Das Internet hat die Situation radikal verändert. Die Reaktionen der ehemaligen Gralshüter der Wahrheit, Journaille, Politik, Uni, auf diese Entwicklungen sind unterschiedlich und reichen von widerwilliger Anpassung bis zur schlichten Ignorierung.
Wer das Internet nicht ignorieren kann, wie die Journaille, jammert. Wer es ignorieren kann, ignoriert es. Die FAZ bringt jede Woche irgendeinen Jammerartikel. Dem Internet User fehle die Orientierung, die nur der Journalist liefern kann, im Internet gibt es keine Hintergrundinformationen, im Internet rotten sich die Leute zu Gruppen zusammen, die sich zunehmend radikalisieren und überhaupt gibt es dort nur Schweinkram. Das letzte Bollwerk gegen Schund, Schmutz, Verleumdnung, Radikalisierung ist natürlich die FAZ.
Wie bereits erwähnt, ist Demokratie ein Zweifrontenkrieg. Auf der einen Seite bedarf es eines Bewußtseins um die Komplexität ökonomischer Zusammenhänge und die Möglichkeit, sich diese zu erarbeiten, auf der anderen Seite müssen die Fakten und Ideen hinter einer wirtschaftspolitischen Entscheidung öffentlich zugänglich sein.
An keiner der beiden Fronten sind die oben Genannten, Politik, Ökonomen, Journaille, aktiv. Sie werden lediglich
von der Netzgemeinschaft getrieben. Einzelne Initiativen sind löblich, zeugen
aber kaum von einer grundstätzlich anderen Einstellung.
Die oben genannten, Politik, Ökokaste, Journaille äußert sich fast ausschließlich auf totem Holz. Teilweise mit perfektem Marketing. Bücher wie das von Sarrazin,
"Deutschland braucht den Euro nicht", sind wirksam, weil sie einen gewaltigen
Hype auslösen, tragen aber nichts zur Erkenntnis bei. Mit guten Titeln wie "Deutschland schafft sich ab", lassen sich nach wie vor gewinnträchtige Scheindebatten alimentieren. 1 Million verkaufte Exemplare ist richtig Schotter. Der Inhalt ist hierbei fast völlig egal und ist der Hype vorbei, weiß keiner mehr was drin stand. Bedient werden Ressentiments.
Das Buch von Sarrazin, und das trifft auf viele Bücher zu, erklärt nicht, wieso deutsche Banken Kredite für griechische, spanische, amerikanische Immobilien gewährt haben, anstatt in Realinvestitionen, zum Beispiel in solarthermische Kraftwerke, die z.B. in Spanien effizient betrieben werden können. Er klärt nicht, ob die Eurokrise nicht letztlich ein Allokationsproblem ist, das heißt Ressourcen in wirtschaftlich sinnlose Projekte fließen. Interessant an dem Buch ist lediglich der Tatbestand, dass ein Buch, das weitgehend theoriefrei ist, einen derartigen Hype mit unendlich vielen sinnfreien Talkshows auslösen kann. Marketingtechnisch zumindest war es brilliant.
Das nur als Beispiel. Es geht uns aber nicht um einzelne Themen. Es geht um die Frage, was sich ändern muss, damit die VWL in der öffentlichen Debatte wieder eine Rolle spielt.
Die eine Front ist die Theorie. Die andere Front, die Veröffentlichung der
Fakten und Ideen, die wirtschaftspolitischen Entscheidungen zugrunde liegen,
ist nun die härtere Nuss, aber auch diese wird geknackt. Sehr erfolgsverprechende
Ansätze sind vorhanden. Zwei Projekte, beide von der open knowledge foundation
e.v. sollen erwähnt werden. Mit Hilfe der Website www.frag-den-staat.de kann jeder, auf der Grundlage des Bundesinformationsfreiheitsgesetzes (genauer:Gesetz
zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes; genaueres mit google)
Anfragen an den Staat richten. Die andere Seite ist http://bund.offenerhaushalt.de.
Dort lernen wir, dass alles noch schlimmer ist, als man es sich vorstellt.
Um ein Beispiel zu nennen. Gingen wir hier www.spanisch-lehrbuch.de noch davon aus, dass das Goethe Institut nur 180 Millionen Euro pro Jahr durch den Schornstein pustet, dann lernen wir dort, dass es 200 Millionen sind.
Ganz perfekt ist die Sache noch nicht, da sitzt wohl die Bürokratie noch in den Schießscharten und leistet Widerstand, denn das Bundesfinanzministerium rückt die Rohdaten nicht raus.
Wir wüssten natürlich gerne noch genauer, auch wieder nur ein Beispiel, wir wollen mal klar machen, was wir alles nicht wissen, wieviel das Goethe Institut z.B.
in Buenos Aires für Miete ausgibt, was die Instituts-Leitung verdient und
vieles mehr. Aber das rücken die Jungs und Mädels nun mal nicht raus.
Im
Gegenzug sollte man meinen, dass sich die Ökokaste an Projekten wie
http://bund.offenerhaushalt.de mit Begeisterung beteiligt, denn nur wer die Fakten kennt, kann sie auch
bewerten, sie sind die Grundlage aller Seminararbeiten, Master / Diplomarbeiten,
Doktorarbeiten etc. etc.. Aber Pustekuchen. Von den Jungs und Mädels der
Ökokaste braucht man nix erwarten.
Die Politik wiederum hadert noch mit dem Schicksal. Zwar gibt es Projekte
der Politikerkaste, die auf mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung abzielen,
wie zum Beispiel https://epetitionen.bundestag.de oder www.dialog-ueber-deutschland.de.
Diese Initiativen kann man aber beruhigt unter Marketing verbuchen, denn
die mysql Datenbank, die diesen Anwendungen zugrunde liegt, ist nicht die
Zwischenstation, sondern das Endlager. Die Seite www.abgeordnetenwatch.de ist eine private Initiative, allerdings geht sie davon aus, dass der Bürger
eine Holschuld, die Politik aber keine Bringschuld hat, und der Bürger demütig
anzufragen hat. Der Abgeordnete erweist ihm dann die Gnade, ihm zu antworten,
oder auch nicht. So funktioniert die marktwirtschaftliche Ordnung aber nicht.
Wir brauchen ein System, das den Parteien Vorteile verschafft, die am offensten
kommunizieren und Informationen schon rausrücken, bevor überhaupt jemand danach fragt.
Die Politik ist Anbieter einer Dienstleistung. Sie muss den Bürger von sich aus davon überzeugen, dass ihr Produkt funktioniert und was damit bezweckt werden soll. Die Seite www.abgeordnetenwatch.de suggeriert jedoch, dass nur alle vier Jahre eine Kaufentscheidung zu treffen ist und diese dann lediglich marketingtechnisch brillant unters Volk zu bringen ist. Tatsächlich funktioniert die Demokratie aber genau so wie ihr Urmodell, die marktwirtschaftliche Ordnung. Der Kunde hat 365 Tage im Jahr 24 Stunden am Tag im Zentrum des Interesses zu stehen.
Nachvollziehbar ist aber, dass der Anbieter ein wenig durchdachtes Produkt
anbietet, wenn der Nachfrager, mangels Konkurrenz oder weil der Markt aus
anderen Gründen unvollkommen ist, sich mit Murks zufrieden gibt. Wenn also
der Nachfrager Bildqualität nachfragt, bekommt er halt ein Scheißprodukt.
Kaufen viele Leute Scheißrodukte, beziehen Wahlslogans anstatt durchdachter
Konzepte, dann scheitert Demokratie mangels Nachfrage.
Es gibt zwar volkskwirtschaftliche Modelle, das Demokratie Modell von Downs,
welches einen asymmetrischen Machteinfluss der verschiedenen Bevölkerungsgruppen
aufgrund unterschiedlicher Bildung beschreibt, allerdings beschreibt er
nicht, wie Ökonomen darauf hinwirken könnten, die Symmetrie wieder herzustellen. Down konstatiert den Sachverhalt. Es geht aber nicht darum, das Problem zu konstatieren und als quasi gesetzesmäßige Entwicklung darzustellen. Es geht darum, diesen Sachverhalt zu ändern.
Die Ökokaste entspricht zu 100 Prozent dem heimatlosen homo oeconomicus. Fern seiner Heimat, der marktwirtschaftlichen Ordnung, wo er einen Anreiz zur sinnvollen Leistungserbringung hat, stiftet er nur Unsinn. Die Herstellung
der Symmetrie ist kein lukratives Business. Lukrativer ist da "Politikberatung"
und andere skurrile Dinge, da gibt es noch für jedes Gutachten, und sei
es noch so inhaltsleer, einen ordentlichen Schlag Gulasch aus dem Fleischtopf
der Steuergelder.
Der homo oeconomicus ist ein sehr sinnvolles Konstrukt, allerdings nur dann, wenn er sich dort befindet, wo er hingehört, also in der freien Marktwirtschaft. Auch der homo buerocraticus ist ein homo oeconomicus, aber bedingt durch die Tatsache, dass er da agiert, wo er nicht sein sollte, wird aus dem homo oeconomicus ein homo buerocraticus, siehe homo oeconomicus.
Wir haben es hier also ganz offensichtlich mit einem Marktversagen zu tun, denn der Markt bringt an dieser Stelle offensichtlich nicht das optimale Ergebnis, die unsichtbare Hand des Adam Smith greift hier ganz unverhohlen in die ganz große, unbeobachtet auf dem Feld stehende, Gulaschkanone.
Solange der Steuerzahler den akademischen Betrieb und eine unendliche Anzahl an wirtschaftswissenschaftlichen "Forschungseinrichtungen" am Leben erhält, funktioniert als vitale Funktion auch der Verdauungstrakt. Die "wissenschaftliche" Produktion folgt also nicht der Logik der Forschung, sondern der Logik der Gedärme. Sie ist ein Abfallprodukt, für das sich niemand interessiert. Das ganze Elend kann man auf www.oekonomenstimme.de betrachten. Da recyclen alle möglichen Professorchen irgendwelche Artikelchen.
Wir sehen hier ein Problem, das uns noch öfter beschäftigen wird. Der homo
oeconomicus, der nutzenmaximierende, rational denkende Mensch ist ein sinnvolles
Konzept. Allerdings nur in seiner Heimat, der marktwirtschaftlichen Ordnung.
In seiner Heimat liefert er Produkte, fern seiner Heimat Bürokratie.
Hier muss also, ganz im Sinne des Ordoliberalismus, die Marktwirtschaft
erst wieder hergestellt werden. Es ist zwar neuerdings von Seiten der Politik
in Mode gekommen, von Transparenz zu schwafeln, Bürgergesellschaft, mündiger
Bürger und Tralala, doch genau so klar ist, dass die hier zur Debatte stehenden
Einrichtungen, Journaille, Ökokaste und Politik nichts gewinnen können und
konkrete Erfahrungen mit dem Bundesinformationsfreiheitsgesetz, zum Beispiel
die Probleme rund um die Veröffentlichung der Haushalte von Bund, Länder
und Gemeinden, zeigen, dass die Jungs und Mädels gar nicht wollen.
Unter diesem Gesichtspunkt erscheint auch die Diskussion um Volksentscheide als reine Gespensterdiskussion. Vorgeschoben wird, dass die Plebs nicht ausreichend qualifiziert sei, der Volkszorn fatale Entscheidungen treffen könne, hier nimmt man gern die Keule Todesstrafe, oder schlicht die Beteiligung unzureichend sei.
Diese Diskussion ist deshalb scheinheilig, weil nicht mal alle vier Jahre eine qualifizierte Entscheidung getroffen werden kann, weil es praktisch unmöglich ist, die Fakten und Ideen, die wirtschaftspolitischen Entscheidungen zugrunde liegen, zu bewerten. Es wäre schon ein Fortschritt, wenn man zumindest alle vier Jahre eine bewusste, überlegte Wahl treffen könnte.
Damit es nicht zu abstrakt bleibt, ein Beispiel, wobei es unschwer ist,
mehrere tausend Seiten mit Beispielen zu füllen, was wir aber nicht wollen.
Uns geht es um eine systematische Bewertung und in dem Teil, der sich tatsächlich
mit VWL beschäftigt, werden wir uns auch von konkreten Beispielen lösen.
Wenn aber unser Bundespräsident, das ist im Jahre 2012 Joachim Gauck, ein
Desinteresse des Bürgers an den tapferen Recken konstatiert, die die Freiheit
am Hindukusch verteidigen und dies damit erklärt, dass die Spaßgesellschaft
existentiellen Fragen ausweicht, dann hat unserem Bundespräsidenten wohl
die Journaille das Hirn vernebelt.
Der Bürger würde sehr gerne wissen, mit welchem Kenntnisstand die Truppen
entsandt wurden, welche konkreten Vorstellungen man über den Aufbau einer
zivilen Infrastruktur in Afghanistan hatte. Es gibt Anhaltspunkte, die darauf
schließen lassen, dass die Strategie schlicht folgende war: Wir gehen da
jetzt mal hin, ballern ein bisschen rum und schauen was passiert. Wenn man
den kleinen Unterleutnant von Potsdam nach Afghanistan schickt, um dort
die afghanische Armee "auszubilden", dann wüsste man gerne, was der kleine
Unterleutnant von Afghanistan weiß und was er den Afghanen, die die größte
jemals existierende konventionelle Armee aus dem Land geworfen haben, eigentlich
erklären will. Wahrscheinlich Gleichschritt Marsch. Das scheint aber nicht hilfreich. Das machen die Taliban nicht, aber der Unteroffizier bleibt im
Gleichschritt jetzt in seiner Kaserne.
Ausbilden sollte man die Taliban. Man sollte ihnen beibringen, dass sie sich zu einem gegebenen Zeitpunkt an einem bestimmten Ort zur Schlacht einfinden sollen, damit sie dann nach den Nato Richtlinien bekämpft werden können. Der assymetrische Krieg, den sie führen, entspricht nicht den Vorstellungen eines deutschen Beamten. So was geht gar nicht.
Die Afghanen brauchen keinen deutschen
Unteroffizier aus Unterpfaffenhofen, sondern eine Perspektive und das Gemeine
an Perspektiven ist, dass es dann schrecklich konkret wird. Wieviele Brunnen
kann man bohren, wieviel Wasser kann man entnehmen, wie stoppt man die Erosion,
wie schafft man es, dass die Flüsse auch bei Monsum in ihrem Flussbett bleiben,
wie überzeugt man Afghanen, dass Bildung Sinn macht, auch für Mädchen, etc.
etc.. Das konkrete Strategiepapier der beteiligten Ministerien würde man
jetzt gerne sehen. Die existentiellen Fragen, von den Joachim Gauck spricht, lösen wir dann bei Jean Paul Sartre.
Offensichtlich ist unser Bundespräsident Opfer eines Systems geworden. Das Training, das man braucht, um Prozesse zu Ende zu denken, besitzt er wohl nicht. Die Idee, dass die Bürger den Einsatz in Afghanistan, so wie er durchgeführt wird, schlicht für Schwachsinn halten, kommt ihm gar nicht in den Sinn. Er geht davon aus, dass die Freiheit am Hindukusch verteidigt wird, dass muss als Begründung reichen. Und wer von den Freiheitskämpfern nicht begeistert ist, der lebt in der Spaßgesellschaft, wobei das einzig spaßige daran ist, dass die Journaille das belanglose Geschwätz des Joachim Gauck wiederkäut.
Unstrittig ist aber, dass es im Bereich Informationsverarbeitung durch den Nachfrager an politischer Dienstleistung eine gewaltige Fehlallokation der Mittel gibt. Der Grenznutzen der Information, wo Boris Becker welche Frau geschwängert hat und welcher Prinz nun welche Prinzessin heiratet, wie auch die Frage, ob Gerhard Schröder sich die Haare färbt, ist ziemlich dicht bei Null.
Die Tendenz, schwer durchschaubare Verhältnisse durch die Fokusierung auf
Personen zu erklären, ähnelt dem Übersprungverhalten, das man aus dem Tierreich
kennt. Kann ein Vogel, die sich auf das Nest zu bewegende Schlange nicht
stoppen, dann hüpft er sinnfrei auf dem Boden. Die zahlreichen und allseits
beliebten Sendungen in den öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten, die
die Psyche der handelnden Akteure und Ähnliches zum Gegenstand haben, tragen zum Verständnis
der Zusammenhänge nichts bei. Die Psyche eines Mitglieds der EZB sowie die
Frage, ob selbiges bedauert, bei der Geburt seines zweiten Kindes nicht
dabei gewesen zu sein, vermag nichts Erhellendes zur Eurokrise beizutragen,
auch wenn sich so einen Müll viele Leute anschauen und klärt auch nicht
die Frage, was getan werden muss, um die Kapitalsammelstellen zu Realinvestitionen
in Griechenland zu bewegen.
Zwar werden ab und zu, vor allem eben im intellektuell anspruchsvollsten
Kanal, dem Internet, Zweifel laut, ob ein junger Landgraf ohne Berufserfahrung
die Idealbesetzung für das Amt des Wirtschaftsministers, dann Verteidigungsminister,
ist, aber durch den intellektuellen Gleichklang aus Journaille, Bürokratie
und Politik steigt das Sinnen über diese Frage nicht bis zu den Gefilden
von Bunte, Focus, Frau im Spiegel hinab. Diese stellen eher das Eheglück des Landgrafs in den Fokus der Berichterstattung. Irgendwie wird davon ausgegangen,
dass für den Job des Wirtschaftsministers keinerlei Qualifikation erforderlich ist, was gleichzeitig ein Indiz dafür ist, wie die Bedeutung der Volkswirtschaftslehre eingeschätzt wird.
Der langen Rede kurzer Sinn. Die Marktwirtschaft und die Demokratie kann
nur funktionieren, wenn die Leute tatsächlich qualitativ hochwertige Dienstleistungen
kaufen bzw. wählen und da ist wohl noch Luft nach oben. Es gibt wohl einige
Faktoren, die die Nachfrage steigern könnten, bzw. die Leute aus dem Dornröschenschlaf
reißen könnten.
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All diese Tendenzen werden dazu führen, dass immer mehr Leute von der politischen Kaste Topangebote erwarten, bzw. die ausradiert, die nicht liefern. Die Zeit der politischen Persilwerbung neigt sich dem Ende zu.
Auf der anderen Seite zeigt das Internet, vor allem in Foren, eine höchst zwiespältige Einstellung zur Volkswirtschaftlehre als Fach. In manchen Foren rangiert die Volkswirtschaft so in etwa auf dem Niveau von Jura und Juristen haben es geschafft, im Ansehen noch unterhalb von Beamten angesiedelt zu werden.
Die Vorwürfe sind so berechtigt, wie in sich inkonsistent.
Dass Ökonomen dazu neigen mit gewaltigem Aufwand irrelevante Probleme nicht mal theoretisch lösen, ist richtig. Wir werden darüber noch sehr ausführlich sprechen. Dass sie mit ihren Prognosen regelmäßig daneben liegen, auch richtig. Dass sie Krisen nicht erkennen, die man schon mit dem gesunden Menschenverstand hätte erkennen können, auch richtig. Dass sie sich in die Irrelevanz manövriert haben; man kann es kaum bezweifeln.
Auf der anderen Seite argumentieren die Leute dann aber genau mit den Argumenten, mit denen die Ökokaste regelmäßig daneben liegt. Egal ob mal wieder ein Streik angesagt ist, Hartz IV zur Debatte steht oder über den notorischen Leistungsbilanzüberschuss debatiert wird. Die einen wollen die Massenkaufkraft stärken, über eine Lohnsteigerung oder ein Anheben des Hartz IV Satzes , sonst kauft ja niemand die Güter. Die anderen wollen die Löhne senken oder das Hartz IV Niveau drücken, damit die Löhne und die Güter billiger werden und dann auch gekauft werden. Im Grunde tauschen sie also auf niedrigerem Niveau lediglich die Argumente aus, die auch die Ökokaste verbreitet. Seit Hunderten von Jahren. Die meisten Leute, die gegen die Ökonomen wettern, wären wahrscheinlich erstaunt, wie leicht es ist, ihre Meinungen in eine der Schulen der Volkswirtschaftslehre, Klassik / Neoklassik, Keynesianismus, Ordoliberalismus etc. einzusortieren.
Die Kritik an der Ökokaste wäre überzeugender, wenn sie nicht deren Argumentationsschemata übernehmen würde. Im Moment kann man durchaus der Meinung sein,dass sich die öffentlichen Debatte, wie ein Hund, der in seinen Schwanz beißen will, im Kreise dreht. Unterschiede gibt es da lediglich im Niveau.
Der Autor geht nun davon aus, dass sich mit einer Darstellung der bisherigen Schulen auch einige Fehler derselben endgültig ausmerzen lassen. Der Leser sollte dann am Ende zum Beispiel verstehen, dass der Sparer eben nur dann einen guten Preis für sein Geld bekommt, den Zins, wenn man dieses künstlich knapp hält. Hält man aber Geld künstlich knapp, dann kickt man eigentlich sinnvolle Investitionen aus dem Markt.
Die überragende, alles entscheidende Fähigkeit, über die ein Volkswirt verfügen muss, ist nicht mal im Ansatz Gegenstand des Studiums. Er muss Zusammenänge plastisch, griffig, lebendig und vollständig darstellen können.
Ein Informatiker liefert ein fertiges Produkt ab, ob der Konsument versteht, wie es funktioniert, ist gleichgültig, solang es funktioniert. Funktioniert es nicht, kauft er es nicht. Muss der Konsument das Produkt verstehen, bedarf es also einer langen Einarbeitungszeit, dann ist es eben ein schlechtes Produkt.
Das Endprodukt des Volkswirtes ist aber der Wissenszuwachs des Bürgers. Die Fähigkeit, Inhalte zu vermitteln, ist daher von zentraler Bedeutung. Dass dies nicht mal ansatzweise Thema eines Vwl Studiums ist, zeigt, dass die Jungs und Mädels auf dem völlig falschen Gleis fahren. Wenden sich Ökonomen an die Plebs, dann in Form von Zeitungsartikeln und Talkshows, das Internet ist für erhabene Weisheiten noch kein würdiger Kanal.
Sinnvoller wäre die kontrastive, packende, lebendige Darstellung von Theorien. Ohne Geschwurbel und straight ahead. Was wir damit konkret meinen, wird sich erst zeigen, wenn wir uns mit den Theoriegebäuden der Vwl konkret beschäftigen.
Die Anwendung einer Theorie auf ein konkretes Problem kann man dann dem Leser überlassen. Dieser Ansatz ist auch kostengünstiger. Andernfalls ergießt sich bei jedem Problem der gleiche Schwall über die Blätter. Allerdings sind für diesen Ansatz Tageszeitungen das ungeeignete Medium. Die Tageszeitung lebt nun mal vom Alltag und der Alltag lebt von der Wiederkehr des ewig Gleichen. Die Schilderung des Alltags bringt aber keinen Zugewinn an Erkenntnis, egal wie bedeutsam die Ereignisse hinter den Phänomenen des Alltags sind. Die Sonne geht jeden Morgen auf und abends unter. Die Schilderung dieses Vorganges, immer wieder aufs Neue, offenbart uns aber nicht die tiefsten Geheimnisse des Universums. Was wir sagen wollen: Wichtiger als das Phänomen, ist das Prinzip, das dieses Phänomen hervorbringt. Dies sollte Gegenstand der öffentlichen Diskussion sein, nicht die Wiederkehr des ewig Gleichen.
Irritierend ist auch die Bezeichnung unseres Wirtschaftssystems als Kapitalismus, bzw. die schlichte Verneinung der Tatsache, dass es die marktwirtschaftlichen Elemente sind, die unser Wirtschaftssystem prägen. Kapitalismus bezeichnet ein System, bei dem das Kapital, bzw. dessen Akkumulation, zwangläufig auf einen definierten Endzustand zusteuert, weil die Akkumulation des Kapitals, so die These, zu inneren Widersprüchen führt. Für Teile der Wirtschaft mag das zutreffen.
Tatsächlich ist die Finanzkrise auch Ausdruck einer Überliquidität, das heißt, dass das Kapital keine rentablen Investitionen mehr findet und an der Börse verblubbert. Das hat aber mehr mit der Unfähigkeit der Kapitalsammelstellen rentable Realinvestitionen zu finden, zu tun, als mit einer Krise des "Kapitalismus".
Die öffentliche Debatte ist wirr, die marketingtechnisch gut promoteten Titel noch wirrer: Freiheit statt Kapitalismus (Sahra Wagenknecht) ist unter Marketinggesichtspunkten ein guter Titel, eine Spitze gegen Capitalism and Freedom (Milton Friedman) doch leider inhaltlich völlig nichtssagend. Zielt sie auf den Markt als Steuerunginstrument der Ressourcen, müsste sie Alternativen aufzeigen, wie die Ressourcen sonst gesteuert werden sollen, siehe unter anderem natürlicher Preis / Marktpreis. Zielt sie auf die Problematik der Finanzmärkte, das tut sie wohl, dann wäre eine Detailanalyse der General Theory of Employement, Interest and Money von Keynes sinnvoller gewesen.
Der Autor glaubt zeigen zu können, dass das meiste, was heute gesagt wird, bereits gesagt wurde und meistens sehr viel besser und man sollte nicht völlig unterschiedliche Dinge in einen Topf werfen. Man sollte die Stärken und Schwächen der verschiedenen Theoriegebäude kennen und keine Fundamentaldiskussionen mit halbverstandenen Begrifflichkeiten führen. Die Zeiten haben wir hinter uns, das brauchen wir nicht mehr.
Wenn das Wirtschaftssystem der westlichen Welt global als Kapitalismus bezeichnet wird, dann wird das zweite Element, dass dieses Wirtschaftssystem charakterisiert, vollkommen verneint, die Effizienz der Informationsverarbeitung durch die marktwirtschaftliche Ordnung.
Es ist ein gewaltiger Vorteil dieser Ordnung, dass der Bedarf an Volkswirten in einer Marktwirtschaft deutlich sinkt. Der Marktpreis beinhaltet in einer Größe alle Informationen, die man braucht. Wenn der Preis für ein Brötchen steigt, dann können die Individuen entsprechend reagieren, zum Beispiel ihre Brötchen selber backen. Ob die Preissteigerung mit einer Missernte in Russland zusammenhängt, mit der Tatsache, dass immer mehr Getreide zu Biosprit verarbeitet wird oder ob aufgrund des gestiegenen Ölpreises die Transportkosten gestiegen sind, braucht hierbei nicht zu interessieren.
Unter Umständen hätte ein Nichtreagieren der Staaten bei der Bankenkrise zu einer umfassenderen Krise geführt, aber die marktwirtschaftliche Lösung, also ein Nichteingreifen, hätte dazu geführt, dass jeder unmittelbar sieht, was vor sich geht. Transparenz ist ein Wert an sich und darf auch was kosten. Lernprozesse kosten nun mal Geld, immer und überall.
Die öffentliche Diskussion ist also über sehr weite Strecken sehr lustig. Man schaut erwartungsvoll empor zu Vater Staat, er soll die Probleme lösen. Dieser wiederum wird an makroökonomischen Variablen drehen und sich von (halb)verstandenen makroökonomischen Modellen leiten lassen, die oft von Juristen umgesetzt werden. Die makroökonomischen Modelle wiederum werden erstens sowieso für kompletten Quark erklärt und zweitens nur dazu benutzt, eine Meinung zu untermauern. Für das Ergebnis wiederum macht man die Volkswirtschaftler verantwortlich, die aber wiederum vorher kein Mensch gefragt hat.
Wir sehen also deutlich. Die Situation ist komplex. Es ist jetzt mal an der Zeit für einen Reset und für eine Klärung der Begrifflichkeiten.
Die mangelnde Nachfrage nach Informationen: Nicht nur ein ökonomisches Problem