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1.1.15 Homo Oeconomicus

Der Begriff homo oeconomicus taucht bei Adam Smith nicht auf, obwohl er konzeptionell vorhanden ist. Zum ersten Mal verwendet hat den Begriff wohl Vilfredo Pareto.

Bei Wikipedia finden wir ein Zitat eines Herrn Spranger, über den der Autor nichts weiß, aber folgt man dem Link, so scheint der Herr nicht alle Tassen im Schrank gehabt zu haben. Jener auf jeden Fall liefert folgende Definition des homo oeconomicus und das ist wohl der Beginn der Tragödie aus dem Geiste des Halbwissens: "Der ökonomische Mensch im allgemeinsten Sinne ist also derjenige, der in allen Lebensbeziehungen den Nützlichkeitswert voranstellt. Alles wird für ihn zu Mitteln der Lebenserhaltung, des naturhaften Kampfes ums Dasein und der angenehmen Lebensgestaltung." (aus: homo oeconomicus)

Was er unter "naturhaftem" Kampf ums Dasein versteht, wissen wir nicht, auch wenn wir es ahnen, insbesondere deshalb, weil wir ähnliche Irrtümer immer wieder in der öffentlichen Debatte finden, etwa wenn wir von "Raubtierkapitalismus" lesen.

Der homo oeconomicus ist das exakte Gegenteil des "naturhaften Kampfes ums Dasein" und des Raubtierkapitalismus. Auch die im Wikipedia Artikel genannten Ansätze, die die Relevanz / Irrelevanz des homo oeconomicus zu widerlegen bzw. zu beweisen versuchen, haben etwas Grundsätzliches nicht verstanden.

Der homo oeconomicus ist ein sinnvolles Konstrukt innerhalb klar defininierter Rahmenbedingungen, nämlich des Wettbewerbs, der in einer globalisierten Welt entweder automatisch vorhanden ist oder durch den Staat, z.B. via Gesetz (in Deutschland das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) aufrechterhalten wird.

Bei dem "naturhaften Kampf ums Dasein", wir vermuten er zieht Parallelen zu Darwins Evolutionstheorie, geht es um die Ausschaltung (bzw. dem Versuch, in einer Nische dem Mitbewerber auszuweichen) des Mitbewerbers, beim Wettbewerb als konstituierendem Element der marktwirtschaftlichen Ordnung geht es darum, den Wettbwerb zu erhalten. Der Vergleich mit dem survival of the fittest hinkt vollkommen. Es gibt bei Darwin keinen Staat, der den Wettbewerb per Gesetz als konstiutierendes Merkmal durchsetzt. Anders formuliert, der Ordoliberalismus ist der Natur vollkommen fremd und der homo oeconomicus ist nur in einer staatliche gesetzten Ordnung ein sinnvolles Konstrukt.

Der Wettbewerb verhindert eine Machtanballung, sorgt für die optimale Allokation der Produktionsfaktoren und einer an der Nachfrage ausgerichteten Produktion. Der homo oeconomicus steht im Wettbewerb zu seinen Mitbewerbern, aber nur in einer Art und Weise, die gesamtwirtschaftlich sinnvoll ist. Das auch dies zu Verwerfungen führen kann, siehe Adorno, ist unstrittig, hat aber nichts mit einem "naturhaften Kampfes ums Dasein" zu tun.

Der homo oeconomicus muss sich am Markt orientieren und wird vom Mark kontrolliert. Der Unterschied zwischen dem am Markt orientierten homo oeconomicus und dem homo sapiens burocraticus, siehe staatliche Tätigkeit, erschließt sich jedem ohne weiteres, wenn er den Kundenservice eines mittelständischen Unternehmens anruft oder eine ähnliche Stelle in der öffentlichen Verwaltung.

Bei ersterem ist man Kunde, bei letzterem ein Störfaktor. Damit ist auch klar, dass der homo oeconomicus immer im Zusammenhang mit dem Wettbewerb gesehen werden muss. Ohne homo oeconomicus, also ohne einen Menschen, der versucht eine bessere Leistung zu erbringen als sein Wettbewerber, gibt es keinen Wettbewerb. Ohne Wettbewerb gibt es keine Kontrolle und ohne Kontrolle läuft alles aus dem Ruder.

Der homo oeconomicus als Unternehmer stellt sich täglich der brutalsten Form der demokratischen Wahl. Wird seine Leistung über einen demokratischen Abstimmungsprozess durch Nichtkauf abgewählt, dann ist er unter Umständen vernichtet.

Das kann man ohne weiteres kapieren. Adam Smith sieht übrigens gar nicht das Problem, dass die Wettbewerber wie die Raubtiere übereinander herfallen. Sein Problem ist das exakte Gegenteil. Er befürchtet, dass sich die Anbieter zu Kartellen zusammenschließen und den Wettbewerb zu Lasten der Konsumenten ausschalten, was keine abstrakte Gefahr ist, sondern eine höchst konkrete. Noch bis in unsere Zeit hatten wir in Form der Handwerksrolle ein Nachbeben der mittelalterlichen Zünfte, deren einziges Ziel es war, Erlöse aus einer Machtsituation zu erzielen und nicht aufgrund von Leistung.

Wer homo oeconomicus sagt, meint Wettbewerb, meint Eigeninitiative, Kreativität, Leistungsbereitschaft, Überdenken von Produktionprozessen, in Frage stellen. Das Gegenteil des homo oeconomicus ist der Beamte. Was die Jungs, die Wikipedia zitiert, für ein Problem haben, ist dem Autor ein Rätsel, manche der Zitierten sind ihm bekannt. Das sind bekannte Mitglieder der dozierenden Ökokaste.

Herbert Giersch: „Der Homo oeconomicus stellt ein Modell vom Menschen dar, das nur zu ganz spezifischen Forschungszwecken entwickelt worden ist und nur für diese eingeschränkten Forschungszwecke mehr oder weniger tauglich sein kann.“

Wie der Herr Giersch, der war mal Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, da drauf gekommen ist, ist ein Rätsel. Wenn der Bäcker um die Ecke mitbekommt, dass Muffins der Renner sind, dann wird er die anbieten, wenn nicht, macht es der Bäcker zwei Straßen weiter. Da ist er ganz homo oeconomicus.

Er kann sich natürlich auch weiterhin auf seine Schnecken kaprizieren, die keiner mehr haben will, aber dann ist er weder homo oeconomicus, noch richtet er sich nach der Nachfrage. (Der Autor hat zwar noch nie verstanden, wieso sich dieses ganze amerikanische Gebäck von Donuts, über Muffins bis zu Cookies gegen die sophisticated Konditorware deutscher Prägung hat durchsetzen können, aber das ist hier nicht Thema. Wahrscheinlich ist das auch nur in Berlin so.)

Der homo oeconomicus ist überhaupt kein Modell zu Forschungszwecken, das ist der höchst triviale Alltag. Dass einem Beamten wie Giersch das völlig fremdartig vorkommt, mag schon sein, denn die Ökokaste kennt den homo oeconomicus nur im Akkusativ, als Objekt der Betrachtung, aber nicht im Nominativ, als handelndes Subjekt.

Karl Homann betont: „Der Homo oeconomicus ist kein Menschenbild, sondern ein theoretisches Konstrukt zur Abbildung des Verhaltens in Dilemmastrukturen. Deshalb ist der Homo oeconomicus nicht aus der Anthropologie oder der Verhaltenswissenschaft abgeleitet, sondern aus der Problematik der Dilemmastrukturen.“

¿¿¿ Häh ??? Also der Autor würde sagen, dass der Buchhändler, der Harry Potter nicht auf Lager hat, wenn der gerade bei den Kiddies en vogue ist, der nicht versucht Kasse zu machen und seinen Nutzen zu optimieren, ein echtes Dilemma hat. Das ist vielleicht sogar strukturell. Er kann sich natürlich auch seine ganze Buchhandlung mit der Summa Theologiae des Thomas von Aquin zustellen und bedauern, dass die Menschheit nicht nach ewiger Weisheit strebt, wird dann aber hinnehmen müssen, dass sein Nachfolger aus der Buchhandlung ein Café macht.

Naheliegenderweise macht das Konzept des homo oeconomicus dann keinen Sinn mehr, wenn kein Wettbewerb herrscht, was in dieser unserer Republik in dem Bereich der Fall ist, den die Volkswirtschaftlehre schlicht nicht zur Kenntnis nimmt: Die staatliche Aktivität.

Die macht zwar fast die Hälfte des gesamten BIP aus, versteckt sich aber so geschickt, dass sie der Ökokaste zur Gänze verborgen bleibt. Nutzenmaximierung bei einen Beamten / Angestellten im öffentlichen Dienst führt zu etwas, was gesellschaftlich weit weniger erwünscht ist.

Maximiert der Beamte seinen Nutzen, besteht seine Leistung im Zweifelsfalle in gesellschaftlich nicht erwünschten Produkten. Ein Amtsleiter zieht sein Selbstbewußtsein nicht aus einem erfolgreichen Handeln in einer Wettbwerbsituation, Wettbewerber hat er ja gar keine, sondern aus der Ausdehnung der ihm Untergebenen. Bürokratien haben also einen Tendenz zu pullulieren.

Der Autor hat ja, wie bereits mehrfach erwähnt, eine zeitlang Amtsleiter geschult, an einer an die Verwaltung angepassten Kosten- und Leistungsrechnung mitsamt der dazugehörigen EDV. Bei dieser Gelegenheit ist aufgefallen, dass manche Angestellte im öffentlichen Dienst Statistiken erstellen, die kein Mensch liest. Wurden diese Mitarbeiter krank, dann fiel gar niemandem auf, dass die Statistiken auf einmal nicht mehr erstellt wurden. (Die Pointe dabei ist: Öffentlichen Verwaltung brauchen eine interne Leistungsverrechnung, damit ihnen so etwas überhaupt auffällt. Man könnte es auch mit einem Tritt in den Arsch versuchen.)

In der öffentlichen Verwaltung fallen Eigennutz und Optimierung des Allgemeinwohls nicht mehr zusammen. Der homo oeconomicus kann dort also auch nicht Leitbild sein.

Eine plastische Beschreibung zu diesem Sachverhalt findet sich ja auch schon bei Adam Smith. Die universitäre Lehre, siehe staatliche Aktivität, oder die Lehre allgemein, die von der Bezahlung völlig losgelöst ist, kann nicht funktionieren. Die akademische Ökokaste bekommt Geld, Aufstiegschancen und Prestige durch "Forschung", bei der Ökokaste setzen wir das mal in Hochkommata, weil wir den in den letzten 250 Jahren erzielten Erkenntnisfortschritt noch nicht so richtig sehen, nicht aber für die Lehre.

Die Adressaten dieser Publikationen in irgendwelchen Fachzeitschriften sind also die Kollegen aus der akademischen Parallelwelt und nicht die Leute, die konkrete Probleme zu lösen haben. Das System hat also Anreize, sich mit gesamtwirtschaftlich sinnfreien Tätigkeiten zu befassen.

Der homo oeconomicus ist also nur unter entsprechenden Rahmenbedingungen ein sinnvolles Konstrukt und nur unter der Annahme, dass Eigennutz und Gemeinwohl deckungsgleich sind, ist er politisch relevant.

Wäre der Eigennutz nicht gesellschaftlich produktiv, würden demokratische Prozesse ihn einschränken. Die Frage also, ob das Menschenbild, das dem homo oeconomicus zugrunde liegt, korrekt oder falsch ist, ist Unsinn, wenn von den Rahmenbedingungen abstrahiert wird. Da wo der Eigennutz des homo oeconomicus zur optimalen Faktorallokation führt und zu einer Ausrichtung der Produktion an der Nachfrage, ist er sinnvoll.

Wo dieser Eigennutz aber auf gesamtwirtschaftlich unsinnige Signale reagiert, ist er naheliegenderweise unsinnig. Staatliches Handeln kann über den Eigennutz der Akteure nicht gesteuert werden und ist durch öffentliche Debatte und Transparenz zu ersetzen. Die einzelnen Akteure in der Bürokratie interessieren Fehlentscheidungen erstmal gar nicht, die einzige Variable, die über ihr Einkommen bestimmt, ist das Sitzfleisch und das Alter und weder die dozierende Ökokaste noch Oberstudienräder an der Penne werden nach Leistung bezahlt. Wie man diese Systeme dazu bringt, sich konform zu gesellschaftlich sinnvollen Zielen zu erhalten, war schon oft Gegenstand dieses Lehrbuches. Möglich wäre:

1) Man ermittelt die Anzahl der Absolventen eines bestimmten Studienganges an einer bestimmten Universität, die einen Job gefunden haben, zusammen mit dem Gehalt. Diese Zahlen werden anomymisiert veröffentlicht.

Werden Studiengebühren erhoben, so argumentiert die dozierende Ökokaste oft marktwirtschaftlich. Marktwirtschaft hat aber nicht nur den Aspekt, dass einer bezahlt, sondern eben auch den Aspekt, dass man vergleichen kann und nicht die Katze im Sack kauft. Wirklich gute Unis, die für Jobs sorgen, würden dann auch soviel Geld erhalten, dass sie ihre Kapazitäten ausbauen könnten. In diesem Fall wären Studiengebühren tatsächlich lediglich ein Thema, dass sich mit den entsprechenden Modellen zur Investitionsrechnung abhandeln ließe.

2) Die kompletten Inhalte eines Studienganges werden komplett durch e-learning Programm abgebildet, öffentlich und für jeden zugänglich. Aus der Qualität dieser Programme lassen sich dann Rückschlüsse auf Innovationskraft, Engagement, Praxisorientiertheit etc. ziehen. Man könnte sich an einem Tag einen Überblick über die Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit der verschiedenen Fakultäten machen. Solche Programme hätten dann noch en passant den Vorteil, dass sich die doppelte Anzahl an Studenten, in der Hälfte der Zeit, bei wesentlich höherer Qualität durch die Unis schleusen lässt. Das würde die ganze Diskussion um Studiengebühren deutlich entspannen.

Allerdings wird man die dozierende Unikaste hierzu per Gesetz zwingen müssen. Die Zusammenhänge dürften ähnlich sein, wie in der berliner Verwaltung. Jeder Versuch, Leistung zu kontrollieren oder zu messen, stößt auf erbitterten Widerstand. Der Unterschied zwischen der Wirtschaft und dem staatlichen Sektor besteht darin, dass es in der Wirtschaft nicht gelingt und auch staatlich verboten ist, siehe monopolistische Tendenzen, den Wettbewerb zu verhindern. Im staatlichen Sektor gibt es keinen Wettbewerb und ist auch kaum erwünscht.

3) Über Inhalte an Schulen gibt es, ganz im Gegensatz zu Schultypen, keine öffentliche Debatte. Das Bild ist hierbei sehr durchmischt. Es gibt durchaus Bundesländer, wie etwa Nordrhein-Westphalen, wo die Lehrpläne weit hellsichtiger sind, als das Personal, das diese dann konkret umsetzen soll. Bei öffentlichen Debatten geht es dann auch oft um skurrile ja / nein Fragen, wie zum Beispiel in Berlin bei der Frage, ob das Fach Ethik verpflichtend, das Fach Religion aber nur noch optional angeboten werden soll. Um die eigentlich spannendere Frage, was da eigentlich gelehrt werden soll, ging es nicht. Sinnvoll wäre also eine Seite, wo die jeweiligen Lehrpläne der verschiedenen Länder veröffentlicht werden und auch öffentlich darüber diskutiert wird. Dies wäre auch eine Möglichkeit festzustellen, ob das eingesetzte Personal für die Umsetzung der Lehrpläne überhaupt ausreichend qualifiziert ist. Zumindest im Bereich Geisteswisschenschaften kann man das bezweifeln. Wir kommen auf das Thema zurück, sie Kulturindustrie oder Aufklärung als Massenbetrug.

Die Ausführungen hier mögen so manchem als reichlich abstrakt erscheinen. Der Autor hält das jetzt nicht für abstrakt. Er hält die außer Kraft Setzung marktwirtschaftlicher Mechanismen für eine höchst reale Gefahr. Wer en anschaulicher haben will, der kann auf die www.recht-eigenartig.de gehen. Wir können dort ein System, das keinerlei Kontrollen unterliegt live begutachten und sehen dort alle Konsequenzen, geringe Qualifikation, Arroganz, überhöhte Preise, Intransparenz, Ideologie etc., die mit der Ausschaltung marktwirtschaftlicher Mechanismen einhergehen.

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Infos und Anmerkungen:

ES        DE

Das Buch zur Webseite.

Der homo oeconomicus ist sinnvoll nur im Wettbewerb.

Nur da, wo das Eigentinteresse und das gesamtwirtschaftliche Interesse deckungsgleich sind, ist der homo oeconomicus sinnvoll.

Im staatlichen Sektor mutiert der homo oeconomicus zum homo buerocraticus und ist dann nicht sinnvoll.

Adam Smith sieht als Gefahr nicht das bellum omnium contra omnes, sondern die friedliche Einigung der Anbieter zu Lasten der Gesellschaft.

Muss von der Steuerung über den Markt aus übergeordneten Gründen abgewichen werden, sind ähnlich wirkende Mechanismen zu implementieren.

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