die notwendige Qualifikation hat. Es reicht vollkommen, mehr kann man erstmal nicht tun, wenn Arbeit Y überhaupt aktiviert wird. Zu verlangen, dass Arbeit Y einen willkürlich vom Geldmarkt determinierten Zinssatz erwirtschaftet, ist Unsinn.

Das bisher Gesagte hat nun höchst praktische Konsequenzen. Derzeit liest man täglich ein Lamento darüber, dass die EZB die Sparer enteigne. Soll heißen. Es wurde geriestert, Kapitallebensversicherungen abgeschlossen, Geldvermögen angespart und die Verzinsung deckt nicht mal die Inflation, weil die EZB den Zinsatz auf 0,5 Prozent gedrückt hat. Hinter diesem Lamento steckt die fixe Idee, dass Geld ein knappes Gut ist, zu dessen Produktion man ein Opfer erbracht hat und es folglich ungerecht ist, dass die EZB jetzt den Zins senkt und das Opfer obsolet wird. Es mag durchaus sein, dass ein Opfer erbracht wurde, aber dieses war eben nicht sinnvoll.

Was die Sparer verlangen ist, dass Geld künstlich knapp gehalten wird, der Zins also hoch und damit Investitionen, die diese Hürde nicht überspringen, verunmöglicht werden. Die Sparer verlangen also, dass die EZB Arbeitslosigkeit produziert, damit ihr Geld gut verzinst wird. Das wird die EZB nicht tun. Die EZB wird zwar unter Umständen aus anderen Gründen Geld knapp halten, etwas um den Euro hart zu halten, aber nicht aus diesem Grund.

Die Stimmungslage im Allgemeinen ist auch etwas gaga. Während uns die Politik einzureden versucht, dass wir sparen müssen, frohlockt der Handel, alljährlich zur Weihnachtszeit, wenn wir eben dies nicht tun. Dem Autor ist es jetzt nicht ganz klar, wieso die Politik etwas wünscht, was geeignet ist, die Wirtschaft in den Keller zu schicken.

Auch ganz praktisch ist ihm nicht klar, woher die Sicherheit herührt, dass Sparen zu Verbrauch in der Zukunft führt. Das wäre dann richtig, wenn die Unternehmer damit rechnen würden, dass in zehn Jahren der Konsum steigt und deshalb investieren.


Im Übrigen kann eine Volkswirtschaft gar nicht sparen. Eine Volkswirtschaft kann höchsten die Ausgaben verringern. Jedem Sparen, also der Verzicht darauf, das gesamte gegenwärtige Einkommen zu verbrauchen, führt an einer anderen Stelle zu Schulden. Selbst wenn man das Geld schlicht auf dem Girokonto liegen lässt, hat man eine Forderung gegen die Bank, die bei der Bank eine Verbindlichkeit ist. In dem Maße indem der eine spart, entspart jemand anderes. Der Saldo ist immer exakt Null.


Wir haben uns schon oft über Sparen unterhalten und darauf hingewiesen, wie unsinnig die Vorstellungen sind, die hierüber bestehen, siehe Zahlungsbilanz. Darauf hinzuweisen ist aber völlig sinnlos, da der Meister selbst schon erfolglos auf diesen Tatbestand aufmerksam gemacht hat. Wenn es nicht mal Keynes geschafft hat, den Irrsinn aus der Welt zu bringen, dann schafft es niemand. Wir zitieren Keynes mal ausführlich, weil in dem Abschnitt noch eine andere Aussage steht, die interessant ist. Die Zahlen wurden vom Autor eingefügt.

  1. The trouble arises, therefore, because the act of saving implies, not a substitution for present consumption of some specific additional consumption which requires for its preparation just as much immediate economic activity as would have been required by present consumption equal in value to the sum saved, but a desire for 'wealth' as such, that is for a potentiality of consuming an unspecified article at an unspecified time.
  2. The absurd, though almost universal, idea that an act of individual saving is just as good for effective demand as an act of individual consumption, has been fostered by the fallacy, much more specious than the conclusion derived from it, that an increased desire to hold wealth, being much the same thing as an increased desire to hold investments, must, by increasing the demand for investments, provide a stimulus to their production; so that current investment is promoted by individual saving to the same extent as present consumption is diminished.
  3. It is of this fallacy that it is most difficult to disabuse men's minds. It comes from believing that the owner of wealth desires a capital-asset as such, whereas what he really desires is its prospective yield. Now, prospective yield wholly depends on the expectation of future effective demand in relation to future conditions of supply.

  4. If, therefore, an act of saving does nothing to improve prospective yield, it does nothing to stimulate investment. Moreover, in order that an individual saver may attain his desired goal of the ownership of wealth, it is not necessary that a new capital­asset should be produced wherewith to satisfy him. The mere act of saving by one individual, being two-sided as we have shown above, forces some other individual to transfer to him some article of wealth old or new. Every act of saving involves a 'forced' inevitable transfer of wealth to him who saves, though he in his turn may suffer from the saving of others. These transfers of wealth do not require the creation of new wealth—indeed, as we have seen, they may be actively inimical to it. The creation of new wealth wholly depends on the prospective yield of the new wealth reaching the standard set by the current rate of interest. The prospective yield of the marginal new investment is not increased by the fact that someone wishes to increase his wealth, since the prospective yield of the marginal new investment depends on the expectation of a demand for a specific article at a specific date.



  5. Nor do we avoid this conclusion by arguing that what the owner of wealth desires is not a given prospective yield but the best available prospective yield, so that an increased desire to own wealth reduces the prospective yield with which the producers of new investment have to be content. For this overlooks the fact that there is always an alternative to the ownership of real capital-assets, namely the ownership of money and debts; so that the prospective yield with which the producers of new investment have to be content cannot fall below the standard set by the current rate of interest. And the current rate of interest depends, as we have seen, not on the strength of the desire to hold wealth, but on the strengths of the desires to hold it in liquid and in illiquid forms respectively, coupled with the amount of the supply of wealth in the one form relatively to the supply of it in the other.
  1. Das Problem entsteht also, weil Sparen nicht die Substitution gegenwärtigen Konsums durch einen spezifischen zusätzlichen Konsum bedeutet, der zur Realisierung soviel wirtschaftliche Aktivität induziert als nötig gewesen wäre für einen gegenwärtigen Konsum in der Höhe der gesparten Summe; tatsächlich besteht der Wunsch nach "Reichtum" an sich, also den Konsum eines nicht näher bestimmten Artikel in nicht näher bestimmter Zeit.
  2. Diese absurde, wenn auch allgemein lebendige Vorstellung, dass das Sparen des Einzelnen so bedeutsam ist, wie eine tatsächlich Nachfrage, ist begründet in der irrigen Auffassung, dass ein größeres Verlangen nach "Reichtum" dasselbe ist, wie der Wunsch sein Geld anzulegen. Daraus folgt dann, das ist der Trugschluss, dass dieser Wunsch die Nachfrage nach Investitionen so erhöht, dass die gegenwärtige Investitionstätigkeit durch das individuelle Sparen in dem Maße gefördert wird, wie der gegenwärtige Konsum verringert wird.
  3. Von dieser irrigen Vorstellungen kann sich der menschliche Geist kaum lösen. Er beruht auf der Vorstellung, dass Leute mit Vermögen eine konkrete Anlage suchen. Was sie aber tatsächlich wollen, ist die Aussicht auf einen Ertrag. Die Aussicht auf einen Ertrag hängt aber vollständig vom Verhältnis der erwarteten tatsächlichen Nachfrage in der Zukunft zum erwarteten Angebot in der Zukunft ab.
  4. Wenn also Sparen nichts dazu beiträgt, die Erwartungen bezüglich des Ertrages in der Zukunft zu erhöhen, dann gibt es auch keinen Grund anzunehmen, dass es die Investitionstätigkeit anregt. Desweiteren ist es nicht nötig, dass ein neues Wirtschaftsgut produziert wird, damit der Sparer in den angestrebten Besitz eines Wirtschaftsgutes gelangt. Sparen allein ist ja, wie wir oben gesehen hat, zweiseitig, zwingt ein anderes Individuum dazu, ihm ein anderes neues oder altes Wirtschaftsgut zu überlassen. Jede Art von Sparen erzwingt unausweichlich die Übertragung eines Wirtschaftsgutes an denjenigen, der spart, so dass dieser durch das Sparen der anderen einen Verlust erleidet. Für diese Übertragungen von Wirtschaftsgütern ist es nicht nötig, dass neue Wirtschaftsgüter erschaffen werden. Tatsächlich sind sie dieser Neuschöpfung sogar abträglich. Die Schaffung neuer Wirtschaftsgüter wird allein von den Aussichten auf Erträge des neuen Wirtschaftgutes induziert, welche wiederum von der jeweiligen Zinsrate abhängen. Die erwarteten Erträge des letzten Wirtschaftsgutes werden nicht dadurch erhöht, dass irgendjemand seinen Wohlstand zu vermehren wünscht, denn die erwarteten Beträge der letzten Investition hängen ab von der erwarteten Nachfrage eines spezifischen Gutes zu einem bestimmten Zeitpunkt.
  5. Mit dem Argument, dass derjenige, der seinen Reichtum mehren will nicht einen erwarteten Ertrag wünscht, sondern den bestmöglichen Ertrag, so dass sein Wunsch nach einer Mehrung seines eigenen Vermögens den erwarteten Ertrag mindert und er sich mit diesem geringeren Ertrag zufrieden geben muss, können wir diesen Umstand nicht umgehen, denn diese Argumentation übersieht die Tatsache, dass es immer eine Alternative gibt zu Investitionen in Realanlagen, nämlich Geld und Wertpapiere, so dass der erwartete Ertrag mit dem sich der Erzeuger einer neuen Investition begnügen muss nicht unter den Wert fallen kann, der durch den jeweiligen Zinssatz vorgegeben ist und der jeweilige Zinsatz hängt, wie wir gesehen haben, nicht von dem Wunsch ab ein Anlagegut zu halten, sondern, abhängig vom Verhältnis des Angebots an Vermögenswerten in der einen relativ zu der der anderen, von der Stärke des Wunsches dieses in liquider und in illiquider Form zu halten.

    aus: John Maynard Keynes, The general Theory on Employement, Interest and Money, Seite 105 (Kapitel 16, I)

Also: Gehen wird das mal durch. (1) + (2) : Die Idee der Klassik ist, dass die wirtschaftliche Aktivität, die ohne Sparen durch den Konsum ausgelöst würde, durch eine Investition in der Höhe des Sparens ersetzt wird, wenn gespart wird. Tatsächlich wird aber durch Sparen allein erstmal überhaupt keine wirtschaftliche Aktivität ausgelöst. Sparen ist lediglich der Wunsch nach einem unbestimmten Wirtschaftsgut in unbestimmter Zeit und für ein unbestimmtes Wirtschaftsgut in unbestimmter Zeit können in der Gegenwart keine Vorkehrungen zu dessen Produktion getroffen werden.

Wir finden in jedem Lehrbuch zur Makroökonomie diese Gleichungen:

Y = C + I
Y = C + S
und damit I = S

Wir finden diese Gleichungen sogar sehr oft in Einführungen in das keynessche System. Dass Keynes das exakte Gegenteil behauptet, wäre hinnehmbar, wenn es auch nicht gerade wissenschaftlich ist, einen Autor für eine Aussage heranzuziehen, der das exakte Gegenteil gesagt hat. Reichlich gaga sind diese Gleichungen, weil sie reiner, purer Schwachsinn sind. I = S ist EX POST immer richtig, was nicht verbraucht wird, wird eben gespart und wenn man alles was irgendwo rumliegt als Investition bezeichnet, stimmt es.

Diese Art der Darstellung verunmöglicht das Verständnis von Keynes, weil sie im Herzstück des keynesschen Systems eine Aussage macht, die dessen Modell diametral entgegengesetzt ist.

Vermutlich liegt dem Gleichungssystem die Vorstellung zugrunde, dass "irgendwer", "irgendwie" ein Investitionsvolumen generieren wird, dass das Sparen absaugt, der einzelne Sparer zwar keine Vorstellungen darüber hat, in was investiert wird, aber der Kapitalmarkt schon irgendwie einen Investor findet.

Wenn sich aber das Geldvermögen (Wertpapiere, Aktien, Ansprüche gegenüber Versicherungen, Bargeld und Einlagen [hier interpretieren wir Keynes etwas um, siehe unten und oben]) in den letzten zwanzig Jahren verdreifacht hat, siehe Entwicklung des Geldvermögens, dann scheint das mit dem klassischen Sparen nicht ganz hinzuhauen, was man sich aber auch ohne jeden empirischen Nachweis auch hätte denken können. Allerdings ist anzunehmen, dass die Besitzer dieses Geldvermögens auf enormen Blasen sitzen.

Über das Problem der mathematischen Modellierung haben wir schon gesprochen, siehe Sinnhaftigkeit der mathematischen Modellierung. Man wird den Eindruck nicht los, dass die mathematische Modellierung das Verständnis makroökonomischer Zusammenhänge extrem erschwert, weil eine rein formale Darstellung keine inhaltliche Auseinandersetzung mit ökonomischen Sachverhalten ist.

(3) Wie Keynes zutreffend bemerkt, ist die Vorstellung, dass Leute sparen, weil sie irgendein konkretes Wirtschaftsgut kaufen wollen, ein schwer auszurottender Irrtum. Zutreffend ist das höchstens auf niedrigem Niveau, etwa bei Bausparverträgen. Auf niedrigem Niveau besteht auch noch eine Chance, dass das Ersparte von irgendwelchen Investitionen abgesaugt wird, wobei man sich aber selbst auf niedrigem Niveau über die Sinnhaftigkeit streiten kann.

Eine Finanzierung über Kredite qua Geldschöpfung würde zusätzliche Nachfrage schaffen. Hinsichtlich der Kreditvergabe qua Geldschöpfung siehe Sparen.

Die Sinnhaftigkeit von Sparen wird bei Keynes deutlich relativiert und die keynesschen Vorstellungen lassen sich auch einigermaßen empirisch überprüfen, siehe Zahlungsbilanz. Anhand der wirtschaftlichen Entwicklung der BRD nach dem zweiten Weltkrieg weist Werner Abelshauser nach, dass das Vermögen, und damit die Fähigkeit zu sparen im Sinne der Klassik, nur ein geringe Wirkung auf das Wirtschaftswachstum hat, siehe Werner Abelshauser, Deutsche Wirtschaftsgeschichte. Von 1945 bis zur Gegenwart.

Das Problem ist also nicht nur, dass Sparen zu einem Nachfrageausfall führt, dieses Problem will ja das Saysche Gesetz lösen. Das Problem ist auch, dass Sparen, entgegen den Vorstellungen der Klassik, nur bei Vollbeschäftigung ein notwendige Voraussetzung für Wachstum ist. Dann aber nicht, weil der Kreditrahmen der Gesamtgesellschaft ausgedehnt wird, den braucht man gar nicht, da man Geld nun mal druckt, sondern weil die Produktion von Konsumgütern zugunsten der Produktion von Investitionsgütern zurückgeht und bei Vollbeschäftigung muss sie zurückgehen, wenn mehr Investitionsgüter produziert werden sollen.

Sparen ist ein Problem, das einen ernsthaft ins Grübeln kommen lassen kann. In der Welt der Klassik führt die individuelle Nutzenmaximierung gleichzeitig zur Nutzenmaximierung der Gesamtwirtschaft, siehe optimale Faktorallokation. Hinsichtlich des Sparens trifft dies nicht zu, bzw. es trifft dann nicht mehr zu, wenn man die Annahmen der Klassik aufgibt. Genau genommen kann der Zusammenhang sogar noch perverser sein. Weil die einen ihr Geld in Spekulationskassen oder an der Börse versacken lassen und damit die Beschäftigung zurückgeht, sind die anderen dazu verdammt, selbst den Konsum über Kredite zu finanzieren, weil sie keinen Job finden.

(4) Wenn Sparen zu keinen Investitionen führt, die eine zur konsumtiven Verwendung äquivalente Beschäftigungswirkung haben, bzw. schlicht gar keine Beschäftigungswirkung hat, dann haben wir durch das Sparen erstmal einen Nachfrageausfall.

Es gibt jetzt so richtig keine plausible Erklärung, warum ein Nachfrageausfall in der Gegenwart zu einer Investitionstätigkeit führen soll, die dem Sparen entspricht. Hinzukommt, dass Sparen lediglich eine Übertragung von Vermögenswerten ist, besonders drastisch finden wir das an der Börse illustriert. Da passiert eigentlich den lieben langen Tag gar nichts, außer dass eben Aktien die Besitzer wechseln.

(5) Gegen das oben genannte Argument, dass der Sparer eine bestimmte Rendite erwartet, kann man nun nicht einwenden, dass er lediglich versucht seine Anlagen zu optimieren. Zu Deutsch: Auch in einer abgeschwächten Form, nämlich dass die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals, bei Keynes definiert als Barwert, durch vermehrtes Sparen zwar abnimmt, weil ja mit zunehmenden Anlagen die erzeugten Güter im Wert sinken, aber nicht gegen Null gehen, kann die Problematik des Sparens nicht vermieden werden, denn die Sparer können ihr Vermögen auch in Geld oder Wertpapieren anlegen, was sie dann tun werden, wenn die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals, also der Barwert nach Maßgabe des Geldzinsatzes, unter den Wert sinkt, den eine Investition in Realgüter erwirtschaften würde. Zu Deutsch: Egal wie man es dreht und wendet, der Geldmarktzins ist die Schranke. Auch wenn via Sparen ins "Blaue" hinein investiert wird, also zu bestehenden Produktionanlagen noch weitere dazukommen, die Rentabilität also sinkt, wird das an den Grundthesen von Keynes wenig ändern. Der Geldmarktzins bleibt die Schranke, die eine Investition überspringen muss.

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Infos und Anmerkungen:

ES        DE

Kernaussagen

Sparen hängt vom Einkommen ab
Investitionen vom Geldmarktzins
Zins ist der Preis für Liquidität und
Liquidität bedeutet Sicherheit

Wenn Sparen nicht direkt über den Zins an das Investitionsvolumen gekoppelt ist, trifft die für die Klassik zentrale Aussage, "jedes Angebot schafft sich seine Nachfrage" nicht mehr zu

Der Zins bildet sich auf dem Geldmarkt, nicht auf dem Kapitalmarkt

Da Liquidität ein relativer Begriff ist, kann man die These von Keynes auch so formulieren: Je illiquider eine Anlage ist, desto höher muss der Zins sein, um die Investoren in diese Anlage zu locken

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