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Milton Friedman

Na gut, ausnahmsweise, weil heute Sonntag ist, teilen wir mit, wo sich Biografisches zu Milton Friedman finden lässt: Nämlich bei Wikipedia: Milton Friedman. Wäre jetzt niemand drauf gekommen, vermutet der Autor.

Man könnte Hayek, Friedman, Eucken, also die Freiheitskämpfer und die Ordoliberalen durchaus zusammenwürfeln, die Unterschiede sind minimal. Friedman allerdings ist als der Begründer des Monetarismus in die Geschichte eingegangen, obwohl der Monetarismus theoretisch auf ziemlich schwachen Beinen steht und letztlich auch ziemlich unwichtig ist, da er ja nichts anderes behauptet, als dass kurzfristig die Geldpolitik zwar eine Bedeutung hat, langfristig aber nicht.

Wir lesen hier und da, dass Milton Friedman ein Anhänger der Quantitätstheorie des Geldes sei, die, wir vereinfachen jetzt mal ein bisschen, letztlich behauptet, dass Geld keinen Einfluss hat auf die wirtschaftliche Entwicklung. Diese Definition versperrt etwas den Zugang zum Monetarismus, denn es ist wohl offensichtlich, dass niemand berühnt wird, nur weil er eine 150 Jahre alte Theorie wiederkäut. Exakt wäre also das: Milton Friedman akzeptiert die keynesianischen monetären Transmissionsmechanismus, geht allerdings von Annahmen aus, die dazu führen, dass auch unter Zugrundelegung keynesianischer Transmissionsmechanismen Geld langfristig keinen Einfluss hat auf die wirtschaftliche Entwicklung. Das Ergebnis ist dann das gleiche wie bei der Quantitätstheorie des Geldes, allerdings ist der Begründungszusammenhang ein total anderer. (Und er ist auch, wie wir noch sehen werden, siehe Monetarismus, komplexer.)

Ordoliberalismus und Neoliberalismus wird oft durcheinandergewürfelt und bei einzelnen Autoren, z.B. Hayek, ist die Zuordnung etwas schwierig. Vereinfacht kann man sagen, dass der Neoliberalismus die Freiheit vor allem durch den Staat bedroht sieht, der Ordoliberalismus eher in der Tatsache, dass inhärente Mechanismen marktwirtschaftlicher Ordnungen dazu führen, dass die Intensität des Wettbewerbs, condition sine qua non marktwirtschaftlicher Ordnungen, abnimmt. Deutlich sieht man das an der unterschiedlichen Bewertungen von Kartellen. Für den Neoliberalismus kann die Zerschlagung von Kartellen auch ein Übergriff des Staates sein. Ein Problem, dass die Autoren des Ordoliberalismus nicht sehen.

Sehr viel stärker als der Ordoliberalismus, z.B. Walter Eucken, sieht der Neoliberalismus, z.B. Milton Friedman, die marktwirtschaftliche Ordnung als Garant der Freiheit. Der Ordoliberalismus betont eher die wirtschaftliche Effiziens marktwirtschaftlicher Ordnungen. Der Unterschied liegt also eher in der Gewichtung der Themen und in der "Tonlage", als in grundsätzlich anderen Vorstellungen über die Funktionsweise marktwirtschaftlicher Ordnungen.

Er will dann eine Ausdehnung der Geldmenge, die sich am Wachstum orientiert, allerdings hätte man diese Argumentation schon mit der simplen Quantitätstheorie führen können. Oberflächlich betrachtet ist der Monetarismus also nichts anderes wie ein paar Anmerkungen zu Adam Smith, was ja Hayek und Eucken auch schon sind.

Betrachtet man es aber genauer, ergeben sich doch unterschiedliche Gewichtungen. Bei Eucken steht noch das objektive Kriterium der marktwirtschaftlichen Ordnung im Vordergrund: Die Ressourcen Allokation anhand der Knappheitssignale der Preise.

Die marktwirtschaftliche Ordnung ist schlicht das effizienteste Mittel zur Informationsverarbeitung. Die Annahme, dass diese Knappheitssignale auch aufgenommen werden und die Knappheit durch die entsprechende Lenkung der Ressourcen beseitigt wird, ist in jeder Hinsicht, hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, dass dies geschieht und hinsichtlich der ethischen Implikationen völlig unproblematisch.

Bei Hayek und Friedman ändert sich dann aber die Tonlage. Die Argumentation der Beiden unterscheidet sich im Detail, Friedman wohl etwas gehaltvoller, aber letztlich ist die marktwirtschaftliche Ordnung das Modell für alle gesellschaftlich relevanten Bereiche (Friedman) bzw. wird als Garant der Freiheit beschrieben.

Über die Implikationen ihrer Aussagen sind sie sich wohl nicht ganz im Klaren. Sie befürchten, dass ein Staat, der den unternehmerischen Handlungsspielraum einschränkt, damit auch den Spielraum in anderen Bereichen einschränkt. Befürchtet wird also nicht nur eine Fehlallokation der Mittel, sondern eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Recht auf freie Berufswahl, Niederlassungsfreiheit etc..

Das Problem an dieser Aussage ist, dass es den Staat überhaupt nicht gibt. Der Staat besteht aus Menschen, die in dessen Auftrag arbeiten, in Deutschland eben vor allem das Heer an Beamten. Unterstellt man also dem "Staat", dass er eine gewisse Neigung hat zu pullulieren, Macht anzuäufen und zu missbrauchen, immer mehr Betätigungsbereiche für sich zu entdecken, wo er sich ohne Kenntnis, aber mit umso mehr Machtfülle ausgestattet, verantwortungslos im Sinne von bar jeder Verantwortung betätigen kann, dann hat man ein bestimmtes Menschenbild.

Implizit sagt man nämlich, dass Systeme, die nicht durch inhärente Mechanismen ein sinnvolles Verhalten erzwingen, wie dies bei der marktwirtschaftlichen Ordungung der Fall ist, aus dem Ruder laufen, weil Menschen, von sich aus nicht verantwortungsvoll handeln. Der Meinung kann man sein, aber man sollte dann nicht um den heißen Brei herum reden, sondern sagen, was man meint. Nebenbemerkung: Der Autor geht nicht mal davon aus, dass diese Ansicht falsch ist, von jeder anderen Ansicht hat ihn seine Tätigkeit als Dozent im Controllingbereich bei der berliner Verwaltung für immer erlöst und er plädiert absolut für die Implementierung der Kosten- und Leistungsrechnung in diesem Bereich. Exemplarisch ist das hier geschildert, www.recht-eigenartig.de.

Der Autor würde aber sagen, das sind zwei grundlegend unterschiedliche Dinge, die man gedanklich klar unterscheiden sollte, weil die Alternativen, Lösungsvorschläge und die Konsequenzen jeweils völlig unterschiedlich sind. Die Freiheitskämpfer vermengen da zwei Dinge, die nichts miteinander zu tun haben.

Das eine Problem ist ein objektiv, sachliches. Werden Preise staatlich festgelegt, spiegeln sie keine Knappheitsverhältnisse wieder. Da man auf der anderen Seite die Gesamnachfrage nicht kennt, könnte man nur ins "Blaue" hinein produzieren. Man würde dann unter Umständen feststellen, dass es zu dem staatlich gesetzten Preis eine reissende Nachfrage gäbe, so man es zu diesem Preis produzieren kann, oder das Produkt kein Mensch haben will.

Ein eventueller Wettbewerbsvorteil würde nur indirekt an die Konsumenten weitergegeben, nämlich erst dann, wenn der Staat merkt, dass der Preis zu hoch war. Ein "Austesten" des Marktes, also zum Beispiel indem man für eine bestimmte Variante eines Produktes mal einen höheren Preis setzt, um so heraus zu finden, ob Interesse an der Variante besteht, wäre auch nicht möglich. Man wüsste schlicht gar nicht, was die Leute haben wollen und man könnte es auch nicht herausfinden. (Bzw. nur indirekt: Man würde sehen, welche Produkte wie Blei in den Regalen liegen und bei welchen die Nachfrage das Angebot übersteigt. Da die Preise aber festliegen, könnte die Produktion sich nicht an die Nachfrage anpassen.) Dies und Tausend andere Gründe würde es dem Unternehmer verunmöglichen, seine Produktion an die Bedürfnisse des Konsumenten anzupassen. Es gibt also einen ganz objektiven Grund, warum das nicht funktionieren kann. Bis dahin handelt es sich aber um eine reines Rechenwerk, wie Müller-Armack das nennt.

Das ist aber bei Milton Friedman gar nicht der zentrale Punkt. Symptomatisch für die Unterschätzung des Momentes, welches objektiv die Überlegenheit der marktwirtschaftlichen Ordnung ausmacht, ist schon der Titel seines Buches: Capitalism and Freedom. Der Gegensatz zum Kapitalismus, er meint de facto eine marktwirschaftliche Ordnung, ist nicht Ineffizienz, sondern Unfreiheit. Es geht nicht um Infeffizienz und Effizienz, sondern um Unfreiheit und Freiheit.

Kapitalismus ist ein Kampfbegriff, hypostasiert, dass die Eigendynamik des Kapitals eine bestimmte historische Marschrichtung vorgibt. Insbesondere steckt in dem Begriff Kapitualismus die Idee, dass es zu einer immer größeren Akkumulation des Kapitals kommt. Der Begriff beinhaltet also schon ein Element, das die marktwirtschaftliche Ordnung bedroht. Wäre ihm das objektive Moment der marktwirtschaftlichen Ordnung wichtig, hätte er sein Buch wohl Marktwirtschaft und Freiheit getauft.

Der Begriff Kapitalismus ist bei ihm aber tatsächlich positiv besetzt.

One of the most striking facts which runs counter to many people' s expectation has to do with the sources of income. The more capitalistic a country is, the smaller the fraction of income paid for the use of what is generally regarded as capital, and the larger the fraction paid for human services. In underdeveloped countries like India, Egypt, and so on, something like half of total income is property income. In the United States, roughly one-fifth is property income. And in other advanced capitalist countries, the proportion is not very different. Of course, these countries have much more capital than the primitive countries but they are even richer in the productive capacity of their residents; hence, the larger income from property is a smaller fraction of the total. The great achievement of capitalism has not been the accumulation of property, it has been the opportunities it has offered to men and women to extend and develop their capacities. [...] There is surely drastically less inequality in Western capitalist societies like the Scandinavian countries, France, Britain, and the United States, than in a status society like India or a backward country like Egypt.

Einer der verblüffendsten Tatsache, die im Gegensatz zu dem steht, was viele Leute erwarten, hängt mit Quelle des Einkommens zusammen. Je kapitalistischer eine Gesellschaft ist, desto weniger Einkommen wird für das bezahlt, was man gemeinhin als Kapital bezeichnet und ein desto größerer Teil fällt auf den Faktor Arbeit. In unterentwickelten Ländern wie Indien, Ägypten und so weiter, stammt ungefähr die Hälfte des Einkommens aus Vermögen. In den Vereinigten Staaten stammt kaum ein 1/5 Einkommen aus Vermögen. Und in anderen entwickelten Staaten ist das Verhältnis nicht sehr anders. Natürlich haben diese Länder sehr viel mehr Kapital als primitive Staaten, doch vor allem sind ihre Bewohner sehr viel produktiver, so dass das größere Einkommen aus Vermögen einen geringeren Teil des ganzen ausmacht. Der große Erfolg des Kapitalismus ist nicht die Akkumulation von Vermögen, sondern die Möglichkeiten, die es Männern und Frauen geboten hat, ihre Fähigkeiten zu erweitern und zu entwickeln. [...] Ohne Zweifel gibt es weniger Ungleichheit in westlichen kapitalistischen Gesellschaften wie die skandinavischen Länder, Frankreich, Großbritanien und die Vereinigten Staaten, als in Ländern wie Indien oder rückständigen Ländern wie Ägypten.

aus: Milton Friedman, Capitalism and Freedom, Chicago, 2002, Seite 169

Was er schreibt ist richtig, allerdings begeht er einen kapitalen Fehler. Die Idee, dass Kapital ein Produktionsfaktor ist, stammt aus der Klassik und Neoklassik. Die Klassik und Neoklassik verwechselt Geld und Kapital. Das hat mit Sozialismus nichts, absolut nichts, nicht das geringste zu tun. Der Fehler des Marxismus bestand lediglich darin, diesen Blödsinn übernommen zu haben, siehe Keynes. Es ist in der Tat so, dass man mit GELD nicht mit Kapital, verstanden aus nichtkonsumierten Einnahmen der Vergangenheit, Investitionen finanziert. Das sieht er vollkommen richtig, trotzdem ist er kein Keynesianer geworden. Es ist in der Tat so, dass know how, wie schon Alfred Marschall zutreffend feststellt, der wichtigste Produktionsfaktor ist, siehe Bildung. Dass nur ein geringer Teil des Einkommens Erlöse aus Kapitalvermögen sind, ist richtig, denn Kapital wird gedruckt. Ist überhaupt kein Produktionsfaktor. Zum "Produktionsfaktor" wird es erst dadurch, dass es künstlich knapp gehalten wird. Wir vermuten, dass auch er die keynessche Theorie nicht voll verstanden hat.

Machen wir uns das nochmal an einem einfachen Beispiel klar. Das ist nötig, weil diese Stelle enorme Schwierigkeiten bereitet. Will sich jemand einen Bagger kaufen, dann geht er zur Bank und leiht sich die 80 000 Euro. Die Bank hat das Geld, so nehmen wir an, auch nicht und kann es durch Giralgeldschöpfung auch nicht schaffen. Sie geht also zur Zentralbank und die druckt das Geld. Den Bagger verleiht er dann und erzielt damit pro Jahr Einnahmen von 9100 Euro. Tausend Euro behält er für sich, bleiben 8100 übrig, die er nicht konsumtiv verwenden kann. Die "spart" er. Sparen ist bei keynes nichtkonsumierte Einnahmen der ZUKUNFT. Nach zehn Jahren hat er dann der Bank 90000 Euro zurückgegeben. Das ist die Tilgung des Kredites plus Verzinsung. NIEMAND hat vorher Kapital akkumuliert. Die einzige Bedingung, damit das Spiel funktioniert, besteht darin, dass irgendjemand einen Bagger bauen kann.

Er wiederlegt nicht den Sozialismus, wie er meint, sondern er wiederlegt die Idee, dass Kapital ein Produktionsfaktor ist. Er widerlegt die klassische und neoklassische Theorie. Er widerlegt die Annahmen, dass "Kapital" die Voraussetzung für Investitionen ist.

Um es mal auf den Punkt zu bringen. Wir kommen nicht weiter, wenn wir mit unklar definierten Begriffen operieren. Der Kapitalismus ist eine Sache und die freie Marktwirtschaft ist eine andere Sache und wenn wir alle Begriffe zu einem großen Brei verrühren, dann können wir uns nicht mehr unterhalten. Die Basics müssen jetzt sitzen. Ein Tisch ist ein Tisch, ein Stuhl ist ein Stuhl, ein Buch ist ein Buch, ein Baum ist ein Baum und ein Telefon ist ein Telefon. Wenn ein Tisch ein Stuhl ist und ein Baum ein Telefon wird es gaga. Wenn man freie Marktwirtschaft meint, dann muss man freie Marktwirtschaft sagen. Und wenn man Kapitalismus meint, dann muss man Kapitalismus sagen. Alles andere ist Blödsinn.


Das Buch wurde 1962 erstmals veröffentlicht. Das Problem ist, dass Friedman mehr Marxist ist, als er sich das selber vorstellt, denn er argumentiert noch in Denkmustern, die Keynes fast 30 Jahre vor ihm schon längst überwunden hatte.

Wie Marx argumentiert er mit der Akkumulation von Kapital, er schreibt lediglich, dass diese Akkumulation nicht so verlief, wie Marx sich das vorstellte. Die Wahrheit ist, dass gar nix akkumuliert wird. Geld druckt man. Ganz einfach.

Auf was es aber ganz entscheidend ankommt, ist der Ausbildungsstand der Bevölkerung. Gibt es ein Forschungslabor, das aus Stammzellen Organe nachbilden kann, dann wird es zu einer Bank gehen und sich das Geld ausleihen. Kann die Bank den Kredit nicht über Giralgeldschöpfung zur Verfügung stellen, holt sie sich das Geld von der Zentralbank.

Da die Möglichkeit Organe aus Stammzellen nachzubilden ein Milliardengeschäft wäre und die gesamte Medizin und auch die gesamte Gesellschaft grundlegend verändern würde, bekäme es jede Summe, die es braucht, da der Kredit getilgt und die Geldschöpfung damit rückgängig gemacht werden könnte.

Akkumulieren, sparen oder wie man das sonst nennen mag, ist gesamtwirtschaftlich ein Fluch. Man braucht nicht vorher die Nachfrage zurückzudrängen um zu investieren. Das gilt nicht mal bei Vollbeschäftigung, siehe Schumpeter.

Der zweite Fehler steckt in dem Vergleich mit anderen "kapitalistischen" Ländern wie Frankreich, Großbritanien etc.. Das Problem ist, dass keines dieser Länder eine "kapitalistische" Wirtschaft à la Marx hatte. Die Einkommensverteilung wurde und wird über die Besteuerung korrigiert, der Lohn ergab sich für weite Bereiche der Wirtschaft aus Tarifverträgen, der Staat griff über das Bildungssystem massiv in die Verteilung ein und last not least wurden Investionen über den Geldmarkt finanziert. Unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg war das akkumulierte Kapital nämlich in manchen Ländern, zum Beispiel in Deutschland, nur als Bauschutt vorhanden.

Wer es immer noch nicht kapiert. Wikipedia hat mit Null Kapital ein Schwergewicht im Verlagswesen platt gemacht, nämlich den Brockhaus. Wikipedia ist reines Wissen. Da dieses aber unter Umständen sehr billig produziert werden kann, nützt einem alles Kapital der Welt nichts, wenn ein paar irre Schlaumeier beschließen, einen platt zu machen.

Die Summe, die man bräuchte, um das "Kapital" zur Verfügung zu stellen, über welche google verfügt, wäre lächerlich. Das Problem ist das Wissen, über welches google verfügt.

Das widerlegt Keynes nicht, es bestätigt ihn nur. Herrscht Vollbeschäftigung und findet das Sparen tatsächlich eine Investition, weil lediglich Bekanntes wieder aufgebaut werden muss, dann versackt es auch nicht am Geldmarkt. In dem Maße aber, in dem eine Wirtschaft an ihre know how Grenzen gerät, wird es immer schwieriger, Erspartes anzulegen. Sicherheit und damit Liquidität schlägt Realinvestitionen. Nicht weil die Nachfrage "an sich" befriedigt wäre, diese ist unendlich, sondern weil die Marktwirtschaft zunehmend intellektuell überfordert ist.

Das zweite Problem hat hiermit gar nichts zu tun und die Diskussion ist dann auch schwieriger. Die Argumentation, dass der Markt Macht bricht, ist nur bedingt richtig. Es ist zwar richtig, dass in der Regel kein Anbieter Druck auf den Nachfrager ausüben kann, weil dieser Alternativen hat, der Arbeitnehmer unter Umständen auf einen anderen Arbeitgeber ausweichen kann, ein Unternehmen auf einen anderen Lieferanten etc. allerdings wird es dann schon theoretischer. Wäre tatsächlich durch den Markt gesichert, dass Machtverhältnisse auf ein vernünftiges Maß zurückgestutzt werden, hätten wir keine eigene Gerichtsbarkeiten für Arbeitsrecht und Familienrecht, keine umfänglichen Gesetzeswerke zum Mietrecht und auch keinen BGB. Friedman hat also ein ungemein infantile Vorstellung von der marktwirtschaftlichen Ordnung.

Fundamentally, there are only two ways of co-ordinating the economic activities of millions. One is central direction involving the use of coercion - the technique of the army and of the modern totalitarian state. The other is voluntary co-operation of individuals - the technique of the market place.

Grundsätzlich gibt es nur zwei Methoden die wirtschaftlichen Aktivitäten von Millionen Leuten zu koordinieren. Die eine ist direkter Zwang, so wie beim Militär oder in totalitären Staaten. Die andere ist die freiwillige Kooperation von Individuen - die Technik der Marktwirtschaft.

aus: Milton Friedman, Capitalism and Freedom, Chicago, 2002, Seite 13

In der freien Marktwirtschaft sieht er also ein System, bei dem jeder tun und lassen kann was er will, aber trotzdem eine Kooperation staatfindet und niemand dem anderen schadet. Wird die Kooperation politisch herbeigeführt, etwa über demokratische Entscheidungsprozesse, gibt es immer irgendjemanden, der die Mehrheitsentscheidung akzeptieren muss, was in der marktwirtschaftlichen Ordnung nicht der Fall sei. Daran, dass er in der marktwirtschaftlichen Ordnung das Ideal für alle Bereiche der Gesellschaft sieht, lässt er keinen Zweifel.

The characteristic feature of action through political channels is that it tends to require or enforce substantial conformity. The great advantage of the market, on the other hand, is that it permits wide diversity. It is, in political terms, a system of proportional representation. Each man can vote, as it were, for the color of tie he wants and get it; he does not have to see what color the majority wants and then, if he is in minority, submit.

Das Charakteristikum von Handlungen die über politische Kanäle erfolgen, ist, dass diese ein hohes Maß an Konformität fordern. Der große Vorteil von Märkten auf der anderen Seite ist, dass diese eine große Diversifikation zulassen. Politisch gesprochen sind sie ein System der reprästentativen Vertretung. Jeder Mann hat eine Stimme, zum Beispiel was die Farbe seiner Krawatte angeht und er bekommt sie auch. Er muss nicht darauf achten, welche Farbe die Mehrheit will und dann, wenn er sich in der Minderheit befindet, darauf verzichten.

aus: Milton Friedman, Capitalism and Freedom, Chicago, 2002, Seite 15

Auch ein an sich richtiges Argument kann falsch werden, wenn man es überdehnt. Richtig ist, dass sich Unternehmer, zumindest kleine, der härtesten möglichen Prüfung durch die Wähler ausgesetzt sehen, diese stimmen ja täglich über seine Abwahl ab, indem sie die Produkte kaufen oder eben nicht. Richtig ist auch, dass marktwirtschaftliche organisierte Kooperationen zumindest in der Theorie jedem das Maximum an Freiheit lassen. In der Theorie.

Sieht man die Sache etwas konkreter, dann entpuppt sich die freiwillige Kooperation sehr schnell und in weiten Bereichen der Wirtschaft als das Recht des Stärkeren und von der Apotheose des Rechts des Stärkeren, ist es dann nur noch ein kleiner Schritt zum Sozialdarwinismus als Ideologie und von da nur ein winziger Schritt zum Präfaschismus. Sein vermeintlich freier Markt mit seinen vermeintlich freien Kooperationen wird schnell zu einem bellum omnium contra omnes, mit allen psychischen Deformationen, die wir bei Adorno beschrieben finden.

Nochmal: Wir haben bereits öfters dargestellt, dass Systeme, die nicht durch Mechanismen gesteuert werden, die ähnlich hart sind wie Marktmechanismen, vollkommen aus dem Ruder laufen. Seine Logik allerdings, alles was zu Regeln ist, regelt der Markt und was der Markt nicht regelt, muss auch nicht geregelt werden, funktioniert nicht. Es gibt Bereiche, die nicht von Marktmechanismen gesteuert werden können. Für diese Bereiche braucht man dann Mechanismen, die ähnlich scharf wirken, wie die Marktmechanismen. Seine Theorie ist falsch, weil er hypostasiert, dass es zu den Marktmechanismen keine Alternativen gibt. Transparenz ist eine Alternative. Die Rechtssprechung z.B. ist ein solcher unkontrollierter Bereich, die Fehlentwicklungen offensichtlich, siehe www.recht-eigenartig.de. Allerdings steigert eine öffentliche Darstellung der Leistungsfähigkeit diese sofort, insbesondere wenn Namen genannt werden.

Hätten irgendjemand die Empfindung, dass die marktwirtschaftlichen Ordnung auf freiwilliger Kooperation beruht, bräuchten wir kein Arbeitsrecht, geschweige denn eine eigene Gerichtsbarkeit für diesen Bereich. Es scheint aber weltweit niemand die Ansichten von Milton Friedman zu teilen.

Die Freiheitskämpfer mit Pensionsberechtigung von der Hayek und Friedman Front sind ein skurriles Volk, denn ihre Thesen implizieren ein zutiefst negatives Menschenbild, was für sich genommen noch nicht die Skurrilität ausmacht, Misantrophen gibt es viele.

Man muss die Menschen wie sie sind halt akzeptieren
und sich mit ihrem Tun geduldig arrangieren

heißt es in Molières Le Mistantrope. Auch die Misantrophen an sich sind eine verbreitete Spezie, das ist noch nicht besonders skurril.

Skurril ist a) der innere Widerspruch, bzw. es fehlt die Begründung, warum die, die die Ordnung durchsetzen, besser sind, als der Rest der Menschheit, b) dass sie nicht mal Tacheles reden, und c) dass der systemische Ansatz versagen muss. Dem Staat mißtrauen sie prinzipiell (Hayek) oder halten politische Lösung für nicht optimal (Friedman), weil einzelne in ihrer Freiheit eingeschränkt werden. Richtig krass ist aber Hayek. Wir wissen nicht, was sich die zwei Mitglieder der Mont Pèlerin Gesellschaft Friedman und Hayek auf dem Gipfel des Mont Pèlerin (1080 m über dem Meer) zugeflüstert haben, aber in luftiger Höhe scheint der Geist von aller Erdenschwere erlöst.

Die heutige Mode, die Demokratie als den bedrohten Eckpfeiler unserer Zivilisation hinzustellen, hat ihre Gefahren. Sie ist weitgehend für den irreführenden und unbegründeten Glauben verantwortlich, daß keine Willkürherrschaft möglich ist, solange der Wille der Majorität für die Ausübung der Macht maßgebend ist. Die trügerische Sicherheit, in die sich viele Leute durch diesen Glauben wiegen lassen, ist eine Hauptursache der allgemeinen Sorglosigkeit gegenüber den uns drohenden Gefahren. Der Glaube, daß keine Regierung eine Willkürherrschaft sein kann, wenn sie nur ein Produkt des demokratischen Wahlverfahrens ist, ist ganz unbegründet und die darin liegende Gegenüberstellung vollkommen falsch: nicht der Ursprung, sondern die Begrenzung der Regierungsgewalt bewahrt sie vor Willkür. Es ist möglich, daß das demokratische Kontrolllrecht eine Willkürherrschaft verhindert, aber dann nicht durch seine bloße Existenz. Wennn die Demokratie sich zu einer Aufgabe entschließt, die notwendigerweise eine Anwendung der Staatsgewalt voraussetzt, die sich nicht an festen Normen orientieren kann, muss sie zur Willkürherrschaft werden.

aus:Friedrich Hayek, Wege zur Knechtschaft, Seite 100

Das ist so ähnlich wie das, was uns Friedman auch mitteilt. Mehrheiten üben immer Zwang auf Minderheiten aus. Folglich muss man den Bereich, der demokratischen Entscheidungsprozessen unterworfen ist, einschränken und zweitens darf man nur Maßnahmen zulassen, die allgemein definiert sind. Also zum Beispiel kein lex google, wie es im Moment mit dem Leistungsschutzrecht für Verleger passiert.

Wir schreiben immer noch das Jahr 2013 und in diesem Fall sieht man, dass bei Hayek auch ein Fünkchen Wahrheit ist, aber eben nur ein Fünkchen.

Das dritte Element haben wir auch schon bei Friedman. Der Staat ist eher negativ durch das zu definieren, was er nicht soll, als positiv durch das was er soll. Seine Funktion besteht vor allem darin, Leute daran zu hindern, die Freiheit anderer Leute einzuschränken.

Worin besteht der innere Widerspruch? Hayek formuliert es abstrakt, bricht man es herunter, will er sagen, dass auch Regierungen, die demokratisch gewählt wurden, dazu tendieren, Macht an sich zu reißen und Ressourcen an sich zu ziehen. Da sie hierfür wiederum einen Apparat brauchen, werden wir auch willfährige Beamte bekommen, die ihren Herren verpflichtet sind, wenn diese für ihre Karriere sorgen.

Die Gefahr wird man kaum bestreiten können, man kann sie live hier, "Arisierung" von jüdischem Eigentum und Vermögen betrachten. Wenn der Staat sich eignet als Nistplatz für Termiten, werden sich Termiten einfinden.

Soweit ist das historisch ausführlich dokumentiert. Der Abschaum konnte auch nach 45 wieder Karriere machen HITLERS ELITEN NACH 1945 JURISTEN - Freispruch in eigener Sache. Das Problem ist nur, dass Hayek als Chefideologie des Pinochet Regimes ein illustres Beispiel für das ist, was er befürchtet. Wir konzedieren aber prinzipiell, dass Systeme, die nichts und niemand mehr kontrolliert, aus dem Ruder laufen.

Das Problem ist, dass seine, und das trifft auch für Friedman zu, Lösung ziemlich schwammig ist. Hayek erkärt nicht, welche Aufgaben der Staat denn nun konkret wahrnehmen soll, bei Friedman soll er sich z.B. auch aus der Bildung raushalten, und er erklärt auch nicht, wann der Staat gefordert ist, die Freiheit des Einzelnen gegen Angriffe seiner Mitbürger zu schützen. Soll der Staat zum Beispiel eingreifen, wenn ein Mitarbeiter in den Selbstmord gemobbed wird, indem er Tatbestände konkret benennt, wissenschaftlich erforscht und mit Gesetzen gegensteuert oder soll er sich auf den Standpunkt stellen, dass der einzelne ja den Job wechseln kann?

Soll er dafür sorgen, dass arbeitsrechtliche Bestimmungen zur Sicherheit durchgesetzt werden oder soll er sich auf den Standpunkt stellen "shit happens" und den Unternehmer verteidigen, der das Risiko heraufbeschwört? Über Fragen dieser Art kann man streiten. Kritischer ist die Verpflichtung bei Nahrungsmitteln den Fett und Zuckergehalt anzugeben. Dass Eimerweise Cola nicht gesund ist, hat sich rumgesprochen. Aber greift der Staat unzulässig in die unternehmerische Freiheit ein, wenn er Mindeststandards für den Tiertransport festlegt?

Das Problem bei Hayek und Friedman ist, dass es ein einzig dummes Geschwafel ist. Der innere Widerspruch besteht darin, dass sie implizit von der tiefen Schlechtigkeit des Menschen ausgehen, aber diesen wiederum durch ihr Geschriebsel zum Besseren bekehren wollen. Tacheles reden sie nicht, weil sie abstrakt vom Staat reden, wo sie eigentlich Menschen meinen, die über eine Machtfülle verfügen, ohne irgendeiner Kontrolle unterworfen zu sein und unsinnig wird das Ganze, weil der systemische Ansatz, nach dem sie suchen, nicht funktionieren kann. Wir kommen unten beim der Diskussion um die Organisation des Bildungswesens darauf zurück.

Ein überzeugender systemischer Ansatz ist die marktwirtschaftliche Ordnung. Unternehmen reagieren auf Knappheitssignale und beseitigen diese Knappheiten. Wenn sie sich dabei noch anstrengen und die Produkte verbessern bzw. billiger herstellen, um so besser. Wenn das alles in einem scharfen Wettbewerb stattfindet, noch besser. Die Sache ist zwar anstrengend, aber letztlich positiv. Hier führt ein bestimmtes System zu einem gewünschten Verhalten. Das ist ein systemischer Ansatz. Systemisch, weil man sich mit den einzelnen Individuen nicht zu befassen braucht. Das System funktioniert ähnlich sicher, wie ein Hügel vor einer 30 km Zone.

Charmant an der marktwirtschaftlichen Lösung ist, dass man keinen Controlleur braucht. Der Markt kontrolliert sich selbst.

Ökonomen sind jetzt aber besessen von dem systemischen Ansatz. Ein Lösung vom Typ "das muss man sich von Fall zu Fall überlegen" läuft bei dieser Truppe unter unwissenschaftlich, doch leider ist das Ergebnis, das sie liefern, meist albern, was besondern dann auffällt, wenn sie mit ihrem systemischen Ansatz historische Prozesse interpretieren. Das ganze Kollektivismus Geschwurbel von Hayek oder die wilden Interpretationen historischer Zusammenhänge von Friedman haben eine tiefere Ursache. Die Geschichtswissenschaft lässt sich, wie auch die Literaturwissenschaft, auf das konkrete Phänomen ein und sucht eben gerade nicht, dieses unter ein allgemeines Gesetz zu subsumieren. Von daher stehen Hayek und Friedman dem Marxismus näher, als sie glauben, nur ist die Vorgehensweise nicht das, was ein Historiker üblicherweise tun würde.

Der letzte, der die geamte Weltgeschichte aus allgemeinen Gesetzen zu erklären suchte, war eben Karl Marx.

Dass Problem bei dem Hayek / Friedman Geschwurbel ist auch weniger die Tatsache, dass es praktisch vollkommen irrelevant ist, weil es keine Anhaltspunkte für die Lösung konkreter Fragen bietet, sondern die Tatsache, dass sich so ein Plunder, also Capitalism and Freedom, allein in der englischen Version eine halbe Million Mal verkauft.

Ein allgemeines Geschwurbel über Freiheit Markt und Tralala bringt zum Beispiel dann nichts, wenn konkret über Forschungspolitik diskutiert wird. Bei konkreten Fragen muss man sich das konkret anschauen, siehe Forschung und Entwicklung durch den Staat.

Über den öffentlich / rechtlichen Rundfunk und dessen Zwangfinanzierung kann man reden und das kann man auch kritisch sehen und wer will, kann in deren gnadenlos aufgeblähten Apparat auch die Befürchtungen Hayeks und Friedmans bestätigt sehen, aber auch hier kommen wir mit ein paar Phrasen nicht weiter, denn zumindest teilweise recherchieren die öffentlich rechtlichen Sender tatsächlich und berichten über Dinge, über die sonst nicht berichtet wird. Last not least haben die öffentlich rechtlichen Sender sehr gute Programme für Kinder.

Auch über die sozialen Sicherungssysteme kann man reden, aber ein Spruch à la "jeder ist sein Glückes Schmied", siehe The Power of the Market (Featuring Milton Friedman) bringt da wenig, wenn die Zahlen eine andere Sprache sprechen und die Chancen zwar formal für alle gleich, de facto aber sehr ungleich sind.

Dass er die eigentliche Stärke der marktwirtschaftlicher Ordnung als belanglose Nebensache abtut, ist verständlich. Die Welt der Preise ist nicht die Welt, auf der ethisch / moralische Normen fußen und aus der Freiheit allein lassen sich diese auch nicht ableiten.

Die Wirtschaftswissenschaften kennen die Grenzmoral zwar nur scherzhaft, der leistungsfähigste Anbieter ist der, der am wenigsten Skrupel hat, aber das Problem, das damit umschrieben wird, kann man ohne weiteres an jedem x-beliebigen Tag besichtigen.

Die Preise allein sagen lediglich, dass mit den niedrigsten Sozial- und Umweltstandards produziert werden soll. Die Allokation ist ein zentrales und wichtiges Moment, aber von der marktwirtschaftlichen Ordnung zu verlangen, dass sie die Freiheit sichert, ist so ähnlich, wie wenn man dies von einem Dieselmotor verlangen würde.

Die marktwirtschaftliche Ordnung ist nur ein Instrument. Verabsolutiert man das, kommt es zu ganz skurrilen Ansichten über den homo oeconomicus. Bei den skurrilen Ansichten wird die konkrete Rolle des homo oecononicus nicht verstanden. Es wird dann vergessen, dass er seine Rolle nur innerhalb einer marktwirtschaftlichen Ordnung spielen kann. Er ist dann Teil eines komplexen Systems und innerhalb dieses Systems erfüllt er eine Aufgabe.

Demokratische Entscheidungsprozesse werden immer versuchen, zwischen Effizienz und politischer Stabilität auszutarieren.

Skurril bei Friedman und Hayek ist, dass sie über weite Strecken auch gar nicht ökonomisch argumentieren, wie man das eigentlich von Ökonomen erwarten würde.

The citizen of the United States who is compelled by law to devote something like 10 per cent of his income to the purchase of a particular kind of retirement contract, administered by the goverment, is being deprived of a corresponding part of his personal freedom. How strongly this deprivation may be felt and its closeness to the deprivation of religious freedom, which all would regard as "civil" or "political" rather than "economic", were dramatized by an episode involving a group of farmers of the Amish sect. On grounds of principle, this group regarded compulsory federal old age programs as an infringement of their personal individudal freedom and refused to pay taxes or accept benefits. As a result, some ot their livestock were sold by auction in order to satisfy claims of social security levies. True, the number of citizens who regard compulsory old age insurance as a deprivation of freedom may be few, but the believer in freedom has never counted noses.

Der Bürger der Vereinigten Staaten, der gezwungen ist ungefähr 10 Prozent seines Einkommen in einen von der Regierung verwalteten Pensionsfond einzuzahlen, wird um einen entsprechenden Betrag seiner Freiheit beraubt. Wie stark dieser Entzug gefühlt wird und wie sehr dieser Entzug dem Entzug der religiösen Freiheit ähnelt, die alle eher der "zivilen" oder "religiösen" Sphäre und weniger der "ökonomischen" Sphären zurechnen würden, veranschaulicht dramatisch eine Episode, in die eine Gruppe von Farmers der Amish Sekt involviert waren. Aus prinzipiellen Gründen erachtete diese Gruppe das obligatorische staatliche Rentensystem als einen Übergriff auf ihre individuellen Rechte und weigerte sich folglich Steuern zu bezahlen oder Leistungen in Anspruch zu nehmen. Das führte dann dazu, dass ein Teil ihres Viehbestandes auf einer Auktion versteigert wurde, damit die aus den Abgaben zu den sozialen Sicherungssystemen resultierenden Forderungen beglichen werden können. Es stimmt, dass die Anzahl der Bürger, die eine obligatorische Altersversorgung als eine Einschränkung ihrer Freiheit betrachten, gering ist, aber die, die an die Freiheit glauben, zählen keine Nasen.

aus: Milton Friedman, Capitalism and Freedom, Chicago, 2002, Seite 8

Es ist natürlich jedem unbenommen, in der obligatorischen Rentenversicherung eine Parallelität zur Religionsfreiheit zu sehen. Wer will kann auch in der Entscheidung zwischen einer privaten Krankenversicherung oder einer gesetzlichen Krankenversicherung eine Parallelität zwischen dem Eintritt in die protestantische oder katholische Kirche sehen, allerdings ist nicht klar, worin der Erkenntniswert besteht.

Man hätte über die These vernünftig aus einen anderen Blickwinkel diskutieren können. Keynes würde schlicht sagen, dass der Trick mit dem Pensionsfond nicht funktionieren kann, wie der Trick mit der Riesterrente. Man kann mit sparen keinen unbestimmten Konsum in einer unbestimmten Zukunft sichern. Könnte der amerikanische Staaat zusichern, dass die Einzahlung in einen Pensionsfond eine höhere Rendite abwirft, also eine rein private Sicherung, dann haben wir eine andere Diskussion. Wieder eine andere Diskussion haben wir, wenn das amerikanische System der Alterssicherung, wie in Deutschland, eine Verteilungswirkung hat und die Amish Sekte hier negativ betroffen ist.

Er will um jeden Preis einen Zusammenhang herstellen zwischen Marktwirtschaft und Freiheit, aber die Sinnhaftigkeit oder Sinnlosigkeit der Rentenversicherung ist vor allem ein ökonomisches Problem. Die erste Frage, die zu klären wäre, ist, ob die Leute in der Lage sind, für ihre Altersicherung selbst zu sorgen. Wäre sie vollkommen privatisiert, hätte wir noch viel mehr Schrottimmobilien als Kapitalanlage, dubiose Investitionsfonds in Containerschiffe, Kapitallebensversicherungen, deren Verzinsung dahinschmilzt wie Butter in der Sonne etc. etc.. Anzunehmen ist, dass eine vollständige Privatisierung zu einem gut vernehmlichen Ruf nach staatlicher Regulierung führen würde, auch wenn wir im Moment beobachten, dass es der Staat ist, der durch die Teilprivatisierung der Altersvorsorge die oben beschriebenen Probleme geschaffen hat.

Wir sagen gar nicht, dass in dem ganzen Friedman Geschwurbel nicht ein Fünkchen Wahrheit ist. Das Problem ist nur, dass uns das der Lösung nicht einen Millimeter näher bringt. Es ist ganz unstrittig wahr, dass es problematisch ist, wenn vollkommene ökonomische Laien wie Ursula von der Rolle, siehe Altersvorsorge für Selbständige, über Altersicherung schwadronieren, allerdings brauchen wir dann in der öffentlichen Debatte eine ökonomischen Analyse.

Z.B. müsste Ursula von der Rolle mal Butter bei die Fische nennen. Wenn sie konkret 4 Prozent Verzinsung zusichert und persönlich für die Summe haftet, haben wir ganz schnell eine geerdete Diskussion. Unter Unständen zeigt sich ganz schnell, dass Selbstständige, die das Geld in ihrem eigenen Unternehmen anlegen, das auch erwirtschaften, während Ursula von der Rolle keinen Plan hat, wie sie das erwirtschaften will und lediglich ein marodes System durch Zuzahlungen sanieren will. Ein religiöses Problem ist das allerdings nicht. Es ein rein ökonomisches Problem.

Er liegt auch nicht ganz richtig, bzw. er liegt vollkommen unrichtig, wenn er die bekannte marxsche Erkenntnis, dass die herrschende Meinung die Meinung der herrschenden ist, einfach umdreht. Um das einzusehen, braucht man nicht mal Adorno, siehe Kulturindustrie oder Aufklärung als Massenbetrug.

In order for men to advocate for something, they must in the first place be able to earn a living. This is already a problem in a socialist society, since all jobs are under the direct control of political authorities. It would take an act of self-denial whose difficulty is underlined by experience in the United States after World War II with the problem of "security" among Federal employees, for socialist goverment to permit its employees to advocate policies directly contrary to official doctrine. But let us suppose this act of self-denial to be achieved. For advocacy of capitalism to mean anything the proponents must be able to finance their cause - to hold public meetings, publish pamphlets, buy radio time, issue newspapers and magazines, and so on. How could they raise the funds? There might probably would be men in the socialist society with large incomes, perhaps even large capital sums in the form of goverment bond and the like, but these would of necessity be high public officials. It is possible to conceive of a minor socialist official retaining his job although openly advocating capitalism. It strains credulity to imagine the socialist top brass financing such "subversive" activities.

Damit Menschen für eine Sache streiten können, müssen sie erstmal in der Lage sein, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Schon dies ist in einer sozialistischen Gesellschaft ein Problem, denn alle Jobs stehen unter der direkten Kontrolle der politischen Autoritäten. Es bedürfte schon einiger Selbstverleugnung, eine Schwierigkeit, die durch die Erfahrungen in den Vereinigten Staaten nach dem zweiten Weltkrieg mit dem "Sicherheitsproblem" der Angestellten im öffentlichen Dienst verdeutlicht wird, damit eine sozialistische Regierung ihren Angestellten erlaubt, sich für eine Politik einzusetzen, die ihren Interessen entgegen läuft. Doch nehmen wir mal, dass diese Selbstverleugnung tatsächlich stattfindet. Damit das Streiten für den Kapitalismus eine Bedeutung hat, müssen die Befürworter in der Lage sein, ihre Bewegung zu finanzieren, also öffentliche Treffen abzuhalten, Flugblätter verteilen, Sendezeit im Radio buchen, Zeitungen und Magazine herausgeben usw.. Wie können sie die Mittel hierfür aufbringen? Vielleicht gibt es in der sozialistischen Gesellschaft einen Mann mit einem hohen Einkommen, vielleicht auch große Geldsummen in Form von staatlichen Anleihen oder etwas in der Art, doch dann wären es mit Sicherheit hohe Staatsbeamte. Man kann sich einen untergeordneten Beamten in einer sozialistischen Gesellschaft vorstellen, der seinen Job behält, auch wenn er für die Sache des Kapitalismus streitet. Es ist aber kaum denkbar, dass die oberste Gilde einer sozialistischen Gesellschaft ihren Job behalten, wenn sie sich "subversiven" Tätigkeiten widmen.

aus: Milton Friedman, Capitalism and Freedom, Chicago, 2002, Seite 17

Er meint also, dass in sozialistischen Gesellschaften aufgrund mangelnder ökonomischer Ressourcen keine Opposition entstehen könne. Das Problem ist, dass in sozialistischen Staaten à la DDR die Opposition schlicht mit nackter Gewalt unterdrückt wurde. Die ökonomischen Ressourcen waren das allergeringste Problem. Er versucht hier ziemlich verzweifelt einen Zusammenhang herzustellen zwischen Marktwirtschaft und Freiheit, der so nicht existiert.

Was die Informationspolitik angeht, läuft die Debatte in der Regel genau andersherum. Das Argument für den öffentlich / rechtlichen Rundfunk ist eben, dass dieser neutral berichten kann. Dass er das nicht tut, bzw. sich den Privatsendern anpasst, also seine Aufgaben, Information und Bildung, nicht mehr wahrnimmt, ist ein anderes Thema.

Es bleibt unklar bei ihm, wer ihm Besitz der Massenmedien sein soll. Offensichtlich aber nicht der Staat. In den meisten westlichen Industrienationen gibt es öffentlich / rechtliche Sender, die über Zwangsgebühren finanziert werden. Die Begründung ist, dass nur so eine neutrale Berichterstattung gewährleistet ist. Die These kann man bestreiten bzw. darüber diskutieren. Die Gegenthese allerdings, dass die Massenmedien vollständig in private Hand gehören, kann man ebenfalls betreiten, siehe Kulturindustrie oder Aufklärung als Massenbetrug. Leider erklärt uns Friedman nicht, in wesse Hand die Massenmedien denn nun sein sollen.

Wer aber der Meinung ist, dass die Marktwirtschaft allein zu einer Meinungspluraliät führt, der lebt nicht auf dieser Erde. Er dreht die marxsche Maxime um. Während bei Marx das Kapital, das sich in Privatbesitz befindet, die Meinung beherrscht, ist bei ihm das Privatkapital der Garant für Pluralismus. Ob das Politbüro bestimmt, über was berichtet wird oder DPA, AFP, Reuter ist ein gradueller Unterschied, kein prinzipieller, siehe Kulturindustrie oder Aufklärung als Massenbetrug.

Wir wissen nicht genau, wieviel Informationsbedarf in der Friedman / Hayek Welt überhaupt besteht, denn es ist ein Charakteristikum systemischer Ansätze, dass das Individuum dort nur als Rädchen vorkommt, die Art der Informationsverarbeitung sowie das Ergebnis prognostizierbar ist, was wiederum nur möglich ist, wenn die Informationsverarbeitung relativ simpel ist. Dehnt man den Bereich, der systemisch geregelt wird bis ins Unendliche aus, sinkt der Bedarf an Informationen drastisch.

Die Sympathie des Hayek / Friedman Duos für Pinochet ergibt sich schlüssig aus ihrem Weltbild. In ihrer Welt braucht man keine Presse, keine Meinungsfreiheit und keine öffentliche Debatte. Was zu regeln ist, wird systemisch geregelt und was nicht systemisch geregelt wird, braucht man auch nicht regeln.

In der komplexen, also realen Welt, versagt der systemische Ansatz. Um das einzusehen, muss man nicht mal Keynes lesen. Auch wenn man von der prinzipiellen Stabilität marktwirtschaftlicher Ordnungen ausgeht, ist der systemische Ansatz komplett falsch.

Schon bei der Frage, wie das Bildungssystem zu organisieren ist, siehe unten, versagt der systemische Ansatz völlig.

Kurios in der Friedman / Hayek Welt ist, dass die Marktwirtschaft zwar ein Instrument zur Durchsetzung der Freiheit ist, bzw. diese die Freiheit garantiert, allerdings ist der Begriff Freiheit vollkommen undefiniert. Freiheit ist nur negativ definiert, als Abwesenheit von Zwang und jeglichen Verzichts unternehmerisches Handeln zu verhindern. Der Autor ist Unternehmer und hat keinerlei Neigung, diesen Aspekt zu unterschätzen und Beamte sind schlimmer als Pest, Cholera und Krebs zusammen. Allerdings hilft das in der Praxis nicht weiter. Es gibt eine Unzahl an Vorschriften, die unternehmerisches Handeln einschränken. Manche sind schlicht ökonomisch unsinnig, andere sind ungeeignet, das intendierte Ziel zu erreichen, bei wieder anderen ist schon das Ziel sinnlos und dann gibt es noch welche, wo das Ziel sinnvoll ist und das Mittel geeignet, das Ziel zu erreichen. Ein allgemeines Freiheitsgeschwall nützt aber wenig.

Wird in die unternehmerische Freiheit eingegriffen, wenn Atomkraftwerke bestimmte Sicherheitsstandards einhalten müssen? Ganz unstrittig ja und ganz unstrittig ist dies sinnvoll. Wird in die unternehmerische Freiheit eingegriffen, wenn geregelt wird, unter welchen Umständen Mitarbeiter entlassen werden dürfen? Unstrittig ja. Ist das sinnvoll? Manchmal ja und manchmal nein. Wird in die unternehmerische Freiheit eingegriffen, wenn Unternehmer dazu gezwungen werden, den Jahresabschluss bei einem Privatunternehmen zu veröffentlichen, welches diese Daten wiederum aufbereitet und verkauft? Eindeutig ja. Ist das sinnvoll? Eindeutig nein.

Will man ernsthaft über die Frage diskutieren, wie eine bestimmte Wirtschaftsverfassung die Freiheit einschränkt, müsste man konkret wissen, von welcher Maßnahme geredet wird und welche Freiheiten eingeschränkt werden. Eine Planwirtschaft ist unstrittig ein Irrweg, unstrittig führt sie zu einer enormen Machtfülle bei Beamten und ohne Preise fehlt jedes Steuerungsinstrument. Wieso das jetzt aber zu einer Einschränkung der Reisefreiheit, Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit, Recht auf freie Berufswahl, Recht sich überall zu informieren etc. führt, müsste im Einzelfall geklärt werden.

Wenn aber Freiheit bei den Freiheitskämpfern aller Art rein wirtschaftlich definiert wird, dann wäre es sinnvoller, allein mit wirtschaftlichen Aspekten zu argumentieren. Vielleicht verkauft sich ein Buch mit dem schlichten Titel "Negative Wachstumseffekte durch staatliche Intervention" nicht so gut wie "Capitalism and Freedom", aber der Titel wäre dann korrekt. Ein ordentlicher Professor, der staatlich versorgt wird, sollte aus Gründen der Wissenschaftlichkeit auf Marketing verzichten.

Wenn wir jetzt die infantile Friedman / Hayek Sicht verlassen und die real existierende Wirklichkeit betreten, dann haben wir keine systemisch organisierte Welt, bzw. wenn diese systemisch determiniert ist und wir als Individuum nicht mehr gefordert werden, dann ist es eine schlechte Welt. Die Verlagerung der Verantwortlichkeit weg vom Individuum hin auf das System impliziert ein Menschenbild. Der Ansicht kann man sein, aber dann hilft eine systemische Lösung auch nicht, denn diese wird dann über kurz oder lang ausgehebelt.

Da Hayek und Friedman durch die Marktwirtschaft ja Ziele erreichen wollen, die viel weiter gesteckt sind als die optimale Faktorallokation, geraten sie irgendwie in einen Zirkelschluss. Zwar trauen sie Menschen nicht zu, politische Parteien und Beamte sind ja Menschen, moralisch integer und vernünftig zu handeln und sich auch ohne die Peitsche des Wettbewerbs anzustrengen, weshalb staatliche Macht auf ein Minimum beschränkt werden muss, auf der anderen Seite erwarten sie aber, dass Menschen eine solche systemische Ordnung einrichten. Denn Widerspruch könnte man sogar ausnahmsweise auflösen. Wahrscheinlich ist die Masse, ganz im Gegensatz zu dem, was allgemein behauptet wird, besser als der Einzelne.

Der Einzelne, bzw. Verbände, Interessensgruppen etc., wird immer versuchen, den Staat für seine Zwecke zu instrumentalisieren, genauso wie der Einzelne immer versuchen wird, mit wenig Aufwand an viel Geld zu kommen. Soll er aber darüber abstimmen, ob er für einen Staat ist, der viele Parasiten ernährt, bzw. vielen ein leistungsloses Grundeinkommen ermöglicht und schätzt er seine eigenen Möglichkeiten auf diesem Weg an die Fleischtöpfe Ägyptens zu gelangen gering ein, dann wird er über eine Wahl versuchen, diesen Weg zu den Fleischtöpfen zu verbauen, weil er die Rechnung bezahlt.

Insofern ist die Masse vernünftiger als der einzelne. Dass der Staat also über das bereits vorhandende Maß nicht noch weiter wuchert, ist einem demokratischen Entscheidungsprozess geschuldet. Die Wirkung der Freiheitskämpfer ist da völlig bedeutungslos.

Kritisch wird es dann, wenn die Mehrzahl der Wähler verbeamtet oder sich in einem öffentlich / rechtlichen Arbeitsverhältnis befindet. Dann wird es in der Tat schwierig, die Büchse der Pandora wieder zu schließen. Eine politische Partei, die sich dafür einsetzen würden, den öffentlichen Bereich wieder auf ein vernünftiges Maß zurückzustutzen, hätte exakt Null Chancen. Ein Unternehmen kann gehen, wenn es ihm zu bunt wird. Der Staat eben nicht.

Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst diskutieren natürlich unendlich viel. Der Fall ist aber relativ einfach. Dieselben Argumente, die gegen die Planwirtschaft sprechen, sprechen eben auch gegen das Berufsbeamtentum.

Das Argument, dass Beamte besonders verantwortungsvolle Job ausüben und deswegen besonders geschützt werden müssen, ist Blödsinn. Der Brummi Fahrer hat einen ausgesprochen verantwortungsvollen Job. Es reicht ein Sekundenschlaf, um einen enormen Schaden zu produzieren. Dagegen ist die Tätigkeit eines Richters eine ganz harmlose Angelegenheit.

Im Grunde ist nicht mal einzusehen, warum Richter verbeamtet sein müssen. Die sollen sich an Recht und Gesetz halten. Beim derzeitigen Stand der Dinge, gibt es aber für Richter überhaupt keinen Zwang, vom Parlament beschlossene Gesetze auch nur zu kennen. Man kann das mal hier nachlesen, www.recht-eigenartig.de. Das ist ganz amüsant.

Verbände wie der deutsche Richterbund, der Philologenverband, die Apotheker, Ärzteverband etc. etc. werden immer versuchen, über Lobbyarbeit ihre Interessen durchzusetzen, siehe auch www.recht-eigenartig.de. In einer allgemeinen Wahl werden sie aber nie für die allgemeine Einschränkung des Wettbewerbs plädieren, denn dann wären sie auch negativ betroffen. Konkret werden einzelne Interessensgruppen auch versuchen, ihre Eigeninteressen in politischen Programmen unterzubringen, werden diese aber nicht durchsetzen können, weil die Mehrheit negativ betroffen ist. Die Mehrheit kann, das deckt sich eher mit der Erfahrung, Umverteilungsprozesse durchsetzen. Hier allerdings kann man sich dann fragen, ob dies nicht ökonomisch sinnvoll ist. Eindeutig ökonomisch sinnlos wäre es dann, wenn es zu Fehlallokationen käme. Das ist es aber wiederum, was Keynes eben bestreitet. Je ungleicher die Verteilung, desto höher die Sparquote, desto mehr Geld verblubbert an der Börse.

Derselbe Zusammenhang lässt es auch Extrem unwahrscheinlich erscheinen, dass eine Mehrheit zu einer Diktatur über die Minderheit führt, wie Hayek meint. Dass kann nur gelingen, wenn die Unterdrückung einer Minderheit konkrete Vorteile für die Mehrheit verspricht. Dafür muss die Minderheit ausreichend präzise definiert sein, andernfalls könnte kein Mitglied der Mehrheit sicher sein, nach der Wahl nicht zur Minderheit zu gehören und der wirtschaftliche Vorteil muss klar vermittelbar sein. Es gab solche Entwicklungen in der Geschichte, aber die Freiheitskämpfer haben und hätten das nicht verhindert, weil es sich systemisch nicht verhindern lässt.

Jedes aktuelle Problem, jedes Thema und jede Fragestellung zerfällt in Hunderte von Teilproblemen, die Suada von der Effizienz der Märkte bringt da wenig. Ein Lieblingsthema von Friedman ist die Bildung, bzw. wie man diese finanziert. Aus dem was der Leser bereits weiß, kann er sich dann auch schon ausrechnen, wie er argumentiert.

Er unterscheidet zwischen Bildung im allgemeinen Sinn und Berufsausbildung. Bei ersterer sieht er einen positiven externen Effekt (neighborhood effect), weil eine gewisse Bildung auch der Allgemeinheit zugute kommt, da anders eine Demokratie nicht gedacht werden kann.

Da hinsichtlich dieser grundlegenden Bildung, lesen, schreiben, rechnen, Einigkeit herrscht, bedarf es hierbei nicht notwendigerweise Schulen, die stärker individuell differenzieren. Prinzipiell könnte also auch der Staat diese primäre Ausbildung finanzieren. Da bei Friedman aber der Staat und damit die Beamten schlicht für alles zu blöd sind, womit er vielleicht nicht mal unrrecht hat, präferiert er für eine Finanzierung durch die Eltern, die dann eine direkte Kontrolle ausüben. Das wiederum geht aber nicht, da manche Eltern diese Schulgebühren nicht bezahlen können und da er nun mal eine romantische Ader hat, fügt er noch hinzu, dass ein Kind und ein Auto eben nicht dasselbe ist, siehe Zitat unten. Kann der Besitzer eines Wagens nicht dafür sorgen, dass das Fahrzeug sicher ist, dann muss er dieses eben verkaufen. Bei Kindern ist das schwieriger, diese könne man nicht verkaufen. Die Trennung der Kinder von den Eltern sei unmoralisch. Der Mann ist ein echter Humanist.

What kind of governmental action is justified by this particular neighborhood effect? The most obvious is to require that each children receive a minimum amount of schooling of a specified kind. Such a requirement could be imposed upon the parents without further government action, just as owners of buildungs, and frequently of automobiles, are required to adhere to specified standards to protect the safety of others. There is however, a difference between the two cases. Individuals who cannot pay the costs of meeting the standards required for buildings or automobiles can generally divest themselves of the property by selling it. The requirement can thus generally be enforced without goverment subsidy. The separation of a child from a parent who cannot pay for the minimum required schooling is clearly inconsistent with our reliance on the family as the basic social unit and our belief in the freedom of individual.

Welche Folgen ergeben sich aus diesen externen Effekten für das staatliche Handeln? Am naheliegendsten ist es, für jedes Kind einen Minimalstandard eines bestimmten Typs zu verlangen. Dies Forderung könnte an die Eltern gestellt werden, ohne dass die Regierung interveniert, ganz so wie dies bei Besitzern von Immobilien der Fall ist und oft bei Fahrzeughaltern, wenn verlangt wird, dass diese bestimmte Standards einhalten, damit die Sicherheit der anderen gewährleistet ist. Es besteht jedoch ein Unterschied zwischen diesen beiden Fällen. Die Individuen, die die Mittel für die Einhaltung des Standards von Immobilien und Autos nicht einhalten können, können ihr Vermögen abstoßen, indem sie es verkaufen. Die Forderung kann dann erfüllt werden, ohne dass die Regierung eine Subvention gewährleistet. Die Trennung eines Kindes von den Eltern, die nicht in der Lage sind, die Mittel aufzubringen, die für eine rudimentäre Schulbildung nötig sind, widerspricht eindeutig unserer Vorstellung der Familie als Keimzelle der Gesellschaft und unserem Glauben an die Freiheit des Einzelnen.

aus: Milton Friedman, Capitalism and Freedom, Chicago, 2002, Seite 87

Aus diesem Grund hält er eine staatliche Finanzierung für zulässig, allerdings nicht direkt. Damit eine Wahlfreiheit gegeben ist, soll der Staat Gutscheine verteilen und die Eltern können die Gutscheine bei der Schule ihrer Wahl einlösen.

Eine direkte Finanzierung der Schulen hätte den Nachteil, dass private Schulen systematisch benachteiligt würden, da die Eltern, so sie ihre Kinder auf eine Privatschule schicken, nicht nur die Steuern bezahlen müssten, mit denen die Schulen finanziert werden, sondern auch die Schulgebühren für die Privatschulen.

In der Regel bleiben die Freiheitskämpfer mit Pensionsberechtigung ja immer sehr abstrakt. Der Leviathan Staat ist die Wurzel allen Übels. Es verbleibt natürlich einem verbeamteten Freiheitskämpfer nicht im Traum ein, dass der abstrakte Staat nicht so sehr das Problem ist. Das Problem sind die ausführenden Organe. Unterhielte man sich aber über die ausführenden Organe, also z.B. über die dozierende Ökokaste, dann wird der Freiheitskampf irgendwie konkret geerdet und so konkret will man es gar nicht wissen. Friedman wird hier mal sehr konkret.

With respect to teachers' salaries, the major problem is not that they are too low on the average - the may well be too high on the average - but that they are too uniform and rigid. Poor teachers are grossly overpaid und good teachers are grossly underpaid. Salary schedules tend to be uniform and determined far more by seniority, degrees received, and teaching certificates acquired than by merit. This, too, is largely a result of the present system of governmental administration of schools and becomes more serious as the unit over which governmental control is exercised becomes larger. Indeed, this very fact is a major reason why professional educational organizations so strongly favor broadening the unit - from the local school district to the state, from the state to the federal government. In any bureaucratic, essentially civil-service organization, standard salary scales are almost inevitable; it is next to impossible to stimulate competition capable of providing wide differences in salaries according to merit.

Was die Entlohnung der Lehrer angeht, ist nicht ein zu geringer Durchschnittlohn das Problem, im Durchschnitt sind sie vermutlich eher zu hoch, sondern dass sie einheitlich und starr sind. Schlechte Lehrer sind vollkommen überbezahlt und gute Lehrer sind vollkommen unterbezahlt. Gehälter tendieren dazu einheitlich zu sein und weit mehr durch Alter, Diplome und Bestätigungen über die Lehrbefähigung erworben zu sein als durch Verdienst. Auch das in weiten Teilen ein Ergebnis der staatlichen Schulverwaltung und wird desto mehr zum ernsthaften Problem, je größer das Gebiet ist, auf das sich die Verwaltung ausdehnt. Das ist auch der eigentliche Grund, warum die Verbände der hauptberuflichen Lehrer sich so sehr dafür einsetzen, die Verwaltungsgebiete zu vergrößern: Von der Aufsicht über die Schulen der Gemeinde, zur Aufsicht im Bundesland, zur Aufsicht im Staat. In jeder Bürokratie, vor allem im öffentlichen Dienst, ist eine standardisierte Entlohnung unausweichlich. Es ist fast unmöglich, einen Wettbewerb einzuführen, der in Abhängigkeit von der Leistung auch zu Unterschieden in der Entlohnung führt.

aus: Milton Friedman, Capitalism and Freedom, Chicago, 2002, Seite 95

Die Darstellung des Sachverhaltes ist erstmal richtig, ob die Lösung, mehr Kontrolle durch die Eltern, richtig ist, mag dahingestellt sein. Tatsächlich erfolgt die Entlohnung der Lehrer nach Alter und Zeugnissen und nicht nach der Leistung. Lehrerverbände, wie der deutsche Philologenverband, sind reine Interessensvertretungen. Selbstverständlich gibt es, um mal das Beispiel Fremdsprachen zu nehmen, ohne Ende Muttersprachler, die auch ohne Staatsexamen einen weit interessanteren, animierenderen Unterricht machen können, als die ganzen Oberstudienräder.

Mal ein kurzer Ausflug in die allgemeine Darstellung des Problems und einer Lösung, wie sie tatsächlich in der Verwaltung angestrebt wird und konkret implementiert wird. Das allgemeine Problem bei Leistungen (gehen wir mal davon aus, dass alles Leistungen sind) der Verwaltung besteht darin, dass es keinen Marktpreis gibt.

Was die An- und Abmeldung beim Einwohnermeldeamt kostet, was der Marktpreis der Erstellung eines Gewerbescheines ist, was die Eintragung einer GmbH ins Handelregister tatsächlich kostet, bzw. was es kosten würde, wenn die Leistungserbringung optimal wäre, weiß kein Mensch.

Bei marktwirtschaftlichen Unternehmen offenbart sich im Preis die optimale Leistungserstellung. Alternativ könnte man noch eine Kosten- und Leistungsrechnung erstellen bis hinab zum Kostenträger, dann hätte man zumindest ungefähr ein Gespür dafür, was eine Leistung der öffentlichen Verwaltung tatsächlich kostet, bzw. man könnte die Kosten analysieren.

Ein Versuch das Problem zu lösen wurde in Berlin unternommen, es findet sich hier unter dem Stichwort Verwaltungsreform Berlin bei google unendliche viele Informationen im Web. Kann man ergoogeln.

Der Autor hat das als Dozent miterlebt. Die Lösung besteht darin, quasi künstlich marktwirtschaftliche Elemente in die öffentliche Verwaltung einzuführen. Das heißt man erstellt, basierend auf der Kameralistik, eine Kostenträgerrechnung, die dann auswirft, was ein Verwaltungsprodukt kostet.

Hat man dann die Kosten für jeden Bezirk, in Berlin gibt es davon mehrere, und ergeben sich Unterschiede zwischen den Bezirken, bzw. Unterschiede zu anderen vergleichbaren Städten, dann ist die Leistungserbringung offensichtlich ineffizient.

Wir haben auch hier eine systemische Lösung. Der Autor hätte eher auf eine Veränderung des individuellen Verhaltens der Beamten hingewirkt. Er ist der Meinung, dass ein ordentlicher Tritt in den Arsch viel wirkungsvoller ist, weil man z.B. nicht 45 Millionen DM (damals waren es noch DM) ausgeben muss, um festzustellen, dass nicht jeder berliner Bezirk ein Presseamt braucht, dass es sinnlos ist, Statistiken zu erstellen, die keiner liest und keiner braucht, dass es sinnlos ist, Leute zu beschäftigen, die auch auf Nachfrage nicht erklären können, was eigentlich ihre Tätigkeit ist.

Das Problem ist, dass Beamte ein sehr kompakter Haufen sind. Auch wenn man die Defizite ganz ohne Kosten- und Leistungsrechnung sieht, wenn man sie sehen will, was Beamte aber nicht wollen, hätte die systemische Lösung den Vorteil, dass sie eher "mechanisch" wirkt. Geplant war, dass den Bezirken nicht mehr die angefallenen Kosten zugewiesen werden, sondern nur noch der Median (der Median ist der Wert, den man erhält, wenn 50 Prozent der Ereignissträger abgelaufen sind. vereinfacht: 1, 7, 9, 10, 11, 15, 18 => Median ist 10).

Der Autor würde für ein viel einfacheres Verfahren plädieren. Alle Titel und Kapitel mitsamt Mittelabfluss werden veröffentlicht. Dann kann sich jeder Bürger der Lust hat, das mal anschauen und vergleichen. Zusätzlich werden alle Beamte, die Kontakt haben mit der Öffentlichkeit, über das Internet bewertet. Weiter wird die Leistung einzelner Ämter bewertet. Das muss sich ja auch jedes Unternehmen gefallen lassen. Diese würde ausreichen, um für ein Umdenken zu sorgen. Wir führen das auf der www.recht-eigenartig.de ausführlicher aus. Es hätte z.B. eine enorme Wirkung, wenn ALLE Urteile veröffentlicht werden und kein Richter sicher sein kann, dass nicht irgend jemand seine Schriftsätze analysiert. Auch wenn es bei der richterlichen Unabhängigkeit bleibt, hätte dies eine starke Wirkung. Im Moment haben wir die Situation, dass es bei manchen Richtern schon Probleme gibt mit der Kenntnis des materiellen Rechts.

Wieso sich Friedman jetzt ausgerechnet auf den Bereich Bildung kapriziert hat, ist unklar. Das Problem, dass sich manche Bereiche nicht systemisch, also über Mechanismen, die ähnlich eindeutig wirken wie die marktwirtschaftliche Ordnung, ist ein allgemeines Problem.

Aber bei der Bildung, kommt ein weiteres Problem hinzu. Die Freiheitskämpfer mit Pensionsberechtigung suchen nach einer systemischen Lösung. Also nach einer Lösung, bei der Mechanismen implementiert werden, die den Einzelnen quasi automatisch vor Übergriffen des Staates schützen.

Der Staat gibt also eine Ordnung vor und diese Ordnung verunmöglicht dann sowohl Übergriffe des Staates wie auch der Privatwirtschaft. Im Grunde soll also das, was Walter Eucken für den Bereich Wirtschaft implementieren will, für alle gesellschaftlichen und politischen Bereiche gelten.

Der Autor hält das schlicht für Humbug, im übrigen auch für den Bereich des rein Ökonomischen. Die erste Grundannahme des Hayek / Friedman Geschwurbels, daher ihre Sympathie für Pinochet, besteht darin, dass der Markt die allermeisten Probleme ohnehin löst, der Bedarf an demokratischen Entscheidungsprozessen ist also ohnehin gering.

Als Korrektiv, bzw. als ELEMENT einer Ordnung, hat die Idee einen Wert und ist auch immer wieder relevant. Aktuell bei der Frage, ob die über Zwangsabgaben finanzierten öffentlich / rechtlichen Sender in Bereiche vordringen dürfen (Stichwort Tagesschau app), wo sie mit privaten Anbietern konkurrieren oder bei der Frage, ob der Staat es privaten Anbietern verbieten darf, Busstrecken parallel zu Linien der Deutschen Bundesbahn aufzubauen.

Für andere Fragen, etwa die konkrete Ausgestaltung der Asylpolitik, hat die Marktwirtschaft keine Antwort. Würde jetzt die kleinste Einheit über die Aufnahme / nicht Aufnahme politisch Verfolgter entscheiden, hätten wir einen Flickenteppich und schon an der Grenze müsste geklärt werden, ob noch irgendeine Gemeinde bereit zur Aufnahme ist.

Allgemein könnte kein Ziel mehr außerhalb von ökonomischen Nutzen- / Kostenerwägungen mehr realisiert werden. Würde sich eine Gemeinde z.B. für mehr Sozialtransfer entscheiden, müsste sie die Steuern erhöhen. Die höheren Steuern würden zu einer Abwanderung der Besserverdienenden in Gemeinden führen, die diese Sozialtransfers nicht leisten, so dass die Sozialtransfers nicht mehr möglich sind. (Was aus der Sicht von Hayek / Friedman ja auch sinnvoll ist, denn sie sind sowieso gegen Sozialtransfers.)

Was wir im Moment im globalen Maßstab haben, hätten wir dann auf nationaler und, wenn man die Einheiten noch kleiner macht, auch auf der Ebene der Gemeinden. Letztlich könnte der Staat nur noch da tätig werden, wo ein Problem auch rein privatwirtschaftlich gelöst werden könnte.

Das ist das, was Hayek und Friedman letztlich auch wollen. Der Grundglaube, obwohl historisch eigentlich vollkommen widerlegt und ökonomisch falsch ist, ist hierbei schlicht der, dass die freie Marktwirtschaft mit Chancengleichheit, jeder ist seines Glückes Schmied und Tralala, das größte Wachstum hervorbringt. Der Grundirrtum dieser Ideologie würde sich leicht zeigen lassen, wenn man die ganzen verbeamteten Freiheitskämpfer, die auf einen Job im Staatsdienst geiert, in die Marktwirtschaft entlassen würde. Die Hohepriester der Freiheit in professoralen Würden, würden dann sofort die andere Suada singen. Die vom humanistisch Gebildeten, vom humboldschen Bildungsideal und von den hehre Zielen, die nur der Staat verfolgen kann und Tralala.

Sie würden dann ziemlich rasch feststellen, dass ihr Produkt nicht marktfähig und die Bezahlung dementsprechend wäre. Genau genommen würden sie feststellen, dass ihr Marktwert schlicht Null ist, weil sie gar nichts produzieren. Weiter würde sich zeigen, dass die Unternehmen und die Vermögenden von Infrastrukturmaßnahmen, Bildung, Straßen, Forschung, überproportional profitieren, das Angebot aber ohne Staat zusammenbrechen, bzw. drastisch reduziert würde.

Ein Hassgegner der Freiheitskämpfer mit Pensionberechtigung sind externe Kosten aller Art. Da diese endgültig die begrenzte Leistungsfähigkeit der reinen Marktwirtschaft zeigen, wird zum Beispiel die Klimaerwärmung, die marktwirtschaftlich nicht mehr gelöst werden kann, weil kein Unternehmen freiwillig die externen Kosten in Anschlag bringen würde und dies im Wettbewerb auch nicht kann, schlicht verneint, siehe Klimapolitik -- eine Gefahr für die Freiheit.

Friedman und Hayek und im Grunde auch Eucken, wenn auch weniger radikal, gehen von folgenden Prämissen aus. Keine dieser Prämissen ist komplett falsch. Überspannt man aber den Bogen, dann wird es falsch, auch ökonomisch, siehe Keynes. Über jede dieser Prämissen könnte man einen Roman schreiben.

  • Die marktwirtschaftliche Ordnung sorgt über die Knappheitssignale des Marktes für die optimale Faktorallokation.
    > Wir sehen, unter anderem, davon ab, dass die Zukunft keine Preise hat, und dass bezüglich der Zukunft das Motto safety first gilt und die Liquiditätspräferenz die Wirtschaft in den Stillstand schickt.
  • Die marktwirtschaftliche Ordnung sorgt für Kooperation ohne Zwang.
    > Wir sehen, unter anderem, davon ab, dass die Machtverhältnisse in einer marktwirtschaftlichen Ordnung sehr ungleich verteilt sein     können
  • Die marktwirtschaftliche Ordnung kann weitestgehend staatliches Handeln, wie etwa im Bereich Bildung, ersetzen
    > Das trifft, unter anderem, natürlich nur auf die Bereiche zu, wo keine externen Kosten entstehen.
  • Die martkwirtschaftliche Ordnung bietet die meisten Chancen für gesellschaftlichen Aufstieg
    > Trifft wohl bedingt zu, vor allem wenn der Staat die Chancengleichheit herstellt. Gut ausgebildete Eltern haben aber mehr    Möglichkeiten, ihren Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen, als schlecht ausgebildete Eltern.
  • Die marktwirtschaftliche Ordnung bricht Macht
    > Trifft was den Kauf und Verkauf von Gütern angeht zu. Kein Käufer ist von einem Verkäufer abhängig, kein Verkäufer von einem    Käufer. Schwieriger wird es beim Arbeitsmarkt, weshalb sich hier auch ein eigenes Rechtsgebiet und eine spezielle    Organisationstruktur (Gewerkschaften / Verbände) herausgebildet hat.
  • Der Staat neigt quasi naturgesetzlich dazu, immer weiter in das Leben der Bürger einzugreifen.
    > Das ist partiell auch richtig und quasi naturwissenschaftlich durch das Parkinsonsche Gesetz beschrieben. Wir beobachten aber    auch, dass die Bürger, z.B. bei der Kennzeichnung von Nahrungsmitteln, nach staatlicher Intervention schreien.
  • Der Staat hat die Aufgabe, die marktwirtschaftliche Ordnung zu verteidigen
    > Das ist der Kern von Walter Eucken und des Ordoliberalismus. Allerdings neigt zumindest die EU Kartellbehörde das Kartellrecht    zur Erzielung von Einkommen zu verwenden.

Wir wollen und können nicht Tausende von Fragen diskutieren. Wir wollen nur deutlich machen, dass die simple Gleichung, unternehmerische Freiheit garantiert die politischen Freiheit, nicht aufgeht.

Friedman / Hayek mühen sich nun redlich ab, die marktwirtschaftliche Ordnung als bedroht anzusehen und sehen die Leistungsfähigkeit der marktwirtschaftlichen Ordnung durch den Leviathan Staat bedroht. Das Problem besteht darin, dass die Meinung, dass die marktwirtschaftliche Ordnung die oben genannten Vorteile hat, mitnichten von der Gesamtheit der Bevölkerung geteilt wird.

Die reine Marktwirtschaft, bestenfalls durch BGB, HGB, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und Strafrecht gehemmt, würde zu extremen Ungleichgewichten führen. Ohne jede soziale Absicherung hätten wir eine massive Verelendung.

Wenn also die, die verhungern, die marktwirtschaftliche Ordnung nicht akzeptieren, also ihr Elend nicht als das natürliche Ergebnis marktwirtschaftlicher Ordnung akzeptieren und sich wehren, bräuchte man einen immensen Polizeiapparat, den ja sowohl Friedman, siehe Milton Friedman - Pinochet And Chile als auch Hayek in Chile dann auch tatsächlich befürworteten.

Führt also die reine Marktwirtschaft zu einer Verelendung, was sie in der Theorie, siehe David Ricardo, wie auch in der Praxis immer mal wieder tut, kann sie nur aufrechterhalten werden, wenn entweder die Armen bereit sind schweigend zu sterben, das ist die, nicht besonders realistische, Lösung von Ricardo, oder wenn ein gewaltiger Polizeiapparat aufgebaut wird, das ist die Lösung von Friedman und Hayek.

Spätestens an dieser Stelle müssen wir uns dann von der Vorstellung, dass die ideale Wirtschaftsverfassung rein systemisch implementiert werden kann, verabschieden. Aus diesem und Tausend anderen Gründen, die sich jeder jetzt selbst ausdenken kann, er braucht nur die Website einer Tageszeitung anzusteuern um sich klar zu machen, dass er immer als Individuum gefordert ist, kommen wir dann zu dem Schluss, dass gesellschaftliche Fragen nur über demokratische Abstimmungen geklärt werden können. Die Ergebnisse können wir immer mal wieder, so wie Popper sich das vorstellt, modifizieren, aber konkrete Fragen sind zu komplex, um rein systemisch gelöst werden zu können.

Mit jedem Schritt, mit dem wir uns von von einer systemischen Lösung entfernen, rückt das Individuum in den Vordergrund. Je komplexer die Verhältnisse sind, desto mehr hängt die Qualität eines demokratischen Entscheidungsprozesses von der Fähigkeit der Individuen ab, die verschiedenen Alternativen beurteilen zu können.

Während also Hayek / Friedman davon ausgehen, dass die Stabilität einer Gesellschaft in der Perfektion zum Ausdruck kommt, mit der eine systemische Lösung umgesetzt wird, geht der Autor davon aus, dass die Güte einer Gesellschaft im Bildungs- und Ausbildungsstand der einzelnen Individuen zum Ausdruck kommt. Man kann das zwar bedauern, weil es dann nicht mehr reicht, ein paar Stellschrauben einzustellen, aber das scheint die Wahrheit zu sein.

Die Fokusierung auf eine systemische Lösung impliziert ein bestimmtes Menschenbild, aber selbst wenn dieses Menschenbild richtig ist, ist der systemische Ansatz immer noch falsch. Denn werden die Ergebnisse der systemischen Lösung nicht akzeptiert, kann man zwar durch diktatorische Mittel eine solche durchsetzen, wie Hayek sich das vorstellt, aber sie wird keinen Bestand haben.

Friedman leidet an denselben Krankheiten wie Hayek, wobei sie sich wohl, was die Darstellung historischer Zusammenhäng angeht, wohl bei Adam Smith angesteckt haben. Seine Schreibe ist merkwürdig schwammig.

Historical evidence speaks with a single voice on the relation between political freedom and the free market. I know of no example in time or place of a society that has been marked by a large measure of political freedom, and that has not also used something comparable to a free market to organize the bulk of economic activity.

Die Geschichte verweist eindeutig und einstimmig auf den Zusammenhang zwischen politischer Freiheit und freier Marktwirtschaft. Ich kenne kein Beispiel, egal wann und egal wo, wo nicht eine große politische Freiheit gewährleistet war und wo man es nicht dem Markt überlassen hätte, die Masse aller ökonomischen Aktivitäten zu organisieren.

aus: Milton Friedman, Capitalism and Freedom, Chicago, 2002, Seite 9

Ganz prinzipiell: Eine "historical evidence" gibt es grundsätzlich nie. Dem Autor ist während seines ganzen Geschichtstudiums kein einziges Thema untergekommen, zu dem es nicht x Meinungen gab. Bei einem so hoch dimensionierten Thema wie er es anspricht, gibt es vermutlich Tausende von Meinungen, wahrscheinlich kann man ganze Paläste mit Büchern zu diesem Thema füllen.

Erschwerend kommt aber hinzu, dass er zwei Aussagen macht, bzw. unklar bleibt, was er überhaupt meint. Die erste Aussage ist etwa realistischer als die zweite.

Die erste Aussage ist, dass immer dann, wenn politische Freiheit herrschte, auch unternehmerische Freiheit gewährleistet war. Die These gibt aber nicht viel her, weil historisch gesehen die unternehmerische Freiheit in der Neuzeit, also nach 1789, wenn wir die französische Revolution, wie üblich, als den Beginn der Neuzeit ansetzen, schlicht immer weitgehend gewährleistet war. Unter allen Monarchien ohne jede politische Beteiligung, unter Monarchien mit politischer Beteiligung und eingeschränktem Wahlrecht und schließlich auch unter Demokratien mit allgemeinem Wahlrecht.

Die unternehmerische Tätigkeit war also nach der französischen Revolution eigentlich nirgends eingeschränkt, völllig unabhängig von der Regierungsform. Das hängt schlicht damit zusammen, dass durch die industrielle Revolution die Aristokratie ihre Macht verlor. Auch da, wo sie den Boden behalten durfte, machten die Erträge aus Land- und Forstwirtschaft eben nur noch einen winzigen Teil des Volkseinkommens aus. Die Aussage, dass immer da, wo politische Freiheit herrschte auch die unternehmerische Freiheit gewährleistet war, ist also historisch gesehen schlicht Schwachsinn. Logisch ähnlich stringent wäre die Aussage, dass immer da, wo politische Freiheit herrschte, die Bäume im Frühling und Sommer grün waren.

Die unternehmerische Freiheit war vor allem unter Bismarck und Wilhelm II völlig uneingeschränkt. Was man aber üblicherweise unter Freiheit versteht, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit, Recht auf frei Meinungsäußerung, allgemeines Wahlrecht etc. etc. so war dies sehr, sehr eingeschränkt.

Den Floh hat ihm wahrscheinlich Hayek beim Alpenglühen auf dem Mont Pèlerin ins Ohr gesetzt. Aber selbst wenn wir berücksichtigen, dass die Geschichte bei Friedman erst im Jahre 1918 beginnt, also der russischen Revolution und er an den Nationalsozialismus und den Stalinismus denkt, sind wir weit entfernt von historical evidence. Im Nationalsozialismus war der Unternehmer gänzlich uneingeschränkt und von gewerkschaftlicher Agitation erlöst. Die Kriegswirtschaft brachte zwar eine Nachfrage, die nicht ganz den Präferenzen der Bevölkerung entsprach, wer braucht schon Panzer, Bomben und Maschinengewehre, dafür ließ diese Nachfrage aber die Kasse ordentlich klingeln. Die Planwirtschaft in der Sowjetunion war zwar in der Tat das Ende des freien Unternehmertums, aber die politische Freiheit war schon vorher erledigt. Allerdings ist das gesamte Thema schwierig, denn unter Stalin gelang der Umbau der Sowjetunion zum Industriestaat. Da Friedman / Hayek ja alles in Euros und Dollars bewerten, müssten sie doch Fans von Stalin sein.

Die zweite mögliche Aussage wäre dann, dass die unternehmerische Freiheit die politische Freiheit fördere oder gar erzwinge. Diese Aussage ist im Kontext von Friedman etwas schwer zu interpretieren, weil er ja staatliches Handeln, und damit politisches Handeln, auf eine Residualgröße reduziert. Wenn alles, was es gesellschaftlich zu regeln gibt, über den Markt geregelt wird, und alles, was der Markt nicht regelt, z.B. Durchsetzung von Mindeststandards bezüglich Entlohnung, Versorgung im Krankheitsfall, auch nicht geregelt werden muss, dann fördert die unternehmerische Freiheit nicht die politische Freiheit, sondern erstere ist mit letzterer identisch.

Die "historical evidence" besteht nur dann, wenn unternehmerische Freiheit schlicht das gleiche ist, wie persönliche Freiheit. Dann ist es absolut logisch, dass mit der unternehmerischen Freiheit auch die persönliche Freiheit verschwindet, weil sie dann ja deckungsgleich sind.

In dem Moment, indem etwas über einen demokratischen Entscheidungsprozess geregelt wird, Etablierung von sozialen Sicherungssystemen, Umweltstandards, Beaufsichtigung / Zerschlagung echter oder vermeintlicher natürlicher Monopole, Währungspolitik, Steuerpolitik etc. etc. wird in die unternehmerische Freiheit eingegriffen. Die politische Freiheit kann die unternehmerische Freiheit einschränken. Dass ist für Hayek und Friedman zwar ganz schrecklich, aber alles andere würde, siehe oben, nicht funktionieren.

Was also Friedman hier erzählt, Chile and Chicago Boys, ist schlicht eine verdrehte Darstellung. Er sagt zwar, dass die freie Marktwirtschaft Garant der politischen Freiheit ist, meint aber was anderes. Er meint, dass alles, was zu regeln ist, der Markt regelt und was der Markt nicht regelt, auch nicht geregelt werden muss. Die politische Freiheit ist also schlicht obsolet. In diesem Sinne führt die freie Marktwirtschaft auch zur politischen Freiheit.

Auch seine historische Analyse ist falsch. Der Übergang Chiles zur Demokratie erfolgte keineswegs freiwillig, sondern war das Ergebnis eines internationalen Drucks und bei den ersten freien Wahlen am 14. Dezember 89 wurde ein Bündnis aus Pinochet Gegnern gewählt, was nicht gerade für die These spricht, dass nach 16 Jahren Diktatur das System sich besonderer Beliebtheit erfreut hat. Eine strafrechtliche Verfolgung der Verbrechen während der Zeit der Diktatur (1973 bis 1989) unterblieb nur, weil Pinochet diese Verfolgung durch eine vorherige Stärkung des Militärs unterbunden hatte. Milton Friedman erzählt also einen Haufen Mist.

Im übrigen sind die vorgeschlagenen Maßnahmen der Chicago boys völlig trivial. Eine radikale Kürzung des Lohnes ist natürlich für den Export von Waren immer günstig. Die Strategie ist simpel und sattsam aus China, Thailand, Burma, Nicaragua etc. etc. bekannt. Dafür muss man kein Hellseher sein und um das einzusehen, muss man auch nicht Wirtschaft studieren. Wird in Burma eine Hose für 50 Cent zusammengenäht und in Chile für 30 Cent, dann steigt der Export Chiles. Die Nachfrage, die im Inland fehlt, wird durch den Export ersetzt. Vernünftiger ist eine Politik, bei der ein Land das, was es produziert, auch selber verknuspert. Intelligent wäre also eine Wirtschaftspolitik gewesen, bei der Chile seine Stärken, etwa die Weiterverarbeitung von Kupfer, ausspielen kann. Weniger sinnreich ist es, Waren mit geringer Wertschöpfung zu exportieren und Waren mit hoher Wertschöpfung zu importieren. Interessiert waren die Vereinigten Staaten aber am Export von Rohstoffen, nicht an deren Weiterverarbeitung in Chile.

Seine Idee, dass die unternehmerische Freiheit die politische Freiheit fördere, begründet er, siehe oben, mit der Tatsache, dass in einer marktwirtschaftlichen Ordnung die Leute die ökonomischen Ressourcen haben, um ihre Ziele wirkungsvoll durchzusetzen. Da sie nicht Angestellte des Staates sind, ist es für den Staat auch schwieriger, sie ökonomisch zu vernichten. Friedman ist von kaum zu überbietender Infantilität. Vor dem Internet waren es ein paar Verlage und zwar ziemlich wenige, die erstens die Themen setzten und zweitens auch bestimmten, unter welchen Gesichtspunkten diese diskutiert wurden. Im übrigen sichert aber auch die Parteienfinanzierung einen gewissen Handlungsspielraum. Erhält eine Partei 0,5 Prozent der Stimmen erhält sie eine Wahlkampfkostenerstattung.

Der lange Rede kurzer Sinn. Die Welt ist weit, weit komplizierter als die Freiheitskämpfer sich das so vorstellen.

Aber zurück zur Bildung. Das Thema, das sich nicht systemisch erfassen lässt, ist die Frage nach den INHALTEN, die vermittelt werden sollen und WIE man diese vermitteln soll und genau zu diesem Thema, sagt Friedman schlicht nichts, kein Sterbenswörtchen. Der Autor stimmt ihm ja in der Darstellung des Sachverhaltes zu, das Problem ist aber die Lösung. Egal welches Thema, er kaut es durch mit der Suada vom Markt.

If one were to seek deliberately to devise a system of recruiting and paying teachers calculated to repel the imaginative and daring and self-confident and to attract the dull and mediocre and uninspiring, he could hardly do better than imitate the system of requiring teaching certificates and enforcing standard salary that has developed in the larger city and state-wide systems. It is perhaps surprising that the level of ability in elementary and secondary school teaching ist as high as it is under these circumstances. The alternative system would resolve these problems and permit competition to be effective in rewarding merit and attracting ability to teaching.

Wenn man absichtlich die Einstellung und Bezahlung von Lehrern systematisch so organisieren will, dass es die kreativen, bemühten und selbstbewußten abschreckt, aber die abgestumpften, durchschnittlichen und die, die nicht begeistern können anzieht, dann ist die beste Methode hierzu Zertifikate für die Lehrbefähigung zu verlangen und einen einheitlichen Tariflohn einzuführen, wie es in größeren Städten und Bundestaaten bereits eingeführt ist. Unter diesen Umständen verwundert es geradezu, dass das Niveau in den Grund- und weiterführenden Schulen ein so hohes Niveau hat, wie es aktuell hat. Ein alternatives Vorgehen [er meint die Vergabe von Bildungsgutscheinen, die von den Eltern an einer Schule ihrer Wahl eingelöst werden] würde dieses Problem lösen und zu einem effektiven Wettbewerb führen, der Verdienste und einen guten Unterricht belohnt.

aus: Milton Friedman, Capitalism and Freedom, Chicago, 2002, Seite 9

An der Bestandsaufnahme an sich wird kaum jemand zweifeln. Das liegt nicht nur daran, dass noch das trotteligste Oberstudienrad völlig unabhängig von der Leistung nach Tarif bezahlt wird, sondern auch an dem System an sich.

Egal wie unsinnig und / oder inadäquat Unterrichtsinhalte für eine bestimmte Zielgruppe sind, z.B. Iphiginie auf Tauris in einer zehnten Klasse, und egal wie uninspiriert bzw. Sekundärliteratur inspirirt der Inhalt vorgetragen wird, das Gehalt ist immer das Gleiche und jeder Trottel, so er denn das Staatsexamen hat, was im übrigen in keinem Land dieser Welt eine Entsprechung hat, wird auf Kiddies losgelassen.

Kein Ingenieur, egal wie sehr er brennt für sein Fach, darf unterrichten, kein Diplom Chemiker, und wenn er noch so sehr für seine Themen begeistern kann, kann es knallen lassen.

Das eigentliche Problem ist aber nicht, dass die Eltern keine Kontrolle ausüben. Das eigentliche Problem ist, dass noch der uninspirierteste Trottel für den langweiligsten Unterricht die Aufmerksamkeit der Kiddies erzwingen kann, indem er das Notenbuch zückt. Er ist also nie gezwungen, seinen Unterricht mal kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls zu ändern, bzw. sich einen anderen Job zu suchen.

Bezweifeln kann man aber, dass seine, wie üblich systemische Lösung, zu einer Verbesserung führen würde. Auch hier überträgt er wieder systemisch wirkende Mechanismen der Marktwirtschaft auf einen ganz anderen gesellschaftlichen Bereich.

Die erste Frage, die er klären müsste und die sich eben durch systemische Mechanismen nicht klären lässt, wäre die Frage nach den Inhalten des Unterrichts. Er unterscheidet hierbei zwischen Bildung, die der Staat finanzieren kann (über Gutscheine) und die positive externe Effekte hat und Ausbildung, also die konkrete Vorbereitung auf einen Beruf, die nur dem dient, der sie erhält und die folglich rein privat zu finanzieren sei (unter Umständen über Darlehen).

Was er sich unter ersterem vorstellt, können wir ungefähr seinen immer mal wieder anzutreffenden Zwischenbemerkungen entnehmen. Bildung soll einheitliche Werte vermitteln und so ein Minimum an gesellschaftlicher Kohäsion schaffen (er nennt die Vermittlung des Englischen als Beispiel, was für ein Land wie die USA, mit unterschiedlichen ethnischen Gruppen bedeutsam ist), Bildung soll ein Grundwissen vermitteln, das eine Teilnahme an demokratischen Entscheidungsprozessen möglich macht. Weiter nennt er noch, das ist naheliegend, gründsätzliche Fertigkeiten wie lesen, schreiben, rechnen. Dann macht er immer wieder widersprüchliche Aussagen. Einerseits bestreitet er, dass ein gültiger Kanon an Bildungsinhalten vorgegeben werden soll, andererseits sollen die Schulen aber bestimmten, nicht näher definierte, Mindeststandards entsprechen. Wir haben also zwei Probleme. Zum einen müssten sich private Vereinigungen über Bildungsinhalte einigen, zum anderen müsste es privaten Organisationen gelingen, unfähige Lehrer auszutauschen.

Friedman sagt nicht, wie er sich das konkret vorstellt, wie also die Eltern der Kinder sich auf gemeinsame Bildunginhalte einigen sollen. Eine Einigung wird wohl nur auf Grundschulniveau gelingen und anderen elementaren Dingen. Prozentrechnen, Bruchrechnen, Englisch etc..

Bei allem was darüber hinausgeht, wird weder hinsichtlich der Gewichtung (Anzahl der Stunden) noch hinsichtlich des Inhalts eine Einigung erzielt werden, zumindest sagt Friedman uns nicht, wie das funktionieren soll. Soll man die Kepplerschen Gesetze kennen oder wissen was die Sommer- Wintersonnenwende und das Äquinoquium ist? Soll man wissen, was die Mitochondrien machen oder verstehen, was ein Promoter Gen ist? Goethe oder Arundhaty Roy? Französisch oder Russisch? Geschichte der Neuzeit oder Antike?

Und welches Wissen braucht man, um in einem demokratischen Entscheidungsprozess eine bewußte Wahl vorzunehmen? Man sollte wissen, was die Erst- und was die Zweitstimme ist, soweit so gut. Aber muss man auch verstehen, was ein Tobinsteuer ist, wenn eine Partei in ihr Wahlprogramm schreibt, dass sie eine solche erheben will?

Und selbst wenn wir konzedieren, was wir nicht tun, dass das Abitur nur für eine genetisch begrenzte Anzahl möglich ist, wieso dauert dann die Realschule 10 Jahre, die Hauptschule neun Jahre und das Gymnasium 12 bzw. 13 Jahre? Gibt es nach zehn, bzw. neun Jahren keine Bildungsinhalte mehr, die man dieser Schülergruppe sinnvollerweise vermittelt?

Sieht man es realistisch, wird man wohl eher sagen, dass weder der Staat noch die Eltern irgendeinen Plan haben, wie man Bildungsinhalte nach Relevanz ordnet. Spätestens hier endet dann der systemische Ansatz. Die Inhalte haben einen ungefähren Preis bei der Bildung im Sinne von Ausbildung. Bei Bildung im Sinne des Überschreitens, des kontemplativen Erlebens, der Individualisierung oder wie immer man sie auch definieren mag, fehlt das Preisschild.

Man könnte zwar Bildungsinhalte die höher ausgepreist sind, Naturwissenschaft und Technik, höher gewichten, allerdings spielt dieser Aspekt in der öffentlichen Debatte keine Rolle. Möglicherweise würde dieser Aspekt eine größere Rolle spielen, wenn die Eltern über Inhalte entscheiden würden. Möglicherweise würde die zweite Fremdsprache zugunsten naturwissenschaftlicher Inhalte entfallen. Eine rein marktwirtschaftliche Lösung, die sich an den Preisen orientiert, würde unter Umständen auch die Inhalte betreffen und zwar unabhängig von der Frage, ob der unterstellte Zusammenhang, mehr Mint Fächer führen mehr Leute zu technisch / naturwissenschaftlichen Fächern und damit zu finanziell attraktiveren Berufen, überhaupt richtig ist. (Länder, die stärker auf MINT Fächer fokusieren, wie etwa Frankreich, sind ökonomisch nicht erfolgreicher.)

Mit dem Thema haben wir uns schon mal befasst, siehe staatliche Tätigkeit und Bildung.

Man kann kaum bestreiten, dass Bildung und Ausbildung für das Wohlstandsniveau einer Gesellschaft absolut bestimmend sind. So bestimmend, dass es eigentlich nur vier Produktionsfaktoren gibt, also nicht Arbeit, Kapital und Boden wie bei Adam Smith, sondern eigentlich vier: Hirn, Hirn, Hirn, Hirn.

Sollte der Leser das nicht glauben, dann möge er sich vorstellen, dass die Deutschen und die Afghanen die Länder wechseln. Deutschland wäre dann innerhalb kürzester Zeit ein reiner Agrarstaat auf niedrigem Niveau und Afghanistan wäre binnen kurzer Zeit ein aufstrebender Industriestaat. Da Bildung aber leicht und billig produziert werden kann, stimmt das ja ganz hoffnungsfroh.

Wer es immer noch nicht glaubt, der möge sich mit der Tatsache vertraut machen, dass Deutschland in der neuesten Geschichte bereits zweimal komplett am Boden zerstört war. Nach der ersten Zerstörung war es bedauerlicherweise schon knapp zwanzig Jahre später wieder in der Lage, einen Weltkrieg zu entfesseln und von der zweiten Zerstörung, viel überzeugender als die erste, hatte es sich schon 10 Jahre danach vollständig erholt. Im übrigen ohne akkumuliertes Kapital, denn dieses war nur noch in der Form von Bauschutt vorhanden.

Man kann sich aber über die Bedeutung streiten, die das offzielle Bildungssystem auf das Bildungsniveau einer Gesellschaft hat. Für den weiten Bereich Sprachen, außer Englisch, wo gewissen Grundlagen gelegt werden, und Fächer aus dem Bereich Kultur- / Gesellschaftswissenschaften, würde der Autor die Bedeutung bei Null taxieren.

Legt man an die Geisteswissenschaften einen Maßstab auf der Höhe Adornos, dann ist es vielleicht sogar noch weniger als Null. Das offizielle Bildungssystem sorgt hier maximal dafür, dass Bildungsinhalte zumindest in ihrem reinen Tauschwert, in ihrer systemischen Bedeutung, erhalten bleiben, also nicht völlig aus dem Bewußtsein der Öffentlichkeit treten.

Es lässt sich also vielleicht eine gewisse Halbbildung aufrecht erhalten. Verbindet man mit Bildung aber auch das Moment des Überschreitens, das Durchbrechen der verwalteten Welt, einen Gegenentwurf zum Gewordenen, dann scheitert das an der Tatsache, dass kein Beamter die verwaltete Welt durchbricht. Der Beamte IST die verwaltete Welt.

Friedman hat insofern Recht, obwohl dies für die USA wohl in geringerem Umfang zutrifft als für Deutschland, dass das Bildungssystem weitgehend durch Regularien bestimmt sind, deren sachlogische Notwendigkeit nie hinterfragt wird. Im Vergleich zum Staatsexamen sind seine "teaching certificates" eine harmlose Angelegenheit.

Gravierender aber als die fragwürdige Auswahl der Leerkörper, die ja mehr leeren als lehren, ist die Problematik mit den Inhalten. Rechtfertigen müsste sich das Gymnasium ja eigentlich über die Inhalte. Es müsste irgendwie der Nachweis erbracht werden, dass diese Inhalte irgendeine gesellschaftliche Relevanz haben, bzw. dem Individualisierungsprozess förderlich sind. Es müssten also irgendwelche konkreten Ziele genannt werden und irgendwie sollte es möglich sein, diese auch zu messen. Die Angelegenheit scheitert aber schon in sehr frühen Stadium. Es werden gar keine Ziele genannt, daran scheitert dann auch schon die Messbarkeit.

Der Philologenverband, also die Interessenvertretung der Oberstudienräder, bringt uns da auch nicht wirklich weiter.

Das Gymnasium stellt sich den folgenden Herausforderungen:

  1. Sichern der Wissensbestände, die zum Verstehen der eigenen Traditionskultur und zu deren Weiterentwicklung erforderlich sind.
  2. Herausbildung einer besonderen Lernhaltung bei den Schülern, die durch eine ernsthafte und persönliche Auseinandersetzung mit den Fragen und Problemen heutiger und zukünftiger Wissenschaft, Gesellschaft und Lebenswirklich (sic! soll wohl Lebenswirklichkeit sein) gekennzeichnet ist. Mensch und Welt werden als „frag“-„würdig“ angesehen. (Sie meinen wohl als zu hinterfragen.)
  3. Schaffung von Wahlangeboten, Freiräumen und Vernetzung mit außerschulischen Institutionen, in denen die Schüler musisch, künstlerisch, darstellerisch, sportlich, erfinderisch und experimentell, gemeinschaftlich und allein, anwendungsbezogen und ohne Verwendungszweck sich in ihrer Persönlichkeit kennen lernen und entfalten können mit dem Ziel einer konstruktiven Selbsterschließung und einer Kultivierung ihrer Humanität.

aus:das exzellente Gymnasium (die wiederum Werner Wiater zitieren)

Da haben wir wohl einige der Kandidaten vor uns, die Adorno so gerne hat durchs Examen rasseln lassen. Adorno hat nämlich die Prüfung für das damals für das Staatsexamen verbindliche Fach Philosophie abgenommen und bei Geschwurbel wurde er ungnädig. Warum er ungnädig wurde, steht in Erziehung zur Mündigkeit.

ad 1) Wissensbestände sollen also gesichert werden. Soweit so gut, schließlich marschiert man da ja 12 / 13 Jahre hin. Die Frage ist nur welche? Grundlagen der Molekulargenetik oder Elektrodynamik? Latein oder Chinesisch? Dostojewsky oder Fontane? Und was zum Geier ist eine Traditionskultur? Linguistik würde auf jeden Fall nicht schaden, vor allem wenn es sich um Philologen handelt. Traditionskultur ist ein sogenanntes Komposita, dieses setzt sich zusammen aus einem Determinans, dem bestimmenden und Determinatum, dem Bestimmten. Ersteres steht vorne, letzteres hinten. Es handelt sich bei der Traditionskultur um eine Kultur, ganz so, wie es sich bei der Telefonzelle um eine Zelle handelt, denn schließlich ist ein Schlangenmensch ja ein Mensch und keine Schlange. Die Kultur wird nun durch die Tradition näher bestimmt. Aber wie? Ist die Traditionskultur eine traditionelle Kultur? Kann Kultur auch nicht traditionell sein? Des weiteren geht es um die EIGENE traditionelle Kultur oder Traditionskultur oder whatever. Was bedeutet hier aber EIGEN? Die des Individuums, die des Kollektivs? Um die des Individuums kann es sich nicht handeln, denn wenn dieses eine eigene Kultur hat, traditionell oder nicht, dann gibt es da nichts zu vermitteln. Handelt es sich um die des Kollektivs, dann stellt sich die Frage, um welches Kollektiv es sich denn handelt? Und kann man Kultur überhaupt über einen formalen Prozess vermitteln? Vermitteln könnte man die Fähigkeit, bedeutungstragende Sätze zu bilden. Nicht nur an Gymnasien. Das ist allgemein eine gute Idee. Aber wer schult den Philologenverband?

ad 2) Herausbildung einer besonderen Lernhaltung ist das Ziel des Gymnasiums. Aha. Das hat bei dem Autor funktioniert. Wenn er ernsthaft über was nachdenkt, braucht er zwei Liter Kaffee und einen ordentlichen Joint. Schiller brauchte dann einen verfaulten Apfel, darüber hat sich ja bekanntlich Goethe immer so lustig gemacht, der aber wiederum bei geistiger Betätigung eine Flasche Wein lehrte. Baudelaire hat sich die Birne mit Haschisch zugedröhnt. Da kam dann sowas raus, Hymne à la beauté. Haben wir mal vertonen lassen. Also unter Herausbildung einer besonderen Lernhaltung können wir uns was vorstellen. Der Rest ist dann etwas dunkel, da war wohl was Härteres im Spiel, das ist mehr "freies Assoziieren im Raum bei herabgesetzter Denkleistung", wie Musil das nennt.

ad 3) Boah! Konstruktive Selbsterschließung zur Kultivierung der Humanität. Alter Schwede. Also nix mit sex and drums and Rock`n Roll is all my brain and body need. Sportlich, musisch, darstellerisch etc. etc.. Also irgendwie so ähnlich wie mens sana in corpore sano, nur eben besser, wie auch immer.

Würde man nun alle Inhalte rausstreichen und sich auf die Inhalte beschränken, die unmittelbar relevant sind für die Aufnahme eines Studiums, hätte man soviele Ressourcen frei, dass man schlicht jeden Schüler zum Abitur bringen kann. Einem Historiker stehen zwar bei der Darstellung historischer Zusammenhänge durch Friedman / Hayek die Haare zu Berge und in einer Abiturprüfung im Fach Geschichte hätte es damit wohl auch Probleme gegeben, aber schlussendlich haben es beide bis zum Nobelpreis für Wirtschaft, wie auch immer, geschafft. Letztlich ist das also egal.

Die Grundposition Friedmans, dass wir es bei einem staatlichen Bildungssystem mit einem System zu tun haben, das sich der Kontrolle weitgehend entzieht, ist richtig. Seine Position kann auch diesem Video entnommen werden, siehe Milton Friedman: Education. Was er sich wünscht, ist eine Kontrolle durch die Eltern. Genau diese Kontrolle wollen die Oberstudienräder natürlich nicht. Sie sehen es so, dass sie hoheitliche Aufgaben erfüllen und der Beamtenstatus soll ihre Unabhängigkeit von den Eltern sichern.

Nur der Beamtenstatus sichert die Unabhängigkeit und somit die sogenannte „pädagogische Verantwortung“ der Lehrkräfte. Diese Unabhängigkeit ist historisch gesehen ein wichtiges Gut. Der Beamte ist eben nicht einer Partei oder einer bestimmten Regierung verpflichtet; er ist der Verfassung, die demokratisch legitimiert ist, verpflichtet.

aus: Lehrer müssen Beamte sein

Soll heißen, egal was für eine Pflaume der teacher ist, egal wie skurril seine politischen Ansichten, die er unbedingt im Unterricht unters Volk bringen muss, egal wie unfähig er als Lehrer ist, man wird ihn, einmal verbeamtet, kaum mehr los.

Geschichtlich ist im übrigen der Beamte nicht der demokratisch legitimierten Verfassung verpflichtet, sondern dem Souverän, wer immer das gerade war. Dass ein Beamter nicht einer bestimmten Regierung verpflichtet ist, ist natürlich starker Tobak. Ein Beamter, hat, wie jeder andere Angestellte im öffentlichen Dienst, die Gesetze, die die Regierung erlässt, umzusetzen. Die Verfassung der Bundresrepublik ist zwar zweifelsohne das Fundament der Demokratie, aber historisch gesehen ist sie eben nicht demokratisch legitimiert. Sie wurde vom Parlamentarischen Rat verfasst. Eine Volksabstimmung darüber gab es nie. Wir sehen also schon hier, dass die Vermittlung rudimentärer Geschichtskenntnisse, durch das Abitur nicht gewährleistet ist, wir können uns das Schulfach also auch komplett schenken.

Mit den Anführungsstrichen um den Begriff "pädagogische Verantwortung" insinuieren sie schon, dass sie an den Schwachsinn selber auch nicht glauben. Es ist eine Worthülse, aus der sie dann eine Kompetenz ableiten, die aber nirgends belastbar nachgewiesen werden kann.

Eine Abschaffung des Beamtenstatus würde eine minimale Kontrolle ermöglichen, insbesondere wenn wir davon ausgehen, dass die Eltern immer besser ausgebildet sind und eigene Vorstellungen entwickeln, wie sie das kreative Potential ihrer Kinder ausschöpfen können.

Dass der deutsche Philologenverband sich von vorneherein mehr Kompetenz zutraut als die Eltern, ist eigentlich ein ziemlich starkes Stück. Die einzige Rechtfertigung, die es für die Unabhängigkeit geben kann, wäre die Kompetenz. Wer inkompetent ist, sollte dann schon bereit sein, sich beraten zu lassen. Diese Kompetenz sollte also erstmal belastbar nachgewiesen werden.

Ein weiteres Korrektiv könnte eine im Internet geführte öffentliche Debatte sein, deren Qualität dann auch wiederum vom Bildungsstand der Bevölkerung abhängt. Eine systemische Lösung, wie Friedman sich das vorstellt, kann es nicht geben, weil sich sowohl die Inhalte wie auch die Didaktik einer systemischen Beurteilung entziehen.

Eine systemische Lösung kann es nur geben, wenn es a) eindeutige Parameter gibt, also die Bildungsinhalte, an denen der Zielerreichungsgrad gemessen werden kann, bzw. diese Parameter so eng mit dem letztlich intendierten Ziel korrelieren, dass mit der Erreichung des Zwischenzieles auch das letztlich intendierte Ziel erreicht wird und b) müsste ein enger Zusammenhang zwischen didaktischen Fähigkeiten und dem durch den Parameter vorgegebenen Wert ermittelt werden können.

Keine einzige dieser Bedingungen ist erfüllt. Weder sind die intendierten Endziele klar, noch die Zwischenziele, geschweige denn, dass man sie irgendwie messen könnte. Und ein Zusammenhang zwischen didaktischen Fähigkeiten und Zielerreichungsgrad besteht endgültig nicht.

Der berühmte Pisa Test gibt keinen Anhaltspunkt, insbesondere sagt er nichts über Verbesserung und Verschlechterung, weil die Werte normiert sind auf eine Normalverteilung. Steigt also z.B. Deutschland ab oder auf, kann das daran liegen, dass sich Deutschland verbessert oder verschlechtert hat, aber auch daran, dass die anderen sich verschlechtert oder verbessert haben. Weiter müssten die Angaben, sollen sie irgendeinen Wert haben, mit irgendetwas korrelieren, z.B. mit dem BSP pro Kopf. Die ermittelten Werte sind ja nur die Paramenter mit deren Hilfe ein anderes Ziel verfolgt werden soll. Last not least umfassen sie ein minimales Spektrum an geistigen Fähigkeiten. Fremdsprachenkenntnisse spiele zum Beispiel keine Rolle. Zu guter Letzt werden weder die Aufgaben veröffentlicht noch im Detail die Auswertung, so dass kein Mensch im Detail weiß, wie die Ergebnisse zustande gekommen sind.

Die Frage, ob der Pisa Test in den einzelnen Bundesländern auf eine unterschiedliche Effizienz der Bildungssysteme der einzelnen Länder verweist, findet der Autor auch nicht besonders spannend. Spannend wäre, wenn gezeigt werden könnte, dass in Abhängigkeit von dem Bundesland, wo das Abitur erworben wurde, sich Unterschiede in der Studierfähigkeit ergeben. Ist dies nicht der Fall, dann kann man die Pisa Studie auch in die Tonne treten. Genau dies ist aber der Fall. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Ort, wo das Abitur erworben wurde und der Studierfähigkeit. Nachgewiesen werde müsste z.B., dass Studenten, die in Bremen Abitur gemacht haben, in einem z.B. Medizinstudium schlechter abschneiden, also Studenten, die in Baden-Württemberg Abitur gemacht haben. Eine solche Relation wäre relevant, weil ein Zusammenhang besteht mit dem intendierten Ziel.

Die Pisa Studie ist natürlich etwas, was einen Ökonomen erstmal elektrifiziert. Zwar erwähnen die dazugehörigen Studien, z.B. PISA 2000 mit keinem Sterbenswörtchen, mit was ein positives Ergebnis im Pisa Test eigentlich korrelieren soll, aber wir vermuten mal mit einem stärkeren Wachstum des Volkseinkommens. Bedauerlicherweise hat aber Südkorea, das auf einem der Spitzenplätze liegt, ein BIP (Bruttoinlandsprodukt) pro Kopf von 22.000 Dollar und Deutschland, abgeschlagen im Mittelfeld, eines von 43.000 Dollar. Shanghai, das belegt den Spitzenplatz in der Pisa Studie, bringt es auf 7000 Dollar. Unter diesen Auspizien zieht es der Autor vor, dumm wie Bohnenstroh zu sein. Da die USA im Pisa Test ganz weit abgeschlagen ist, es aber auf 48 000 Dollar bringen, sollten wir zusehen, dass wir dümmer werden. Es scheint die Generalregel zu gelten. Der dümmste Bauer hat die größten Kartoffeln.

Gemessen werden soll mit der Pisa Studie im übrigen die Fähigkeit, Daten zu interpretieren. Na dann man tau.

Einen Zusammenhang zwischen Ausbildungsstand und wirtschaftlichem Wohlstand gibt es zweifelsohne, nur ist der Zusammenhang nicht so simpel, wie der Pisa Test das suggeriert. Bildung, im Sinne Adornos, lassen wir hiermal vollkommen außen vor, damit hat der Pisa Test gar nichts zu tun.

Ein Problem der Entwicklungsländer ist wahrscheinlich, dass sie nicht in den Komplexitätsgrad vorstoßen können, wo learning by doing, wahrscheinlich relevanter als die institutionalisierte Bildung, möglich ist. Unter Umständen sollte sie sich auf eine bestimmte Branche und auf regionale Zentren konzentrieren und dort Kompetenz aufbauen.

Der langen Rede kurzer Sinn. Die Übertragung marktwirtschaftlicher Lenkungsmechanismen auf das Bildungssystem ist nur auf sehr niedrigem Niveau möglich, also da, wo Einigkeit über die Inhalte herrscht, der Erfolg noch gemessen werden kann und sich Eltern noch ein Urteil über die didaktischen Fähigkeiten zutrauen können, immerhin arbeiten sie ja auf dieser Stufe noch als Hilfslehrer, wenn sie Filius und Figlia das kleine Einmaleins beibiegen. Auf diesem Niveau will Friedman die Bildung staatlich finanzieren, allerdings über Bildungsgutscheine, um so einen Wettbewerb zwischen den Schulen auszulösen. In Städten wie Berlin kann man über sowas nachdenken, in kleineren Städten ist das weniger sinnvoll, da gibt es eh nur eine Schule, von daher würden alle Bildungsgutscheine bei dieser einen Schule landen.

Wo dieser Konsens über die zu vermittelnden Inhalte nicht mehr besteht und die didaktischen Fähigkeiten der Oberstudienräder nicht mehr eindeutig beurteilt werden können, wird es schwierig, auch wenn es möglich sein sollte, offensichtliche Luschen aus dem Verkehr zu ziehen.

Auf diesem Niveau ergeben sich dann zwei Möglichkeiten. Die eine Möglichkeit besteht darin, alles, was nicht unmittelbar der Studierfähigkeit dient, zu streichen, die Anzahl der Fremdsprachen also zum Beispiel auf Englisch zu reduzieren. Diesen Weg beschreitet England. Fremdsprachen wurden schlicht abgeschafft.

Wer dann ein Fach studieren will, wo bestimmte Sprachen vorausgesetzt werden, zum Beispiel Latein in Geschichte des Mittelalters oder Altphilologie, muss dann eben Latein an der Uni nachholen.

Das ist ja heute schon so mit Slavistik, Sinologie, Theologie (Hebraicum) etc. etc..

Der Schulstoff wird also reduziert auf Mathematik, Physik, Chemie, Biologie, Informatik und Englisch. Da mit den dann freiwerdenden Ressourcen das Betreuungsverhältnis sich drastisch verbessern würde, könnte man wahrscheinlich fast jeden zum Abitur bringen.

Alternativ könnte man noch ein eher konkret technisches Abitur anbieten, eine Alternative, die in Berlin ganz hervorragend funktioniert. Also zum Beispiel ein Abitur, das gleichzeitig zu einem Gesellenbrief im Bereich erneuerbarer Energie führt und mit dem man dann etwas in dieser Richtung studieren kann.

Zusätzlich könnte man noch Leute einstellen, die in der Wirtschaft unterrichten, also freiberufliche Dozenten. Die haben es in der Regel drauf, denn wer es in der Wirtschaft nicht drauf hat, überlebt da nicht. Des weiteren gibt es wahrscheinlich eine ganze Menge Ingenieure, Diplom Chemiker, Diplom Mathematiker etc. in Rente, denen es Spaß macht, die Kiddies zu begeistern.

Beim ganzen Rest hofft man, bei diesem System, dass der informelle Bildungsprozess funktioniert, was zu vermuten ist, denn die institutionalisierte Bildung dürfte in diesem Bereich noch nie eine Rolle gespielt haben.

Die zweite Möglichkeit wäre das exakte Gegenteil. Da es keinen systemischen Weg gibt, die Luschen aus dem institutionalisierten Bildungswesen herauszufiltern, könnte man auch die Anzahl der Fächer drastisch erhöhen und die Wahlmöglichkeiten erweitern.

Dann hat man zwar die Luschen immer noch, aber die Schüler können sie durch die Wahl eines anderen Faches abwählen. Wird Französisch und Spanisch angeboten und die Spanisch Lehrerin legt einen Flamenco hin, dass die Kiddies platt auf dem Stuhl sitzen, dann ist das tröge französische Oberstudienrad raus aus dem Rennen.

Diese Möglichkeit existiert im Moment nicht nur theoretisch, sondern ganz konkret, denn tatsächlich besteht eine Wahlmöglichkeit zwischen Spanisch und Französisch. Mit fatalen Konsequenzen. Französisch wird nicht nur von einzelnen Schülern, einzelnen Klassen abgewählt, sondern von ganzen Klassenszügen. Der Autor hat weder was gegen Spanisch noch gegen Französisch, von ihm stammen die weltweit umfassendsten Online Portale zu diesen Sprachen, www.spanisch-lehrbuch.de, www.franzoesisch-lehrbuch.de. Allerdings muss er akzeptieren, dass es die Luschen nun mal einfach nicht bringen und die Kiddies nicht für Sprachen begeistern. Unter diesen Auspizien ist es besser, man lässt es ganz.

Und da wir schon mal beim Thema sind. Es wäre besser, man würde die Sprachauswahl, zumindest bei der zweiten Fremdsprache, weiter ausdifferenzieren. Es ist tatsächlich so, dass im Osten auch noch Menschen leben, die sicher viele interessante Dinge tun. Man müsste nur etwas über sie wissen.

Das Fach Deutsch lässt sich auflösen in drei Fächer: Linguistik, Literatur, Philosophie. Tatsächlich werden diese Fächer bereits als Grundkurs angeboten. Hier müsste also lediglich aus dem Grundkurs ein Leistungskurs werden, um die Wahlmöglichkeiten zu erhöhen.

Aus der Physik kann man Astronomie und Biopyhysik ausgliedern. Astronomie war bereits Grundkurs und müsste folglich auch nur als Leistungskurs anerkannt werden. Wirtschaft könnte ein neues Fach werden und man könnte es aufsplitten in BWL und VWL. In der Realität hat sich Biologie enorm ausdifferenziert und die Molekulargenetik wird wohl die Physik als Leitwissenschaft ablösen. Den Prozess kann die Schule aufnehmen und Molekulargenetik als eigenes Fach anbieten etc.etc..

Allerdings steigen bei dieser Lösung die Kosten drastisch. In großen Städten kann man das abfedern, indem man Schulverbände macht. Also einzelne Schüler wählen die Fächer quer durch die ganze Stadt. Ein Verfahren, das auch nicht so neu ist, denn auch in größeren Universitätstädten sind die einzelnen Institute quer durch die ganze Stadt verteilt. Im ländlichen Raum erfordert ein Nachmittagsunterricht eine An- und Abreise. In kleineren Städten muss man tatsächlich Geld in die Hand nehmen. Allerdings geht der Autor davon aus, dass man andererseits durch e-learning die Kosten auch drastisch senken könnte.

Desweiteren gibt es hoch performante Systeme für den synchronen Unterricht via Internet, mit voice und video. Da schlagen die Oberstudienräder natürlich die Hände über dem Kopf zusammen, Tatsache ist aber, dass der Autor über ein solches System schon die ganze Republik online beschallt hat, das funktioniert ganz hervorragend. Zumindest teilweise müssten die Schüler also gar nicht wandern. Der Unterschied zwischen live Unterricht und Vermittlung über solche Systeme ist praktisch Null, bis auf die Tatsache eben, dass diese Systeme mehr didaktische Möglichkeiten bieten, z.B. einblenden von kurzen Testbatterien, mit denen sich überprüfen lässt, ob der Inhalt akustisch und geistig angekommen ist. Weiter kann man Unterrichtsmaterialien auf den Monitor der Schüler schießen, neben dem Video kann eine Tafel sein. Tendentziell ist das feedback, Fragen etc., größer als im live unterricht.

Als besonders praxisnah und erfolgreich wird in der öffentlichen Debatte das duale Ausbildungssystem bezeichnet. Angela Merkel meint sogar, hier den Spaniern Ratschläge geben zu müssen. Die nackten Zahlen sprechen aber eine andere Sprache. Nur ein knappes Drittel der Auszubildenden wird vom Ausbildungsbetrieb übernommen. Von den 70 Prozent die nicht übernommen werden, landen 60 Prozent in der Arbeitslosigkeit, 40 Prozent finden einen Job. Von denen allerdings, die einen Job finden, wechseln knapp die Hälfte in einen Beruf, für den sie nicht ausgebildet wurden, siehe Berufswechsel in Deutschland. Wie die Zahlen genau aussehen, hängt natürlich von der Länge des betrachteten Zeitraums ab. Je länger dieser ist, desto mehr wird die derzeitige Tätigkeit nichts mehr mit dem Ausbildungsberuf zu tun haben. Die Jugendarbeitslosigkeit mag dann zwar geringer sein, als in anderen Ländern, aber nur deshalb, weil man die Leute drei Jahre geparkt hat. Anders formuliert. Das duale Bildungssystem ist gnadenlos ineffizient.

Mit den Leistungskursen hat man, was sehr, sehr vernünftig war, die Idee eines einheitlichen Abiturs aufgegeben und das scheint perfekt zu funktionieren. Wer Leistungskurs Biologie und Mathe hatte, kann genauso Medizin studieren wie derjenige, der Leistungskurs Französisch und Deutsch hatte und allen Unkenrufen zum Trotz, scheint das perfekt zu funktionieren.

Ein Zusammenhang zwischen Abitur und Studierfähigkeit war ohnehin noch nie direkt gegeben, weil früher zwischen Abitur und Aufnahme des Studium Wehrdienst, bzw. Zivildienst lag. Ersterer war ein brutaler Angriff auf die Denkfähigkeit, weil ja die Abschaffung desselben das Ziel war. Bei letzterer hing es von den Umständen ab.

Ein Abitur ist also jetzt schon nicht mehr mit einem anderen Abitur vergleichbar, mal ganz abgesehen von den stark abweichenden Notendurchschnitten. Von da ist es nur noch ein kleiner Schritt, wenn man von der Logik Hochschulzugangsberechtigung ja / nein abrückt. Denkbar ist auch, die Fächer in drei Bereiche aufzuteilen. Naturwissenschaften, Sozialwissenschaften, Sprachen.

Eine bestimmte Mindestpunktzahl in zwei Kernbereichen plus einer, niedrigeren, Mindestpunktzahl im dritten Bereich erlaubt das Studium aller Fächer. Eine bestimmte Mindespunktzahl in einem Kernbereich plus eine niedrigere Mindespunktzahl in den zwei anderen Bereichen erlaubt ein Studium in dem speziellen Kernbereich, wo die Mindestpunktzahl erreicht wurde. Auch der Schritt wäre nicht gewaltig. Fachabitur gibt es ja schon seit Jahrzenten, allerdings nicht überall. Teilweise besteht die Wahlmöglichkeit nicht, weil das Technische Gymnasium, bzw. das Wirtschaftsgymnasium zu weit entfernt ist.

Der erste Typ von Gymnasium, der also davon ausgeht, dass Bildung im eigentlichen Sinne aufgrund des ungeeigneten Personals ohnehin nicht erreicht werden kann, der sich also auf Kernfächer konzentriert, Mathe, Physik, Chemie, Bio, Informatik, Englisch würde immer zu einer allgemeinen Hochsschulreife führen. Diese entschlackte Variante wäre, aufgrund der freiwerdenden Ressourcen und besserer Betreuung für alle erreichbar. Können wir mit dem jetzigen Bestand an Oberstudienrädern keine Bildung im Sinne Adornos vermitteln, wovon der Autor ausgeht, dann müssen wir dieses Ziel aufgeben.

Bleibt das Problem mit den Kindern / Jugendlichen, die tatsächlich nicht für die Schule zu begeistern sind, bzw. keinen Ausbildungsplatz / Job finden. Im Moment wird versucht, zumindest in Berlin, das Problem dadurch zu lösen, dass das Arbeitsamt für diese Gruppe Kurse bei privaten Bildungsträgern aufmacht und spätesten an dieser Stelle zeigt sich, dass Friedman völlig daneben liegt.

Innerhalb eines strukturierten Rahmens können Schüler / Eltern eine Wahl treffen, das tun sie ja bereits bei der Wahl der Grundkurse / Leistungskurse. Außerhalb eines institutionalisierten Rahmens können sie das nicht. Konkret läuft es so, dass die Bildungsträger der Bundesagentur für Arbeit mehr oder weniger sinnvolle Programme einreichen und die Bundesagentur die Jugendlichen dann da hinschickt. Die Jugendlichen selbst bzw. deren Eltern sind mit der Auswahl gnadenlos überfordert. Die konkreten Lehrpläne, zum Beispiel für Computerkurse, denkt sich dann ein Dozent aus. Das hat zum Beispiel der Autor schon getan. Weder der Bildungsträger selbst noch die Bundesagentur für Arbeit hat irgend einen Plan, was in solchen Kurs abläuft, aber sie sind immens teuer.

Das jetzige System zielt natürlich darauf ab, diese Gruppe abzuspalten, weil sie den Lehrbetrieb stört. Das Argument, dass diese dann eine Ausbildung machen, ist hierbei scheinheilig. Erstens bekommen sie keinen Ausbildungsplatz und zweitens ist das duale Ausbildungssystem alles andere als eine success story.

Der gewichtigere Grund ist natürlich das Interesse der Gymnasiallehrer. Ein Gymnasiallehrer verdient etwa 400 Euro mehr als ein Realschlullehrer / Hauptschullehrer. Es muss also einen Riesenunterschied machen, ob man Bruchrechnen und binomische Formeln am Gymnasium unterrichtet oder an einer Real- oder Hauptschule. Auch der gymnasiale simple past ist was ganz anderes, als der simple past an einer Realschule. Der Autor würde sagen, die Besoldung müsste genau umgekehrt sein. Kindergärtnerinnen und Grundschullehrer müssten mehr verdienen als Oberstudienräder, denn dort werden die Weichen gestellt und Kinder zu unterrichten ist tatsächlich eine Herausforderung. Junge Erwachsene / Erwachsene zu unterrichten ist sehr viel einfacher.

Das Sprachrohr der Oberstudienräder, also der Philologenverband, wird nun natürlich anmahnen, dass man dann keine Lehrer mehr bekäme. Da irren sich die Oberstudienräder ganz gewaltig. Macht man es wie im Rest der Welt, vergibt die Stellen also über einen Concours, wie in Frankreich, alle machen eine Prüfung, je nach Bedarf werden die besten genommen, hat man Lehrer in Hülle und Fülle.

Macht man das Staatsexamen zur Voraussetzung, sachlogisch unsinnig, und verbeamtet, hat man folgendes Problem. Sind zuviele Lehrer da, kann man sie nicht entlassen und sind zuwenige da, kann man auf die Schnelle nicht nachrüsten. Beides ist für die Oberstudienräder günstig.

Bei Überschuss behalten sie ihren Job und bei Mangel können sie eine Gehaltserhöhung durchsetzen. Das ist ein perverses System. Haben Diplom Physiker, Diplom Mathematiker, Diplom Chemiker, Ingenieure etc. etc. Zugang, haben wir Lehrer in Hülle und Fülle, für Sprachen sowieso und wenn es um Unterricht für Erwachsene geht, bzw. Jugendliche, ist unterrichten relativ einfach.

Professioneller Unterricht in der Wirtschaft, wo also tatsächlich Leistung abgerufen wird, in fachlicher und didaktischer Hinsicht, findet ohne Staatsexamen statt. Schwieriger ist es, Kinder zu unterrichten, weil die eben nicht so ticken, wie man selber tickt. Wenn man schon nicht nach Leistung entlohnen kann, dann sollte man zumindest einheitlich entlohnen. Als Kindergärtnerinnen, Grundschullehrer / Hauptschullehrer / Realschulehrer / Gymnasiallehrer gleich, bzw. diese Schultypen auflösen.

Der erste Schritt wäre also, es zur Massierung einer bestimmten Gruppe in bestimmten Stadtteilen es gar nicht erst kommen zu lassen. Wenn es doch dazu kommt, dann ist die These, dass bei geringerer Lerneffizienz eine Verkürzung der Schulzeit sinnvoll ist, nicht nachzuvollziehbar. Es fehlt etwas die genaue Begründung, warum die Haupt- und Realschule kürzer ist als das Gymnasium. Selbst wenn man von einer genetisch bedingten Eignung ausgeht, diesen Schwachsinn vertritt ja im Grunde der deutsche Philologenverband, folgt daraus nicht zwingend, dass die Hauptschule neun, das Gymnasium 13 Jahre dauert.

Bei dieser Gruppe wird also die These, dass für eine bewusste Entscheidung in einem demokratischen Meinungsbildungsprozess, bzw. über Bildung eine Individualisierung erfolgen soll, eine an sich schon problematische These unter den tatsächlichen Bedingungen, explizit aufgegeben.

Offiziell soll Schule hier nur noch beruflich relevantes Wissen vermitteln, weshalb die Zeit verkürzt werden kann. Aus irgendwelchen Gründen wird gleichfalls davon ausgegangen, dass bekannt ist, was beruflich relevant ist und in Zukunft relevant sein wird.

Betont man bei der gymnasialen Bildung noch die Auswirkungen von Bildung auf die Anpassungsfähigkeit in der Zukunft, so spielt dieser Aspekt hier keine Rolle mehr. Man könnte es also auch bei dieser Gruppe bei 13 Jahren belassen, wobei früher abgehen kann, wer früher abgehen will. Auch das ist jetzt nicht so ungewöhnlich. In keinem Land der Welt gibt es Schulsysteme mit einer unterschiedlichen Dauer der Beschulung.

Ansonsten kann man wohl nichts anderes machen, als das prinzipielle Schema der Ausdifferenzierung bzw. Vergrößerung der Wahloptionen auszubauen. Hat man es mit Jugendlichen zu tun, die ganz weit weg sind, kann man mit irgendwas Drastischem versuchen, die Leute zurückzuholen. Z.B. vier Schrottautos kaufen und aus diesen Schrottautos eines bauen, das durch den TÜV kommt. Da kann man dann eine Menge über Technik, Physik, Teamwork, Organisation etc. lernen.

Der langen Rede ganz kurzer Sinn. Mit ein bisschen Marktwirtschaft kommen wir hier nicht weiter. Das Problem mit den Freiheistkämpfern ist, dass die extrem simplizisitische Sicht der Welt selbst das diskreditiert, was daran eigentlich richtig ist.

Insgesamt geht der Autor aber davon aus, dass die Bedeutung der institutionalisierten Bildung weit überschätzt wird. Weiter geht er davon aus, dass das derzeitige System hinsichtlich Inhalte und die Didaktik vollkommen im Blindflug läuft. Wenn wir aber nicht wissen, was Bildung sein soll und auch nicht, wie sie zu vermitteln ist, wäre es am intelligentesten, ein System zu schaffen, bei dem unterschiedliche Vorstellungen verwirklicht werden können.

Langfristig würde man dann auch sehen, wie es funktioniert. Das Argument, dass es sich hierbei um einen hochriskanten Feldversuch am lebenden Objekt handelt, sticht aus zwei Gründen nicht. Erstens mal kann auch der status quo ein hochriskanter Feldversuch sein, auch hier kennen wir das Ergebnis aus möglichen Alternativen nicht, zweitens wurde bislang noch bei jeder Änderung der Untergang des Abendlandes prognostiziert, was aber nie der Fall war und drittens sind die Vorschläge oben gar nicht radikal. All das ist bereits inselhaft irgendwo verwirklicht. Es geht im Grunde nur darum, das was inselhaft vorliegt, systematisch umzusetzen.

Eigenartig bei den Freiheitskämpfern ist weiter, dass die sich nicht mit der Justiz beschäftigen, die ist nämlich ein weiteres klassisches Beispiel für einen Bereich, der sich nicht systemisch steuern lässt und folglich ein hohes Potential hat, vollkommen aus dem Ruder zu laufen. Ein Problem, das Adam Smith zumindest gesehen hat, siehe staatliche Tätigkeit. Manches spricht dafür, dass dieser Bereich sogar ganz besonders problematisch ist. Wir gehen auf der www.recht-eigenartig.de näher darauf ein.

Ein weiterer Bereich, den Friedman aus systemischer Sicht untersucht, sind die Berufe, die durch eine Registrierung, ein Zertifikat oder eine Lizens reglementiert sind. Unter Registrierung versteht er etwas in der Art wie den Gewerbeschein. Zwar erhält ihn jeder, aber haben muss man ihn trotzdem, wobei sich der tiefere Sinn eigentlich niemandem erschließt, außer eben der, dass dann auch die IHK eine Meldung erhält, die dann wiederum für ihre sinnfreie Tätigkeit eine Rechnung verschicken darf.

Unter einem Zertifikat versteht er den Nachweis einer bestimmten Qualität, wobei der Beruf auch ohne dieses Zertifikat ausgeübt werden kann. Ein Beispiel hierfür wären die unendlichen Zertifizierungen nach ISO Blabla Normen, zum Beispiel für Bildungsträger. Die sagen zwar nichts aus, suggerieren aber Kompetenz.

Die nächste Stufe sind dann Lizensen (licensing). Bei letzteren darf der Beruf nur ausgeübt werden, wenn der entsprechende Nachweis vorliegt (Arzt, Rechtsanwalt, Steuerberater, bestimmte Berufe der Handwerksrolle Anlage A, Staatsexamen bei Gymnasiallehrern etc..)

Relevanter als der Bereich Medizin, auf die die Beispiele in "Capitalism and Freedom" abzielen, ist in Deutschland der Bereich Handwerk, weil in Deutschland der Zugang zur Existenzgründung im Gewerbe über den Meisterzwang weit stärker reguliert wird, als in jedem anderen Land.

Die Begründung für den Meisterzwang kann schlicht ausfallen. Man will sich halt unliebsame Konkurrenz vom Hals halten. Würde man an das Argument mit der Sicherheit und dem Schutz der Öffentlichkeit (Kfz, Strom, Heizungsanlagen etc.) selber glauben, hätte man freiwillig und ohne Intervention der Politik sich auf die sicherheitsrelevanten Bereich beschränkt. Schauen wir uns aber die Anlage A der Handwerksrolle an, dann können wir bei vielen Berufen nicht erkennen, dass der Meisterzwang der Sicherheit dient. Wir finden dort unter anderem Tischler, Seiler, Bäcker, Konditoren, Fleischer.

aus: Anlagen zur Handwerksrolle Anlage A, B

Bei den Tischlern kann man die Bedrohung der öffentlichen Sicherheit ja noch einsehen, immerhin kann man ja vom Tisch fallen. Schwieriger wird es beim Bäcker, Konditor und Fleischer, denn deren Produkte werden heutzutage weit mehr in der Form von industriell gefertigten Produkten konsumiert und damit ohne Eintrag in die Handwerksrolle. Seiler ist auch ein Handwerksberuf, der in der Anlage A genannt ist. Weil er eine derartige Gefährdung für die öffentliche Sicherheit darstellt, lässt man die Seile heutzutage in Thailand, Burma, Indonesien drehen.

Potentiell gefährlich für die öffentliche Sicherheit sind in Deutschland auch die Friseurleistungen, das geht also auch nur mit Meisterbrief, wobei hier noch weiterer Regulierungsbedarf besteht, wirklich sicher kann man sich die Haare nämlich nur in den USA schneiden lassen, wie Friedman schreibt. Da lassen die nur Mediziner an die Haare.

One of the most amusing sets of regulations is that laid down for barbers, a trade that is licensed in many places. Here is an example from a law which was declared invalid by Maryland courts, though similar language can be found in statues of other states which were declared legal: "The court was depressed rather than impressed by a legislative command that neophyte barbers must receive formal instruction in the "scientific fundamentals for barbering, hygiene, bacteriology, histology of the hair, skin, nails, muscles and nerves, structure of the head, face and neck, elementary chemistry relating to sterlilisation and antiseptics, disease of the skin, hair, glands and nails, haircutting, shaving and arranging, dressing, coloring, bleaching, and tinting of the hair." One more quotation on the barbers: "Of eigteen respresentatives states included in a study of barbering regulations in 1929, not one then commanded an aspirant to be graduated of a `barber college`, though apprenticeship was nesessary in all. Today, the states typically insist upon graduation from a barbering school that provides not less (and often much more) than one thousand hours of instruction in `theorectical subjects` such as sterilization of instruments, and this must still be followed by apprenticeship.

Eines der amüsantesten Regelwerke ist das für Friseure, eine Dienstleistung die an vielen Orten reglementiert ist. Unten ein Beispiel für ein Gesetz, das ein Gericht in Maryland [Bundestaat rund um Washington] für nichtig erklärt wurde, auch wenn Regularien mit ähnlichem Duktus in anderen Staaten bestätigt wurden: "Das Gericht war eher verstimmt als wohlgemut durch eine gesetzliche Bestimmung, die die Existenzgründung von Friseuren von einer formalen Unterweisung in die wissenschaftlichen Grundlagen des Friseurhandwerks abhängig machte, als da wäre Hygiene, Bakteriologie, Gewebekunde des Haares, der Haut, der Nägel, der Muskeln und der Nerven, der Struktur des Kopfes, des Gesichts und des Nackens, elementare Chemiekenntnisse bezügliche Sterilisation und Antiseptikum, Krankheiten der Haare, der Drüsen und der Nägel, Haarschnitt, Rasur und Pflege, Kleidung, Colorierung, Bleichung und Färbung des Haares." Noch eine Bemerkung bezüglich der Friseure [Friedman zitiert einen anderen Autor, Gellhorn, und zwar aus einem Buch, das 1956 erschienen ist. Da er einen Vorgang aus dem Jahre 1929 schildert, muss die Entwicklung vom Friseur zum Mediziner in diesen Jahren vor sich gegangen sen.]: "Von den 18 repräsentativen Staaten, die in die Studie über Regularien des Friseurhandwerks einbezogen waren, empfahl damals nicht ein einziger, dass ein Anwärter einen Abschluss an einer Fachhochschule für Friseure haben muss, wenn auch in allen eine Ausbildung nötig war. Heute beharren fast alle auf einen Abschluss einer Friseurschule, die mindestens (meistens aber mehr) 1000 Stunden Unterricht in "theoretischen Fächern", wie Sterilisation der Instrumente vorsieht und nach dieser theoretischen Ausbildung muss noch eine Lehre folgen.

aus: Milton Friedman, Capitalism and Freedom, Chicago, 2002, Seite 142

Die Kampagnen des Friseurhandwerks die Niederlassungsfreiheit einzuschränken sind so sichtbar wie wirkungslos, weil es auch sehr viele Meister gibt. Eine Verbesserung der ökonomischen Situation des Friseurhandwerks ist also über diesen Weg nicht zu erreichen. Die Lösung wäre wohl eher, sich zu komplexeren Dienstleistungszentren, Nagelstudio, Wellness, Solarium etc.etc. zusammenzuschließen.Die Anfangsinvestitionen wären dann zwar höher, aber die laufenden Kosten geringer. Weiter wird man dem Friseurhandwerk wohl ankreiden können, dass es zu träge auf neue Trends reagiert hat. In der Regel funktioniert der Trick, sich qua Gesetz vor der Zukunft zu schützen, nicht.

Zum einen, weil für EU Bürger der Meisterzwang eben auch in Deutschland nicht gilt, zum anderen, weil Handwerksbetriebe von der industriellen Fertigung verdrängt werden (z.B. Kuchen) und die Produkte des Handwerks auch im Ausland eingekauft werden können, z.B. Schuhe. Weiter konkurrieren die Meister immer mehr mit Hochschulabsolventen bzw. mit Ingenieuren. Last not least ist der image Verlust gewaltig, wenn es, wie bei den Schornsteinfegern, die Leute gewaltig nervt.

Die Rechtfertigung der Interessensvertreter ist das übliche Geseiere von Interessensvertretern. Neuerdings soll der Meisterzwang das Ausbildungsniveau garantieren.

Merkmal und besondere Stärke der Dualen Berufsausbildung ist die Verzahnung von Theorie und Praxis. Voraussetzung dafür sind die Ausbildungsbereitschaft und Ausbildungsleistung der Betriebe. Sie werden im Handwerk gesichert durch die Meisterqualifikation der Ausbilder. Unterstützt wird die hohe Ausbildungsqualität im Handwerk durch die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung.

aus: Erwartung des Handwerks zur Bundestagswahl

Das ist natürlich Quark von A bis Z. Ein Großteil der Ausbildungsleistung erbringen die Berufsschulen, in den kaufmännischen Ausbildungsberufen tragen sie die Hauptlast. Nimmt man es aber ganz genau, dann sind es, in diesem Bereich, nicht mal die Berufschulen, sondern die Schulbuchverlage. Da wo die Ausbildungsberufe in High Tech übergehen, etwa beim Informatikkaufmann, kann der einzelne Handwerbsbetrieb die Zukunftsfähigkeit der Ausbildung auch nicht mehr sichern.

Milton Friedman fokusiert ausgerechnet auf den Bereich, wo man spontan sagen würde, dass hier eine staatliche Zulassung notwendig ist, nämlich Ärzte. Selbst in diesem hochsensiblen Bereich bestreitet er aber, dass es einer Zulassungsbeschränkung bedarf. Davon später.

Selten diskutiert wird, ob es für Rechtsanwälte, einer der am stärksten reglementierten Bereiche überhaupt, vor einem Landgericht herrscht Anwaltspflicht, eine Zugangsbeschränkung geben muss. Da das Risiko für Leib und Leben doch sehr gering ist und die zivilrechtlichen Konsequenzen sich in dem Rahmen halten, dem man auch sonst bei Tausend Dingen ausgesetzt ist, kann man es schon dem Einzelnen überlassen, ob er einen Rechtverdreher gegen Gebühr mietet, die in keinem Verhältnis zur Qualifikation steht, oder sich selber ein paar Stunden hinsetzt, sich einarbeitet und sich dann selbst vertritt.

Die sehr starke Reglementierung in diesem Bereich dürfte der Tatsache geschuldet sein, dass wir es hier mit einer sehr kompakten Interessensgruppe zu tun haben, bei der sogar noch das Honorar qua Gesetz auf einer Höhe festgelegt wird, die am Markt nie erzielt werden könnte.

Meist wird die Reglementierung mit dem Schutz der breiten Öffentlichkeit begründet. Diese sei zu doof, um sich selbst ein Urteil bilden zu können und muss von daher von Staats wegen geschützt werden. Das Schutzargument kann nun natürlich sehr weit gedehnt werden, soweit, dass auch nur noch ein Mediziner Haare schneiden, nur ein Konditormeister Torten backen, nur ein Metzgermeister Salamis herstellen darf. Würde man das Schutzbedürfnis extensiv auslegen, gäbe es zum Beispiel nur noch die deutsche Salami und keine italienische oder ungarische mehr, denn die kommen ganz ohne Meisterzwang zustande.

Sehr selten bedarf es solch drastischer Maßnahmen wie einem strikten Verbot ohne eine entsprechende Qualifikation einen bestimmten Beruf auszuüben. Was jedem sofort einfällt ist der Arztbesuch, aber auch hier bestreitet Friedman die Notwendigkeit von Zulassungsbeschränkungen, siehe unten. Selbst wenn wir, z.B. bei Rechtsanwälten, konzedieren, dass sich manche Leute nicht einarbeiten können, würde eine Zertifizierung, vom Staat oder von einer privaten Zertifizierungsstelle, vollkommen genügen. Jeder kann sich dann aussuchen, ob er auf sich selbst vertraut oder auf die staatliche Zertifizierung und einen Rechtsanwalt ohne Zertifizierung wählen, wenn er sich das zutraut. Der Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens hat z.B. nach 20 Jahren mehr Erfahrung mit Arbeitsrecht, als ein Rechtsanwalt, der auf diesem Gebiet gerade mal fünf Prozesse geführt hat.

Dann gibt es, um mal beim Arbeitsrecht zu bleiben, natürlich noch die Betriebsräte. Machen die den Job schon 20 Jahre, haben sie auf dem Gebiet des Arbeitsrecht fundierterer Kenntnisse als ein Jungspund, der frisch von der Uni kommt.

Fragen kann man sich, wieso es einzelnen Interessensgruppen immer wieder gelingt, den Markt abzuschotten. Mit seinem Friseurbeispiel fortfahrend, bringt Friedman hier eine ganz einleuchtende Erklärung.

The declaration by a large number of different state legislatures that barbers must be approved by a committee of other barbers is hardly persuasive evidence that there is in fact a public interest in having such legislation. Surely the explanation is different; it is that a producer group tends to be more concentrated politically than a consumer group. This is an obvious point often made and yet one whose importance cannot be overstressed. Each of us is a producer and also a consumer. However, we are much more specialized and devote a much larger fraction of our attention to our activity as a producer than as a consumer. We consume literally thousands if not millions of items. The result is that people in the same trade, like barbers or physicians, all have an intense interest in the same problems of this trade and are willing to devote considerably energy to doing something about them. On the other hand, those of us who use barbers at all, get barbered infrequently and spend only a minor fraction of our in barber shops.

Die Tatsache allein, dass eine großen Anzahl verschiedener staatlicher Gesetzevorhaben sich dafür aussprechen, dass Friseure von einem Kommittee anderer Friseure approbiert werden müssen, ist noch kein besonders überzeugendes Argument dafür, dass an einem solchen Gesetz ein öffentliches Interesse besteht. Die Erklärung ist eine andere. Die Erklärung hierfür ist, dass eine Gruppe von Produzenten tendenziell politisch straffer organisiert ist, als eine Gruppe von Konsumenten. Das ist eine offensichtliche, oft beschriebene Tatsache und trotzdem eine, deren Bedeutung nicht genug betont werden kann. Jeder von uns ist Produzent und auch Konsument. Wir konsumieren Tausende, wenn nicht Millionen von Produkten. Daraus resultiert, dass Leute derselben Branche, wie etwas Friseure oder Ärzte ein starkes Interesse an den gleichen Problemen dieser Branche haben und bereit sind, einiges an Energie in diese zu investieren. Auf der anderen Seite spenden diejenigen, die ab und an zum Friseur gehen, nur eine geringe Zeit in einem Friseursalon.

aus: Milton Friedman, Capitalism and Freedom, Chicago, 2002,
Seite 143

Vereinfacht. Für den Konsumenten lohnt es sich nicht, sich gegen seine Entmündigung einzusetzen, der Ertrag ist zu gering. Für den Produzenten allerdings lohnt es sich, sich für Zugangsbeschränkungen einzusetzen.

Dieses Problem betritt aber demokratische Enscheidungsprozesse allgemein. Es lohnt sich z.B. für den Konsumenten nicht, sich intensiver mit dem Zoll auf Bananen, Kaffee, Zucker etc.. zu beschäftigen. Die wenigsten Leute wissen, dass sie beim Kauf einer DVD oder anderer Datenträger ZPÜ Gebühren bezahlen.

Das ist theoretisch und praktisch richtig, nur praktisch wüssten wir natürlich gerne, was passiert. Es gibt zwar eine Liste des deutschen Bundestages, wo alle möglichen Verbände stehen, die Lobbyarbeit betreiben, aber völlig unklar bleibt, was die machen. Die Liste ist hier Öffentliche Liste über die Registrierung von Verbänden und deren Vertretern.

Irgendwie tauchen zwar ab und an die merkwürdigsten Dinge wie aus dem Nichts auf, z.B. das Leistungsschutzrecht und eine Menge offensichtlich unsinnige Dinge, wie die Vermarktung von Trivialmedikamente ausschließlich über Apotheken, Kammerzwang, Meisterzwang, Signatur bei digitalen Rechnungen etc. etc. aber so genau weiß niemand, wer diesen Schwachsinn initialisiert hat.

Des weiteren gibt es auch noch das umgekehrte Phänomen. Unsinnige Gesetze, die nur eine relativ kleine Gruppe betreffen, interessieren die Allgemeinheit nicht. Der Zwang für Kapitalgesellschaften die Bilanzen beim bundesanzeiter Verlag zu hinterlegen und damit dem DuMont & Schauberg Verlag 100 Millionen Euro pro Jahr für nichts in die Kasse zu spülen, betrifft eben nur Kapitalgesellschaften.

Der langen Rede kurzer Sinn. Es gibt keine systemischen Lösungen für alle Probleme. Es gibt nur den Weg, die Kosten der Informationsbeschaffung zu reduzieren und den engagierten Bürger, der ab und an über den Tellerrand schaut.

Problematisch ist hierbei, dass der Bürger sich für den Unsinn entweder nicht interessiert, zum Beispiel wenn er nur Unternehmen betrifft, dann ist er ja nur indirekt betroffen oder manchmal bei jedem Problemchen nach der Maximallösung, also nach Gesetzen, schreit. Obwohl im Grunde jeder weiß, welche Nahrungsmittel gesund und welche eben nicht kiloweise konsumiert werden sollen, steht es noch mal auf der Verpackung. Das reicht aber immer noch nicht. Es muss jetzt noch eine Ampel drauf. Kann man teilweise, etwa wenn es um den Tierschutz geht, Auszeichnungen dieser Art noch nachvollziehen, wird es grenzwertig, wenn noch der kleinste Imbisstand mit zwei Tischen eine Toilette vorhalten muss.

Der Autor hätte sich als Beispiel für problematische / sinnfreie Reglementierungen, die die Berufsfreiheit einschränken, nicht gerade die Ärzte ausgesucht, wie Friedman dies tut. Er hätte eher auf Gymnasiallehrer, Rechtsanwälte, Meisterzwang etc. fokusiert. Friedman wollte nun aber an einem Beispiel, wo man noch am ehesten die Sinnhaftigkeit einer Reglementierung einsehen könnte, die Problematik aufzeigen. Dass er seine Thesen an einem kritischen Objekt illustrieren will, ist ihm klar.

The medical profession is one in which practice of the profession has for a long time been restricted to people with licenses. Offhand, the question, "Ought we to let incompetent physicians practice?" seem to admit of only a negative answer. But I want to urge that second thought may give pause.

Der Arztberuf ist einer jener Berufe, wo die Berufsausübung schon seit ehedem von Qualifikationsnachweisen abhängig gemacht wurde. Auf die Schnelle kann die Frage "Sollen wir inkompetenten Leuten erlauben, sich als Arzt niederzulassen?" nur mit einem Nein beantwortet werden. Ich plädiere aber dafür, über die Antwort nochmal nachzudenken."

aus: Milton Friedman, Capitalism and Freedom, Chicago, 2002, Seite 149

Er ist sich also voll im Klaren darüber, dass er sich die schwierigste Branche ausgesucht hat. Wir wiederum folgen seiner Argumentation, wenden sie aber auf eine andere Branche, nämlich die Rechtsanwälte an. (Im Detail teilen wir seine Ansichten natürlich nicht, vor allem was die Stellung der Gewerkschaften angeht, aber das lassen wir jetzt außen vor.)

The American Medical Association is perhaps the strongest trade union in the United States. The essence of the power of a trade union is its power to restrict the number who may engage in a particular occupation. This restriction may be exercised indirectly by being able to enforce a wage rate higher than would otherwise prevail. If such a wage can be enforced, it will reduce the number of people who can get jobs and thus indirectly the number of people pursuing the occupation. This technique of restriction has disadvantages. There is always a dissatisfied fringe of people who are trying to get into the occupation. A trade union is much better off if it can limit directly the number of people who enter the occupation - who ever try to get jobs in. The disgruntled and dissatisfied are excluded at the outset, and the union does not have worry about them.

Die amerikanische Ärztevereinigung ist vielleicht die stärkste Gewerkschaft in den Vereinigten Staaten. Die Machtbasis einer Gewerkschaft ist ihre Fähigkeit, die Anzahl der Leute, die einen bestimmten Beruf nachgehen, einzuschränken. Diese Beschränkung kann indirekt erfolgen indem ein Lohn durchgesetzt wird, der höher ist, als er sonst wäre. Kann ein solcher Lohn aufrechterhalten werden, dann wird er die Zahl der Leute, die dort beschäftigt werden können, verringern und so indirekt auch die Leute, die danach streben, diese Tätigkeit auszuüben. Diese Art der Zugangsbeschränkung hat Nachteile. Es gibt dann immer eine Gruppe von Unzufriedenen, die versuchen in diesem Bereich zu arbeiten. Eine Gewerkschaft ist besser dran, wenn es die Anzahl der Leute, die in diesem Bereich arbeiten können - versuchen dort eine Arbeit zu finden - einschränken kann. Die Verstimmten und Unzufriedenen sind von Anfang an draußen und die Gewerkschaft muss sich um sie keine Sorgen mehr machen.

aus: Milton Friedman, Capitalism and Freedom, Chicago, 2002, Seite 149

Die Logik ist natürlich erstmal ökonomisch falsch. Klar ist nur, dass ein Lohn, der das (monetär bewertete) Grenzprodukt der Arbeit übersteigt, nicht zustande kommen kann. Das heißt aber noch lange nicht, dass der Lohn nicht auch geringer sein kann. In Teilmärkten haben wir eine Situation, wie sie David Ricardo beschreibt. Der Lohn kann sich nicht vom Existenzminimum lösen, da aufgrund eine Übeangebots an Leuten die Arbeit suchen, der Lohn auf dieses Niveau gedrückt werden kann. Da aber bis zur Höhe, wo das (monetär bewertete) Grenzprodukt der Arbeit unterhalb des Lohnes liegt der Unternehmer noch was verdient, wird er bis zu dieser Höhe auch einstellen.


In kürze, was er sagen will: Eine Gewerkschaft kann einen Lohn durchsetzen, der oberhalb des markräumenden Lohnes ist. Die Beschäftigung muss dann, neoklassisch ausgedrückt, zurückgehen, weil dann der Lohn über der Grenzleistungsfähigkeit der Arbeit liegt. Die zweite Möglichkeit ist, über eine Zugangsbeschränkung die Aufnahme einer Arbeit in diesem Bereich von vorneherein zu beschränken. Die letzte Methode wird von dem Ärzteverband gewählt, auch in Deutschland, wenn auch, in Europa, mit mäßigem Erfolg. Da die Abschlüsse in Medizin europaweit anzuerkennen sind, steht der deutsche Markt für Ärzte allen Europäern offen. Was die deutschen Mediziner aktuell schützt, sind die oft nicht vorhandenen Deutschkenntnisse. Da der Autor wöchentlich Anfragen von Ärzten bekommt, vor allem aus dem Spanisch sprechenden Raum, weil wir die www.curso-de-aleman.de betreiben, beschäftigt er sich hobbymäßig und unentgeltlich mit der Vermittlung und Beratung von Ärzten, die in Deutschland arbeiten wollen. Gäbe es die Sprachbarriere nicht, würde der deutsche Markt sofort geflutet.

Allerdings gibt es noch eine dritte, höchst skurrile, Variante. Das sind die Juristen. Bei den Juristen gibt es zwar kaum Zugangsbeschränkungen, jeder kann das Fach studieren und die Durchfallquoten sind im Vergleich zu anderen Fächern lächerlich (20 Prozent), aber der Lohn, bzw. die Gebühren, sind ebenfalls gesetzlich geregelt.

Das führt dann dazu, vor allem aufgrund der Verdoppelung der niedergelassenen Rechtsanwälte in den letzten 10 Jahren auf jetzt 160 000, dass der Umsatz zwar festliegt, wenn nicht durch eine gesetzgeberische Maßnahme Abmahnwellen übers Land rollen, aber dieser Umsatz sich auf immer mehr Rechtsanwälte verteilt. Ohne die Abmahnindustrie, siehe auch www.recht-eigenartig.de, wäre ein Großteil der niedergelassenen Rechtsanwälte schon verhungert.

Bei Rechtsanwälten haben wir also ein System, feste Löhne bei freiem Marktzugang, das eigentlich nicht funktionieren kann. Wir haben ein ganz typische neoklassische Arbeitslosigkeit. Naheliegenderweise gibt es viele, die für das Schreiben eine Briefchens gerne 300 Euro kassieren, aber dieser Preis liegt weit über der Grenzleistungsfähigkeit der "Arbeit" und folglich haben wir ein Überangebot an Arbeit in diesem Segment.

Raffinierter ist es also, die Anzahl der Zugangsberechtigten von vorneherein zu beschränken. Tut man das nicht, dann kann man zwar, wie dies bei Juristen der Fall ist, über staatlich festgesetzte Gebühren den Wettbewerb ausschließen, aber tendenziell bedroht die Existenz des Überschusses die Möglichkeit, die Marktmacht auszunützen.

Vermutlich wird die Rechnung der Juristen langfristig nicht aufgehen. Da es sich bei Jura weitgehend um Trivialwissen handelt, das sich fallbezogen sehr viele Leute in kurzer Zeit aneignen können, wird durch die abstrus hohen Gebühren ein Anreiz geschaffen, sich selber kundig zu machen und auf eine "Beratung" durch einen Rechtsanwalt zu verzichten. Denkbar ist, dass bei realistischen Honoraren, der Umsatz, und damit auch der Gewinn, denn die anfallenden Kosten sind Fixkosten, höher wäre. Genauer analysieren wir das auf der www.recht-eigenartig.de.

Das System der Ärzte könnte funktionieren, wenn es nicht das Problem gäbe, dass Abschlüsse im Bereich Medizin europaweit anerkannt werden. Wäre dem nicht so, könnte man die Anzahl der Ärzte tatsächlich beschränken, was ja auch durch die Restriktionen bei der Zulassung zum Studium passiert.

Auch wenn das Vertrauen in die intellektuellen Fähigkeiten von Politikern eingeschränkt ist und die Möglichkeit besteht, dass die wirre Situation der Blödheit und nicht der Interessensvertretung geschuldet ist, vermutet man hier doch eine konsequente Lobbyarbeit.

Anstatt ohne Ende Juristen auf Halde zu produzieren, die kein Mensch braucht und eine Horde von Hungerleidern, die sich auf jede neue Abmahnwelle stürzen muss, weil sie sonst verhungert, könnte man mit dem gleichen Geld auch Mediziner ausbilden. Selbst wenn wir für 10 Juristen nur einen Mediziner bekommen, weil das Studium teuer ist, wären das in den letzten Jahren, wenn man den Überschuss an Juristen, also 60 000, nicht ausgebildet hätte, 6000 Mediziner mehr. Das entspräche in etwa der Zahl der unbesetzten Ärztestellen in Krankenhäusern.

Ein ähnlich kurioses System haben die Oberstudienräder. Das Staatsexamen und der Beamtenstatus garantieren, dass sich das Angebot nicht an die Nachfrage anpassen kann. Gibt es zuviele Lehrer, kann man sie nicht entlassen und gibt es zuwenige, kann man nicht schnell aufrüsten. Beides ist für die Studienräder günstig. Bei Überschuss sind sie geschützt, bei Mangel können sie eine höhere Vergütung durchdrücken und insgesamt verhindert man jede Regulierung der Vergütung nach Angebot und Nachfrage. Nur ein offenes System würde die tatsächlichen Marktpreise offenbaren.

Eine marktwirtschaftliche Methode der Überfülle an Ärzten in Ballungszentren und dem Mangel an Ärzten in ländlichen Regionen entgegenzusteuern, wäre eine unterschiedliche Vergütung: Weniger in Ballungsräumen wie in Berlin und mehr auf dem Land. Ein zweites marktwirtschaftliches Element wäre es, wenn man auch in den gesetzlichen Krankenkassen eine Selbstbeteiligung bei gleichzeitiger Reduktion der Beiträge, in der Höhe der Selbstbeteiligung, einführen würde. Man hätte dann zumindest in einem Teilsegment marktwirtschaftliche Bedingungen, weil der Patient ein Interesse an der Kontrolle der Kosten hat. Posten der Art "ärztliche Beratung, auch telefonisch" die sich auf jeder Rechnung befinden, würden dann verschwinden.

Die Verhältnisse, die Friedman beschreibt, beschreiben die Verhältnisse in der BRD nicht 100prozentig, der allgemeine Mechanismus allerdings ist zutreffend beschrieben und gilt auch für andere Branchen.

The American Medical Association is in this position. It is a trade union that can limit the number of people who can enter. How can it do this? The essential control is at the stage of admission to medical school. The Council on Medical Education and Hospital of the American Medical Association approves medical schools. In order for a medical school to get and stay on its list of approved schools it has to meet he standards of the Council. The power of the Council has been demonstrated at various times when there has been a pressure to reduce numbers. For example, in the 1930` during the depression, the Council on Medical Education and Hospitals wrote a letter to the various medical schools saying the medical schools were admitting more students than could be given the proper kind of training. In the next year or two, every school reduced the number it was admitting, giving strong presumptive evidence that the recommendation had some effect.

Der amerikanische Ärztebund ist in dieser Position [In der Position, von vorneherein über die Zulassungsbeschränkung die Anzahl an Ärzten reduzieren zu können]. Es ist eine Gewerkschaft, die die Anzahl der Leute, die hineinkommen beschränken kann. Wie gelingt das? Der Verwaltungsrat der medizinischen Ausbildung und der Krankenhäuser des amerikanischen Ärztebundes begutachten die medizinischen Fakultäten. Damit eine medizinische Fakultät auf die Liste der anerkannten Einrichtungen kommt und da bleibt, muss es den Standards des Verwaltungsrates entsprechen. Die Macht des Verwaltungsrates wurde schon mehrere Male veranschaulicht, als es einen Druck gab, die Anzahl der Mitglieder zu verringern. 1930` zum Beispiel, während der Depression, schrieb der Verwaltungsrat der medizinischen Ausbildung und Krankenhäuser einen Brief an mehrere Fakultäten der Medizin des Inhalts, dass die medizinischen Fakultäten mehr Studenten zulassen, als tatsächlich ausgebildet werden können. Im nächsten und übernächsten Jahr verringerte jede Fakultät die Anzahl der zugelassenen Studenten. Ein starker Hinweis dafür, dass die Empfehlung einen gewissen Effekt erzielte.

aus: Milton Friedman, Capitalism and Freedom, Chicago, 2002, Seite 150

Ganz falsch liegt Friedman mit seiner Einschätzung nicht, wie ja neuere Diskussionen um die Anerkennung von Studienabschlüssen zeigen. Eine Kooperation in der Ausbildung von Medizinern zwischen Groningen (Holland) und Oldenburg führte zu einem merkwürdigen Kompromiss. Groningen verleiht für die identische Ausbildung einen Bachelor (befähigt zu "gesundheitsnahen Berufen" / Master (entspricht dem Staatsexamen). Die Schutzwirkung wird allerdings gering sein, denn ein Abschluss, der in irgendeinem Land der EU gilt, gilt auch in Deutschland. Das finden die Interessensvertreter natürlich ganz schrecklich.

Der Masterstudiengang eröffnet unter Umständen die Möglichkeit, das hiesige Staatsexamen zu unterlaufen und eine Approbation zu erhalten. Das geht aus einem Rechtsgutachten für die Universität Oldenburg hervor. Darin heißt es: Der erfolgreiche Abschluss des Studiums an der EMS wird allein deswegen zur ärztlichen Berufsausübung in Deutschland befähigen, weil mit dem niederländischen Abschluss eines Master of Science in Geneeskunde [Holländisch: Medizin] die Erlaubnis zur ärztlichen Berufsausübung in den Niederlanden einhergehen wird und die europarechtliche Anerkennung dieser Erlaubnis auch zu einer Approbation in Deutschland führen wird.

aus: Der Medizin Bachelor in Oldenburg

Begründet wird das natürlich, das Schema ist immer ähnlich, egal ob Oberstudienräder, Rechtsanwälte, Ärzte etc. mit dem hohen wissenschaftlichen Standard, der aufrechterhalten werden muss, was ja im Fall der Kooperation zwischen Groningen und Oldenburg ein bisschen schwierig ist, denn Holland hat medizinisch den gleichen Stand wie Deutschland.

Die gleiche Diskussion haben wir dann bei Fachhochschulen / Universitäten. Auch hier versuchen natürlich die Universtitäten sich abzugrenzen. Ein Versuch der natürlich aus formalen Gründen schwierig ist, denn beide Institutionen vergeben den Bachelor / Master und auch inhaltlich, weil manche Fachhochschulen, wie die von Aachen, in technischen Fächern eine international anerkannten Spitzenplatz erreicht hat.

Wir sehen aber an diesen und Tausend anderen Beispielen immer zwei Tendenzen. Die eine Tendenz besteht darin, Priviligien zu verteidigen, die andere Tendenz besteht eben darin, diese abzuschaffen, weil die Kosten zu hoch sind.

Der Mechanismus ist aber mit dem üblichen Hayek / Friedman Schema, Staat zieht Macht an sich, nicht mehr zu fassen. Das Phänomen gibt es zwar unstrittig auch, jeder Beamte ist bestrebt Mr. Superwichtig zu werden, aber denkbar ist auch das Gegenteil. Wird der Meisterzwang zum allgemeinen Ärgernis, dann ist es für politische Parteien und damit für den "Staat", interessant diese Priviligien abzuschaffen.

Ob dies interessant ist oder nicht, hängt wiederum davon ab, inwieweit es gelingt, dem Wähler mitzuteilen, wie ihm das Fell über dei Ohren gezogen wird.

Man kann die Beispiel von Friedman nicht direkt auf die Verhältnisse in der BRD übertragen, aber das Grundproblem ist das Gleiche.

As an aside, the lawyers have never been as successful as the physicians in getting control at the point of admission to professional schools, though they are moving in that direction. Almost every school on the American Bar Association`s list of approved schools is a full time day school; almost no night schools are approved. Many state legistlators, on the other hand, are graduates of night law schools. If they voted to restrict admission to the profession to graduates of approved schools in effect they would be voting that they themselves were not qualified. Their reluctance to condemn their own competence has been the main factor that has tended to limit the extent to which law has been able to succeed in imitating medicine.

Es soll noch angemerkt werden, dass Rechtsanwälte nie so erfolgreich bei der Beschränkung des Zugangs zur Ausbildung waren wie Mediziner, auch wenn sie sich in diese Richtung bewegen. Fast jede universitäre Einrichtung, die auf der Liste der amerikanischen Rechtsanwaltskammer steht, wird im Tagesbetrieb geführt; Abendschulen werden fast nie approbiert. Andererseits haben aber viele Parlamentarier ihren Abschluss an einer Abendschule gemacht. Würden sie einem Gesetz zustimmen, dass die Ausübung des Berufes davon abhängig macht, ob der Titel an einer approbierten Schule erworben wurde, dann würden ihre Wahl sie selbst disqualifizieren. Ihre Abneigung ihre eigene Kompetenz in Frage zu stellen, war der wesentliche Grund, der die Juristen daran gehindert hat, dem Beispiel der Mediziner zu folgen.

aus: Milton Friedman, Capitalism and Freedom, Chicago, 2002, Seite 152

Abend-Unis gibt es in Deutschland nicht, obwohl das eine Option wäre, über die man nachdenken kann. Was es allerdings gibt, ist das Verbot für Laien, eine Rechtsberatung durchzuführen und diese Bestimmung gibt es nur in Deutschland. (In Deutschlad ist dies nur im engsten Familien und Freundeskreis möglich.)

In der Schweiz darf sich jeder durch alle Instanzen selbst vertreten (in Deutschland nur vor Amtsgerichten) und in den meisten Ländern darf jeder rechtlich beraten, auch wenn sich nur die Leute Rechtsanwalt nennen dürfen, die einen dementsprechenden Abschluss haben. Dem Beratenen wird also in allen Staaten dieser Welt, wie in allen anderen Lebensbereichen auch, eine gewisse Mündigkeit zugesprochen. In Deutschland wird geschützt, bis sich die Balken biegen. Aus irgendwelchen nicht näher erläuterten Gründen, sind Deutsche einfach zu dämlich, die müssen dauernd vor sich selbst geschützt werden, vor allem aber muss eine Flut an Rechtsanwälten gekleidet und ernährt werden.

§ 1

Anwendungsbereich
(1) Dieses Gesetz regelt die Befugnis, außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen. Es dient dazu, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen.
(2) Regelungen in anderen Gesetzen über die Befugnis, Rechtsdienstleistungen zu erbringen, bleiben unberührt.

aus: Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen

Die Logik dieses Paragraphen erschließt sich nur Juristen, die ja bekanntlich von Wirtschaft, Fundament von allem und jedem, keine Ahnung haben. Wenn jemand eine Rechtsberatung unentgeltlich erteilt, nur möglich, in Deutschland, bei enger familiärer Beziehung, was ziemlich oft sehr kompetent möglich ist, nämlich zum Beispiel dann, wenn jemand einen Fall schon mal durchgespielt hat, dann ist seine Neigung falsch zu beraten gering.

Bekommt aber jemand Geld dafür, dass er einen Prozess eröffnet, egal wie hoffnungslos es ist, dann ist die inkompetente Beratung ökonomisch äußerst sinnvoll. Ein System, das Inkompetenz belohnt, kann nicht funktionieren. Je blöder ein Rechtsanwalt sich anstellt, desto größer die Chance, es in die zweite Instanz zu schaffen und ordentlich Geld zu verdienen. Zwar sind Juristen nicht die Hellsten, aber den Mechanismus haben sie im Grunde schon durchschaut. Wir haben es mit einem äußerst primitiven Versorgungsgesetz zu tun.

Ein vermeintliches Schutzbedürfnis der Öffentlichkeit und ein vermeintlich hoher Standard ist in der Regel das vorgeschobene Argument zur Wahrung der Interessen. Friedman greift aber auch das Argument mit der vermeintlichen Qualitätssicherung noch aus einem anderen Grund an. Es ist unökonomisch. Denn reglementiert man den Zugang über vermeintlich qualitätssichernde Zertifikate, dann wird dieser hohe Standard auch für Bereiche verlangt, wo er nicht nötig ist.

In anderen Bereichen werden dann Ausnahmeregelungen geschaffen. Eine steuerliche Beratung bei der Lohnsteuer kann z.B. auch von Lohnsteuerhilfevereinen durchgeführt werden. Würde man auch diesen Bereich nur für Steuerberater öffnen, würde man mit Kanonen auf Spatzen schießen.

Eigentlich befasst er sich mit Medizinern, macht aber immer wieder einen Schlenker zu den Juristen, die eigentlich auch das interessantere Thema sind.

A story about lawyer will perhaps illustrate the point. At a meeting of lawyers at which problems of admission were being discussed, a collegue of mine, arguing against restrictive admission standards, used an analogy from the automobile industry. Would it not, be absurd if the automobiles industry were to argue that no one should drive a low quality car and therefore that no automobile manufacturer should be permitted to produce a car that did not come up to the Cadillac standard. One member of the audience rose and approved the analogy, saying that, of course, the country cannot afford anything but Cadillac lawyers! This tends to be the professional attitude. The member look solely at technical standards of performance, and argue in effect that we must have only firstrate physicians even if this mean that some people get no medical service - though they never put it that way. Nonetheless, the view that people should get only the "optimum" medical service always lead to a restrictive policy, a policy that keeps down the number of physicians. I would not, of course, want to argue that this is the only force at work, but only that this kind of consideration leads many welle-meaning physicians to go along with policies that they would reject out-of-hand if the did not have this kind of comforting rationalization.

Eine Anekdote über Juristen verdeutlicht vielleicht den Zusammenhang [Warum hohe Standards wirtschaftlich unsinnig sind]. Auf einem Treffen von Juristen bei dem über die Frage des Zugangs diskutiert wurde, argumentierte einer meiner Kollegen gegen restriktive Standard. Dabei benutzte er eine Analogie zur Automobilindustrie. Wäre es nicht absurd, wenn die Automobilindustrie behaupten würde, dass niemand ein Auto von minderer Qualität fahren dürfe, und dass es dehalb keinem Hersteller erlaubt sein soll, ein Auto zu produzieren, dass nicht die Ausstattung eines Cadillacs habe? Ein Zuhörer stand auf und stimmte der Analogie zu. Seiner Meinung nach sollte das Land nur Cadillac Rechtsanwälte haben! Das scheint die professionelle Sicht der Dinge zu sein. Der das sagte, betrachtete nur die technischen Aspekte und behauptete, dass wir nur erstklassige Ärzte brauchen, auch wenn dies bedeutet, dass manche Leute überhaupt keine medizinische Versorgung erhalten, auch wenn er sich das noch nie so überlegt hatte. Die Ansicht, dass die Leute nur die "besten" medizinischen Leistungen erhalten sollen, führt zu einer restriktiven Politik, einer Politik, die die Anzahl der Ärzte einschränkt. Ich möchte natürlich nicht behaupten, dass dies die einzige Triebfeder sei [die andere ist wohl die Absicht, das Einkommen zu maximieren], doch ist es diese Betrachtung die viele wohlwollende Ärzte dazu bringt, eine Politik zu verfolgen, die sie völlig ablehnen würden, wenn sie nicht diese bequeme Art der Rechtfertigung hätten.

aus: Milton Friedman, Capitalism and Freedom, Chicago, 2002, Seite 152

Das Argument kann man nun natürlich leicht übertragen, aber meist überwiegt natürlich die Ideologie. Interessensverbände beklagen natürlich lautstark den Lehrermangel und genau so lautstark, wenn nicht noch lautstarker, setzen sie sich für den Beamtenstatus und für das Staatsexamen ein, der Bachelor reicht keineswegs um Bruchrechnen, Prozentrechnen und Trigonometrie zu unterrichten. Es ist natürlich jedem klar, dass der Bachelor inhaltlich in den unteren Klassen vollkommen reicht und ein Lehrer ohne Staatsexamen immer noch besser ist, als gar keiner. Der deutsche Philologenverband erkennt aber messerscharf, dass wenn der Damm einmal gebrochen ist, ein unumkehrbarer Prozess eingeleitet wird, der sich ganz konkret auf seinen Geldbeutel auswirkt. Hier trifft also beides zu. Es wird eine Qualifikation verlangt, die in Teilbereichen für den Tätigkeitsbereich überhaupt nicht notwendig ist und zweitens werden konkrete ökonomische Interessen gesichert.

Ähnliches gilt für Rechtsanwälte, wobei es da eigentlich noch gravierender ist. Der Autor hat schon die Erfahrung gemacht, dass auch Richter am ARBEITSGERICHT sehr schnell überfordert sind, wenn bei Verhandlungen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts, etwa Abfindungen, auch die Sozialgesetzgebung und die Steuergesetzgebung betroffen sind. Bei der Scheinselbständigkeit z.B. können rückwirkend Forderungen resultierend aus Beiträgen zur Sozialversicherung gestellt werden und das selbst dann, wenn die Tätigkeit steuerrechtlich als selbstständig eingestuft wurde.

Es wäre von daher günstiger, billiger und kürzer, wenn sich Juristen auf ein Gebiet spezialisieren. Sie wären für dieses Gebiet dann sogar kompetenter. In diesem konkreten Fall führt der Anspruch "Volljuristen" in fünf Jahren auszubilden sogar zu einem geringeren Standard. Hilfreich für Medienanwälte sind konkrete technische Kenntnisse, Kenntnisse in Mietrecht helfen da wenig. Da die Verzahnung zwischen einem Rechtsgebiet und einem anderen relativ gering sind und eine Tendenz besteht für bestimmte Bereiche auch eigene Verfahren einzuführen, bei Arbeitsprozessen zum Beispiel ist immer eine Güteverhandlung vorgeschaltet, kann man die Bereiche auch isoliert studieren und aufgrund des geringen Komplexitätsgrades könnte man das auch im Abendstudium erledigen.

Will man das Problem des Ärztemangels in Entwicklungsländern lösen, wäre es unter Umständen ebenfalls günstiger, von den hohen Standards abzuweichen und das Studium auf genau bestimmte Krankheiten, mit klaren Symptomen und eindeutiger Behandlung zu fokusieren.

Soweit es die Beschreibung des Problems betrifft, ist die Analyse von Friedman zutreffend, allerdings passt das nicht zu seinen zwei einführenden Kapiteln, "The relation between economic freedom and political freedom" und "The role of goverment in a free society". In diesen Kapitel, siehe oben, will er nämlich den Nachweis erbringen, dass der Staat sich vor allem raushalten soll, da die freie Marktwirtschaft alles regelt und das, was die freie Marktwirtschaft nicht regelt, auch nicht geregelt weden muss.

Die Probleme, die er schildert, sind aber ganz anderer Art. Es sind Lobbygruppen, die über den Staat ihre Priviligien durchsetzen wollen.

Er beschreibt jetzt aber nicht, wie man über diesen Ansatz zu einer Lösung der oben erwähnten Probleme kommt. Zwar wird er nach den ersten zwei Kapiteln mal konkreter, die ersten zwei Kapitel waren ja nur Hayek reloaded, aber genau das, nämlich dass er nun konkreter wird, ist sein Problem. Jetzt erwartet nämlich die interessierte Menschheit, dass er aus dem allgemeinen Hayek Geblubber über die Freiheit auch konkrete Lösungen destilliert.

Dass Gewerkschaften in der BRD gerade nicht so funktionieren, wie er sich das vorstellt, lassen wir außen vor. Tatsächlich gelten Tarifverträge auch für Nicht-Mitglieder, Gewerkschaften führen also nicht zu einer Einschränkung des Angebots an Arbeit. Körperschaften des öffentlichen Rechts und Interessensvertretungen wie die Bundesärztekammer, die Bundesanwaltskammer, Philologenverband, Apothekerverband etc., die Eintrittsbarrieren aufbauen, sind also gerade nicht mit Gewerkschaften vergleichbar. Die Subsummierung von Interessensverbänden der oben beschriebenen Art unter "trade unions" stimmt nur insofern, also diese "trade unions" die Interessen der Leute vertreten, die einen Job haben. Setzen die Gewerkschaften eine Lohnhöhe durch, die über der Grenzleistungsfähigkeit der Arbeit bei Vollbeschäftigung wäre, dann bleiben manche Leute arbeitslos. Jobs gibt es dann nur in hochproduktiven Bereichen.

Dies allerdings müsste ihn eigentlich zum Keynesianer machen. Die Forderung von Keynes besteht eben darin, jede Investition qua Zinssenkung zu ermöglichen, die noch in der Lage ist, das geschaffene Geld qua Kredittilgung anschließend wieder zu vernichten.

Interessant bei seinem Ansatz ist, dass er den Blick auf ein Phänomen lenkt, das selten in den Fokus gerät. Üblicherweise verbindet man mit einer Einschränkung des Wettbewerbs die Bildung von Trusts, Kartelle, Monopolen und heimliche Absprachen. Er lenkt den Blick auf die Tatsache, dass auch in anderen Bereichen menschliche und allzu menschliche Charaktereigenschaften wirksam sind.

Die Probleme, die er benennt, sind:

- Über hohe Eintrittsbarrieren lässt sich die Anzahl der Freiberufler reduzieren und damit die Vergütung erhöhen

- Die Verabsolutierung eines vermeintlichen Qualitätsanspruch führt zu einer Unterversorgung in den Teilbereichen, wo diese Qualität gar   nicht gefordert ist

- Eine Kontrolle der Qualität ließe sich auch durch eine freiwillige Zertifizierung lösen.

Soweit so nett. Es ist nicht mehr der Staat, der den freien Markt bedroht, sondern Verbände. Der Staat ist nur insofern involviert, als er die Macht der Verbände nicht bricht, bzw. deren Vorstellungen für Allgemeingültig erklärt. Das ist konkreter als der abstrakte Staat bei Hayek, der irgendwie für seinen bösartigen Griff nach der Herrschaft gar keine konkreten Individuen braucht, die eigene Interessen verfolgen.

Aus deutscher Sicht wären außer der Bundeszärztekammer, der Bundesanwaltskammer, diese haben ja eine Entsprechung in den USA und werden von Friedman genannt, auch noch die Handwerkskammer, der Philologenverband, der Apothekerverband, die Steuerberaterkammer etc. zu nennen, also alle Verbände, die entweder selbst verbindliche Regelungen setzen können oder Einfluss nehmen, damit Standards gesetzt werden, die ihren Vorstellungen und Interessen entsprechen. Je nach Bereich wären unterschiedliche Verfahren zur Lösung der oben erwähnten Probleme denkbar.

- Man definiert die Ansprüche an die Qualifikation nur noch für die Bereiche, die tatsächlich die öffentliche Sicherheit gefährden. Für die anderen Bereiche schafft man Zertifizierungsstellen, an denen sich der Nachfrager nach diesen Leistungen orientieren kann, wenn er sich kein eigenes Urteil zutraut. Bei Elektroarbeiten werden also z.B. nur noch für spezifische, sicherheitsrelevante Bereiche Zugangsbeschränkungen gesetzt. Ein öffentliches Interesse an einem gesetzlich reglementierten Zugang besteht aber immer dann nicht, wenn der Schaden auch über eine Versicherung beseitigt werden kann. Der Staat müsste also eine Versicherung fordern und keinen Qualitätsnachweis. Eine Versicherung würde im übrigen, so der Schaden behoben werden kann, mehr Sicherheit bieten, als eine Zugangsbeschränkung.

- In manchen Bereichen, z.B. bei Wirtschaftsprüfern, besteht von Seiten des Nachfragers kein Interesse an einer besonders qualizifierten Tätigkeit. Ein Unternehmen würde da den billigsten Anbieter wählen. Will der Staat hier im öffentlichen Interesse einen Standard setzen, also die Korrektheit einer Bilanz nach Handelsrecht garantieren, muss er Qualifikationsstandards setzen, obwohl auch hier die Schäden, die sich aus einer fehlerhaften Bilanz ergeben, über eine Versicherung beseitigt werden können; eine Möglichkeit, die ja bereits existiert.

Die Tendenz unter dem Vorwand einer vermeintlichen Gefahr für die Öffentlichkeit immer weitere Zugangsbeschränkungen zu fordern ist im übrigen brandgefährlich. Wesentlich mehr Schaden als ein unfähiger Rechtsanwalt, der ja auch dazu tendiert Schaden zu verursachen, denn je inkompetenter er ist, durch desto mehr Instanzen kann er klagen, kann eine unfähige Internetagentur produzieren, wenn sie Dinge tut, die sie nicht voll im Griff hat. Ein unsauber implementierter Shop, ein unsauber implementiertes Content Management System birgt, wird es gehackt, eine große Gefahr. Das Bestreben der Politik alle Angriffe auf Computersysteme zu melden, ist schon der erste Schritt zum staatlich anerkannten Administrator für Content Management Systeme. Von da ist es nur noch ein kleiner Schritt zur Zulassungsbeschränkung und ist diese einmal da, wird es teuer, weil über die Zugangsbeschränkung das Angebot verringert wird.

Warum in manchen Bereichen die Berufstätigkeit von Abschlüssen abhängt, aber in anderen nicht, ist ein Rätsel. Mit dem gleichen Argument, mit dem man die Möglichkeit als Rechtsanwalt tätig zu werden von einer Qualifikation abhängig macht, könnte man auch die Möglichkeit als Programmierer tätig zu werden, von einer Qualifikation abhängig machen.

Hinsichtlich der Zulassungsbeschränkung zur Durchsetzung ökonomischer Ziele, in anderen Bereichen würde man von einem nichttarifären Handelshemmnis sprechen, haben wir also ganz unterschiedliche Phänomene in unterschiedlichen Bereichen. Handwerkskammern, Rechtsanwaltskammern, Apothekervebände, Ärzteverbände, Steuerberaterkammern etc.etc. arbeiten zwar immer nach dem gleichen Muster, aber es wird kaum eine einheitliche Lösung für das Problem geben.

Zum Thema Handwerkszwang wird auf dieser Seite alles gesagt, was zu sagen ist: Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker . Dort finden sich auch alle möglichen wissenschaftlichen Studien zu dem Thema. Dieser Verband wehrt sich, mit guten Argumenten, gegen den Meisterzwang. Helfen tut es allerdings nix. Das Problem ist, dass sie gegen Institutionen anrennen, die aufgrund der Zwangsmitgliedsschaft finanziell gut ausgetattet sind. Ein ähnlicher Fall ist die IHK. Diese kann ebenfalls aufgrund der finanziellen Austattung ihre Positionen weit wirkungsvoller vertreten und eine wesentlich effizientere Lobbypolitik betreiben als private Interessensgemeinschaften.

Speziell bei der Handwerkskammer wird sich wohl über den Umweg über Europa etwas ändern, denn de facto stellen sich Inländer jetzt schlechter als "Ausländer". Während es für "Ausländer" eine Öffnungsklausel gibt, sie sich also unter bestimmten Bedingungen niederlassen dürfen ohne den "großen Befähigungsnachweis" (Meisterbrief) zu haben, gibt es für Inländer diese Öffnungsklausel nicht.

Auch hier irrt Hayek und Friedman. Allein eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit und eine Abwahl der Verhältnisse in einem demokratischen Meinungsbildungsprozess, kann hier für die Durchsetzung der Prinzipien der freien Marktwirtschaft sorgen.

Ähnlich eindeutig ist das Ergebnis bei den Juristen. Da in keinem Land der Welt eine Zugangsbeschränkung für die Rechtsberatung besteht, ist der Unsinn offensichtlich. Aber auch hier kann allein eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit die Verhältnisse ändern.

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Infos und Anmerkungen:

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Das Buch zur Webseite.

 

Im Vordergrund steht nicht mehr die Allokationswirkung des Marktes, sonders der Markt wird zum Garant der Freiheit


Es ist auch nicht mehr, wie bei Adam Smith, der Markt selbst, der inhärente Tendenzen hat sich abzuschaffen, sondern der Staat, ist die Bedrohung der marktwirtschaftlichen Ordnung.

Es besteht also ein deutlicher Unterschied zwischen dem Neoliberalismus und dem Ordoliberalismus

 


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