Auch hier werden nix Biographisches berichten. Und warum nicht? Genau! Und wo findet man Biographisches? Richtig!!
Müller-Armack prägte den allseits bekannten Begriff "Soziale Marktwirtschaft".
Wir sprechen von "Sozialer Marktwirtschaft", um diese dritte [die anderen zwei sind Liberarlismus à la Hayek / Friedman und Zentrale Verwaltungswirtschaft] wirtschaftspolitische Form zu kennzeichnen. Es bedeutet dies, wie aus allem bisher gesagten zur Genüge hervorging, daß uns die Marktwirtschaft notwendig als das tragende Gerüst der künftigen Wirtschaftsordnung erscheint, nur dass dies eben keine sich selbst überlassene, liberale Marktwirtschaft, sondern eine bewußt gesteuerte, und zwar sozial gesteuerte Marktwirtschaft sein soll. |
Das Buch "Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft" wurde erstmals 1946 veröffentlicht. Die Neuveröffentlichung im Jahre 1990, also ein Jahr nach dem Fall der Mauer, ist nun marketingtechnisch geschickt. Nach der Wende wollten viele Leute wissen, was die soziale Marktwirtschaft nun eigentlich ist. Das Buch hatte also die Chance, ein ökonomischer Erfolg zu werden. Ob es inhaltlich geeignet war, die Hirne zu erleuchten, kann man bezweifeln, aber es hat ein hübsches Vorwort, vom Vorsitzenden der Gesellschaft zur Förderung der Sozialen Marktwirtschaft, die man nicht verwechseln sollte mit der Aktionsgemeinschaft soziale Marktwirtschaft. Letztere gibt es noch, immerhin hat sie eine Website, erstere scheint vom Zeitenstrudel verschluckt worden zu sein. Warum es so viele davon gibt, www.hayek.de, Walter-Eucken Institut, Wilhelm Röpke Institut, Die Familienunternehmen, Jenaer Allianz zur Erneuerung der sozialen Markwirtschaft etc. etc., also wirklich unendlich viele, weiß kein Mensch. Es sind auf jeden Fall immer viel Prof.Dr. mit Pensionsberechtigung, die für die Freiheit kämpfen und jeder versucht natürlich an die Fleischtöpfe Ägyptens, also an Staatsknete, ranzukommen. Das erschwert etwas die Kooperation, die es erlauben würde, das Problem mal aus allen Blickwinkeln zu betrachten.
(Und natürlich erschwert es die Kooperation dieser unzähligen Truppen, denn beim Kampf um die Fleischtöpfe Ägyptens stehen sie in Konkurrenz zueinander.)
Der Pathos ist immer gewaltig.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.« So beginnt unser Grundgesetz. Das Deutsche Volk hat sich dieses Grundgesetz kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt gegeben – »im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen«. Vor Gott sind alle Menschen gleich. Die christliche und humanistisch-liberale Gesellschaftslehre betonen daher die Personalität des Menschen. Er darf weder Knetmasse in den Händen kollektivistischer Gesellschaftsplaner noch ausbeutbares Subjekt ökonomischer Partikularinteressen und von Politikern sein, die Umverteilung bereits für eine tragfähige Sozialpolitik halten. Der Mensch muss frei sein, damit er Verantwortung vor Gott und für sich selbst übernehmen kann. Zur Würde des Menschen gehört auch, dass er – soweit er dazu in der Lage ist – für seinen Lebensunterhalt selbst aufkommen kann. Selbstachtung erwächst vor allem aus Arbeit und Beschäftigung. Wilhelm Röpke |
Lirum, larum Löffelstiel. Richtig konkret wird das mit der Freiheit natürlich bei den Leuten, die tatsächlich arbeiten. Denen gehen dann so ganz konkrete Dinge wie IHK Zwangsmitgliedschaft, Meisterzwang mächtig auf die Nerven. Es wird dann also sehr konkret. Nicht mehr vor Gott wollen die frei sein, wie Röpke, ein Wunsch der ja ohnehin erfüllt ist, denn Gott hat den Versuch eine zentrale Verwaltungswirtschaft einzuführen längst aufgegeben, er hält sich umfassend raus, sondern sie wollen ganz konkret von Parasiten unbelästigt arbeiten. Wir kommen auf das Thema zurück, wenn wir über Milton Friedman sprechen, siehe, Milton Friedman. Man kann jetzt gegen Milton Friedman viel sagen und wir werden noch einiges über ihn sagen, wir vermuten sogar, dass ihm der richtige Durchblick über makroökonomische Grundlagen fehlt, siehe Monetarismus, und man sich fragen kann, ob er Keynes im Orginal gelesen hat, aber von allen Freiheitskämpfern ist er der Einzige, der mal sehr konkret wird und Ross und Reiter nennt. Der deutsche Freiheitskämpfer vom Typ Prof.Dr. ist ein Beamter und ein verbeamteter Freiheitskämpfer ist so was ähnliches wie ein schwarzer Schimmel, ein Oxymoron.
Wir haben etwas das Problem in dieser unserer Republik, dass verbeamtete Freiheitskämpfer, staatlich alimentiert, viel Zeit haben, ihre Thesen unters Volk zu bringen und die echten Freiheitskämpfer, also die, die tatsächlich Unternehmen gründen und Arbeitsplätze schaffen könnten, wenn man sie lassen würde, wie die vom Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker , diese Zeit nicht haben. Die müssen nämlich tatsächlich Geld verdienen.
Der Begriff "Soziale Marktwirtschaft" ist nun eine absolute, totale Leerformel, die schlicht gar nichts aussagt. Die Grundidee ist simpel, wird es konkret, wird es beliebig. Die Grundidee ist, im Übrigen keine Idee von Müller-Armack, jede Wirtschaftsordnung der westlichen Industrienationen basiert auf diesen Prinzipien, dass die Allokation der Ressourcen dem Markt überlassen bleibt, die auf dieser Allokation hervorgegangene Einkommensverteilung aber geändert werden kann.
Begreifen wir die Marktwirtschaft als variablen Rechnungs- und Signalapparat, so ist in dieser formalen Bestimmung ihres Wesens gleichzeitig gesagt, dass dieser Apparat das Ziel des Wirtschaftens nicht von sich aus bestimmt, sondern als ein Datum hinnimmt. Ob wir die durch die marktwirtschaftliche Einkommensverteilung gegebenen Bedarfsgrößen einfach annehmen oder sie durch eine Einkommensumschaltung verändern, ist für den Rechnungsapparat gleichgültig. So gesehen, ist er ein formales Verfahren, welche in den verschiedensten sozialen Rahmen zu funktionieren vermag. |
Er fasst also die zentrale Funktion marktwirtschaftlicher Ordnung nochmal kurz zusammen. Die Ressourcen werden Preise gesteuert. Der Ausdruck "Signalapparat" ist hier natürlich komisch und wird später von ihm auch hinterfragt. Apparat bedeutet, dass die Allokation quasi automatisch erfolgt, der Unternehmer einen ähnlichen Spielraum hat, wie der Autofahrer im Verkehr, der auf die Straßenschilder achten muss. Diese Sichtweise ist in der Tat für Neoklassik typisch, verkennt aber völlig die Dynamik marktwirtschaftlicher Ordnungen, siehe unter anderem Neoklassik.
Die zugrundeliegende These ist natürlich falsch. Es vollkommen klar, dass Preise selbst dann noch Knappheiten signalisieren, wenn qua Besteuerung die Einkommen nivelliert werden, allerdings fehlt dann der Anreiz, diese auch tatsächlich zu beseitigen. Verdient ein Informatiker das Dreifache als ein Taxifahrer, besteht nur dann ein Anreiz ein Informatikstudium aufzunehmen, wenn der Verdienst, netto, dann auch höher ist. Andernfalls wird man, rein ökonomisch betrachtet, besser Taxifahrer.
Das ist dann im Wesentlichen aber auch schon das Ende der Durchsage und diese Durchsage ist eine Binse. Solange er keine konkreten Vorschläge macht, und das tut er nicht, wie genau umverteilt werden soll und in welchem Umfang, kann die die Umverteilung zwischen Null und völliger Einkommensnivellierung, also zwischen reiner Marktwirtschaft und Gleichstellung aller, schwanken. So einfach, wie er sich das vorstellt, ist das Problem nicht zu lösen. Werden die Einkommen nachträglich völlig nivelliert, verlieren sie ihre Anreizfunktion. Unter Umständen zeigen unterschiedliche Löhne dann noch Knappheiten an, aber niemand mehr wird bereit sein, diese Knappheiten zu beseitigen.
Wer gut gewillt ist und sich bemüht, der kann finden, dass Müller-Armack an manchen Stellen die Begrifflickeiten etwas schärft.
Wenn wir die Marktwirtschaft so als eine variabel gestaltete Form der Wirtschaftsrechnung bezeichnen, enthält sie nichts spezifisch Liberales mehr an sich. Sie ist ein Instrument rechenhaften Wirtschaftens, das ich eigentlich nur dann abweisen kann, wenn ich, statt beweglich disponierend zu wirtschaften, zu einfacher verwaltungsmäßiger Verteilung übergehe, was zwar äußerlich noch wie Wirtschaft aussieht, es aber in einem anspruchsvolleren Sinn gar nicht ist. Wenn wir den Sinn der Marktwirtschaft ohne alles störendes Beiwerk nüchtern verstehen wollen, müssen wir auch darauf verzichten, in sie rätselhafte Gleichgewichtskräfte hineinzugeheimnissen. So aufschlussreich diese Ideen für die Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts sind, für die die Theorie der Marktwirtschaft bedeuten sie nur eine Last. An die Stelle des Harmonieglaubens lassen wir die Feststellung treten, daß zweifellos die Marktwirtschaft ein Rechnungs- und Signalsystem darstellt, welches erlaubt, den Wirtschaftskreislauf als Ganzes selbsttätig sich vollziehen zu lassen. |
Das kann man in der Tat so sehen. Tatsächlich liefert die Marktwirtschaft ein objektives Preisgerüst. Objektiv, weil es reale Knappheitsverhältnisse objektiv widerspiegelt. Das ist der eigentliche Kern. Die Gleichgewichte, die ja praktisch das einzige Thema der Neoklassik sind, siehe Neoklassik, sind eigentlich ein Posten unter ferner liefen.
Anders als die anderen Freiheitskämpfer, Hayek, Eucken, Friedman löst er also den objektiven Kern der marktwirtschaftlichen Ordnung von weiterführenden Vorstellungen. Die marktwirtschaftliche Ordnung ist erstmal ein schlichtes Rechenwerk, bzw. es stellt die exakten Daten zur Verfügung, damit überhaupt irgendwas gerechnet werden kann.
Kostet ein Smartphone von Apple 500 Euro, dann kann sich ein Anbieter, HTC, Nokia, Samsung wer auch immer, überlegen, ob er es billiger produzieren kann. Des weiteren kann er sich noch überlegen, ob er sein Know How noch für die Produktion eines anderen Produktes verwenden könnte und was er damit verdienen würde.
Er kann dann das produzieren, wo er am meisten Geld verdient und wo folglich die Knappheitssignale am stärksten sind. Sein Eigeninteresse deckt sich mit den Interessen der Gesellschaft. Haben wir staatlich festglegte Preise, haben wir Phantasiepreise, die weder die Produktionskosten wiederspiegeln, zu dem ein Produkt erstellt werden kann, noch die Präferenzen des Konsumenten.
Dieser Teil der marktwirtschaftlichen Ordnung ist ein schlichtes, ganz unideologisches Rechenwerk. Es ist so ideologisch wie eine Waage, auch wenn heute dieser simplen Vorstellung auch niemand mehr zustimmen würde, denn Preise können eben auch nicht exakt sein.
Zum einen fließen externe Kosten nicht in das Produkt ein, jedem Produzenten ist es erstmal unbenommen, jeden Fluss zum umkippen zu bringen. Zum anderen gibt es keinen Preis für öffentliche Güter, also für Güter, die zwar einen Nutzen stiften, Parkanlagen, Monumente etc., von deren Konsum aber niemand ausgeschlossen werden kann. Marktwirtschaftlich werden solche Güter nicht angeboten. Dann gibt es noch die meritorischen Güter. Wir kommen bei Milton Friedman, dieser spricht von neighborhood effects in Bezug auf Bildung, darauf zurück.
Von meritorischen Gütern spricht man, wenn der einzelne durchaus zur Zahlung gezwungen werden könnte, bei denen der einzelne aber dazu tendiert, zu wenig davon zu konsumieren, obwohl sie ihm gut täten. Denkbar wären hier Kochkurse für Kiddies an Schulen, wenn man der Meinung ist, dass Kiddies zuwenig Obstsalat, aber zuviele Pommes mit Mayo essen. Sieht man aber von all dem ab, stimmt es so halbwegs: Die marktwirtschaftliche Ordnung liefert erstmal aussagekräftige Preise, die die Knappheitsverhältnisse korrekt wiederspiegeln.
Auch auf die "rätselhaften Gleichgewichtskräfte" könnte man in der Tat verzichten, auch wenn sie das Herzstück der Neoklassik sind, denn wir interessieren uns gar nicht für die Tatsache, dass es einen gleichgewichtigen Preis und eine gleichgewichte Menge gibt, denn diese sind lediglich die Effekte von Ursachen wie Bildung, Organisation des Bildungssystems, technologischer Fortschritt, Wissenstransfer etc.. Wir interessieren uns für die Ursachen und nicht für die Effekte.
Dass sich Gleichgewichte einstellen, ist ein relativ trivialer Vorgang. Was uns aber tatsächlich interessiert, ist die Höhe, auf dem sich das Gleichgewicht einstellt.
Uns interessiert nicht, dass in Peru und in Neuseeland ein Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt besteht, was, folgt man der Logik der Neoklassik ja ungeprüft immer der Fall ist, denn die, die zu einem gegebenen Lohn nicht arbeiten wollen, habe entweder eine Präferenz für Freizeit oder habe es vorgezogen zu verhungern, sondern die Lohnhöhe. Uns interessieren die nicht systemischen Kräfte, Innovationsgrad, Bildungsstand, Organisationsfähigkeit etc., die die Lohnhöhe bestimmen.
Jenseits dieser nüchternen Betrachtung, wenn also die freie Marktwirtschaft als Voraussetzung für Freiheit gesehen wird, wird es problematisch. Dann haben wir eine Menge Probleme.
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Da unsere Erwartungen an die Freiheitskämpfer mittlerweile gering sind, freuen wir uns schon, wenn mal festsgestellt wird, dass der Apparat Marktwirtschaft auch irgendjemanden braucht, der an den Hebeln dreht, auch wenn uns Müller-Armack leider nicht verrät, wer da konkret drehen soll und wie. Uns freut schon, wenn überhaupt mal festgestellt wird, dass ein Dieselmotor keine Freiheit garantiert.
Dem Leser mag das lächerlich vorkommen. Beschäftigt er sich aber mit den Konzepten der Neoklassik näher, das ist das, was sich in den Lehrbüchern zur Mikroökonomie findet, dann wird er festellen, dass die Wirtschaft vorgestellt wird als eine Art Dieselmotor. Den wirft man an und dann läuft er, siehe kurzfristiges und langfristiges Gleichgewicht.
Man braucht diesem heute verpönten Ausdruck einer gesellschaftlichen Automatik gar nicht so ängstlich aus dem Wege zu gehen, wenn man sich nur darüber klar ist, daß auch unsere besten Automaten einer gewissen Bedienung bedürfen, ja, in dieser Hinsicht ganz besondere Ansprüche stellen. Es war eine unkluge Übertreibung des wirtschaftspolitischen Liberalismus, die Tauschgesellschaft gleichsam als einen keiner Bedienung bedürftigen Vollautomaten zu nehmen. Wir können heute den Gedanken einer gewissen inneren Regulierung aufrechterhalten, ohne uns mit solch extremer Ansicht zu verbünden. Begreifen wir die Marktwirtschaft als variablen Rechnungs- und Signalapparat, so ist in dieser formalen Bestimmung ihres Wesens gleichzeitig gesagt, dass dieser Apparat das Ziel des Wirtschaftens nicht von sich selbst aus bestimmt, sondern als Datum hinnimmt. |
Es ist ihm also aufgefallen, da unterscheidet er sich radikal von Léon Walras und Vilfredo Pareto und anderen selig im Gleichgewicht Ruhenden, dass man an dem Apparat noch ein paar Hebel bewegen muss. Leider erklärt er uns nicht, wer die Hebel bedient noch wie er sie genau bedient.
Leider schwenkt er zehn Seiten später wieder auf die Hayek Schiene ein und verknüpft Marktwirtschaft mit Freiheit.
Es ist nicht so, als ob die geistige Freiheit und Unabhängigkeit schon durch die Marktwirtschaft als solche gesichert würden, in jedem Fall bedarf es dazu noch des Mutes, der auf seiner Freiheit besteht. Aber es scheint uns aussichtslos zu sein, von einer wirtschaftlich unfrei organisierten Gesellschaft auf die Dauer erwarten zu wollen, dass sie sich den Sinn für ihre Ideale bewahrt. In der Vergangenheit waren der deutsche Patriarchalstaat und das preußische Beamtenregiment schlechte Schulen freiheitlicher Gesinnung. Wir haben einen hohen Preis dafür zahlen müssen. Können wir von einer total fortgeführten Wirtschaftslenkung etwas anderes erwarten als die Fortsetzung dieses Verhängnissses? |
Also die GEISTIGE FREIHEIT ist immer gesichert, denken kann man, was man will, selbst im Knast, darüber gibt es ja ein hübsches Deutsches Lied, siehe Die Gedanken sind frei. Dass das preußische Beamtenregiment eine schlechte Schule für die freiheitliche Gesinnung war, glauben wir dann schon eher.
Wir glauben ganz prinzipiell, dass Beamte eine schlechte Schule für die freiheitliche Gesinnung sind. Wir glauben sogar, dass hier die gesetzlichen Bestimmungen schon den Kern des Problems in sich tragen. Wir sind uns nicht mal so sicher, ob der Artikel 33, Absatz 4 des Grundgesetzes eine so geniale Idee war.
Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. |
Das erste Problem sind die hoheitsrechtlichen Befugnisse. Das ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Gehört die Tätigkeit als Lehrer noch zu den hoheitsrechtlichen Aufgaben und wenn ja, welches Gewicht erhalten dann die Eltern und die Öffentlichkeit?
Wer soll bestimmen was unterrichtet wird und wie? Wir kommen bei Milton Friedman darauf zurück.
Wir bestreiten, dass man den Bereich Bildung mit denselben Mechanismen regulieren kann, der auch die Güterproduktion reguliert; wie Milton Friedman sich das vorstellt. Wir bestreiten aber auch, dass sich die Frage apriori zugunsten der Übertragung der Verantwortung auf Beamte beantworten lässt, wie der Philologenverband, aus naheliegenden Gründen, sich das vorstellt.
Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte hätte sich der Autor auch eine Formulierung, die das Spannungsverhältnis zwischen individueller Überzeugung und staatlichem Wollen von vorneherein zugunsten der Unterordnung unter das staatliche Wollen entscheidet, dreimal überlegt.
Das besondere Treueverhältnis zum Staat dispensiert von vornheherein von der Reflexion und der kritischen Überprüfung. Durch die gesetzliche Normierung, vor allem im grundlegendsten aller Gesetzestexte, bekommt die Entindividualisierung geradezu die höheren Weihen besonderer charakterlicher Festigkeit.
Nicht das Insistieren auf Werten, auch gegen Widerstand, zeichnet den Beamten aus, sondern das Treueverhältnis. Maßstab für sittliches Handeln ist also nicht mehr der gesunde Menschenverstand, sondern die Treue zum Staat.
Das Resultat kann man dann hier betrachten: "Arisierung" von jüdischem Eigentum und Vermögen. Derselbe Beamte, der akribisch Vermögen Menschen jüdischen Glaubens eingezogen hat, hat es nach dem Krieg wieder zurückerstattet.
Ähnliche Liga hier, diesmal die allerneueste Vergangenheit, der Untergang der DDR:Wendezeiten in der DDR und gleicher Tenor: Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein.
Der Autor würde sagen, der Paragraph 33, Absatz 4 Grundgesetz setzt, auch wenn man akzeptiert, dass Beamte die Gesetze einer Regierung umzusetzen haben, ein völlig falsches Signal, dispensiert den einzelnen von der persönlichen Verantwortung.
Dass sich vor allem Deutschland so schwer damit tut, Verbrechen von Unrechtsregimen aufzuarbeiten, dürfte auch mit dem Treue Hokuspokus zusammenhängen. Wird der einzelne qua Verfassung von seiner persönlichen Verantwortung dispensiert, bzw. hat die Treue Verfassungsrang und die moralische Integrität ist ein Posten unter ferner liefen, dann wird sich diese Einschätzung auch bei der Bewertung eines Verhaltens unter verbrecherischen Regimen durchsetzen.
Dies dürfte mit ein Grund sein, warum die Verurteilungen der Deserteure der Wehrmacht erst 2002 pauschal aufgehoben wurden, Stasi Opfer um ihre Rehabilitierung kämpfen müssen, Täter jedoch Karriere machen können.
Mit der Formulierung besonderes Treueverhältnis zum Staat erhält Kadavergehorsam, Entindividualisierung und die Loslösung von kulturellen / zivilisatorischen Normen Verfassungsrang.
Dieses Ziel widerspricht im Übrigen auch dem, was man normalerweise durch die institutionalisierte Bildung erreichen will, zumindest mal, wenn man die Ansichten Adornos teilt. Diese kann man nachlesen in dem kleinen Büchlein "Erziehung zur Mündigkeit." Auf Adorno kommen wir noch, in philosophische Kritik, zurück.
Das Geschwurbel braucht man im Übrigen auch nicht. Wie jeder Arbeitnehmer haben Beamte vor allem mal einen guten Job zu machen und Sinnvolles effizient durchzuführen und Sinnloses zu unterlassen.
Interpretiert man das besondere Treueverhältnis zum Staat dann auch noch so, dass sich der Beamte, der teilweise über Insiderwissen verfügt, zu Unsinnigem nicht öffentlich Stellung nehmen darf, dann geht ein Korrektiv, das staatliche Macht begrenzen bzw. hinterfragen könnte, verloren.
Soll das besondere Treueverhältnis zum Staat irgendeine konkrete Bedeutung haben, dann müsste es in irgendeiner Form spezifiziert werden. Wer will kann eine solche Spezifizierung im Bundesbeamtengesetz oder ähnlichen Gesetzen der Landesverfassungen sehen.
§ 64 |
Daraus könnte man dann ableiten, dass das besondere Treueverhältnis darin besteht, dass der Beamte sich an das Grundgesetz zu halten habe. Davon geht der Philologenverband aus, siehe Milton Friedman, wo wir auf die Frage nochmal eingehen. Aus der Bindung an das Grundgesetz könnte man dann ableiten, dass es auch bei Beamten noch einen letzten Anker gibt, der sie bindet. Dreht also der Staat völlig durch, dann wird auch das besondere Treueverhältnis gelöst. Bei einer solchen Situation allerdings haben alle Deutsche das Recht auf Widerstand.
Art 20 |
Das besondere Treueverhältnis zum Staat, also die mechanische Anwendung von Gesetzen, kann durchaus auch surreale Ausmaße annehmen. Verfügt ein Beamter zum Beispiel die Ausweisung eines in Deutschland geborenen Kindes / Jugendlichen mit Migrationshintergrund, dessen Muttersprache Deutsch ist und welches keinerlei Bindung an das Herkunftsland der Eltern hat, weil die Eltern illegal, bzw. unter einer falschen Identität eingereist sind, wird unklar, welche Werte in der institutionalisierten Bildung eigentlich noch vermittelt werden sollen.
Die geschichtlich gut dokumentierte unendliche Relativierung von Werten durch das Treueverhältnis zum Staat, führt das Bildungssystem ad absurdum. Es macht wenig Sinn, über ein Bildungssystem Werte wie Selbstverantwortung, kritische Reflexion, Individualisierung, fördern zu wollen, auf der anderen Seite aber dem genauen Gegenteil all dessen Verfassungsrang zu verleihen.
Es gibt kaum einen vernünftigen Grund, warum Beamte ein Treueverhältnis gegenüber dem Staat haben sollen, der über das hinausgeht, was von der Gesamtbevölkerung gefordert wird.
Des weiteren ist mangelnde Treue zum Staat historisch noch nie zum Problem geworden. Die Treue zum Staat hat aber schon zum Völkermord geführt. Die Treue zum Staat scheint etwas zu sein, was mühelos erreicht wird, geradezu gefährlich leicht, von daher braucht man es auch nicht zu fordern.
Der Autor kann noch nicht erkennen, dass einzelne Beamte, die hier und da ein Gesetz, das sie für unsinnig halten, nicht anwenden, denn Staat in seinen Grundfesten erschüttern. Insbesondere dann nicht, wenn Verwaltungshandeln von der Öffentlichkeit kritisch hinterfragt wird und transparent ist. Die Geschichte liefert selten eindeutige Beweise. Was aber das besondere Treueverhältnis zum Staat angeht, ein Begriff, der vom Kadavergehorsam nur schwer zu trennen ist, ist das Bild doch recht eindeutig.
Lustig ist dann noch der Abschnitt "...und alle in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gesetze zu wahren...". Der Autor wir den Eindruck nicht los, dass alle Bundesbürger die Gesetze der Bundesrepublik wahren und respektieren sollen.
Sollte hier ein Handlungsspielraum bestehen, wäre es interessant zu wissen, worin dieser besteht. Das könnte ökonomisch interessant sein.
Dann soll er noch seine Amtspflichten gewissenhaft erfüllen. Sollte er, ja, also er soll einen guten Job machen. Bedauerlicherweise fehlt aber die scharfe Kontrolle durch die marktwirtschaftliche Ordnung, so dass eigentlich so richtig niemand kontrollieren kann, ob er einen guten Job macht.
Stünde in einem Arbeitszeugnis, dass jemand versprochen hat, immer einen guten Job zu machen, dann würde das übersetzt bedeuten, er war komplett unfähig. Er hat es zwar gelobt, geschwört und versprochen, doch leider nicht geschafft.
In der marktwirtschaftlichen Ordnung kommt es weniger darauf an, was jemand verspricht, sondern auf das objektive Ergebnis. Das Beamtenrecht geht davon aus, dass das Bemühen reicht. Das ist in einer marktwirtschaftlichen Ordnung nicht so. Das Bemühen reicht nicht. Es zählt allein das Ergebnis.
Denkbar ist sogar, dass sich jemand nicht bemüht und etwas "mit links" macht. Macht er es aber gut, ist die Welt in Ordnung.
Ob Gott dabei hilft, einen guten Job zu machen, weiß der Autor nicht, wenn er es tut, wäre es ungerecht. Das würde bedeuten, dass der eine sich den Arsch aufreißt und der andere in der Hängematte liegt und den Job von Gott erledigen läßt.
Um ein Eingreifen Gottes in die Wirtschaft zu bewerten, bräuchten wir mehr Informationen darüber. Sind die Eingriffe konstant und kalkulierbar, wären sie mit technischem Fortschritt gleichzusetzen und akzeptabel, wenn auch ungerecht.
Erfolgen diese Eingriffe aber spontan und willkürlich, können sie zu Fehlallokationen gigantischen Ausmaßes führen, weil die Knappheitsverhältnisse kurzfristig völlig verzerrt wären. Die Wirtschaft würde sich also auf eine atypische Situation einstellen und Produktionsanlagen würde bei einer Änderung der atypischen Situation vollkommen entwertet.
Solange also nicht klar ist, ob Gott konstant und planbar eingreift, würde der Autor dafür plädieren, dass man ihn komplett raushält. Aus ordnungspolitischer Sicht im Sinne der Freiburger Schule und Walter Eucken ist ein Eingriff Gottes in die Wirtschaft von daher abzulehnen.
Das Problem bei den Freiheitsschwaflern à la Hayek, Friedman, Müller-Armack, Eucken besteht darin, dass das Geschwafel konkret nichts bedeutet.
Gewiß gibt es neben der Sache der Freiheit noch andere Werte, auf deren Verwirklichung wir im Rahmen einer Wirtschaftsordnung nicht verzichten können, und es hängt Entscheidendes davon ab, wie weit die Marktwirtschaft in ihrer gesteuerten Form erlaubt, derartige Ziele zu erreichen. Wir bedürfen dringend einer harmonischen Sozialordnung, wir sind überzeugt, den Wirtschaftsraum und seine bauliche Gestaltung nicht dem persönlichen Belieben überlassen zu dürfen, wir hegen bestimmte Überzeugungen bezüglich eines gesunden Betriebsaufbaues. In bestimmten Bereichen erscheint uns der öffentliche Betrieb, in anderen eine starke Beteiligung von Klein- und Mittelbetrieben erforderlich. Auch die Agrar- Industriestruktur empfinden wir als eine Frage richtiger Lebensordnung, die gestaltet werden muß und nicht dem Belieben wirtschaftlicher Vorgänge anheimgegeben werden kann. |
Es ist kein gravierendes Problem, es ist lediglich ein interessanter Umstand, dass so eine Labertasche als maßgeblich für die Ausgestaltung der Wirtschaftsverfassung der BRD angesehen wird.
Das Wirtschaftssystem der BRD hat kein einziges, nicht das klitzekleinste Element, das irgendwie typisch deutsch ist und folglich ist weder Müller-Armack noch Ludwig Erhard der Erfinder der sozialen Marktwirtschaft und vor allem kann keine Wirtschaftsverfassung auf so einem nebulösen Geschwafel beruhen.
Genau wie die Wirtschaftsverfassungen der allermeisten Staaten dieser Welt ist auch die Wirtschaftsverfassung der BRD ein Austarieren zwischen unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Vorstellungen, wobei die Gewichte in allen demokratischen Staaten im Zeitablauf verschoben werden. Es mag sein, dass Margaret Thatcher ab und an mit dem Buch Hayeks "Wege zur Knechtschaft" wedelte und Ronald Reagan und Arnold Schwarzenegger durch Milton Friedman erleuchtet wurden. Das liegt dann aber lediglich daran, dass sie die Orginale, also Adam Smith und Alfred Marhall nicht kannten, wobei letzterer den eigentlich marktwirtschaftlichen Kern, also die Idee, dass Preise zum einen Knappheit anzeigen, zum anderen dafür sorgen, dass diese Knappheiten beseitigt werden, sehr viel präziser beschrieb. Und im Übrigen auch differenzierter und austarierter.
Das Geschwafel von Müller-Armack bedeutet konkret schlicht gar nichts. Die freie Marktwirschaft verhindert auch nicht das "preußische Beamtenregiment" das eine "schlechte Schulen freiheitlicher Gesinnung" war, denn Preußen hatte eine marktwirtschaftliche Ordnung. Spätestens als er diese Feststellung machte, siehe oben, hätte er mal ins Grübeln kommen müssen. Die ganzen Freiheitsschwafler hätten mal den Versuch starten können, ihre Thesen gegen geschichtliche Epochen abzugleichen.
Sie hätten dann festgestellt, dass es zwischen "Freiheit", die man erstmal irgendwie konkret definieren müsste, und marktwirtschaftlicher Ordnung eigentlich überhaupt keinen Zusammenhang gibt.
Die marktwirtschaftliche Ordnung verträgt sich perfekt noch mit den repressivsten Regierungsformen.
Unstrittig ist nur, dass der effizienteste Mechanismus zur opitmalen Allozierung der Ressourcen die marktwirtschaftliche Ordnung ist, zumindest dann, siehe unten, wenn es Preise gibt. Im Detail ist es also komplizierter.
Für alle Freiheitskämper, Hayek, Müller-Armack, Friedman etc. trifft zu, dass man über das Geschwafel überhaupt nicht diskutieren kann, weil es schlicht nichts bedeutet.
Im 19. und 20. Jahrhundert war die Wirtschaft in Europa, im Gefolge der Industrialisierung, fast überall marktwirtschaftlich geprägt, was nicht heißt, dass auch in allen Ländern Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit, Recht auf freie Berufswahl, Niederlassungsfreiheit, aktives und passives Wahlrecht etc. etc. gegeben war.
Solange nicht konkret gesagt wird, was mit "Freiheit" eigentlich gemeint ist und wir nur Phrasen vom Typ Capitalism and Freedom haben, lässt sich über den Zusammenhang zwischen marktwirtschaftlicher Ordnung und Freiheit sowenig diskutieren wie über den Zusammenhang zwischen Vanilleeis und Demokratie.
Ob dann die marktwirtschaftliche Ordnung es noch erlaubt "andere Werte" zu realisieren "auf die wir im Rahmen einer Wirtschaftsordnung nicht verzichten können" könnte nur geklärt werden, wenn er mal konkret diese Werte nennen würde. Die "harmonische Sozialordnung" ist hier keine Begriffsbestimmung, sondern freies Assoziieren im Raum, bei herabgesetzter Denkleistung.
Die "harmonische Sozialordnung" soll in der Bundesrepublik über die Sozialgesetzgebung hergestellt werden, die bringt es dann auf ein paar TAUSEND Seiten mit einer auch verfahrenstechnisch spezialisierten Rechtssprechung. Wenn es konkret wird, und das Leben tendiert ab und an dazu sehr konkret zu werden, nützt Geschwafel wenig.
Freiheitskämpfer mit Pensionsberechtigung à la Hayek, Friedman, Müller-Armack, Eucken sind weniger aus inhaltlichen Gründen interessant. Interessant sind sie allerdings als psychologisches, soziologisches Phänomen.
Weiter beherrschten sie Marketing, bzw. Hayek und Friedman hatten das voll drauf. Sowohl Wege zur Knechtschaft wie auch Capitalism and freedoom sind zwar völlig inhaltsleer, aber die Titel sind genial.
Der ökonomische Erfolg dieser Bücher, bzw. die hohen Auflagen, dürfte eben durch die inhaltsleere Abstraktion bedingt sein. Dadurch wird es möglich, dass sich völlig unterschiedliche Gruppen mit glühenden Wangen für die Freiheit begeistern, der Einkommensmillionär, der ein Vermögen geerbt hat und keine Steuern bezahlen will, über den braven CDU Beamten, der alle möglichen Leute vor den Übergriffen der boshaften Zeitgenossen schützt, bis zu den Freiheitskämpfern von der FDP, die die IHK Zwangsmitgliedschaft verteidigen. Abstrakt sind alle Freiheitskämpfer. Ein Freiheitskämpfer ist sogar die IHK selbst, obwohl sich für die Schwachmatiker Truppe eigentlich niemand interessiert und die Wahlbeteiligung bei "Wahlen" zur IHK Vollversammlung unter 5 Prozent bewegen.
Der besondere Vorteil der gesetzlichen Mitgliedschaft besteht darin, dass die IHK dadurch alle Branchen und Betriebsgrößen gleichermaßen vertreten muss. Die Beiträge der Mitgliedsunternehmen sichern die wirtschaftliche Unabhängigkeit ihrer IHK vor Einzelinteressen und gegen staatliche Einflussnahme. Sie begründet auch die Legitimation für die Selbstgestaltung hoheitlicher Aufgaben im Auftrag des Staates und im Dienste der Unternehmen. |
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Die ZWANGSMITGLIEDSCHAFT schützt vor staatlicher Einflussnahme, schützt also die Freiheit.
Das ist so typisch Freiheitskämpfer Geschwurbel. DIE Wirtschaft hat kein einheitliches Interesse und die IHK MUSS die auch nicht vertreten, die WILL sie vertreten auch wenn niemand von ihr vertreten werden will.
Und die ZWANGSABGABE schützt die IHK vor Einzelinteressen. Man kann es auch weniger charmant formulieren. Die Interessen ihrer Mitglieder geht dem Parasitenverein schlicht am Arsch vorbei, denn die Knete gibt es so oder so. Kraft dieser zwangsweise eingetriebenen Mitteln schützt die IHK jetzt ihre Mitglieder vor dem Staat und zwar völlig unabhängig davon, ob diese überhaupt geschützt werden wollen.
Keine Figur ist aber so rätselhaft, wie Hayek und keine Figur generiert so unendliche viele Vereine, Insitute, Stiftungen etc. etc.. Das Hayek Geschwurbel fördert jetzt zwar nicht die ökonomische Erkenntnis, aber es ist ein uriges Phänomen.
Außer der bereits schon öfter erwähnten Hayek Gesellschaft gibt es noch die Friedrich August von Hayek Stiftung.
Und diese Gesellschaft könnte nun tatsächlich eine Pointe haben. Ihre einzige Tätigkeit besteht darin, einen Preis an Freiheitskämpfer zu verleihen. Das Stiftungskapital stammt von der Wüstenrot & Württembergische AG, ein Versicherungsunternehmen mit Schwerpunkt Vermögensbildung.
Kuratoriumsmitglied der Friedrich August von Hayek Stiftung ist unter anderem Alexander Erdland und der wiederum ist der Vorstand der Wüstenrot & Württembergische AG und Präsident des Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, wie wir bei www.lobbycontrol.de lesen.
Wenn die Preisverleihung einen Sinn haben soll, dann soll sie wohl irgendwas bewirken. Erfolgt die Preisverleihung an Paul Kirchhoff, der die Bundesregierung in Fragen der Altersvorsorge berät, dann ist das natürlich für ein Versicherungsunternehmen interessant, denn von der Riesterrente haben eigentlich nur die Versicherungsunternehmen profitiert.
Bei den anderen Preisempfängern handelt es sich um Politiker, die als Türöffner interessant sein können.
Nebenbemerkung: Die konkreten personellen Verflechtungen werden in 10 Jahren niemanden mehr interessieren. Wir erwähnen das nur, weil diese ein systemisches Problem aufzeigen. Freiheitsgeschwafel ist also kein Garant für die Freiheit. Im Gegenteil.
Die eigentliche Pointe steht aber auf der Seite selber. Sattsam bekannte Thesen von Hayek werden zusammengefasst.
Demokratie |
Das muss man sich jetzt auf der Zunge zergehen lassen. Eine Stiftung, deren ausschließliches Ziel Lobbyarbeit ist, beklagt die Aktivitäten von Verbänden und Interessensgruppen. Die Staatgewalt hätte tatsächlich dafür sorgen müssen, dass die Riester / Rürup Rente nicht zum Konjunkturprogramm für Versicherungsunternehmen verkommt. Wir bezweifeln aber, dass der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft mit ihrem Präsidenten Alexander Erdland diesen Sonderinteressen der Versicherungswirtschaft energisch entgegentritt.
Die merkwürdige Verquickung von freier Marktwirtschaft und Freiheit scheint sich besonders gut als Banner zu eignen, unter dem Partikularinteressen in die Schlacht ziehen, denn Partikularinteressen, die sich als Freiheit tarnen, indem sie vorgeben, der Marktwirtschaft zum Siege zu verhelfen, verquicken ganz geschickt Edelmut und Rentabilität.
Da Freiheit bei Hayek letztlich völlig unbestimmt ist und im Grunde lediglich durch unternehmerische Freiheit definiert ist, ist jede Beschränkung unternehmerischen Handelns ein Angriff auf die Freiheit.
Allein schon die Tatsache, dass die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland, wie in den meisten westlichen Demokratien, staatlich reguliert sind und damit die Handlungsoptionen privater Versicherungsunternehmen einschränken, kann als Angriff auf die Freiheit umgedeutet werden.
Die Finanztransaktionssteuer, also eine Steuer auf den Umsatz von Wertpapieren, ist dann auch ein Angriff auf die Freiheit. Die Internalisierung externer Kosten ist ein Angriff auf die Freiheit und Gewerkschaften sowieso. Würde man Nestlé zwingen, die Wasserquellen in Südafrika für die Bevölkerung frei zu geben, wäre das genauso ein Angriff auf die Freiheit, wie wenn man BP zwingen würde, die von BP verursachten Umweltschäden zu beseitigen bzw. die Bevölkerung zu entschädigen.
Die Umdeutung der Durchsetzung von Partikularinteressen zum allgemeinen Freiheitskampf, lässt eine detaillierte Diskussion gar nicht mehr zu.
Freiheit |
Die Leerformel sagt natürlich exakt gar nichts. Es ist reine, pure Ideologie. Schaut man sich die Mitglieder des Kuratoriums der Friedrich August von Hayek Stiftung an, dann handelt es sich um eine Gruppe, die finanzkräftig genug ist, um effiziente Lobbyarbeit zu leisten.
Insofern hat der Hayekismus eine starke Ähnlichkeit zum Marxismus. Ist im Marxismus die sozialistische Gesellschaft der Leerbegriff, der jeden Eingriff in die individuelle Freiheit rechtfertigt, ist im Hayekismus die Freiheit der Leerbegriff, der jede Restriktion unternehmerischen Handelns verbietet. Der Hayekismus diskreditiert damit die marktwirtschaftliche Ordnung.
Hat man ein konkretes Problem, Meisterzwang, Kammerzwang, unsinnige gesetzliche Regelungen, Mißbrauch der Gesetze zu Kartellen auf nationaler / europäischer Ebene zur Einnahmeerzielung, ökonomisch unsinnige Verpflichtungen zur Alterssichersicherung etc. etc. dann kann man darüber konkret diskutieren.
Über Sinn und Unsinn des Aufbaus des Steuersystems sowie über die Tarife kann man natürlich auch diskutieren. Man kann über einzelne Bestimmungen den Arbeitsrechts diskutieren und über die Systeme der sozialen Sicherung.
Man kann auch über das Bildunssystem diskutieren und finden, dass dieses die Handlungsoptionen der Eltern einschränkt, siehe Milton Friedman. Man kann über alles mögliche diskutieren. Allerdings kann man über kein Thema anhand eines allgemeinen Freiheitsgeschwafels diskutieren. Irgendwann brauchen wir konkrete Fakten, Zahlen, Theorien über ökonomische Wirkungszusammenhänge.
Mit seinen Ansichten über die Demokratie liegt Hayek dicht bei Pareto, was auch logisch ist. Je mehr sich das Optimum aus Tauschverhältnissen und freiwilliger Kooperation ergibt, die so freiweillig wie Hayek, Milton, Pareto sich das vorstellen gar nicht sind, desto geringer ist der Bedarf an einem politischen Entscheidungsprozess über eine demokratische Wahl. Der Raum politischer Entscheidungsprozesse kann dann durchaus auch schlicht inexistent sein.
Hayek wurde aus dem akademischen Betrieb eliminiert. Das zumindest ist positiv, denn bei dem begrenzten intellektuellen Fassungsvermögen der dozierenden Ökokaste ist eine intellektuelle Auseinandersetzung nicht gewährleistet.
Pareto hat mit seiner ordinalen Nutzenkonzeption überlebt, wobei aber offensichtlich niemand sich mehr die Mühe macht, Pareto im Orginal zu lesen. Es fällt also niemandem auf, wohin die Reise bei Pareto eigentlich geht. Wüsste die dozierende Ökokaste, was mit dem Pareto Geschwurbel eigentlich gesagt werden soll, wären ihnen klar, dass sie mit dem Pareto Geschwurbel den Boden der freiheitlich, demokratischen Grundordnung verlassen. Wir lernen also, dass mit der mechanischen Ableistung des Amtseides die Ziele, die man hiermit verfolgt, nicht erreicht werden. Ohne eine aktives Bemühen ist dieser sinnlos.
Milton Friedman ist zwar auch problematisch, aber im Gegensatz zu Hayek ist er weniger ideologisch, da er insgesamt "geerdeter" ist. Er diskutiert konkrete Zusammenhänge, Justizwesen, Bildungssystem, Gesundheitssystem, Geldpolitik. Also konkrete Sachverhalte. Auf konkrete Sachverhalte überträgt er dann die Mechanismen und die Logik der freien Marktwirtschaft. Das ist teilweise erhellend und da es konkret ist, kann man darüber auch diskutieren. Das Geschwafel von Hayek ist weitgehend im freidrehend und eine reine Projektionsfläche für Phantasien aller Art.
Müller-Armack ist nun nicht die Kategorie Hayek. Mit der Logik, dass man die Allokation der Ressourcen dem Markt überlässt, aber die Verteilung, die sich aus dem Marktergebnis ergibt wieder umverteilt, ist mal grob eine Richtung vorgegeben. Zwar ist das nicht besonders pfiffig und tatsächlich wird das in allen westlichen Demokratien so gehandhabt, Müller-Armack ist also keineswegs der "Erfinder" dieser Idee und in der Praxis führt das zu Monstergesetzeswerken, Arbeitsrecht, SGB, Kartellrecht etc. etc. aber so als Richtung kann man damit was anfangen.
Diese doch recht simple Grundidee lässt sich auch ohne weiteres mit Keynes verbinden. Konkret hat er dann allerdings leider auch nichts zu sagen und zwischendrin schwurbelt er wieder mächtig.
Die Marktwirtschaft ist ein formales und neutrales Organisationsmittel, welches selbst noch keine bestimmte Lebensgesinnung zum Inhalt hat. Es war ein folgenschwerer Irrtum des vergangenen Jahrhunderts, das Marktgefüge für eine ausreichende Gesamtordnung des Lebens zu halten. Man übersah dabei, wie sehr die im Wirtschaftsleben des 19. Jahrhunderts noch vorhandene seelische Substanz aus dem christlich-religiösen Erbe stammte, das in der rationalisierten Wirtschaftsgesellschaft gefährdet und von den Kräften des ökonomischen Denkens und des Wettbewerbs in Frage gestellt wurde. Die Aufgabe, Werte und sittliche Überzeugungen zu schaffen, kann einer solch formalen Ordnung schlechthin nicht zugemutet werden. Wir wollen uns der nüchternen Einsicht nicht verschließen, dass alle formal wirtschaftlichen Ordnungen, die Marktwirtschaft nicht weniger als die Lenkungswirtschaft, die kulturelle Substanz aufzehren. |
Das ist ein prinzipielles Problem, das wir auf mit der heutigen Ökokaste haben. In dem Moment, in dem sie über etwas redet, was über die mathematische Modellierung hinausgeht, haben wir ein schreckliches Geschwafel. Kein Mensch weiß, was er mit "Lebensgesinnung", "Gesamtordnung des Lebens", "seelische Substanz", "christlich-religiöses Erbe", "kulturelle Substanz" sagen will.
Was er ungefährt meint, können wir uns vorstellen, bzw. können wir eigentlich nicht, aber wir können ein bisschen rätseln. Im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand die Neoklassik. In der Neoklassik haben wir tatsächlich eine Wirtschaft, die durch universale Gesetze gelenkt so sicher ihre Bahnen zieht, wie der Mond um die Erde kreist und die Erde um die Sonne. Wir haben das im Kapitel Neoklassik ausführlich diskutiert. Aus rein wirtschaftlicher Sicht ergibt sich hierbei das Problem, dass von der Angebotsseite, vollständig abstrahiert wird.
Wir können die Begriffe
"Lebensgesinnung", "Gesamtordnung des Lebens", "seelische Substanz", "christlich-religiöses Erbe", "kulturelle Substanz" nicht intepretieren, allerdings ist zu vermuten, dass Müller-Armack davon ausgeht, dass Vorstellungen hierüber tradiert werden, besonders deutlich wird das beim Begriff "christlich-religiöses Erbe". Man kann ja nur aus der Vergangenheit etwas erben. Weiter "zehrt" sich die "kulturelle Substanz" auf. Aufgezehrt kann ja nur etwas werden, was vorher da war.
Des weiteren ist diese "kulturelle Substanz", was immer das sein mag und wann auch immer sie vorlag, positiv konnotiert, denn sie wird "aufgezehrt". "Aufzehren" kann man nur etwas, was einen Wert hat. Müll entsorgt man einfach oder freut sich, wenn er von alleine verschwindet.
Des weiteren können wir schließen, dass das mit diesen Begriffen Gemeinte, was immer das sein mag, gegen die marktwirtschaftliche Ordnung zu schützen ist, denn "die Aufgabe, Werte und sittliche Überzeugungen zu schaffen, kann einer solch formalen Ordnung schlechthin nicht zugemutet werden".
Der Autor hat mit dieser Aussage gleich drei Problem: Erstens ist im unklar, wo diese positiv konnotierte "kulturelle Substanz" historisch vorlag, zweitens hat er ein Problem damit, dass der Staat sich um selbige kümmern soll.
Der Autor geht eher davon aus, dass das summum bonum, wie Bloch das nennt, in der Zukunft liegt und noch weitgehend unbekannt ist und der Staat hat lediglich das Labor zur Verfügung zu stellen, mit dem das Reich der Möglichkeiten erkundet werden kann, siehe das Prinzip Hoffnung.
So schwammig die Begrifflichkeiten auch sind, lassen sich doch Unterschiede zu Hayek und Friedman ausmachen.
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Das löst zwar konkret kein einziges Problem, aber es wird immerhin konzediert, dass es ein Spannungsfeld gibt zwischen der Koordination durch den Markt und Koordination über demokratische Entscheidungsprozesse.
Bei Begriffen wie "seelische Substanz" würde Adorno natürlich ein Schauder über den Rücken laufen. Adorno würde Begriffe dieser Art eher in der Sphäre der Trivialliteratur ansiedeln. Desgleichen ist das christlich-religiöse Erbe des 19. Jahrhunderts schwer empirisch verankerbar. Zutreffend ist unstrittig, dass die freie Marktwirtschaft keine Werte vermittelt, außer eben, positiv formuliert "jeder ist seine Glückes Schmidt" oder, negativ formuliert, "bellum omnium contra omnes". Die hypostasierte Aufzehrung der kulturellen Substanz gehört dann wieder in die Sphäre des Groschenromans. Das Spannungsfeld ist ohne weiteres erkennbar, aber solche vagen Begrifflichkeiten sind nicht erhellend.
Wir können diese Spannungsfelder nicht auflösen, aber wir können versuchen, eine Transparenz herzustellen, siehe Präliminarien, und wir können auch die ökonomischen Grenzen der freien Marktwirtschaft aufzeigen, siehe Keynes. Weiter können wir noch versuchen, durch das Bildungssystem auf bestimmte Fehlentwicklungen zu reagieren.
Die völlige Bedeutungslosigkeit der Freiheitskämpfer à la Hayek, Friedman, Müller-Armack, Eucken etc. und die Reduktion der unendlich vielen Verbänden, Stiftungen, Vereinen auf reine Lobbyarbeit ist teilweise auch dadurch begründet, dass die Praxis sehr viel weiter fortgeschritten ist, als die Theorie der Freiheitskämpfer. Das Spannungsfeld ist durch die rechtlichen Rahmenbedingungen sehr viel präziser eingegrenzt, als durch das Freiheitskämpfergeschwafel.
Die sozialen Sicherungssysteme zum Beispiel, die prinzipiell bei den Freiheitskämpfern im Verdacht stehen, in die Knechtschaft zu führen, sind das Ergebnis einer zweihundertjährigen Geschichte, die in allen demokratischen Staaten ähnlich verlief. Es handelt sich um sehr umfangreiche Gesetzeswerke, wer will kann das bei Wikipedia nachlesen, siehe Sozialgesetzbuch.
Die Grundlagen für die sozialen Sicherungssysteme, wie auch für das Arbeitsrecht, wurden schon viel früher gelegt, das hat mit Müller-Armack so wenig etwas zu tun, wie mit Ludwig Erhard.
Die soziale Marktwirtschaft ist eine Fata Morgana. Die stammt weder von Müller-Armack noch von Ludwig Erhard. Historisch hat der Prozess der Austarierung zwischen freier Marktwirtschaft und sozialem Ausgleich sehr viel früher eingesetzt und eine hochkomplexe Rechtspraxis kann man mit allgemeinen Freiheitsgeschwurbel auch nicht diskutieren.
Das ist mit ein Grund, warum in der Politik Juristen dominieren. Die haben zwar keine Ahnung von Wirtschaft, so kommt es zum Beispiel zu der wirtschaftlich sinnlosen Trennung in Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil bei den Beiträgen zur Sozialversicherung, unsinnig deswegen, weil einzig die Lohnsumme eine Rolle spielt, aber eben mehr Ahnung von der tatsächlichen Praxis. Geschwurbel dieser Art ist schlicht irrelevant, so Grundsatzdebatten werden seit 50 Jahren nicht mehr geführt.
Wer das sozialpolitische Schrifttum auch nur einigermaßen übersieht, weiß, wieviel dort gegen den Wettbewerb gesagt und polemisiert wird, ohne dass dass kaum je die Betrachtung sich zu volkwirtschaftlicher Einsicht in die Zusammenhänge erhebt. Die wenigen Ansätze einer tieferen Analyse sozialpolitischer Interventionen, wie Schumpeters "Grundprinzip der Verteilungslehre" und Adolf Webers "Kampf zwischen Kapital und Arbeit", blieben für den realen Gang der Dinge wirkungslos. Alle diejenigen, die sich als Politiker oder Wissenschaftler in erster Linie als Sozialpolitiker fühlen, halten sich heute in allen Richtungen und Parteien für verpflichtet, jegliches Eingehen auf marktwirtschaftliche Notwendigkeiten als überwundenen Liberalismus zu brandmarken und damit einer geistigen Auseinandersetzung auszuweichen, die heute dennoch unabwendbar ist. |
Man kann sich schon darüber wundern, was in den Zeiten der großen Winde alles Professor geworden ist, wobei wir allerdings nicht sicher sind, dass es heute besser ist.
Freiheitskämpfer mit Pensionsberechtigung haben die Angewohnheit über geschichtliche Zusammenhänge reichlich, sagen wir mal, "assoziativ" zu berichten. Was das sozialpolitische Schrifttum sagt, wissen wir nicht, da er ja keine einzige Quelle nennt.
Allerdings ist durch Wahlen, Parteitagsbeschlüsse, die Biographie der handelnden Akteure ziemlich eindeutig belegt, dass auch in der Frühphase der BRD, also in den Jahren 46 bis 48 (Währungsreform), dem Erscheinungsdatum von Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft, keine Polemik gegen den Wettbewerb, also die marktwirtschaftliche Ordnung, zu erkennen war und auch das Ergebnis der ersten Wahl zum deutschen Bundestag vom 14.August 49 und die sich daran anschließende lange Adenauer Ära deutet nicht darauf hin, dass da eifrig gegen den Wettbewerb polemisiert wurde. Es mag sein, dass der Staatsminister in spe Müller-Armack ein Interesse an einer Polarisierung hatte, aber historisch gesehen schlug er nur längs geschlagene Schlachten und stolperte durch sperrangelweit geöffnete Türen.
Man kann alle Gesetze des SGB im Hinblick auf ihre öknomische Sinnhaftigkeit überprüfen und ein Gesichtspunkt ist hierbei sicher die Kompatibilität mit der marktwirschaftlichen Ordnung. Man kann zum Beispiel kritisieren, dass die Gewährung von Unterstützung zum Lebensunterhalt den Rattenschwanz Bundesagentur für Arbeit mit ihrer dubiosen Vermittlertätigkeit nach sich zieht. (De facto ist das ja unnötig. Braucht ein Unternehmen Mitarbeiter, kann es diese auch selber suchen. Braucht es keine, nützt die Bundesagentur für Arbeit auch nichts. Der Verwaltungmoloch ist weitgehen sinnfrei.)
Man kann die von der Bundesagentur für Arbeit bezahlten Weiterbildungen kritisieren, denn dass diese scheitern, war abzusehen. Ist keiner mehr an dem Spiel beteiligt, der an einer Qualität interessiert ist, müssen diese scheitern.
Allerdings kann die konkrete Praxis nicht durch ein allgemeines Freiheitsgeschwurbel vom Typ "ich bin für Freiheit, schafft das SGB ab" korrigiert werden. Auf der Basis kann man nicht mal über das Thema diskutieren.
Wie bereits in den Präliminarien beschrieben, ist die Abschottung der VWL gegen alle Nachbardisziplinen, ein Vorgang der durch den Bachelor noch verschärft wurde, aus mehreren Gründen problematisch. Diskutiert man aber über Fragen, bei der die Praxis bereits zu ausgefeilten gesetzlichen Bestimmungen geführt hat, dann wäre es sinnvoll, als Wahlfach das entsprechende Rechtsgebiet hinzuwählen zu können.
Dann könnte man auch darauf hinwirken, dass Absolventen mit so einem Mix für das entsprechende Rechtsgebiet auch anwaltlich tätig werden können, was eigentlich problemlos in jedem anderen Land dieser Erde funktioniert. Wir gehen darauf in www.recht-eigenartig.de ein. Das System würde auch mit Arbeitsrecht, Urheberrecht etc. etc. funktionieren und die Qualität der Rechtssprechung erhöhen. Einem Ökonomen ist eher zuzutrauen, dass er die ökonomische Wirkung eines Gesetzes durchschaut, was auch für die konkrete Rechtssprechung bedeutsam ist. Die skurrilen Urteile im Bereich Urheberrecht und die völlig abstrusen Streitwerte beruhen wohl auch darauf, dass Richter mit diesen Fragestellungen intellektuell völlig überfordert sind.
Es lohnt nicht wirklich, auf Müller-Armack weiter einzugehen. Der Staatsekretär für europäische Angelegenheiten schreibt einen derartigen Mist, dass das heutzutage nicht mal für einen Proseminarschein reichen würde.
Allein schon die Themengebiete, an denen er seine Vorstellungen einer sozialen Marktwirtschaft durchdekliniert, sind abstrus. Der Bereich, der langfristig den größten Einfluss hat, die Bildungspolitik, fehlt völlig.
Bei der Bauindustrie allerdings hört die unternehmerische Freiheit dann auf und zwar nicht aus ökonomischen Gründen, sondern weil hier die Bautätigkeit, wird sie nicht staatlich kontrolliert, nicht den kulturellen Ansprüchen von Herrn Müller-Armack genügt.
Der Marktapparat ist ein formales Organisationsgefüge, ein geradezu unentbehrliches Instrument wirtschaftlicher Kooperation, aber wie sollte er als solch formales Instrument schon die Fähigkeit besitzen, jenen vielfältigen kulturellen, sozialen, ästhetischen und hygienischen Gesichtspunkten gerecht zu werden? Die Sünden des Bauliberalismus sind nicht der Marktwirtschaft zuzurechnen, sondern der staatlichen Führung, die es unterließ, der ungeheuer expansiven Bautätigkeit jener Zeit [er meint die Zeit vor dem ersten Weltkrieg] bestimmte Daten zu setzen, Richtungen zu weisen beziehungsweise Grenzen zu ziehen, um die Übereinstimmung des Bauens mit der kulturellen Gesamtüberzeugung zu sichern. Es mangelte jener Zeit noch die Einsicht, dass die Marktwirtschaft ihrem Wesen nach keine Gesamtlebensordnung zu sein vermag, sondern erst eines Rahmens bedarf, um in ihm ihre wirtschaftliche Leistungsstärke zu zeigen. |
Der Satz "Die Sünden des Bauliberalismus sind nicht der Martwirtschaft zuzurechnen, sondern der staatlichen Führung, die es unterließ, der ungeheuer expansiven Bautätigkeit jener Zeit bestimmte Daten zu setzen..." ist logisch irgendwie gleich wie der Satz "Die Verbrechen konnten dem Verbrecher nicht zugerechnet werden, sondern der Justiz, die es unterließ, ihn daran zu hindern..". Allerdings ist das nicht die wirkliche erstaunliche Einsicht.
Erstaunlich ist die Einsicht, dass staatliche Planung notwendig ist, um die KULTURELLE Gesamtüberzeugung zu sichern. Es gibt wohl kaum ein Gebiet, zu dem es soviele lustige Anekdoten gibt, wie zum Baurecht. Das reicht vom Verbot die Dachgeschosshöhe eines einsam auf der Wiese stehenden Schwarzwaldhauses zu ändern, über das Verbot, eine noch einsamer stehende Vogelvoliere um einen Kubikmeter zu erweitern, zwei Fälle die der Autor jetzt zufällig kennt, über die genaue Festschreibung der Dachschräge, bis zur Festlegung, was in einer Garage stehen darf. Wir wüssten jetzt natürlich zu gerne, wer festlegt, was die kulturelle Gesamtüberzeugung ist und noch gerner wüssten wir, mit welchem Recht die kulturelle Gesamtüberzeugung zur Norm wird.
Wir können zwar noch nicht richtig einsehen, wie von den Freiheitskämpfern und Ordoliberalisten aller Couleurs und Farben behauptet, dass Keynes der optimalen Faktorallokation über die Preise im Wege steht und wir sehen durchaus ein Problem, wenn dieser Mechanismus ausgeschaltet wird, genau genommen sehen wir hierzu gar keine Alternative, so dass wir dieses Element der marktwirtschaftlichen Ordnung auch nicht aushebeln würden; was aber mit diesem Zusammenhang gar nichts zu tun hat, kann man ganz beruhigt dem Gusto der Leute überlassen.
Eine Einschränkung in einem wirtschaftlich völlig irrelevanten Bereich ist dann ganz unstrittig ein Eingriff in die Freiheit des Einzelnen. Müller-Armack illustriert also ganz plastisch, dass der Glaube an die freie Marktwirtschaft völlig kompatibel ist mit Unfreiheit. Wenn man schon das Tief- und Hochbauamt mit der Wahrung der kulturellen Gesamtüberzeugung beauftragt, dann wird man bald auch eine Zensurbehörde mit der Wahrung der kulturellen Gesamtüberzeugung bei Zeitschriften und Büchern beauftragen. Als nächstes könnte man dann noch das Gesundheitsamt mit der Wahrung der kulturellen Identität bei Nahrungsmitteln beauftragen, wofür sich ja Ilse Aigner schon konkret einsetzt.
Davon aber mal abgesehen, ist die Bauindustrie eine Demonstration am ungeeigneten Objekt, zumindest wenn man so argumentiert wie er, nämlich ganz marktwirtschaftlich.
Es gehört zu den gefährlichsten Illusionen der Wohnungswirtschaft, die Leichtigkeit, mit der sich eine Mietfixierung durchführen lässt, mit deren wirtschaftlicher Richtigkeit und Zweckmäßigkeit zu verwechseln. Die Stabilisierung der Mietpreisbildung gerade in Zeiten allgemein steigender Kaufkraft und Baukosten hat in den letzten Jahrzehnten zu Konsequenzen geführt, die man irrigerweise immer wieder als Ausdruck eines objektiv bestehenden Wohnungsmangels ansah, statt in ihr die notwendigen Konsequenzen einer fehlerhaften Lenkungspolitik zu sehen. |
Er will dann darauf hinaus, dass die Mietpreisbindung verhindere, dass neue Wohnung gebaut würden, weil dies bei den bestehenden Mieten unrentabel sei.
Die Logik ist ohne weiteres einzusehen und erstmal auch richtig, trotzdem würde der Autor sagen, dass die Wirkung von Investitionen im Immobilienbereich nicht ohne weiteres mit anderen Realinvestitionen verglichen werden können. Hierauf stellt er ja ab. Wohnimmobilien sind bei Mietpreisbindung weniger rentabel als andere Investitionen, weswegen dann zu wenig Wohnungen gebaut werden.
Immobilien haben, geschieht kein größere Unglück, eine extrem lange Nutzungsdauer. Selbst die äußerst geringe steuerliche Abschreibung von 2,5 Prozent pro Jahr ist ganz offensichtlich unrealistisch.
Nach dieser Logik wären Immobilien nach 40 Jahren "verbraucht", realistischer sind wohl 200 Jahre. Manche Fachwerkhäuser im Schwarzwald, Esslingen oder Wetzlar bringen es schon mal locker auf 400 Jahre.
Damit versagt natürlich jeder Rendite Vergleich der, wie das üblicherweise geschieht, auf die Gesamtkapitalrentabilität abstellt. Während bei einer "normalen" Investition mit einer realistischen Kapitalvernichtung gearbeitet wird, wird bei Immobilien mit einer extrem unrealistischen Kapitalvernichtung kalkuliert.
Es werden also Äpfel mit Birnen verglichen. Wird z.B. bei einer High Tech NC Maschine mit z.B. einer Gesamtkapitalrentabilität von 10 Prozent gerechnet, was grob einer Amortisationszeit von 10 Jahren entspricht, dann ist die NC Maschine rentabler als die Wohnimmobilie mit einer Gesamtkapitalrentabilität von 5 Prozent und einer Amortisationzeit von 20 Jahren.
Würde man den Barwert, also die Summe der abbdiskontierten Erträge der nächsten 200 Jahre berechnen, hätte man naherliegenderweise ein völlig anderes Bild, auch wenn so niemand rechnet, denn dieser Zeitraum übersteigt nicht nur die Lebenserwartung der Eltern, sondern auch die der Eltern und die der Kinder zusammen.
Damit sich eine Immobilie zur Lebenszeit des Investors also überhaupt "rechnet", muss er sie irgendwann verkaufen. Verglichen werden müsste also der Barwert der NC Maschine (die abdiskontierten Gewinne, die mit dieser erlöst werden), in unserem Beispiel, und der Barwert der Immobilie aus den abdiskontierten Erträgen aus zehn Jahren plus dem abdiskontierten Verkaufserlös nach zehn Jahren.
Daraus folgt dann erstmal, dass die unendlichen viele "Renditerechnungen", die man allerorten findet, vollkommener Schwachsinn sind. Schwachsinnig wird damit aber auch die Förderung von Immobilien über die Sonderabschreibungen und Zulagen. Diese gehen davon aus, dass sich Immobilien nicht "rechnen", weil der Markt zuwenig Immobilien, insbesondere Wohnimmobilien, zur Verfügung stellt.
Das stimmt nur, weil die Amortisationszeit bei Immobilien sehr viel länger ist, als bei jeder anderen Investition. Kein Investor rechnet in Zeiträumen, die seine eigene Lebenszeit um ein Mehrfaches übersteigen und / oder ist in der Lage, den Verkaufwert einer Immobilie in zwanzig / dreißig Jahren einzuschätzen. Wir haben also ein klassisches Marktversagen und der Autor würde sagen, dass die Förderung von Wohneigentum allein über zinsverbilligte Kredite erfolgen sollte. Der Zins sollte nur das eingepreiste Risiko und die Verwaltungsgebühren decken.
Das Argument, dass dies bei einer Inflation zu einem negativen Zins führt, sticht nicht wirklich. Kredite die eine sehr, sehr lange Laufzeit haben können, erweitern für einen sehr, sehr langen Zeitraum die Geldmenge, versorgen also die Banken und andere Kapitalsammelstellen mit Geld. Sie brauchen dann weniger Geld von der Zentralbank direkt. Ein Teil des Kredites wird durch Inflation, die in einer marktwirtschaftlichen Ordnung, in einer Größenordnung von 2 Prozent, zwingend notwendig ist, andernfalls könnte die Preise ja keine Signalwirkung entwickeln, aufgezehrt wird. Aus diesen zwei Gründen, Banken werden von der Zentralbank unabhängiger und ein Teil der Geldmenge wird über die Inflation absorbiert, ist die Ausweitung der Geldmenge nicht so dramatisch. Es ist nicht ohne weiteres einzusehen, wieso etwas wie Geld, das nicht knapp ist, einen Preis, den Zins, haben soll. Worin liegt, außer eben in dem von Keynes beschriebenen Tod des Rentiers, das Problem, wenn in einer unterbeschäftigten Wirtschaft etwas Produktives passiert?
Jeder denkt jetzt an die USA, Spanien, Irland etc.etc.. Da wurde aber ein anderes Spiel gespielt. Wir kommen gleich darauf zurück.
Ein Akteur allerdings rechnet mit solch langen Zeiträumen, nämlich der Staat. Der überträgt auch Vermögen und Schulden auf die nächste, übernächste und überübernächste Generation, zumindest wenn er nicht zwischendurch alles zu Kleinholz verarbeitet, was ja die Deutschen immer gerne mal tun. Wir haben also bei Immobilien ein biologisch bedingtes Marktversagen und das rechtfertigt auch, dass der Staat in diesem Segment als Investor auftritt, was er ja tatsächlich auch tut.
Die Argumentation mit der Mietpreisbindung, die Investitionen im Immobilienbreich verhindere, hypostasiert, dass der marktwirtschaftlich "richtige" Preis bekannt ist. Der Autor würde sagen, dieser Preis ist nicht bekannt. Wer ihn für bekannt hält, vergleicht die Gesamtkapitalrentabilität unterschiedlicher Investitionen, die aber hier ökonomisch sinnlos ist.
Manch einer könnte jetzt auf die Idee kommen, dass es auch andere Bereiche mit sehr, sehr langen Amortisationszeiten gibt. Das würde der Autor bestreiten, weil der Immobilienbereich einzigartig ist. In jedem anderen Bereich der Wirtschaft beruht die Leistung auf Arbeit. Legen die Angestellten bei Daimler Benz den Schraubenschlüssel auf den Tisch und gehen, passiert da nicht mehr viel. Immobilien allerdings erwirtschaften, sind sie einmal erstellt, auch ohne jeden Arbeitsaufwand einen Ertrag. Immens teuer und sehr arbeitsintensiv sind sie nur in den Herstellungskosten.
Wird allgemein anerkannt, und dies wird allgemein anerkannt, dass investive Maßnahmen des Staates, Tunnel, Straßen, Krankenhäuser, Investitionen in Forschung und Entwicklung, Schulen, Universitäten, Krankenhäuser etc. etc. auch von zukünftigen Generationen finanziert werden können, dann ist nicht richtig einzusehen, warum das für Wohnimmobilien nicht gelten soll.
Noch schwieriger ist einzusehen, warum über diesen Weg umverteilt wird. Die Steuervergünstigungen, Zuschüsse und verbilligte Darlehen sind von der Allgemeinheit zu tragen, die Gewinne jedoch werden privatisiert.
Ein Weg das Problem zu lösen, wäre also eine verstärkte staatliche Aktivität in diesem Bereich. Die Kreditaufnahme wäre hier hinnehmbar und könnte auch auf die nächste Generation, die hiervon profitiert, übertragen werden. Dies wäre auch ein Ansatz für keynessianische Politik.
Der Einwand, der jetzt kommt, ist klar. Das wäre genau die Politik, die in den USA, in Irland, in Spanien, in Portugal, Griechenland etc. gescheitert ist. Das Spiel das dort gespielt wurde, war aber ein bisschen anders.
Zuerst wurden Immobilien über Kredite finanziert. Das Geld kam von AUSLÄNDISCHEN Banken. Die Tatsache, dass die Zinsen niedrig waren, ist ein vernachlässigbares Phänomen, auch wenn man überall das Gegenteil liest. Der Zins ist der Preis für Geld. Wer jetzt sagt, dass billiges Geld zur Überinvestition / übermäßigem Konsum führt, der müsste auch behaupten, dass sich Leute beim Kauf eines Mercedes hoffnungslos verschulden, wenn dieser "zu billig" ist. Nach dieser Logik müsste eigentlich alles ordentlich teuer sein, damit die Leute davon abgehalten werden, sich zu verheben.
Das Problem war, dass Leute einen Kredit bekommen haben, die nicht in der Lage waren, selbigen zu tilgen. Kurios dabei ist nur, dass man ihnen den Kredit für einen Mercedes verweigert hätte, für eine Immobilie haben sie ihn bekommen. Wir lernen daraus, dass eine vermeintliche Sicherheit, Häuser können ja gepfändet werden, als Kriterium für die Vergabe von Krediten völlig dominiert.
Mit diesem Geld wurden dann erstmal fleißig Häuser gebaut und die Bauunternehmer, Grundstücksbesitzer, Makler haben sich erstmal eine goldene Nase verdient.
Zurück blieben die Schuldner, also die Häuslebauer und die Gläubiger, also die Banken. Hätten nun die Bauunternehmer, Grundstücksbesitzer, Makler etc. ihr Geld im Inland ausgegeben, hätte man im Durchschnitt die Sache wieder glatt stellen können.
Hätten sie ihr Geld im Inland ausgegeben, hätten sie in dem Umfang, in dem sie Geld verdient haben, im Inland eine ZUSÄTZLICHE Nachfrage geschaffen, wäre, nehmen wir mal aus Gründen der Vereinfachung an, von den Häuslebauern selbst ein Gegenwert geschaffen worden. Die hätten ihre Kredite an die inländischen Banken zurückgezahlt und die inländischen Banken hätten wiederum ihre Kredite bei den ausländischen Banken zurückbezahlt und die Sache wäre wieder glatt gewesen.
Es ist also für dieses Spiel zwingend notwendig, dass ein ZUSÄTZLICHES Einkommen entsteht. Bleibt nach Kreditvergabe das Volkseinkommen gleich, dann muss die inländische Nachfrage um genau den Betrag sinken, der für die Kredittilgung notwendig ist. Anders formuliert: Wird der durch den ursprünglichen Kredit induzierte Konsum im Ausland befriedigt, dann muss die Wirtschaft schrumpfen, wenn dieser Nachfrageausfall nicht kompensiert werden kann.
Anders formuliert: Spanien nimmt z.B. 100 Milliarden Kredit auf im Ausland. Wenn sich nichts ändert, müssen die Häuslebauer also in den Folgejahren ihren Konsum um 100 Milliarden einschränken, um den Kredit zu tilgen. Das senkt die Nachfrage. Kapital fließt ins Ausland ab.
Die Leute, die die Häuser gebaut haben, geben im Idealfall die 100 Milliarden in Spanien aus und wenn es ganz super läuft, übersteigt die durch die weiteren Sekundäreffekte ausgelöste Nachfrage sogar den ursprünglichen Nachfrageausfall.
Super wären natürlich, wenn das Ausland, das ja jetzt laufende Zahlungen aus Spanien erhält, diese dann wieder in Spanien ausgibt, was sie aber wahrscheinlich nur zu einem geringen Teil tun werden.
Je geringer also der Nachfrageausfall ist, desto größer als das Volkseinkommen, desto geringer ist, bezogen auf Gesamtspanien die nötige Sparquote.
Das heißt natürlich immer noch nicht, dass kein Häuslebauer in Spanien pleite macht, aber es heißt zumindest, dass das Wachstum nicht ins Negative dreht. Wenn aber die volkswirtschaftliche Aktivität auf dem ursprünglichen Niveau gehalten wird, ist es eher unwahrscheinlich, dass die Häuslebauer arbeitslos werden und damit die Fiktion der Kreditwürdigkeit, die ja für die Vergabe des Kredites ursprünglich maßgeblich war, erschüttert wird.
Tatsächlich ist aber was anderes passiert. Ein Teil der durch den Primärimpuls induzierten Nachfrage wurde im Ausland befriedigt, die Leistungsbilanz drehte ins Negative.
Es handelt sich hierbei keineswegs um Peanuts. Die kumulierten Leistungsbilanzdefizite Spaniens seit dem Jahre 2000 belaufen sich auf fast 800 Milliarden Euro.
Damit wurde dann in Spanien ein Konsum befriedigt und im Ausland eine Nachfrage und Arbeitsplätze geschaffen.
Zurück blieben verschuldete spanische Häuslebauer und verschuldete spanische Banken sowie ausländische Gläubigerbanken.
Das Schema ist also etwa raffinierter, als ein "normales" Leistungsbilanzdefizit. Ein normales Leistungsbilanzdefizit wird durch eine Verschuldung des Landes mit dem Leistungsbilanzdefizit selbst finanziert, bzw. dieses Land entspart. Das kann ja, vor allem das Entsparen, ein gesunder Vorgang sein, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt. Entsparen ist hierbei ein unkritischer Vorgang, in diesem Fall entstehen gar keine Schuldverhältnisse, denn das Leistungsbilanzdefizit wird durch Eigenkapital finanziert.
Der Fall Spanien, ähnliches gilt für andere Länder, ist aber raffinierter. Das Leistungsbilanddefizit wurde von vorneherein vom Ausland finanziert.
Mit Keynes allerdings hat das rein gar nichts zu tun und mit dem Euro auch nicht. Die Kapitalsammelstellen, insbesondere die Banken, hätten sich schlicht so verhalten müssen, wie sie es immer tun, nämlich keinen Kredit geben, wenn der Kreditnehmer diesen nicht tilgen kann.
Für die Krise den Euro verantwortlich zu machen ist gleichbedeutend mit der Aussage, dass die DM schuld ist, wenn eine Hamburger Bank Konkurs macht, weil sie in vollem Bewußtseins des Risikos, Kredite an eine Werft vergibt. Mit demselben Argument, mit dem man jetzt für die Wiedereinführung nationaler Währungen plädiert, könnte man dann auch für einen hamburgischen Seetaler und einen mecklenburgischen Fischgulden plädieren.
Der gesamte Euro Wirtschaftsraum ist im Übrigen auch nicht größer, als die USA. Es kommt aber in den USA kein Mensch auf die Idee, für jeden Bundestaat, manche von diesen haben die Größe eines Euro Landes, eine eigene Währung zu verlangen bzw. einzuführen.
Wichtig ist nur, dass bei einer einheitlichen Währung die Kreditvergabe nach den Standards erfolgt, die auch für den Nationalstaat und dessen Währung gelten. Ungleiche Lebensverhältnisse müssen dann, wie dies ja bereits geschieht, über ähnliche Mechanismen ausgeglichen werden, mit denen sie auch in einem Nationalstaat ausgeglichen werden.
Mit Keynes wiederum hat das nichts zu tun, weil die General Theory of Employment, Interest and Money explizit von einer Binnewirtschaft ausgeht. Dass kein Multiplikatoreffenkt funktioniert, wenn die Initialinvestition ins Ausland abfließt, ist nun wahrlich keine tiefsinnige Erkenntnis. Da hat Keynes wohl das intellektuelle Fassungsvermögen so mancher Ökonomieprofessoren überschätzt. Dass der Multiplikatoreffekt nur in einer geschlossenen Volkswirtschaft funktioniert, hätte er noch hinschreiben können; fand er wahrscheinlich albern.
Richtig an der Kritik an Keynes ist nur, wobei das Keynes, wie gesagt, überhaupt nicht trifft, weil er von einer Binnenwirtschaft ausgeht, dass Geldpolitik nur möglich ist, wenn sich die Länder strukturell gleichen. Wird das durch die Investitionen induzierte mehr an Einkommen zu einem mehr an Nachfrage im Ausland, weil dieses kostengünstiger und / oder qualitativ hochwertigere Güter liefert, dann verpufft der Effekt der Investitionen.
Argumentiert man, wie Müller-Armack dies tut, damit, dass die Mitpreisbindung dazu führe, dass Investitionen in Immobilien weniger rentabel als andere Investitionen seien und deshalb unterblieben, dann stellt sich natürlich, abgesehen von der Frage der Amortisationsdauer, noch die Frage, ob denn der Geldmarktzins, vor dem die Rentabilität der Investition in Immobilien bestehen muss, eigentlich "richtig" ist.
Offensichtlich unterliegt Müller-Armack dem Irrglauben, dass die Rentabilität gemessen wird an der Rentabilität des Kapitalmarktes, also an der Rentabilität eines realen Investitionsprojektes. Dieser Vergleich ist in einer vollbeschäftigten Wirtschaft sinnvoll. Dann kann man entweder Fabrikanlagen ODER Immobilien produzieren, aber nicht beides und in dieser Situation, also bei Vollbeschäftigung, ist dann das zu produzieren, was die höhere Rentabilität aufweist.
In einer unterbeschäftigen Wirtschaft ist dieser Vergleich sinnlos. Wer 40 Stunden in der Woche arbeiten kann und will, der braucht sich nicht zu überlegen, ob er 10 Stunden Job A ODER 10 Stunden Job B machen will. Er kann Job A UND Job B machen. In dieser Situation ist der Zinssatz des Geldmarktes entscheidend und der sollte dann so niedrig sein, dass die Kosten der Verwaltung des Kredites und das Risiko eingepreist ist. Daraus ergibt sich dann aber auch, dass die Miete lediglich so hoch sein muss, dass eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals von ungefähr 2 Prozent gewährleistet ist, also dem Diskontsatz der EZB plus Verwaltungsgebühren und Risikoaufschlag der Banken entsprechen muss.
Eines von viele Argumenten, die Keynes gegen den Sparen Hokuspokus vorbringt ist, dass es nicht möglich ist, sich in der Gegenwart für einen Konsum in dreißig Jahren vorzubereiten. Das stimmt, bis aus Immobilien zu Wohnzwecken, auch. Ob mit Riester / Rürup Sparen, Kapitallebensversicherungen, vermögenswirksamen Leistungen oder was auch immer ein Konsum in der Zukunft gesichert werden kann, ist fraglich. Die Hoffnung liegt wohl in der Möglichkeit, in aufstrebenden Industrienationen zu investieren, die aber leider, wie China, selber in Geld schwimmen. Realistischer ist die Möglichkeit, die Alterssicherung dadurch herzustellen, dass die Mietpreise gnadenlos gedrückt werden. Das hätte im Vergleich zu anderen Formen der Alterssicherung verschiedene Vorteile.
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Dieser Strategie stehen drei Risiken entgegen. Das erste Risiko ist, dass die Leistungsbilanz negativ wird. Damit ist in Deutschland kaum zu rechnen. Sie wird höchstens etwas ausgeglichener, was kein Schaden wäre.
Das zweite Risiko besteht darin, dass sich doch irgendwo ein "Flaschenhals" auftut und inflationäre Tendenzen auslöst. Auch dieses Thema ist in Deutschland durch. Selbst ein Horrorszenario, nämlich dass über Nacht einfach 17 Millionen Leute mehr versorgt werden müssen, was dann tatsächlich für eine Wirtschaft von 62 Millionen Menschen eine erhebliche Belastungsprobe darstellt, ging ohne jede inflationäre Entwicklung. Der Fall der Mauer hat nicht zu einer Inflation geführt.
Das dritte Risiko besteht darin, dass der Bedarf an Wohnraum eben doch nicht richtig eingeschätzt wird und Immobilien, wie in der ehemaligen DDR, auch wieder abgerissen werden müssen. Auch diese Gefahr dürfte, vor allem wenn man hochwertig baut, kaum gegeben sein. In der fernen Zukunft, also so in 100 Jahren, sind die Kredite fast getilgt, dann kann eben jedermann 90 qm für sich alleine beanspruchen.
Fazit: Müller-Armack will eigentlich die soziale Marktwirtschaft erklären, wählt dafür aber ausgerechnet einen Bereich, wo er zu wenig Marktwirtschaft sieht. Der Autor würde sagen, dass der Immobilienbereich ein Markt ist, wo die Marktwirtschaft versagt, weshalb hier die öffentliche Hand als Investor auftreten kann.
Eine ähnliche Logik hätte man auch bei der Finanzierung der Energiewende. De facto handelt es sich hierbei um natürlich Monopole. Das wäre an und für sich schon ein Grund, die Energieversorgung, wie das ja bei der Versorgung mit Trinkwasser auch der Fall ist, zu verstaatlichen.
Ob der Staat das Monopol hat oder ein Unternehmen, ist weitgehend egal. Träge, teuer und ineffizient sind sie beide, aber ein staatliches Monopol unterliegt zumindest noch einer minimalen Kontrolle, da sich die politisch Verantwortlichen ja einer Wahl stellen müssen.
Ein privates Monopol unterliegt schlicht keiner Kontrolle mehr. Völlig kurios wird es aber, wenn die Kosten der Energiewende auf den Strompreis umgerechnet werden sollen, weil sich dann nämlich die Frage stellt, mit welcher Amortisationszeit gerechnet und welche Mindestverzinsung angesetzt wurde.
Sollten Kapitalsammelstellen hier übertriebene Vorstellungen haben, könnte man ja auch mal eine Bank pleite gehen lassen. Es macht wenig Sinn, deren hochriskante Spekulationen mit Finanzpapieren vom Steuerzahler absichern zu lassen, wenn diese mit der Investition in reales Anlagevermögen überfordert sind. Genau dies scheint nämlich der Fall zu sein. Die Banken wünschen sich folgendes Konzept. Solange die Investitionen unsicher sind, sollen die Energieversorger diese mit Eigenkapital, zu Deutsch mit ihrem eigenem Geld finanzieren. Liegen dann mehr Erfahrungen vor und ist die Investition sicher, dann sind auch die Banken bereit einzusteigen und ordentlich Zinsen zu kassieren. Da stellt sich dann irgendwann die Frage, wozu man sie überhaupt braucht.
Denkbar ist jedoch, dass zukünftig stärker auf ein Modell einer anfänglichen Eigenkapitalfinanzierung der Projekte durch große Versorgungsunternehmen mit einer anschließenden klassischen fremdkapitalbasierten Projektfinanzierung umgestellt wird. Damit werden Banken und Investoren zu einem Zeitpunkt beteiligt, wenn Chancen und Risiken besser abschätzbar sind. Diese Lösung setzt voraus, dass der Energieversorger als Eigenkapitalgeber über eine ausreichend starke Bilanz sowie über Refinanzierungsmöglichkeiten am Kapitalmarkt verfügt. |
In der Frühphase steigen Banken also nur ein, wenn, das wird an anderer Stelle deutlich, die Energiekonzerne zwischen 25 und 40 Prozent selber finanzieren. Das ist dann der Anteil, wie bei jedem Häuslebauer, der den Banken als Pfand dient.
Sollte noch irgendein Risiko verbleiben, so überträgt man das an den Stromverbraucher.
Strittige Haftungsfragen zwischen Netz und Anlagenbetreiber sorgen für zusätzliche Verunsicherung.
So ist unklar, wer bei verspäteter Netzanbindung oder Netzschäden auf See haftet und ob die Anbindungskosten auf das Netznutzungsentgelt umgelegt werden können. |
Die Frage ist inzwischen geklärt. Es ist der Stromverbraucher.
Wir haben hier also das nun selbst schon wieder als klassisch bezeichenbare keynesche Phänomen. Geldmarkt schlägt Gütermarkt.
Banken haben kein Problem innerhalb von zwei Wochen mal 5,6 Milliarden Dollar an der Börse zu verbrennen und Facebook Aktien zu kaufen. Da diese relativ liquide sind, können sie sie abstoßen. Die Liquidität garantiert Sicherheit, bzw. suggeriert zumindest eine solche.
Können Staatsanleihen, bzw. mortage backed securities auch nicht mehr an der Börse gehandelt oder auf anderen Wegen weitergereicht werden, hilft der Steuerzahler. Es stellt sich die Frage, wozu man Banken überhaupt braucht.
In dem Moment, in dem der Zins keine Allokationswirkung mehr hat, siehe auch Zins, weil für die Vergabe von Krediten allein die Sicherheiten entscheidend sind, könnte die EZB den Zinsatz, zu dem die Banken Geld verleihen können auch schlicht vorgeben.
Der Zins müsste dann die Verwaltungsgebühren decken und das Restrisiko. Wenn der Zins ohnehin keine marktwirtschaftliche Bedeutung hat, kann man ihn, so wie Keynes sich das vorstellt, auch abschaffen, bzw. qua Gesetz auf ein realistisches Maß beschränken.
Der Zins hat eine Funktion, wenn unterschiedliche Banken unterschiedliche Strategien fahren, also hochriskant und hohe Zinsen, in die das Risiko eingepreist wird oder bombensicher und niedrige Zinsen. Wenn aber alle die Strategie bombensicher fahren und im Übrigen nur an der Börse spielen, verliert der Zins seinen Sinn.
Banken verlieren dann auch ihren Sinn, wenn sie die Kredite an den Staaat vergeben, der immer solvent ist, der dann wiederum, wie im Fall der Energiewende, in die Anlagen investiert. Dann hat der Steuerzahler das Risiko und die Banken den Gewinn.
Was aber wirklich Rätsel aufgibt bei dem Artikel unter dem Link oben ist die Tatsache, dass Kapitalsammelstelle mit allen Aspekten der Energiewende überfordert sind. Bei Offshore Windkraftanlagen sehen sie technische Risiken, bei Onshore Anlagen (auf dem Land) sind die rechtlichen Rahmenbedingungen unsicher, die Weiterleitung der Energie ist sowieso ein Problem etc. etc.. Die Frage, die man sich stellen muss ist die: Wo packen die eigentlich die ganzen Riesterrenten hin?
Sollte aber noch jemand Zweifel bezweifeln, dass das ganze Freiheitskämpfer und Ordoliberalismus Geschwurbel eine infantile Marktwirtschaft beschreibt, also mit Bäcker, Schuster, Schneider, Leinenweber, die sich in einem bekannten Umfeld bewegen, die Realität aber weit komplexer aussieht, dann kann er sich jetzt vom Bankenverband belehren lassen.
Investitionsvorhaben, die wirtschaftlich gut prognostizierbar und tragfähig sind, deren Risiken gut abschätzbar und/oder durch Versicherungen abgedeckt
sind und deren Auftraggeber über eine gute Bonität verfügen, sind grundsätzlich für eine Fremdfinanzierung über einen Investitionskredit oder eine Projektfinanzierung geeignet. Neue Technologien ohne belastbaren Erfahrungswerte sind hingegen nur vereinzelt und in begrenztem Umfang durch Banken finanzierbar. Dies gilt umso mehr, je schwieriger das aktuelle Finanzmarktumfeld und je höher die bankaufsichtlichen Anforderungen an die Kreditvergabe sind. |
Mit bankenaufsichtlichen Anforderungen an die Kreditvergabe meinen sie Basel III. Langfristig laufende Kredite sollen über eine langfristig zur Verfügung stehende Liquidität gesichert sein. Das heißt aber auf Deutsch, dass Banken nur dann in Realinvestitionen investieren, wenn jedes Risiko ausgeschlossen ist. Andernfalls spielen sie an der Börse mit liquiden und damit sicheren Aktien und produzieren Blasen. Das einzige Argument für Zinsen wäre aber das in den Zinsen eingepreiste Risiko, da der Zins weder der Preis ist, den man zahlt, um den Konsum aufzuschieben, siehe Keynes, noch der Zins die Ressourcen in die optimale Allokation lenkt, siehe Zins.
Was uns der Bankenverband jetzt leider nicht verrät, ist wie und wer die eigentlich spannenden riskanten Investitionen durchführen soll und ob man solche überhaupt durchführen soll. Riskante Investitionen wie die Energiewende, Forschung und Entwicklung etc.. kann nur derjenige durchführen, der sich gegen das Risiko versichern kann. Es verbleibt also nur der Steuerzahler, denn nur der Staat kann ein so großes Portfolio haben, dass er sich versichern kann. Dass dies zu anderen bedauerlichen Zuständen führt, siehe Forschung und Entwicklung, wird man hinnehmen müssen, auch wenn eine breitere öffentliche Diskussion hier heilsam sein könnte.
Unter diesen Auspizien wird der berühmte Spruch von Hayek über die "Anmaßung von Wissen" zum netten Kalauer. Genau so riskant wie die Anmaßung von Wissen ist die Untätigkeit aufgrund von Nichtwissen.
Die Freiheitskämpfer und Ordoliberalisten sind, was die Komplexität moderner Volkswirtschaften angeht, im 19. Jahrhundert stecken geblieben. Haben wir Knappheitssignale durch den Preis, dann kann der Preis die Ressourcen steuern. Die Zukunft allerdings, hat keinen Preis.
Kein Mensch kann sagen, wieviel Geld man noch in Forschung investieren muss, damit man aus adulten Stammzellen Organe gewinnen kann und / oder ob dies jemals möglich sein wird. Hayek würde dann sagen, dass es eine Anmaßung von Wissen ist, diese Art der Forschung zu finanzieren. Der Autor würde sagen, dass Hayek in seiner Höhle bleiben soll.
Irgendwelches Gelaber über "Anmaßung von Wissen" und "Nichtzentralisierung relevanten Wissens" bringt uns keinen Millimeter weiter. Das Problem besteht darin, dass es eine Menge Probleme gibt, über die zentral entschieden werden muss. Damit aber diese zentrale Entscheidung einer demokratischen Kontrolle unterliegt, muss sie transparent sein, siehe Präliminarien. Um es mal kurz und knackig zu formulieren. Wir brauchen mehr Wikipedias, die die Hintergrundinformationen liefern. Das wäre zwar eigentlich eine Aufgabe der öffentlichen / rechtlichen Sender, dafür werden sie eigentlich bezahlt, aber diese tun das eben nun mal nicht.
Wieso das freiheitlich- / ordoliberale Geschwurbel im öffentlichen Bewußtsein so präsent ist, obwohl es in der akademischen Lehre keine Rolle spielt, ist schwer zu erklären. Bei Hayek können wir das noch einsehen; jeder Interessenverband und Lobbyverein kämpft mit Hayek nicht mehr für seine Partikularinteressen, sondern für die Freiheit. Ähnlich liegen die Verhältnisse bei Milton Friedman.
Bei Müller-Armack liegt es wohl daran, dass er den Begriff "Soziale Marktwirtschaft" geprägt hat, der zwar konkret, außer eben dass man die Allokation dem Markt überlässt, aber die sich aus dieser Allokation ergebende Verteilung des Einkommen wieder umverteilt, nichts bedeutet, aber marketingtechnisch zugkräftig war. Dieser Begriff wurde dann auf Millionen Wahlplakate bei zig Wahlen geklebt, so dass er sich irgendwann mal ins kollektive Gedächtnis eingegraben hat und was im sich erstmal im kollektiven Gedächtnis eingegraben hat, bleibt da. Manchmal mehrere Jahrhunderte lang.
Der eigentliche Erkenntnis Gewinn des Müller-Armack Geschwurbels ist Null. Aus irgendwelchen Gründen exempliziert er seine Vorstellungen von der sozialen Marktwirtschaft dann noch anhand einer Diskussion über die Betriebsgröße.
Auch das ist ein Thema, über das man natürlich diskutieren kann. Bei der Schaffung des Binnenmarktes der EU war die Betriebsgröße ein Aspekt, den der Cecchini Bericht hervorhob. Dieser sah in der Vergrößerung der Betriebe, für die Automobilindustrie galten fünf Unternehmen in Europa als optimal, eine Stärkung der Wettbewerbsposition und ging davon aus, dass der Wegfall tarifärer und nicht-tarifärer Handelhemmnisse zu größeren Unternehmen führen würde. Auch hier führen aber allgemeine Bemerkungen nicht weiter. Der Cecchini Bericht ging z.B. auch von einer Konzentration der Bierbrauereien aus, die aber nicht eintrat, weil bei Getränken mit zunehmender Konzentration die Transportkosten steigen. Für andere Bereiche, zum Beispiel den Automobilsektor, traf dies eher zu. Man kann sich also über das Thema Gedanken machen.
Das Müller-Armack Geschwurbel allerdings gibt Rätsel auf. Weniger des Inhalts wegen, sondern weil man sich fragt, wieso er nicht vollkommen in Vergessenheit geraten ist. Die einzig mögliche Erklärung ist die: Ist eine Vorstellung mal in der Welt, dann verlässt sie diese Welt irgendwie nie mehr.
Hatte die Verstaatlichung als wirtschaftspolitisches Ziel das Zeitbewußtsein des 19. Jahrhunderts bestimmt, so tritt merklich in den letzten Jahrzehnten eine andere Aufgabe in den Vordergrund, die der Pflege des Klein- und Mittelbetriebes. Die Sorge für eine gesunde Gliederung des Betriebssystems erscheint unserer sozial tiefer blickenden Zeit als dringendes Anliegen. Wir sind heute nicht mehr bereit, in einer rein wirtschaftlichen, überdies nicht mal unbestrittenen Überlegenheit des Großbetriebes ein hinlängliches Argument zu sehen, das soziale Ganze einer Form anzuvertrauen, deren Nachteile um so fühlbarer werden, je mehr diese Form vorzuherrschen scheint. Der Rückgang der Chance, selbständig zu werden, das Schwinden der für den soziologischen Ausgleich, für den sozialen Aufstieg so überaus wichtigen Zwischen- und Mittelschichten, die Zentralisation, welche das Leben mehr und mehr aus seiner ländlich, kleinstädtisch überschaubaren und gebundenen Verhältnisse hinausführt und einer undifferenzierten Massenzivilisation den Weg bahnt, dies alles sind Gegenposten, welche unsere Zeit, anders als eine früher rein ökonomisch denkende Zeit, nicht mehr zu übersehen gewillt ist. |
Mal unabhängig von der Frage, wie Unternehmen konkret daran hindern will zu wachsen, stellen sich natürlich noch andere Fragen.
Was die freiheitlich, ordoliberalen Schwurbler eint, ist eine gnadenlose Unkenntnis geschichtlicher Zusammenhänge, bzw. eine skurrile Darstellung selbiger. Das "Zeitbewußtsein" des 19. Jahrhunderts plädierte für die Verstaatlichung? In welchem Land? Was sollte in Amerika, Frankreich, England, Deutschland konkret verstaatlicht werden und wenn die Verstaatlichung von Unternehmen der allgemeinen Vorstellung entsprach, hätte doch auch irgend ein Unternehmen konkret verstaatlicht werden müssen.
Das einzige Beispiel, das dem Autor einfällt, ist die Verstaatlichung von Eisenbahnen. Die Eisenbahn hielt man, wohl irrtümlich, für natürliche Monopole.
Gleichermaßen unklar ist, wie man die Klein- und Mittelbetriebe pflegen soll und was eine gesunde Gliederung des Betriebssystems ist und gleichermaßen unklar ist, wie der Staat denn die Betriebsgrößen regulieren will.
Die besondere Förderung von KMUs ergibt sich im wesentlichen aus der Tatsache, dass diese manchmal zwar hochinnovativ sind, aber nicht die Finanzkraft besitzen, um ihre Ideen tatsächlich auch am Markt durchzusetzen.
Der Begriff "gesunde Gliederung" ist völlig nichtssagend. Wie er mit KMUs den ländlichen / kleinstädtischen Raum fördern will, ist ein Geheimnis, das er mit ins Grab genommen hat. Ist es produktiontechnisch günstiger, Waren industriell zu fertigen, dann werden sie industriell gefertigt und dahin transportiert, wo sie gebraucht werden.
Ist das nicht der Fall, wie beim Bäcker um die Ecke oder beim Fahrradhändler, dann wird ein kleines Unternehmen die Leistung erbringen.Ansonsten kann sich sowohl ein Großunternehmen wie ein KMU überall niederlassen.
Ob alle Leute Fans sind von ländlichen, kleinstädtischen und überschaubaren Verhältnissen kann man bezweifeln. Es gibt viele Leute, die wollen unbedingt in Berlin leben. Die "undifferenzierte Massenzivilisation" kann man beklagen, allerdings muss ausgeführt werden, was man darunter versteht. Bei ihm scheint die "undifferenzierte Massenzivilisation" lediglich das Gegenstück zum kleinbürgerlichen Mief zu sein, das gibt sich dann nicht viel.
Müller-Armack ist ein einziges sinnfreies Geschwurbel. Er wird eigentlich nur noch von Carl Menger getoppt.
Wir sind uns heute klarer der Zusammenhänge bewussst, die zwischen Wirtschaft und der Freiheitsordnung bestehen, die wir erstreben. Die durch die Verdrängung aus dem Osten bis zum Übermaß vollzogenen Entwurzelung breitester Schichten von ihrem Heimatboden wird nur dann ohne gefährliche seelische Dekompositionen vor sich gehen, wenn es gelingt, neben der geistigen Verwurzelung, von der hier nicht zu sprechen ist, eine wirtschaftliche Verwurzelung, für die ein günstiger Ansatz durch die Macht der Verhältnisse erzwungen wurde durch die Unterbringung eines großen Teiles der Bevölkerung auf dem Lande und in den kleineren Städten. |
Dass die Freiheitskämpfer und Ordoliberalen auch nur den allergeringsten Schimmer hatten, welche Zusammenhänge zwischen Wirtschaft und Freiheitsordnung besteht, würde der Autor glatt bezweifeln. Aber ansonsten fällt einem bei Müller-Armack Goethe ein.
Viele Lebens, wenigen nur ist`s bekannt
Allerdings gehört Müller-Armack zu der Sorte von Menschen, die es zwar leben, aber denen irgendwie nichts klar wird. Daran kranken viele Leute. Es gibt Leute, die das, was sie erleben verarbeiten und geistig durchdringen. Es gibt aber auch Leute, die irgendwie nichts geistig verarbeiten. Wobei Blödheit durchaus auch Vorteile hat. Manchmal ist es besser, wenn man etwas nicht versteht.
Ob die "Entwurzelung breitester Schichten von ihrem Heimatboden" das größte seelische Problem war, wagt der Autor zu bezweifeln. Gravierender war wohl die Beteiligung am Krieg als Opfer oder als Täter.
im Übrigen würde der Autor sagen, solange der Boden noch die gleiche Sprache spricht wie der Heimatboden, hält sich die Entwurzelung in Grenzen. Der Autor kann sich eine Menge quantitativer und qualitativer "Entwurzelungen" vorstellen, die sehr viel einschneidender sind. Wieso ein Heilmittel gegen "seelische Dekompositionen", was immer das sein mag, die Verfrachtung der Leute auf die Dörfer ist, ist ein weiteres Geheimnis, das Müller-Armack mit ins Grab genommen hat.
Damit belassen wir es dann. Wir lernen aber, dass jeder Blödsinn als Meilenstein des intellektuellen Fortschritt betrachtet wird, wenn er marketingtechnisch gut aufbereitet wird und da war Keynes eindeutig schwach. General Theory of Employement, Interest and Money tönt einfach nicht gut. Die General Theory bringt es in der englischen Version auf 11 Kommentare in der deutschen auf 1. Sarrazin bringt es mit seinem Pamphlet auf 600 Kommentare. Mundus vult decipi, würde der Lateiner sagen.
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Allokation der Ressourcen über
Knappheitssignale des Marktes, Umverteilung
des sich aus dieser Allokation ergebenden
Einkommens nach sozialen Aspekten
Unterschied zu Liberalismus / Neoliberalismus:
Es gibt einen Freiraum für Koordination über einen
demokratischen Entscheidungs-findungsprozess
Soziale Marktwirtschaft ist keine spezifisch
deutscher Sonderweg. Die soziale Marktwirtschaft ist das
Resultat eines Versuches, die Effizienz des Marktes mit den Vorstellungen über
Einkommengerechtigkeit in Einklang zu bringen. Diese Tendenz existiert
in allen demokratischen Industrienationen.