Das mag kurios sein, aber Adam Smith sieht die Bedrohung der freien Marktwirtschaft weniger im Staatsinterventionismus, wohl auch bedingt durch die Tatsache, dass zu seiner Zeit die staatliche Aktivität insgesamt noch überschaubar war, sondern in der Bildung von Monopolen, Kartellen und Absprachen. In dieser Hinsicht gibt es einen entscheidenden Unterschied zu Hayek und Friedman, die ja im Grunde nur die Grundideen von Adam Smith wiederkäuen, bis auf die Tatsache eben, dass Hayek die freie Marktwirtschaft weniger durch Trusts und Monopole gefährdet sieht, als durch den Staat.
People of the same trade seldom meet together, even for merriment and diversion, but the conversation ends in a conspiracy against the public, or in some contrivance to raise prices. It is impossible, indeed, to prevent such meetings, by any law which either could be executed, or would be consistent with liberty and justice. | Leute aus derselben Branche treffen selten aufeinander,
auch wenn der Anlass festlicher Natur ist oder der Zerstreuung
dient, ohne dass die Gespräche um eine Konspiration gegen
die Öffentlichkeit kreisen oder um die Frage, wie man die
Preise heben kann. Es ist tatsächlich unmöglich, durch irgendein
Gesetz, das man auch tatsächlich durchsetzen kann, oder
das mit irgendeiner Vorstellung von Freiheit und Gereichtigkeit
vereinbar wäre, solche Absprachen zu verhindern. aus: Book I, Chapter XI |
Damit erhalten wir natürlich jetzt erstmal eine starke Einschränkung des homo oeconomicus (ein Begriff, den Adam Smith gar nicht verwendet). Der homo oeconomicus, der allein auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist, aber eben dadurch das Gemeinwohl fördert, weil der Bäcker eben dann am meisten Brötchen backt, wenn das in seinem Interesse liegt, muss dem Wettbewerb ausgesetzt sein, der ihn dazu zwingt, seine Brötchen so billig wie gerade noch möglich zu verkaufen, im theoretischen Modell der Neoklassik also zum Preis der Grenzkosten, bei Adam Smith zu dem Preis, bei dem der natürliche Lohn, die natürliche Rente, der natürliche Profit gedeckt ist, siehe natürlicher Preis / Marktpreis.
Der unproduktivste Anbieter legt also den Marktpreis fest. Die Bäcker, die ihre Brötchen billiger backen können, erhalten eine Produzentenrente. Nur in diesem Rahmen, also unter scharfem Wettbewerb, erfüllt der homo oeconomicus seine gesellschaftliche Funktion, weil er nur in dieser Situation zur Leistung verpflichtet ist.
(Im Grunde ist also die Marginalkostentheorie etwas widersprüchlich. Die Grenzerträge / Grenznutzen eines Produktionsfaktors eines Gutes sollen sich, bei Léon Walras und Vilfredo Pareto expressis verbis, ausgleichen, also in jeder Verwendung gleich sein. Dies entspricht der Idee des natürlichen Preises bei Adam Smith. Produktionsfaktoren wandern solange, bis die Grenzerträge gleich sind, wobei von strukturellen Problemen abgesehen wird. Eine Produzentenrente kann aber nur entstehen, wenn die Produktionsfaktoren eben nicht wandern können, andernfalls hätten alle Produzenten die gleiche Kostenstruktur und eine Rente würde nicht entstehen. Alfred Marshall geht also, durchaus korrekt, davon aus, dass die Produktionsfaktoren eben nicht beliebig in jede Verwendung wandern können.)
Ein Monopol, ein Kartell, eine Handwerkszunft, Absprachen würde ihm einen Gewinn bescheren, der nicht durch Leistung verdient wurde und wird folglich von Adam Smith abgelehnt. Anders formuliert. Es werden alle Renten abgelehnt, die lediglich auf Macht beruhen.
Das ist die früheste Aussage eines generellen Zusammenhanges. Die Volkswirtschaftslehre muss nachweisen, dass ihre Vorstellungen nicht irgendwelche Partikularinteressen bedienen, sondern den gesamtwirtschaftlichen Wohlstand optimieren.
Alles andere wäre aus zwei Gründen sinnlos: 1) Es ist relativ einfach, ein System zu zimmern, wenn man lediglich Partikularinteressen bedienen will, denn ein Partikularinteresse braucht gar keine theoretische Fundierung. Ohne jede theoretische Fundierung war den Raubrittern des Mittelalters, dem Adel vor der Französischen Revolution, den Sklavenhaltern etc. etc. völlig klar, dass ihre Partikularinteressen bedient werden. Sie brauchten nur einen ideologischen Überbau, damit die Situation etwas eleganter aussah. 2) Die Durchsetzung von Partikularinteressen zu Lasten der Mehrheit ist in einer Demokratie gar nicht durchsetzbar. "Erkenntnisse", die lediglich Partikularintessen bedienen, wären schlicht nicht relevant, da sie im politischen Entscheidungsprozess nicht durchsetzbar wären.
Allerdings haben wir auch noch heute eine Branche, die völlig konträr zur marktwirtschaftlichen Ordnung organisiert ist und wo wir alle Verwerfungen, die dies mit sich bringt, begutachten können: Die Rechtssprechung. Wir haben uns damit mal intensiv, anhand eines illustrativen Beispiel beschäftigt, siehe www.recht-eigenartig.de. Auch dort setzt sich zwar mittlerweile die Erkenntnis durch, dass auch dieser Bereich den Mechanismen der marktwirtschaftlichen Ordnung unterworfen werden muss und Controllinginstrumente werden eingeführt, aber es ist ein schwerer Kampf.
Problematischer ist da schon der zweite Punkt, die behauptetete Unmöglichkeit, solche Absprachen, Kartelle, Monopole qua Gesetz zu verbieten, denn de facto sind sie heute qua Gesetz verboten. Das Gesetz ist da erstmal recht deutlich und unmissverständlich.
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen:
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Das Gesetz führt dann relativ präzise aus, wann es eine Einschränkung / Verfälschung des Wettbewerbs für indiziert hält und wer (das Bundeskartellamt), was dagegen tut. Wer will, kann sich das Gesetz durchlesen, es steht im Netz, einfach googeln oder hier, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, clicken.
Es ist also nicht unmöglich, wie Adam Smith sagt, ein solches Gesetz zu erlassen, das ist sehr wohl möglich, de facto gibt es sowas in allen Ländern. Schwieriger wird es mit seinem Nachsatz: Ist ein solche Gesetz auch mit der Freiheit vereinbar?
Wer regelmäßig Zeitung liest, bzw. die DPA / AFP / REUTER Meldungen, die von der Journaille aufgehübscht werden, der weiß zum Beispiel, dass Microsoft alle Jahre wieder Millionenbeträge an die EU abdrückt, weil Microsoft mal wieder mit irgendwelchen Maßnahmen den Wettbewerb behindert haben soll.
2,5 Milliarden Euro zahlte Microsoft allein dafür, dass der Internet
Explorer fest in das Bestriebssystem integriert wurde, weil dies andere Browser
Hersteller benachteiligen soll. Das ist jetzt natürlich sehr grenzwertig, weil
kein User deshalb verpflichtet ist, den grottenschlechten Exploder zu verwenden,
nur um über eines der zahlreichen Sicherheitsrisiken desselben einen Virus
auf seinen Computer zu holen.
Jeder kann den Internet Exploder fünf Minuten nutzen, nämlich exakt solange, wie man braucht, um sich einen richtigen Browser runterzuladen, Firefox, Opera, Chrome whatever.
Die Alternative, das Betriebssystem schlicht ohne Browser anzubieten, wäre
nun selten dämlich, dann könnte man einen anderen Browser nämlich nicht
runterladen und die anderen Browser vorzuinstallieren, wäre noch dämlicher,
weil die CD-Versionen veraltet wären.
Ursprünglich, zu seligen Zeiten von Windows 95, musste man den Browser noch
extra kaufen, dass war zwar wettbewerbsrechtlich in Ordnung, aber ziemlich
unpraktisch. Man darf der EU-Behörde ruhig unterstellen, dass auch die Gewinnerzielungsabsicht
eine Rolle gespielt hat. Microsoft steht eigentlich aufgrund seiner zweifelsohne
vorhandenen marktbeherrschenden Stellung ständig unter Beobachtung.
Ob aber, in diesem Fall, ein Gesetz die effizienteste Möglichkeit ist, den Missbrauch von Marktmacht zu verhindern, kann man bestreiten. Würden die Länder dazu übergehen, an Schulen Linux anstatt Microsoft Produkte als Betriebssystem zu verwenden, wäre das eine wesentlich sinnvollere Maßnahme.
Zum einen ist Linux von vorneherein ein Betriebssystem, das auf Netzwerke ausgelegt ist, es ist also komplexer und von daher didaktisch wertvoller. Zweitens ist es kostenlos. Hätte man eine Generation, die mit Linux umgehen kann, wäre die Marktmacht von Microsoft gebrochen und das Problem gelöst.
Nicht klar austariert ist im Übrigen das Verhältnis Urheberrecht und
Monopol. Der Urheber eines Liedes hat noch SIEBZIG Jahre NACH SEINEM TOD
das Monopol auf zum Beispiel ein Lied. Das heißt, dass auch der ENKEL des
Urhebers, der die Nutzungsrechte geerbt hat, noch ein Monopol hat.
Auch das ist eigentlich mit einer marktwirtschaftlichen Ordnung, die jedes
nicht durch Leistung erworbene Vermögen abschmelzen soll, im Grunde unvereinbar.
Gravierender ist das noch, wenn die Nutzungsrechte von Tausenden von Künstlern
von wenigen Labels aufgekauft werden. Das ist eine besonders krasse Form
der Monopolstellung, gegen die aber niemand vorgeht. Wir gehen auf die Thematik hier nähee rein, siehe Das Urheberrecht aus ökonomischer Sicht.
Schlussendlich gibt es im Gesetz auch keine Differenzierung nach Monopolen, die auf überlegener Marktleistung beruhen, wie bei Microsoft, und Monopolen, die schlicht durch staatliche Intervention enstanden sind, wie etwa die Deutsche Bundesbahn. (Die weitaus problematischer sind: Z.B. ist das Verbot, parallel zu Linien der Deutschen Bundesbahn Buslinien einzurichten ein schwerer Verstoß gegen die marktwirtschaftliche Ordnung.)
Last not least ist nicht mal sicher, dass die Ausnützung einer Monopolmacht tatsächlich zu einer für den Konsumenten ungünstigeren Marktsituation führt. Auch der Monopolist setzt einen gewinnmaxierenden Preis und nicht irgendeinen Preis. Der Monopolpreis ist nur dann höher als der Polypol Preis, also ein Preis, der unter Wettbewerbsbedingungen zustande gekommen ist, wenn die aggregierten Grenzkostenfunktionen der Einzelunternehmer des Polypols mit der Grenzkostenkurve des Monopols übereinstimmen. Genau das ist aber oft nicht der Fall. Die Grenzkostenkurve des Monopolisten kann günstiger sein, als die aggregierten Grenzkosten der Polypolisten. Vereinfacht: Würde man die Wasserversorgung polypolistisch organisieren und würde jeder Polypolist seine eigenen Rohre verlegen, würde es verdammt teuer.
Da der Monpolist das Angebot künstlich verknappen kann und sich nicht, wie der Polypolist, mit der Menge an den Marktpreis anpassen muss, ist der Monopolpreis, sieht man von den oben genannten Situationen ab, höher als der Polypolpreis. Allerdings nur unter der Bedingung, dass die Grenzkostenkurven in beiden Situationen identisch sind.
Man muss jetzt nicht gerade mit besondern viel Phantasie ausgestattet sein, um sich Fälle auszudenken, bei denen der Monpolist über eine deutlich günstigere Kostenstruktur verfügt und der Monopolpreis deshalb immer noch günstiger ist, als der Polypolpreis.
Das ist zum Beispiel beim Schienennetz der Fall. Würden 10 Anbieter ihr eigenes Schienennetz aufbauen und müssten die Kosten dieses Schienennetzes auf die
Fahrkarten umgewälzt werden, dann würde sich der Anteil der Gemeinkosten des Schienennetzes verzehnfachen. In dieser Situation wäre selbst der perfideste Monopolist noch billiger, als der Polypolist. Man spricht in diesem Fall, also wenn die Stückkosten mit zunehmender Ausbringsmenge sinken, von einem natürlichen Monopol.
Betrachtet man einzelne konkrete Beispiele, wird man wohl eher zu dem Schluss kommen, dass man das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen auch in die Tonne kloppen kann, weil die Realität sehr viel komplizierter ist.
Google mag aufgrund überragender Leistung ein Monopolist sein bei der Suche im Internet, obwohl es ohne Ende Mitbewerber gibt, bing, altavista, yahoo, lycos etc. etc., aber mit der Suche direkt verdient google kein Geld, die ist nämlich kostenlos.
Der relevante Markt ist also gar nicht die Suchmaschine, sondern der Markt
für Werbeplatzierungen. Hier liegt aber der Monopolist DEUTLICH UNTER DEM
PREIS DER MITBEWERBER, der TKP (Tausender Kontakt Preis, also der Preis,
der für Tausend Einblendungen zu zahlen ist), liegt bei google etwa bei
1,10 Euro, bei Journaille und Co. bei 15 Euro. Die aus unterschiedlichen Gründen von unterschiedlichen Kartellbehörden eingeleiteten Verfahren gegen Google, siehe Google droht Kartellverfahren in den USA sind wohl ein Misch aus frustrierten Mitbewerbern und dem Bedürfnis nach Erzielung von Erlösen.
Bei der google Werbung haben wir das skurrile Phänomen, dass sich nicht der Nachfrager, also derjenige, der Werbung platziert über den Monopolisten beschwert, sondern die anderen Anbieter, weil Google nicht nur das überlegenere Angebot hat, detaillierte Analyse, Möglichkeit festzulegen, wo die Anzeigen aufgerufen werden, Bezahlung nur bei Click, also Kundgabe eines Interesses, sondern auch noch "die Preise kaputt" macht. Auch die Standardphrase, dass der Monpolist behäbig und träge wird, trifft wohl kaum auf google zu. Google strotzt vor Innovationskraft. Das fasziniert zuschauende Publikum hat allmählich Probleme, den Überblick über alle google Produkte zu behalten.
Mit "Monopolisten" wie google, die deutlich billiger anbieten als die Mitbewerber, hat die Menschheit kein Problem. Hinzukommt, dass google für kleine Nischenanbieter, die ihr Produkt weltweit promoten, die einzige Möglichkeit ist, ihr Produkt überhaupt zu bewerben, wenn man mal von Teilnahme an Messen und direktes Mailing an die Zielgruppe absieht.
Auch wenn die Journaille mit glühenden Wangen und gerechtem Zorn über die
Kartelle der finsteren Kaffeemafia berichtet (Millionen Bußgelder für Kaffeekartell) kann man der Argumentation des Kartellamtes
nur schwer folgen. Die Einstiegsbarrieren in den Kaffeehandel sind gering.
Bei der Vielzahl der kleineren Anbieter würde ein Preis, der nicht auf
Leistung, sondern auf durch Absprache bedingte Marktmacht beruht, sofort
andere Anbieter anlocken, die den "Monopolpreis" unterbieten. In diesem Fall ist das Kartellverfahren insbesondere deswegen lächerlich, weil man qua Zoll ausländische Mitbewerber massiv behindert. (Das Problem ist hierbei nicht die in Deutschland erhobene Kaffeesteuer, die müssten ja alle bezahlen, EU Unternehmen wie nicht EU Unternehmen, sondern die Steuer die Kaffeeprodukte höherer Verarbeitungsstufe, alles außer Rohkaffee, bei Einfuhr in die EU zu entrichten ist.) Nicht die Absprachen der deutschen Kaffeeröster sind das Problem, das sind Peanuts und ein Kartell kann aufgrund der leichten Eintrittsbarrieren auch nicht aufrechterhalten werden. Das Problem ist die Zugangsbeschränkung für Kafferöster aus Nicht-EU Ländern.
Es mag Fälle geben, etwa die Energieversorger, Wasserversorger, die tatsächlich Monopolpreise setzen, diese gehören aber eher in die Kategorie natürliche Monopole und bei natürlichen Monopolen wäre es besser, man hätte sie in staatlicher Hand belassen, was sie ja auch ursprünglich waren.
Problematisch bei den natürlichen Monopolen ist die Tatsache, dass wir in den letzten zwanzig Jahren lernen mussten, dass einige Branchen, die man für natürliche Monopole hielt, de facto keine sind.
Die deutsche Telecom, ursprünglich ein Staatsunternehmen, hat uns vom Glauben
an natürliche Monopole für immer erlöst. Die Behauptung, dass es am besten
ist, wenn nur einer Kabel unter der Erde verbuddelt, klingt erstmal plausibel.
Allerdings vergaß man, dass man die Leistung, die über die Kabel fließt,
ohne weiteres auch unter Wettbewerbsbedingungen organisieren kann. Wir mussten
alle zu unserer großen Verblüffung feststellen, dass die Preise für Telefondienstleistungen
seit der Privatisierung der Telecom auf 1/10 des ursprünglichen Preises
gesunken sind und sich die Qualität deutlich verbessert hat.
Die Lösung sieht also so aus: Da, wo wir es tatsächlich mit natürlichen Monopolen zu tun haben, sollte man verstaatlichen. Gibt es keinen Wettbewerb, haben wir so oder so einen "Staatsbetrieb". Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen kann man dann aber einstampfen. Es wäre eine Behörde, genau genommen zwei, denn die EU kümmert sich auch noch darum, weniger.
Schlussendlich sind Märkte globalisiert. Jeder nationale "Monopolist", der seine marktbeherrschende Stellung ausnützen will, wird sofort ausländische Unternehmen anlocken. Dass die Ausnützung einer marktbeherrschenden Stellung in einer globalisierten Wirtschaft möglich ist, kann man bestreiten.
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Adam Smith sieht die marktwirtschaftliche Ordnung durch die Privatwirtschaft bedroht. Der moderne Liberalismus durch den Staat.
In einer globalisierten Wirtschaft dürften Monopole eine absolute Ausnahmeerscheinung sein.
Monopolistische Tendenzen haben wir in der BRD eigentlich nur noch im Bereich der Rechttsprechung. Mit gravierenden Konsequenzen.