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Also die Plebs soll sich jetzt auf einmal für wirtschaftliche Zusammenhänge interessieren. Nachdem also die "Politikberatung" in die Hose gegangen ist, wächst die Einsicht, dass es vielleicht in einer Demokratie darauf ankommt, wie qualifiziert die Plebs eine Wahlentscheidung treffen kann. Es dämmert also der Ökoste, dass die Plebs in dem Spiel irgendwie eine Rolle spielt und den Spaß nicht nur via Steuergelder zu bezahlen hat. Das ist nun erfreulich.

Man braucht also einen Transmissionsmechanismus, der aus Erleuchtungen über eine bewußte Wahlentscheidung zu konkreten Handlungen führt. Aber was ist dieser Transmissionsmechanismus?

Wir finden dazu bei der Darstellung des Studienganges durch die Universität München nichts und wir finden auch nichts, bei anderen Universitäten. Ein Indiz könnte dieser Satz sein, der Beschreibung der Uni München entnommen:

"Die Arbeitssprache für das Arbeiten mit diesen Modellen ist die Mathematik."

Ok. Also die Volkswirtschaftlehre arbeitet mit Modellen und die Sprache dieser Modelle und der Volkswirtschaft im Allgemeinen ist die Mathematik. Hm. Nun sprechen viele Leute Mathematik, die Mathematik hat ja bekanntlich alle möglichen Dialekte, Trigonometrie, Geometrie, Stochastik, Analysis etc.etc. Gemeint ist also konkret Analysis und Stochastik und wer das nicht spricht, mit dem unterhält sich die Volkswirtschaftslehre einfach nicht. Punkt! Also die Volkswirtschaftlehre ist da ganz katholische Kirche, wer nicht Latein spricht, der kann nur glauben ins Himmelreich zu kommen und wenn überhaupt, dann nur via katholische Kirche, denn die hat via Latein den direkten Draht zu Gott, was finanziell rentabel war. Eine völlig andere Ansicht zu der Thematik vertritt allerdings Keynes selbst, also der Begründer der modernen Makroökonomie und Professor für Mathematik.

"Professor Max Planck, of Berlin, the famous originator of the Quantum Theory, once remarked to me that in early life he had thought of studying economics, but had found it too difficult! Professor Planck could easily master the whole corpus of mathematical economics in a few days. He did not mean that! But the amalgam of logic and intuition and the wide knowledge of facts, most of which are not precise, which is required for economic interpretation in its highest form is, quite truly, overwhelmingly difficult for those whose gift mainly consists in the power to imagine and pursue to their furthest points the implications and prior conditions of comparatively simple facts which are known with a high degree of precision. " "Professor Max Planck, aus Berlin, der berühmte Begründer der Quantentheorie, äußerte mir gegenüber einmal, dass er, als er noch jung war, daran dachte, Wirtschaft zu studieren, fand es aber zu schwierig! Professor Planck hätte sich in wenigen Tagen die komplette Mathematik, die in den Wirtschaftswissenschaften eingesetzt wird, aneignen können. Darauf zielte er aber nicht ab! Das Amalgam aber aus Logik und Intuition und die umfassende Kenntnis der Fakten, die meisten davon nicht besonders genau, die für eine Interpretation ökonomischer Sachverhalte auf hohem Niveau nötig ist, ist ganz ohne Zweifel für alle jene ungemein schwierig, deren Begabung vor allem in der Fähigkeit besteht, aus verhältnismäßig einfachen Fakten, die sehr genau beschrieben sind, die weitreichendsten Schlussfolgerungen und Annahmen abzuleiten und sich vorzustellen."

Der mathematischen Aufwand, der in der "General Theory of Employment, Interest and Money" betrieben wird, ist im übrigen sehr überschaubar, im Grunde völlig vernachlässigbar.

Man kann sich fragen, ob Keynes, da nicht sogar noch mehr sagt, als so richtig dasteht. Der Autor will da keine weitreichenden Schlüsse ziehen, aber aus dem Studium kennt er tatsächlich Leute, die alle Mathe Scheine mit voller Punktzahl bestanden haben und dann durch das Examen geflogen sind.

Vielleicht gibt es diese zwei unterschiedliche Denkmuster wirklich. Auf der einen Seite Menschen, die aus präzis vorliegenden Fakten weitreichende Schlüsse ziehen können, wenn sich diese Schlüsse logisch und zwingend aus konkreten, genau definierten Sachverhalten ergeben und auf der anderen Seite Leute, deren Stärke eher darin besteht, Zusammenhänge zwischen diffus vorliegenden Sachverhalten herzustellen, die sich eben nicht formal beschreiben lassen.

Entscheidend für Volkswirte dürfte auch die Fähigkeit sein, eine Theorie gegen unterschiedliche Szenarien abzugleichen, also eben gerade nicht mit der berühmten ceteris paribus Klausel zu arbeiten. Die ceteris paribus Klausel, alle nicht betrachteten Variablen werden als nicht veränderlich hypostasiert, nennt man umgangsprachlich Tunnelblick.

Der Autor würde allerdings sagen, dass die erstgenannte Denkweise für den Menschen typischer ist. Die Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns ist nicht die formale Logik, sondern die Fähigkeit, sprachlos in riesigen Assoziationsräumen denken zu können. Diese Fähigkeit erlaubt es ihm, Maschinen zu bauen, die ihm im Hinblick auf formale Logik gnadenlos überlegen sind.

Wir werden später noch mehr Bemerkungen dieser Art von Keynes lesen, siehe Sinnhaftigkeit der mathematischen Modellierung.

Modelle kann man verwenden, aber man sollte damit nicht die relevanten Sachzusammenhänge verschleiern. Beschreibt man zum Beispiel in einem neoklassischen Modell den Arbeitsmarkt und beweist "schlüssig", wie sich ein Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt bestimmt, dann ist das unter Umständen ein bisschen viel mathematischer Aufwand für das bisschen Erkenntnis, weil das eigentlich Interessante im Modell gar nicht vorkommt, nämlich wie hoch dieses Volkseinkommen nun absolut ist. Es mag sein, dass man in Indien für 50 Cent am Tag einen ausgeglichenen Arbeitsmarkt hat, in Deutschland aber für 80 Euro. In dieser Differenz stecken die eigentlich interessanten Variablen, die aber im Modell gar nicht vorkommen. Man darf das Wort "Intuition", das Keynes verwendet, wohl auch mit gesundem Menschenverstand und Realitätssinn übersetzen. Der Autor würde sagen, wer diesen nicht besitzt, was oft der Fall ist, wenn man über keinerlei konkrete Berufserfahrung verfügt, der sollte nach Mitteln und Wegen suchen, sich diese Erfahrung anzueignen.

Interessant an dem Statement, auf sowas ist jemand, der im Nebenberuf noch Sprachwissenschaftler ist, einfach fixiert, ist der Tonfall bei der Beschreibung des Faches durch die Universität München.

"Die Arbeitssprache für das Arbeiten mit diesen Modellen ist die Mathematik."

Bums! So ist das! Ohne wenn und aber. Wer solch apodiktischen Aussagen trifft, der will auf jeden Fall nicht überzeugen und wer nicht überzeugen will, hat was zu verbergen, weiß, dass seine Motive auch besser verborgen bleiben.

Da die These, dass die Mathematik die Sprache der Volkswirtschaft ist, nicht untermauert wird, darf man mit einer genau so unfundierten Aussage dagegenhalten. Wir haben es mit einem speziellen Typ von Immunisierungsstrategie zu tun. Da man selber nicht so richtig an den Erkenntnisfortschritt der Volkswirtschaft glaubt und nur wenig Überzeugendes mitzuteilen hat, sucht man nach einem Weg, das Vakuum aufzublasen.

So apodiktische Aussagen kennt man noch von den abgehalfterten Lateinlehrern an der Penne. Die brabbelten auch immer weitgehend sinnfrei davon, dass Latein das logische Denken schule, bessere Ausgangsbedingungen schaffe für das Erlernen anderer Sprachen, ein breites Wissen über die Kultur des Abendlandes vermittle und noch eine ganz Menge anderer Skurrilitäten dieser Art.

Der Dünkel allerdings ist nicht hilfreich, denn will man verstanden werden, also etwas erreichen, spricht man besser Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Russisch oder whatever. Aber nicht nur, dass man, wendet man sich an ein deutsches Publikum, Deutsch sprechen muss, man muss auch gutes Deutsch sprechen. Das heißt, klares, schnörkelloses, verständliches Deutsch. Und diese ganz zentrale Fähigkeit, die Fähigkeit, der Menschheit mitzuteilen, klar und verständlich, was die tiefbewegte Brust bewegt, wird im Studium gar nicht vermittelt, ist nicht mal Gegenstand des Studiums. Gegenstand des Studiums ist es in der Didaktik der Wirtschaftswissenschaften, die aber überwiegend Schülerinnen und Schüler im Fokus hat.

Ökonomische Bildung ist ein fester Bestandteil der beruflichen Bildung von Kaufleuten und ebenso ein unverzichtbarer Teil der modernen Allgemeinbildung. In der Arbeitswelt gehören wirtschaftliche Fähigkeiten und Fertigkeiten zu den Schlüsselfaktoren für beruflichen Erfolg. Schon die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen ist zunehmend ökonomisch durchdrungen. Die Bewältigung gegenwärtiger und zukünftiger Lebenssituationen setzt daher heute mehr denn je ein Mindestmaß an ökonomischen Kompetenzen voraus.

aus: www.wida.wiwi.uni-due.de

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