Mit der Fiktion des vollkommenen Marktes wurden alle Probleme aus der
VWL hinausexpediert. Der vollkommene Markt ist das Tor, durch das die
VWL die Parallelwert betreten hat.
Das heißt zu Deutsch: Es gibt keine Unsicherheit. Wir werden später, bei Keynes noch sehen, dass es reicht an diese Prämisse, also dass Sicherheit herrscht,
die Axt anzulegen, um das ganze klassische System zum Einsturz zu bringen. Von allen anderen Fehlern mal abgesehen. Es ist skurril, dass man ausgerechnet allerorten und quer durch die Journaille Keynes vorwirft, die marktwirtschaftliche Ordnung teilweise außer Kraft setzen zu wollen, obwohl niemand das zentrale Moment marktwirtschaftlicher Ordnung, Unsicherheit und unvollständige Information so ins Zentrum seines Systems rückt wie Keynes.
Der vollkommene Markt ist ein Modell, bei dem das zentrale Moment marktwirtschaftlicher Ordnungen nicht mehr verkommt. Die Überlegenheit marktwirtschaftlicher Ordnungen zeigt sich darin, dass sie durch die dezentrale Informationverarbeitung qua Preise sich wesentlich schneller an strukturelle Änderungen anpassen können, als jede andere Wirtschaftsform. Geht man aber von vollkommener Information aus, negiert also Unsicherheit, löst die marktwirtschaftliche Ordnung Probleme, die es gar nicht gibt. Anders formuliert: Ein Modell wie der vollkommene Markt, das von dem zentralen Aspekte des Objektes, das er modellieren will abstrahiert, ist vollkommener Quatsch. Vergleichbar einer Straßenkarte, ebenfalls ein Modell, bei der die Straßen nicht eingezeichnet sind.
Der vollkommene Markt ist ein extremes Beispiel für ökonomische Modelle. Ökonomische Modelle, siehe Sinnhaftigkeit der mathematischen Modellierung, beschreiben Interdependenzen zwischen Effekten, abstrahieren aber von den Ursachen, die diese Effekte hervorbringen. Man erhält dann eine unendliche Fülle an nonsense Aussagen, wie z.B. die Aussage, dass der Lohn der (monetär) bewerteten Grenzleistungsfähigkeit des Faktors Arbeit entspricht. Da aber die Grenzleistungsfähigkeit des Faktors Arbeit lediglich der Effekt einer Ursache ist, bleibt die Höhe dieser Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals vollkommen unbestimmt. Die Aussage gilt für Tibet genaus so wie für Frankreich, entbehrt aber jeder Aussagekraft.
Teilweise verstricken sich solche Modelle auch in Widersprüche. Die neoklassische Vorstellung, dass die Grenzleistungsfähigkeit der Produktionsfaktoren in allen Verwendungen durch Zu- und Abgang ausgeglichen wird, widerspricht der Vorstellung, dass Renten entstehen. Hier wird von strukturellen Problemen, die den Ausgleich behindern, einerseits abstrahiert, andererseits sind sie aber implizit vorhanden. Wir erhalten einen nonsense Aussage.
Wir werden auf das Thema noch x-Mal zurückkommen, siehe auch z.B. wissenschaftstheoretische Grundlagen. Es ist davon auszugehen, dass die VWL entweder in der Bedeutungslosigkeit verschwindet, weil die mathematische Modellierung keine relevanten Aussagen mehr ermöglicht, oder sich mit den eigentlichen Ursachen eines ökonomischen Problems beschäftigt. Vermutlich aber ersteres.
Der vollkommene Markt geht davon aus, dass
- es keine räumlichen Präferenzen gibt
- keine zeitlichen Präferenzen gibt
- die Güter vollkommen homogen sind
- die Anpassung an Änderungen unendlich schnell erfolgt
- und dass vollkommene Information herrscht (Markttransparenz)
Selbst wenn all diese Prämissen zuträfen, beschreibt der vollkommene Markt
lediglich ein statisches Gleichgewicht. In diesem Modell gibt es im Übrigen
auch keinen homo oeconomicus mehr, denn eines solchen bedarf es nicht.
Wenn alles bekannt ist, kann man auf das Moment, wo die marktwirtschaftliche
Ordnung ihre Überlegenheit ausspielt, die Informationsverarbeitung, verzichten
und folglich braucht es auch niemanden mehr, der Informationen verarbeitet.
Der homo oeconomicus ist dort ein Roboter, der mechanisch bestimmte Dinge
tut. Das macht jeder Computer besser.
In dieser statischen Welt gibt es keine Veränderungen der Produktionstechnik,
keine neuen Produkte, keine Innovationen. Ist das Gleichgewicht erreicht,
und dieses wird in Sekundenschnelle erreicht, in dem Moment, in dem zwei
Striche auf's Papier gemalt sind, ist es auch schon da und bleibt so
bis zum jüngsten Gericht.
Es hat sage und schreibe fast 150 Jahre gedauert, bis mal jemandem aufgefallen ist,
dass Wirtschaft so nicht funktioniert. Erst mit der Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung von Joseph Schumpeter im Jahre 1911 ist mal jemandem aufgefallen,
dass das mit dem vollkommenen Markt ziemlicher Blödsinn ist.
Der vollkommene Markt kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass er ein Modell ist, anhand dessen sich bestimmte Phänomene
besser analysieren lassen. Ein Modell, dass die zentralen Probleme von vorneherein eliminiert, ist schlicht Schwachsinn. Hier liegt die Klassik
und der Ordoliberalismus dichter an der Realtität als die Neoklassik à la
Vilfredo Pareto, Carl Menger und Léon Walras. (Alfred Marshall sollte man nicht in einem Atemzug mit jenen Gestalten nennen, das ist eine andere Liga.)
Der vollkommene Markt, der die Funktionsweise einer marktwirtschaftlichen
Ordnung erklären soll, ähnelt im Grunde mehr der Planwirtschaft. Wie diese
negiert er alles und damit das Wesentliche, was eine marktwirtschaftliche
Ordnung ausmacht: Dynamik, Kreativität, Innovation. Charakteristisch für
die Marktwirtschaft sind sich ständig ändernde Präferenzen, unvollkommene
Information, nicht homogene Güter etc.. Also ständiger Wandel. Der vollkommene
Markt negiert alles, was für die Marktwirtschaft typisch ist. Wo vollkommene Information herrscht, was ja letztlich das gleiche ist wie
vollkommen Markttransparenz, braucht man nicht suchen. Suchen ist aber das zentrale Moment der marktwirtschaftlichen Ordnung.
Wären die Prämissen richtig, wäre die Planwirtschaft eindeutig überlegen. Bei vollkommener Information ist Wirtschaft planbar und was planbar ist, sollte man auch planen. Die Neoklassik ist nicht der Gegenspieler des Marxismus. Sie ist eine Variante des Marxismus. Das Verdikt Poppers, dass sich Geschichte nicht vorhersagen lässt, er münzt das auf den Marxismus, trifft gleichermaßen die Neoklassik. Bei der methodischen Ähnlichkeit, sind die inhaltlichen Unterschiede vernachlässigbar, zumal beide Konzepte fundamentale Fehler, z.B. sparen / akkumulieren als nicht verkonsumierte Einnahmen aus der Vergangenheit, gemeinsam haben.
Der entscheidende Vorteil der marktwirtschaftlichen Ordnung ist, dass
sie die effizientere Informationsverarbeitung bietet, das heißt schneller
auf Veränderungen reagiert und mit fehlerhaften, unvollständigen Informationen
und Unsicherheit fertig wird. Genau dieser Sachverhalt wird aber vom vollkommenen
Markt negiert, dort herrscht vollkommene Information. Das eigentliche,
sehr konkrete Problem, das die marktwirtschaftliche Ordnung offensichtlich
effizienter löst als die Planwirtschaft, wurde durch die Fiktion der vollkommenen
Information schlicht aus dem Modell hinausexpediert.
Wir sehen also, dass Beamte, dazu gehört auch die dozierende Ökokaste,
eine Seuche sind. Auch wenn der Lebenslauf lediglich aus Penne => Studi
=> Unidozent besteht, sollte man meinen, dass diese irgendwann kapieren, durch
Freunde / Bekannte, die im Berufsleben stehen,
die ihnen die Komplexität der marktwirtschaftlichen Ordnung irgendwie
näher bringen und verdeutlichen, alternativ kann man man noch Zeitung lesen, wo von
Unternehmen die Rede ist, die gescheitert sind oder erfolgreich waren, dass mit dem Kinderkram vom vollkommenen
Markt in der Praxis kein Blumentopf zu gewinnen ist. Wenn vollkommene Transparenz herrscht, müsste ja auch ausgeschlossen sein, dass Unternehmen pleite machen. Das allerdings passiert ständig.
Wurde der Quark aber erstmal in ein paar Tausend Lehrbüchern abgedruckt
und hat man selbst im Studium fleißig Kurven hin- und hergeschoben, dann
scheint der unverstellte Blick auf die Realität irgendwie für immer verbaut
zu sein, wobei dieser Spezie Mensch, da sie via Steuergelder alimentiert
wird, eben diese Realität auch breitseitig am Arsch vorbeigeht.
Traditionen, die solche Primitivmodelle wie den vollkommenen Markt in
Frage stellen, gibt es durchaus, zum Beispiel Schumpeter, aber in die
Lehrpläne hat nur der Kinderkram Eingang gefunden, wo man ein bisschen
Schulmathematik betreiben kann, also Kurvendiskussion und so.
Die Präferenz für diesen Kinderkram ist eine Art Selbstschutz. Da man
genau weiß, dass man von der Praxis keine Ahnung hat, verkauft man den
Kinderkram als Wissenschaft und immunisiert ihn gegen die Praxis mit der famosen ceteris paribus Klausel. Hier werden aber zwei Dinge verwechselt: Eine Sache ist, bestimmte Parameter in einem an sich aussagekräftigen Modell konstant zu halten. Etwas ganz anderes ist es, ein Modell zusammenzubasteln, das die wesentlichen Merkmale des Objektes, das modelliert werden soll gar nicht enthält.
Für die Studis bedeutet das, dass sie zwar ein bisschen länger studiert
haben, dafür aber auch ein bisschen weniger können. Es gehört schon einiges
an Chupze dazu, wenn man unter diesen Auspizien auch noch Studiengebühren
mit einer Verbesserung der Studiensituation rechtfertigen will. Es würde
schon reichen, wenn die Jungs und Mädels nicht dreißig Jahre lang denselben
Quark auf den Overhead Projektor pinseln, sondern mal ein Praktikum in
einem Unternehmen machen.
Wir lernen aber, dass Systeme, wie etwa die Uni oder die Schulen, die
nicht über den Wettbewerb kontrolliert werden können, die Tendenz haben,
vollkommen aus dem Ruder zu laufen. Systeme, die nicht über den Eigennutz
des homo oeconomicus gesteuert werden können, wo also der individuelle
Nutzen und der gesamtwirtschaftliche Nutzen nicht deckungsgleich sind,
wären auf die moralische Integrität der Akteure angewiesen und diesbezüglich
lehrt uns die akademische Ökokaste, dass dies eine Vorstellung ist, die bestenfalls romantisch,
aber realistischerweise als naiv bezeichnet werden kann.
Womit wir wieder beim Thema wären. Wir haben unter den 80 Millionen Deutschen
inzwischen ausreichend Personal, das über solche Fragen, also wie man
Studiengänge, die nicht automatisch, wie etwa die Medizin, der scharfen
Kontrolle durch die Realität unterworfen sind, fundiert öffentlich nachdenken
kann. Wir brauchen keine Debatte darüber, ob man das Kind Bachelor / Master
/ Magister / Diplom / Staatsexamen etc. etc. nennt, das ist völlig egal.
Wir brauchen aber eine Diskussion darüber, was da inhaltlich und didaktisch passiert.
Lehrpläne von Leuten stricken zu lassen, die praktisch keine Berufserfahrung
haben, macht da wenig Sinn.
Das Modell des vollkommenen Marktes wird oft dadurch gerechtfertigt, dass
es eine Marginalanalyse ermögliche, also letztlich zu präziseren Ergebnissen
führe, als Adam Smith, der die Welt noch mehr so aus der Sicht des gesunden
Menschenverstandes betrachtet hat. Das stimmt sogar, allerdings ist der
Grenznutzen der Erkenntnis, der durch den vollkommenen Markt erzielt werden
kann, ziemlich grenzwertig.
Bei Adam Smith wird, bei vollkommener Konkurrenz, ein Produkt angeboten,
wenn der "natürliche" Preis, siehe optimale
Faktorallokation, so hoch ist, wie die Summe aus Lohn, Bodenrente
und Zins, was für ihn die drei Kostenfaktoren bei der Produktion einer
Ware sind.
Vereinfacht: Ein Produkt wird angeboten, wenn der Verkauf zumindest alle
Kosten deckt. (Wobei sich Adam Smith offensichtlich mit der Frage beschäftigt
hat, wieso in einer Wettbewerbsituation, wo ja jeder Gewinn abgeschmolzen
wird, sich ein Preis herausbildet, der über dem "natürlichen" Preis, also
dem gerade noch existenzsichernden Preis liegt. Deshalb führt er den Marktpreis
ein. Ein Marktpreis, der vom natürlichen, kostendeckenden Preis abweicht, kann sich bilden, wenn sich die Nachfrage sich ändert und sich der Produktionsapparat an die veränderte Situation noch nicht angepasst hat. "Natürlich" sind die Preise der Produktionsfaktoren, weil der Preis für einen Produktionsfaktor durch Ab- und Zugang in jeder Verwendung tendentiell gleich ist.)
Das können wir unmittelbar nachvollziehen. Kein Bäcker wird auf jedes
Brötchen, das er verkauft, nochmal 20 Cent drauflegen und tut er es dennoch,
hat er entweder ein Vermögen geerbt oder er macht es nicht allzulange.
Damit ist für den Bedarf der Praxis alles gesagt und das kapiert auch
jeder, auch der Konsument. Das ist der Grund, warum die marktwirtschaftliche
Ordnung so gut funktioniert. Die Regeln sind verdammt einfach, jeder,
absolut jeder, kennt und kapiert sie.
Aussagen, über die tatsächliche Menge an produzierten Gütern lassen sich
so nicht machen und Machtverhältnisse (Polypool, Oligopol, Monopol) lassen
sich ebenfalls nicht genau beschreiben. Dieses Manko können wir
aber ohne weiteres verschmerzen, da es für die Praxis keine Rolle spielt
und die Marginalanalyse der Neoklassik auch nur im theoretischen Modell präziser
ist. Die Praxis arbeitet mit einer gestuften Deckungsbeitragsrechnung.
Die Neoklassik und der vollkommene Markt kann den Marktprozess nur im
theoretischen Modell präziser beschreiben, wobei uns die präzisere theoretische
Beschreibung in der Praxis keinen Millimeter weiterbringt.
Unter Abstraktion von den konkreten Produktionsverhältnissen, den S-förmigen
Verlauf der Gesamtkostenkurve dürfen wir hierbei getrost als eine theoretische Fiktion betrachten,
und unter der Annahme, dass sich die Güter nicht unterscheiden, kann die
Neoklassik mit der berühmten Marginalanalyse arbeiten.
Zentral sind hierbei zwei Annahmen. Zum einen, dass ab einem gewissen
Punkt die Grenzkosten, also die Kosten der letzten Einheit, steigen, jede
weitere Menge also mehr kostet, als die zuvor produzierte Menge, wobei
es schwierig ist, dafür konkrete Beispiele zu finden.
Wir konstruieren mal eines. Hat ein Produkt nur sehr wenige Hersteller,
etwa Smartphones, Apple und Samsung, und braucht dieses Produkt einen
sehr teuren Rohstoff, etwa, wie bei den Smartphones, seltene Erden, dann
wird dieser Rohstoff bei der Ausdehnung der Produktion immer teurer. (Also
nicht wie beim Bäcker. Wenn der eine Tonne Mehl kauft, kriegt er mehr
Rabatt, als wenn er nur eine halbe Tonne kauft.)
Es ist dann vorstellbar, dass die Herstellungskosten bei Ausdehnung der
Produktion ansteigen, also die Zunahme der variablen Kosten die Abnahme
der Kosten durch die Fixkostendegression überkompensiert. Die Herstellungskosten
pro Stück nehmen also bei einer Ausdehnung der Produktionsmenge zu, die
letzte Einheit ist teurer in der Produktion, als die vorherige Einheit.
Das ist die erste zentrale Aussage.
Die zweite zentrale Aussage ist, dass sich im Preis, den der Käufer für
ein Produkt zu zahlen bereit ist, der Nutzen niederschlägt, den der Käufer
durch den Erwerb dieses Gutes erhält. Das ist nachvollziehbar. Ein Schwabe
wird für die erste Schwarzwälderkirschtorte locker 30 Euro bezahlen. Aber
auch der hartnäckigste Schwabe, für den sich das Wohlbehagen im Paradies
nicht, wie im Islam, aus der Anzahl der zur Verfügung stehenden Jungfrauen
ergibt, sondern aus der Anzahl der zur Verfügung stehenden Schwarzwälder
Kirschtorten, wird nicht bereit sein, 30 Euro für die hundertste Schwarzwälderkirschtorte
zu bezahlen, wenn er physisch nicht mehr in der Lage ist, diese auch konkret
zu verspeisen.
Mit zunehmender Menge nimmt also der Nutzen und damit der Preis ab, den
der Käufer bereit ist zu zahlen, bzw. je teurer ein Gut ist, desto unwahrscheinlicher
ist es, dass der im Preis ausgedrückte Nutzen dem zu zahlenden Preis entspricht. Ein konkretes Produkt wird also aus zwei Gründen in die Zange genommen. Mit zunehmendem Konsum sinkt der Nutzen und damit auch die Bereitschaft, dafür Geld auszugeben. Des weiteren steht ein Produkt immer in Konkurrenz zu anderen Produkten. Stiftet ein Fahrrad den gleichen Nutzen wie ein Computer, ist aber billiger, dass wird das Fahrrad gekauft, weil es den gleichen Nutzen für weniger Geld liefert.
Wir haben also zwei gegenläufige Tendenzen. Zum einen steigen die Grenzkosten bei Ausdehnung der Produktion,
zum anderen finden sich immer weniger Leute, die mit dem Kauf einen solchen
Nutzenzuwachs erleben, dass sie bereit sind den hohen Preis zu bezahlen.
Damit lässt sich dann, im theoretischen Modell, das Gewinnoptimum bestimmen.
Der Anbieter wird solange anbieten, wie die Herstellungskosten der letzten
Einheit noch niedriger sind, als der Preis, den er am Markt erzielen kann,
weil dann sein Gewinn noch steigt. Sind die Herstellungskosten der letzten
Einheit aber höher als der Preis, wird sein Gewinn abnehmen, was allerdings
NICHT heißt, wie man oft liest, dass er dann Verlust macht, die DURCHSCHNITTSKOSTEN
liegen ja immer noch unter dem Preis. Von daher kommt man dann
auf die schlichte Gleichung Grenzkosten = Preis (im Polyopol), bzw. Grenzkosten
= Grenzerlös (im Monopol).
Die oben gemachten Überlegungen kann man nun gleichermaßen mikroökonomisch
darstellen, also in Bezug auf das einzelne Unternehmen, wie auch makroökonomisch,
in Bezug auf alle Unternehmen derselben Branche. Wer will, kann von der
mikroökonomischen Ebene auf die makroökonomische Ebene umschwenken, indem
er die Werte der einzelnen Unternehmen zusammenaddiert. Die hübsche Zeichnug,
die sich in jedem Lehrbuch findet, also die Angebotskurve und die Nachfragekurve
zeigen diesen Sachverhalt. Die Angebotskurve ist eine aggregierte Grenzkostenkurve,
die Nachfragekurve, ist eine aggregierte Nutzenfunktion.
Mit diesem Modell lassen sich, in der Theorie, auch die Renten präziser
beschreiben. Der Gleichgewichtspreis wird bestimmt durch den ineffientesten
Anbieter, der gerade noch nach der Regel Grenzkosten = Preis angeboten
hat und durch den zahlungsunfreudigsten Nachfrager.
Es gibt also Anbieter, die auch zu einem geringeren als dem tatsächlichen
Marktpreis angeboten hätten (aber ihre Produktion kurzfristig nicht bis
zum Punkt Grenzkosten = Preis ausdehnen können).
Diese erhalten sozusagen ein bedingungloses Grundeinkommen. Ohne einen
Handschlag dafür zu tun, erhalten sie einen Mehrerlös in der Höhe der
Differenz zwischen dem Marktpreis und dem Preis, zu dem sie schon angeboten
hätten.
Um es sich an einem einfacheren Beispiel klar zu machen, das Beispiel
stammt aus Wealth of Nations: Innerhalb einer Stadt gibt es EINEN Preis
für Mehl. Das Mehl kann aber von einer Mühle direkt vor der Stadt stammen,
die den Weizen wiederum von Farmen bekommen hat, die in der Nähe dieser
Mühle liegen, oder von weit entfernten Mühlen, deren Mehl erst in die
Stadt transportiert werden musste, was Kosten verursacht. In der Höhe
dieser Transportkosten erhalten die Farmen und der Müller in der Nähe der Stadt eine Rente,
das heißt ein leistungsloses Einkommen. Dass sie sich die Transportkosten haben sparen können, beruht nicht auf überlegener Leistung. Es hat schlicht mit der Tatsache zu tun, dass ihre Farmen näher bei der Stadt liegen.
Wer will kann finden, dass die berühmte Konsumenten- und Produzentenrente
der Neoklassik (genau genommen von Alfred Marshall), ökonomisch gesehen
genau so entsteht, wie die Bodenrente bei David Ricardo. (Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Bodenrente definitiv nicht durch Leistung ensteht, die Rente bei Alfred Marshall allerdings entsteht durch eine effizientere Produktion, was ja Ausdruck einer Leistung ist.)
Nimmt man es also ganz genau, dann ist die Neoklassik auch keine marginalistische Revolution, denn letztlich ist es lediglich eine Verallgemeinerung
der Bodenrente von Ricardo. Es bildet sich EIN Marktpreis, aber in Abhängigkeit von der Entfernung kann das Mehl zu UNTERSCHIEDLICHEN Kosten angeboten werden
und es gibt einen GRENZANBIETER für Mehl, der es gerade noch schafft, zum MARKTPREIS anzubieten. Alle die drunter liegen, also näher an der Stadt sind (oder fruchtbarere Böden haben) erzielen eine PRODUZENTENRENTE.
Diesselbe Logik kann man jetzt überall answenden. Es gibt EINEN MARKTPREIS für Nägel und viele Unternehmen, die zu unterschiedlichen Kosten Nägel anbieten können (in einer jeweils begrenzten Menge) und einen GRENZANBIETER, der es gerade noch schafft, zum MARKTPREIS anzubieten. Die Nägelhersteller, die billiger produzieren können, erhalten eine PRODUZENTENRENTE.
Allerdings ist die Konsumenten- und Produzentenrente im neoklassischen
Modell eine Momentaufnahme. Die Rente kann nur sinnvoll über einen Zeitraum (bzw. die in diesem Zeitraum abgesetzte Menge)
definiert werden. 1500 Euro Rente im Monat ist relativ viel, 1500 Euro
Rente in 10 Jahren ist nichts. Die Konsumenten- / Produzentenrente ist
also sozusagen eine Momentaufnahme, bezieht sich auf die gleichgewichtige
Menge. Wird der Kauf und Verkauf nicht wiederholt, gibt es keine Rente
mehr. Dem Modell fehlt eine Periodenbetrachtung.
Wir sehen also, dass die Neoklassik tatsächlich das Phänomen präziser
beschreibt, zumindest in der Theorie, als Adam Smith (bei Ricardo sind wir uns da nicht mehr so sicher). Für die Praxis reicht
der gesunde Menschenverstand à la Adam Smith allerdings vollkommen aus.
Der Grenznutzen der Neoklassik ist dicht bei null.
Ein halbes Semester oder gar ein GANZES SEMESTER lang Neoklassik, die
Mikroökonomie ist nichts anderes als die Neoklassik, ist dann ganz definitiv
viel zu lang. Es gibt nämlich auch sowas wie Opportunitätskosten, also
Kosten, die entstehen, weil eine alternative Verwendung der Produktionsfaktoren, in diesem Fall Zeit, einen höheren Beitrag erbracht hätte.
Der Gewinn oder in diesem Fall der Erkenntniszuwachs, muss immer unter
dem Gesichtspunkt gesehen werden, was man in derselben Zeit hätte erreichen
können. Ein Unternehmen, das durch einen Auftrag die Summe X verdient,
aber dann einen anderen Auftrag, bei dem es das doppelte verdient hätte,
nicht mehr annehmen kann, ist reichlich dämlich.
In diesem Semester, das für die neoklassischen Sophismen hops geht, hätte
man Russisch / Japanisch / Chinesisch, Java oder C++ lernen können, sich
in Oracle Datenbanken einarbeiten, die Buchführung mit SAP machen können
und, und, und. Das eigentliche Problem dürfte schlicht dieses sein. Die
dozierende Ökokaste kann schlicht gar nichts anderes. Sie erzählt mangels
Alternativen den gleichen Quark ad calendas graecas.
Das Fatale am vollkommenen Markt ist, dass mit der Fiktion der vollkommenen
Information das zentrale Problem der marktwirtschaftlichen Ordnung verschwindet.
Die Information ist nämlich tatsächlich derartig unvollkommen, dass die Fiktion der
totalen Desinformiertheit der Realität sehr viel näher kommen würde.
Kein Unternehmer weiß, und das ist ein ungemein bedauerlicher Zustand,
was die Zukunft bringt. Dabei sind Hersteller von Gütern des täglichen
Bedarfs noch in einer vergleichweise komfortablen Situation. Sie wissen
zwar auch nicht, was in Zukunft passiert, aber zumindest wird sich die
Situation nicht von einem Tag auf den anderen radikal ändern.
Handwerker, die von wenigen Aufträgen abhängen, können von einem Tag auf
den anderen in Konkurs gehen. Selbst das Gesetz der großen Zahl, also
die Hoffnung, dass sich im statistischen Mittel Fehlprognosen und korrekte
Prognosen oder Abweichungen nach unten und nach oben in der Summe ausgleichen,
trifft kaum zu.
De facto ist niemand in der Lage, irgendwelche Aussagen das nächste Jahr
betreffend zu machen. Wir können uns nur überlegen, wie eine Gesellschaft
geschaffen sein muss, die mit Unsicherheit optimal umgehen kann. Ein Aspekt
ist hierbei mit Sicherheit Flexibilität, die wiederum mit steigendem Bildungsniveau
zunimmt, zumindest wenn Bildung mehr ist, als das Herunterbeten des immer
gleichen Quarks.
Des Weiteren ist kaum zu erwarten, dass die institutionalisierte Bildung
mit der Komplexität Schritt hält. In Fächern wie VWL oder den Geisteswissenschaften
lässt sich wohl sagen, dass sie inhaltlich und didaktisch mehr oder weniger über weite Strecken
auf dem Stand von vor 200 Jahren stecken geblieben sind. Bezüglich der Art der Vermittlung von
Wissen entspricht die heutige Universtität eigentlich weitgehend dem,
was im Mittelalter Standard war. Wir schreiben immer noch das Jahr 2012.
Wenn der Leser findet, dass alles nicht mehr zutrifft, dann ist er eben
in der Zukunft.
Die Vorlesung war in einer Zeit, als Bücher noch abgeschrieben werden mussten,
durchaus, mangels Alternativen, sinnvoll. Inzwischen ist aber auch schon
das Buch etwas obsolet. Es gibt also nicht viel, was darauf hindeuten
würde, dass die institutionalisierte Bildung mit dem Wissenschfortschritt
Schritt hält. Die eigentliche Ausbildung genau so wie die Bildung wird sich also in
informelle Bereiche verlagern, also ins Internet, das bereits gezeigt
hat, dass es die nötige Flexibilität besitzt.
nach oben ...
Das Modell des vollkommenen Marktes eliminiert genau
das Element, welches für marktwirtschaftliche Ordnungen typisch ist.
Ganz im Gegensatz zu dem, was allgemein geglaubt wird, ist Keynes dichter an der Marktwirtschaft. Unsicherheit wird bei Keynes zum zentralen Problem.
Die Art, wie Adam Smith die Allokation der Produktionsfaktoren beschreibt, reicht vollkommen aus und beschreibt auch eher die Dynamik marktwirtschaftlicher Ordnungen.