Bei Alfred Marshall haben wir die Volkswirtschaftslehre sozusagen noch in statu nascendi, also bevor noch der feste Kanon sich etablieren konnte, der das Forschungsobjekt, die Methoden und die Ziele zu nicht mehr hinterfragten Selbstverständlichkeiten hat werden lassen.
Praktisch alle grundlegenden Texte der Mikroökonomie, wobei alle Konzepte der heutigen Mikroökonomie von Autoren stammen, die schon seit mindestens 100 Jahren die Radieschen von unten betrachten, beschäftigen sich mit denselben Fragen, ohne sie eigentlich definitiv zu beantworten. Der Erkenntniszuwachs, der seither stattgefunden hat, ist durchaus überschaubar.
Eingegangen in den Kanon der akademischen Mikroökonomie sind aus komplexen Werken, das haben wir schon öfters gesehen, immer nur Nebenbemerkungen, wobei schlicht kein Mensch weiß, wer den Kanon gebildet hat und wie er sich gebildet hat.
Maßgeblich für den Eingang in den Kanon scheinen formale Aspekte gewesen zu sein, Relevanz oder empirische Belastbarkeit einer Theorie scheinen keine Rolle gespielt zu haben. Was sich irgendwie mathematisch modellieren ließ oder schon im Orginal so vorlag und deshalb irgendwie richtig und intelligent aussah, wurde gierig aufgegriffen.
Es gibt wohl kaum ein anderes Wissensgebiet, bei dem die Themen, die in den Fokus geraten derartig abhängig sind vom methodischen Ansatz. Nicht die Relevanz zur Erklärung realwirtschaftlicher Zusammenhänge ist das Auswahlkriterium, sondern die Möglichkeit das Thema mathematisch zu modellieren. Dass dieser Ansatz nicht besonders erfolgsversprechend ist offensichtlich, denn die dozierende Ökokaste kann nicht mal sehr einfache Fragen, wie zum Beispiel die nach dem Grenznutzen der letzten Vorlesung, auch nur ansatzweise irgendwie beantworten. Eine doch sehr einfache Frage, über die man mit anderen Methoden, Ermittlung des Prozentsatzes der Absolventen einer volkswirtschaftlichen Fakultät, die ein Jahr nach Abschluss einen Job gefunden haben, eigentlich sehr einfach beantworten könnte. Wer nicht mal den Grenzertrag seiner eigenen Tätigkeit ermitteln kann, braucht sich wohl kaum über Grenzerträge in anderen Branchen Gedanken zu machen.
Das ist natürlich etwas gaga, was auch mit dem geringen Bildungsniveau der Ökokaste, der geringen Lebenserfahrung und vollkommenem Fehlen von Berufserfahrung korreliert, wobei wir ähnliche Verhaltensmuster auch in den Geisteswissenschaften beobachten können.
Alle Autoren der Neoklassik äußern sich zur Methodik. (Im Gegensatz zu den Autoren der Klassik.) Die Ansichten aller Autoren sind hier widersprüchlich und unklar, aber immerhin findet eine Diskussion statt. Die Ökokaste unserer Tage reflektiert nicht mal mehr über die Methoden. Über die Sinnhaftigkeit der mathematischen Modellierung, also über die Frage, ob die Methoden aus der Physik auf die Volkswirtschaftlehre übertragen werden kann, wird nicht diskutiert. Ökonomische Größen wie Kapital, Zins, Produktivität etc. entsprechen damit den physikalischen Größen wie Masse, kinetische Energie oder Gravitation, denn nur bei Objektgleichheit, können auch die gleichen Methoden angewendet werden. Nur wer davon ausgeht, dass man Butter und Licht mit den gleichen Methoden analysieren kann, wird beide mit einer Waage messen. Davon gehen Ökonomen aus. Kapital ist so was wie Masse in der Physik und kann mit denselben Methoden analysiert werden.
Da wir es bei der Ökokaste mit einer schwierigen Klientel zu tun haben: Bevor man in irgendwelche Formeln, etwas die Cobb-Douglas Produktionfunktion, Kapital einsetzt, sollte man erstmal klären, was Kapital überhaupt ist. Masse ist nämlich in der Physik klar definiert. Kapital unterscheidet sich aber von human capital, also von Hirn, lediglich durch den Zeitraum. Liegt das know how zur Produktion von Kapital, verstanden als Anlagen und Maschinen vor, ist es fix produziert. Materiell besteht eine Maschine aus Blech und Blech ist nicht das Problem. Das Problem ist das know how, das im Blech verbaut wird.
Das know how wiederum lässt sich durch bedrucktes Papiert, also Geld, aktivieren. Mit bedrucktem Papier stellt man das know how ein, also qualifizierte Arbeit, das know how produziert die Maschine, die amortisiert sich und vernichtet que Kredittilgung das bedruckten Papier. Es kann natürlich auch schief gehen, und das Kapital amortisiert sich nicht, dann wird der Kredit auch nicht getilgt und das Geld bleibt im Umlauf.
Kapital ist aber im Grunde, vor allem in der Klassik / Neoklassik, schlicht Geld und ob man Geld in Kapital konvertieren kann und in welchem Zeitraum, ist eine Frage des know hows. Nach der Logik der Cobb-Douglas Produktionsfunktion wäre Bolivien in 200 Jahren auf dem Stand der BRD heute. Die Entwicklung wird eine andere sein. Da vorhandenes know how leichter zu transferieren ist als Neues zu schaffen, wird Bolivien, so es sein Bildungssystem optimieren kann, in sehr kurzer Zeit aufschließen können. Was für Taiwan, Südkorea, Singapur, Indonesien gilt, gilt auch für Bolivien. Ökonomische Größen, zum Beispiel Kapital, sind keine physikalischen Größen mit im Zeitablauf stabilen Eigenschaften und folglich kann man die Methoden der Physik auch nicht auf die Ökonomie anwenden. Man kann aber einen Haufen Zeit, Ressourcen und Geld mit Schwachsinn verbringen.
Für Alfred Marshall ist die Physik erstmal das methodologische Paradigma. Allerdings ist Alfred Marshall der Intellektuelle unter den neoklassischen Autoren. Das ist ein andere Liga als Léon Walras oder Vilfredo Pareto. Die Ansichten werden noch differenzierter.
Those physical sciences, which have progressed most beyond the points to which they were brought by the brilliant genius of the Greeks, are not all of them strictly speaking "exact sciences." But they all aim at exactness. That is they all aim at precipitating the result of a multitude of observations into provisional statements, which are sufficiently definite to be brought under test by other observations of nature. These statements, when first put forth, seldom claim a high authority. But after they have been tested by many independent observations, and especially after they have been applied successfully in the prediction of coming events, or of the results of new experiments, they graduate as laws. A science progresses by increasing the number and exactness of its laws; by submitting them to tests of ever increasing severity; and by enlarging their scope till a single broad law contains and supersedes a number of narrower laws, which have been shown to be special instances of it. | Die Sparten der Physik, die am weitesten über den von den brillianten Griechen
gesetzten Stand weitergeschritten sind, sind nicht alle das, was im engeren
Sinne als "exakte Wissenschaften" bezeichnet , doch alle streben Exaktheit an. Sie alle
versuchen die Resultate der verschiedenartigsten Beobachtungen in provisorische
Stellungnahmen zu gießen, die ausreichend bestimmt sind, um anhand anderer
Beobachtungen über die Natur getestet werden zu können. Diese Stellungnahmen
nehmen, zum Zeitpunkt ihrer ersten Formulierung, nicht für sich in Anspruch, Gültigkeit
zu besitzen. Doch nachdem sie durch mehrere unabhängige Beobachtungen getestet
worden sind und vor allem, nachdem sie erfolgreich für die Vorhersage kommender
Ereignisse oder für die Vorhersage der Resultate neuer Tests eingesetzt worden sind,
werden sie zu GESETZEN. Eine Wissenschaft schreitet voran indem die Anzahl der
Gesetze und die Exaktheit dieser Gesetze zunimmt. Indem sie immer strengeren
Tests unterworfen werden und indem ihr Geltungsbereich immer weiter ausgedehnt
wird und ein einziges Gesetz den Inhalt einiger anderer enger definierter Gesetze,
die ein Spezialfall des allgemeinen Gesetzes sind, beinhaltet und ersetzt. aus: Alfred Marshall, Principles of Economics, ECONOMIC GENERALIZATIONS OR LAWS |
Im letzten Abschnitt (..Indem sie immer strengeren....) entwickelt er so nebenbei Kriterien für die
Beurteilung wissenschaftlicher Aussagen, die doch sehr stark an Karl Popper erinnert. Es ist nicht besonders
schwierig, ein gültiges Gesetz zu formulieren. Das schafft man schon allein dadurch, dass man schlicht Trivialitäten
erzählt.
Marshall geht hier davon aus, dass die Methoden, die für die Physik gültig sind, auch für die Ökonomie gelten. Er wird diese Ansicht gleich relativieren und sich der Wahrheit nähern. Exaktheit ist kein Kriterium für die Qualität einer Aussage. Eine Aussage muss auch relevant sein.
In der Erfindung von Trivialgesetzen ist die Volkswirtschaftlehre ein wahrer Meister. Zahlreiche "Gesetze", die wir heute in Lehrbüchern der Mikroökonommie finden, sind durchaus auf dem Niveau "Je mehr Geld man hat, desto mehr Geld kann man ausgeben". Die These ist unstrittig richtig, überall, allerdings beantwortet sie die entscheidende Frage nicht: Wie kommt man an Geld?
Das Beispiel wird der Leser nun als schwachsinnig einstufen und kaum eine Verbindung sehen, zu Modellen der Volkswirtschaft. Gehen wir das mal durch: Eine Zentrale Aussage der Neoklassik ist, dass der Lohn der monetär bewerteten Grenzleistungsfähigkeit des Faktors Arbeit entspricht.
Das ist unstrittig richtig, zumindest wird der Unternehmer nicht mehr bezahlen. Die spannende Frage ist aber, wovon hängt die Grenzleistungsfähigkeit des Faktors Arbeit eigentlich ab. Wir können nur feststellen, dass die Neoklassik davon ausgeht, dass der Lohn gesenkt werden muss, wenn er die (monetär bewertete) Grenzleistungsfähigkeit der Arbeit übersteigt. Genau so gut könnte man natürlich auch versuchen, die (monetär bewertete) Grenzleistungsfähigkeit der Arbeit zu steigern. Das ist die interessantere Lösung, wenn auch schwieriger.
Es liegt in der Natur der Dinge, dass die wirklich interessanten Lösungen schwieriger sind, aber damit sollten sich eben Volkswirtschaftler befassen. Die Lösung der Neoklassik ist eine Binse, die niemanden Sau wirklich interessiert. Sie ist für Ökonomen attraktiv, weil mathematisch modellierbar, die hübsche Kurve mit der entsprechenden Funktion finden wir in jedem Lehrbuch, allerdings sorgt sie für einen Tunnelblick. Die Senkung des Lohnes ist eine Lösung, allerdings keine spannende, wenn der Lohn bereits auf der Höhe des physischen Existenzminimums liegt. Die andere Lösung, Anhebung der (monetär bewerteten) Greinzleistungsfähigkeit des Faktors Arbeit ist natürlich ein bisschen schwieriger. Da muss sich über die Organisation der Bildungssysteme, know how transfer, technischen Fortschritt, optimaler Einsatz von Ausgaben für Forschund und Entwicklung etc. Gedanken machen. Ein bisschen Kurven hin- und herschieben ist da nicht. Das übersteigt die geistige Kapazität der Ökodeppen.
Das Gesetz von abnehmenden Grenznutzen ist ein weiteres Beispiel für eine Trivialität, siehe Vilfredo Pareto.
Die Aussage, dass mit zunehmendem Konsum der Nutzen eines Gutes abnimmt, entspricht in etwa der Aussage, dass man desto schlechter sieht je dunkler es wird. Das ist das berühmte Gesetz von der abnehmenden Sehstärke. Das Gesetz ist immer richtig.
Immer richtig sind auf der anderen Seite auch Gesetze, deren Prämissen den Geltungsbereich des Gesetzes soweit einschränken, dass sie an der Realität nicht mehr scheitern können. Das Ziel muss also sein, Aussagen, die in speziellen Situationen gelten so zu erweitern, dass der Anwendungsbereich immer größer wird. Soweit die Theorie.
Das scheint tatsächlich das Programm auch der akademischen VWL zu sein, wobei allerdings nur der
erste Teil, die Formulierung von Gesetzen, realisiert wurde.
Der zweite Teil, das Testen von Gesetzen, spielt praktisch keine Rolle. Das Bedürfnis im Besitz eines festen, gültigen Kanons zu sein ist nachvollziehbar.
Der Kanon suggeriert, dass die Volkswirtschaftslehre Wesentliches und Richtiges zu sagen hat und sichert damit
auch die Finanzierung durch die Politik und den Zustrom an Studenten. Fächer wie Soziologie oder Politologie,
oder gar Geisteswissenschaften, haben es da schwerer. Kritik an diesem Kanon wird
schon instinktiv wahrgenommen, wenn der eigenartige Jargon nicht beherrscht wird. Das Phänomen war allerdings schöner und eindringlicher in der ehemaligen DDR sichtbar, siehe Karl Marx.
Insofern haben wir durchaus Ähnlichkeiten zum Marxismus Hokuspokus. Ab und an wird noch von irgendwelchen Halbgebildeten
aus der Gruppe der dozierenden Ökokaste die Suada von den nomothetischen und idiographischen Wissenschaften oder
eine Vulgärversion des kritischen Rationalismus heruntergebetet, was suggerieren soll, dass das Fach auch wissenschaftstheoretisch auf stabilen Fundamenten
beruht.
Tatsache ist, dass selbst im Bereich der Mikroökonomie, der vermeintlich stabile Kern der Volkswirtschaftslehre,
die meisten Modelle nicht gegen die Realität getestet werden können. Der gesamte Plunder von Pareto, Edgeworth Box und
anderen Konzepten, die auf einer ordinalen Nutzenfunktion beruhen, sind gegen die Empirie weitgehend
immunisiert. Die Mikroökonomie, wie auch Karl Marx, operiert mit hingebastelten Beispielen.
Selbst das fundamentalste aller 'Gesetze', das Gesetz von Angebot und Nachfrage, siehe Langfristiges und kurzfristiges Gleichgewicht, ist ein enger Spezialfall ohne praktische Relevanz. Das Gesetz stimmt nur, wenn sehr kleine Zeiträume in den Blick genommen werden, in denen sich nichts ändert.
Die ceteris paribus Klausel der Neoklassik ist also entbehrlich. Die ceteris paribus Klausel besagt, dass sich die Bedingungen wie Kostenstruktur, Präferenzen, Größe des Marktes etc. nicht ändert. Das tun sie aber in der kurzen Frist sowieso nicht.
Langfristig allerdings ändert sich alles, vor allem eben die Produktivität und es ist sehr viel wahrscheinlicher, dass die Kosten mit zunehmender Nachfrage fallen, als dass sie, wie das Gesetz von Angebot und Nachfrage, das Marshall Kreuz suggeriert, steigen. Der Fehler liegt allerdings nicht bei Marshall. Marshall sagt expressis verbis, dass der von ihm beschriebene Zusammenhang, das Angebot kann nur mit zunehmenden Kosten realisiert werden, nur für die kurze Frist gilt.
Die scheinbar präzise Möglichkeit, aufgrund des Marshall Kreuzes die Produzenten- und Konstumentenrente zu berechnen ist lächerlich, wenn keine Aussagen darüber gemacht werden können, in welchem Zeitraum diese Renten denn enstehen und wie lange es dauert, bis die Anpassungen auf der Anbieterseite diese eliminieren, da die Kostenstruktur bei allen Anbietern dann gleich ist. Die meisten Klausuren im Fach Mikrökonomie sind einfach nur lächerlich.
Testen lassen sich volkswirtschaftliche Theorien nur durch gesamtgesellschaftliche
Großversuche. Damit aber eine Idee getestet werden kann
und die Ergebnisse rational beurteilt werden können, muss sie sich, zumindest in zivilisierten Gesellschaften,
erstmal politisch durchsetzen. Das wiederum setzt voraus, dass die Wähler eine bewusste Wahl treffen und dann
beurteilen, ob ihre bewusste Wahl zu den gewünschten Ergebnissen geführt hat. Hier wäre das
Betätigungsfeld für Volkswirtschaftler, siehe Die Politik und die Volkswirtschaftslehre.
Die Methodendiskussion hat Aspekte einer Fundamentaldiskussion. Wie andere Fundamentaldiskussionen auch,
ist sie eigentlich geschichtlich abgehakt. Die Volkswirtschaft kann auch nützlich sein, wenn sie keine ewig gültigen
Gesetze formuliert. Es reicht manchmal, sinnvolle Debatten anzuschieben.
Fragen kann man zum Beispiel,
ob der Finanzmarkt an sich tatsächlich das Problem ist oder nicht die Tatsache, dass Geld am Finanzmarkt
verblubbert. Warum sind Investitionen in Finanzmarktprodukte attraktiver, als Realinvestitionen und was kann man
tun, um die offensichtlichen Hemmnisse für Realinvestitionen zu beseitigen. Nur mal als Beispiel. Man kann auch
finden, dass die Finanztransaktionssteuer ein Nebenkriegsschauplatz ist und das eigentliche Problem
irgendwo anders liegt. Im übrigen könnte ja auch die EZB klar Schiff machen und Geld nur noch dann verleihen, wenn damit Realinvestitionen finanziert werden. Geblubbere an der Börse muss die EZB nicht finanzieren.
Die Transaktionsteuer wird das Problem, dass Kapitalsammelstellen in Finanzprodukte investieren und nicht in Realinvestitionen
nicht lösen.
Des Weiteren operiert er etwas unscharf mit dem Begriff 'exakt'. Exakt kann sogar die Literaturwissenschaft
sein. Wenn eine Interpretation von mehreren unabhängigen Gehirnen nachvollzogen werden kann und als einleuchtend
empfunden wird, dann ist diese Interpretation zumindest in einem bestimmten historischen Moment 'exakt', auch
wenn diese Exaktheit nur darauf beruht, dass in eben diesem Moment alle Gehirne gleich getaktet sind, alle also auf die gleiche Erfahrung rekurrieren und von daher eine Interpretation 'einleuchtend' finden.
Was die Ökokaste unter 'Exaktheit' versteht, wird nicht diskutiert, vermutlich aber 'Gesetze' wie sie von
Alfred Marshall beschrieben werden, obwohl diese nur in der Fiktion existieren. 'Exakt' können auch statistische
Zusammenhänge sein. Dann hat man zwar keine kausalen Zusammenhänge, aber eine eventuell stabile
Beziehung. Man hat kein Gesetz, aber eine Tendenz, was Alfred Marshall vollkommen klar sah.
The term "law" means then nothing more than a general proposition or statement of tendencies, more or less certain, more or less definite. Many such statements are made in every science: but we do not, indeed we can not, give to all of them a formal character and name them as laws. We must select; and the selection is directed less by purely scientific considerations than by practical convenience. If there is any general statement which we want to bring to bear so often, that the trouble of quoting it at length, when needed, is greater than that of burdening the discussion with an additional formal statement and an additional technical name, then it receives a special name, otherwise not . Thus a law of social science, or a Social Law, is a statement of social tendencies; that is, a statement that a certain course of action may be expected under certain conditions from the members of a social group. Economic laws, or statements of economic tendencies, are those social laws which relate to branches of conduct in which the strength of the motives chiefly concerned can be measured by a money price. | Der Begriff "Gesetz" meint nichts anderes als ein allgemeiner Vorschlag oder Statement über Tendenzen, mehr oder weniger sicher, mehr oder weniger bestimmt. Solche Aussagen werden in jeder Wisschenschaft gemacht, aber wir geben ihnen nicht, und können dies auch nicht, den formalen Charakter von Gesetzen. Wir müssen eine Auswahl treffen und diese Auswahl wird weniger durch rein wissenschaftliche als durch praktische Gründe getroffen. Gibt es ein allgemeines Gesetz, dass wir so oft verwenden wollen, dass es mühsamer wäre es jedesmal, wenn man es braucht, in voller Länge zu zitieren, anstatt die Diskussion einmal mit einer zusätzlichen formal gehaltenen Aussage und einem technischen Namen zu belasten, dann erhält es einen speziellen technischen Namen, ansonsten nicht.
So ist denn ein Gesetz in den Sozialwissenschaften, oder ein soziales Gesetz, eine Aussage über Tendenzen, also eine Aussage, dass von einer bestimmten sozialen Gruppe unter bestimmten Bedingungen eine bestimmte Abfolge von Handlungen zu erwarten sind.
Gesetze im Bereich der Wirtschaftswissenschaften, oder Aussagen über ökonomische Tendenzen, sind solche Gesetze, die sich auf Bereiche beziehen, wo die Stärke des Motivs hauptsächlich durch den Preis gemessen werden kann. aus: Alfred Marshall, Principles of Economics, ECONOMIC GENERALIZATIONS OR LAWS |
Der Begriff Tendenz kann sich hierbei aber eigentlich auf unterschiedliche Sachverhalte beziehen.
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(1) und (2) sind Tendenzen im Sinne von Alfred Marshall. (3) und (4) sind das, was er als Gesetze bezeichnen würde. Die Vwl und die dozierende Ökokaste feiert die Version (4), obwohl sehr erfolgreiche Wissenschaften wie die Molekularbiologie ganz hervorragend mit den Varianten (1), (2) und (3) auskommen und (4) dort nicht existiert. (1) und (2) sind hierbei rein empirisch. (3) und (4) entstammen einer Theorie über die Realität, die dann getestet wird.
Typisch für die VWL ist die Variante (5). Bei der Variante (5) wird durch eine mathematische Funktion ein Zusammenhang vorgekaukelt, der de facto überhaupt nicht existiert. Er existiert nicht mal für die einfachste und elementarste aller Funktionen der Mikrökonomie, für die Nachfragekurve.
Selbst die Aussage, dass mit sinkendem Preis die Nachfrage steigt, ein anderes Fundamentalgesetz, ist problematisch,
denn aus den individuellen fallenden Grenznutzen kann es nicht abgeleitet werden. Die Beispiele in
den Lehrbüchern entstammen immer dem Bereich Nahrung. Für diesen Bereich stimmt es. Selbst wenn
die Pizzen vom Edelitaliener stammen, ist irgendwann mal Schicht im Schacht. Für den Bereich Nahrung
gewinnt man also die gesamtwirtschaftliche Nachfragefunktion aus der Aggregation der einzelwirtschaftlichen
Nachfragefunktionen.
Die meisten Güter werden aber schlicht nur ein einziges Mal gekauft. Der Nutzwert
einer Stereoanlage, eines Autos, eines Smartphones, eines Fahrrads ergibt sich nicht aus dem abnehmenden
Grenznutzen, sondern aus dem Nutzen eines bestimmten Gutes innerhalb einer Hierarchie von Waren und
deren Nutzen. Hat aber ein Gut einen bestimmten Nutzen und sinkt der Preis dieses Gutes, so kommt es
zu einer Umschichtung des Konsums. Stiftete ein Smartpone für 500 Euro 600 Einheiten Nutzen und ein Fahrrad
für 550 Euro ebenfalls 600 Einheiten Nutzen, gewinnt das Smartphone. Sinkt aber der Preises des Fahrrades auf
450 Euro, dann gewinnt das Fahrrad. Die gesamtwirtschaftliche Nutzenkurve muss also von einem Nutzengebirge
abgeleitet werden und gerade nicht vom abnehmenden Grenznutzen. 'Beweisen' allerdings müssen wir das Gesetz nicht.
Gibt es das Smartphone zum Preis eines Bieres, dann verzichten alle mal auf ein Bierchen und das Smartphone
geht weg wie warme Semmel.
Außer gegen (5) gibt es keine Einwände. Jede Methode von (1) bis (4) ist sinnvoll und jede Methode wird verwendet, wenn sie zu Ergebnissen führt. Alfred Marshall ist aber etwas aufgefallen, was der Ökokaste bis auf den heutigen Tag nicht aufgefallen ist. Die Physik ist eben gerade nicht mehr die erfolgreichste Wissenschaft, sie wird momentan abgelöst von der Biologie und die Methoden der Biologie wären eher auf die Volkswirtschaftlehre anwendbar.
At the beginning of last century the mathematico-physical group of sciences were in the ascendant; and these sciences, widely as they differ from one another, have this point in common, that their subject-matter is constant and unchanged in all countries and in all ages. The progress of science was familiar to men's minds but the development of the subject-matter of science was strange to them. As the century wore on, the biological group of sciences were slowly making way, and people were getting clearer ideas as to the nature of organic growth. They were learning that if the subject-matter of a science passes through different stages of development, the laws which apply to one stage will seldom apply without modification to others; the laws of the science must have a development corresponding to that of the things of which they treat. The influence of this new notion gradually spread to the sciences which relate to man; and showed itself in the works of Goethe, Hegel, Comte and others. At last the speculations of biology made a great stride forwards: its discoveries fascinated the attention of the world as those of physics had done in earlier years; and there was a marked change in the tone of the moral and historical sciences. Economics has shared in the general movement; and is getting to pay every year a greater attention to the pliability of human nature, and to the way in which the character of man affects and is affected by the prevalent methods of the production, distribution and consumption of wealth. The first important indication of the new movement was seen in John Stuart Mill's admirable Principles of Political Economy . Mill's followers have continued his movement away from the position taken up by the immediate followers of Ricardo; and the human as distinguished from the mechanical element is taking a more and more prominent place in economics. Not to mention writers yet living, the new temper is shown in Cliffe Leslie's historical inquiries, and in the many-sided work of Bagehot, Cairnes, Toynbee and others; but above all in that of Jevons, which has secured a permanent and notable place in economic history by its rare combination of many various qualities of the highest order. | Zu Beginn des letzten Jahrhunderts gewannen die mathematisch-physikalischen Wissenschaften an Bedeutung und diese Wissenschaften haben, so stark die eine von der anderen auch differieren mag, doch eines gemeinsam. Ihr Forschungsgebiet ist konstant und in allen Ländern zu allen Zeiten dasselbe. Mit dem Fortschritt der Wissenschaften waren die Menschen vertraut, doch die Entwicklung des Forschungsgebietes der Wissenschaft war ihnen fremd. Im Verlaufe des Jahrhunderts gewannen die Wissenschaften aus dem Bereich der Biologie eine immer größere Bedeutung. Sie lernten, dass immer dann, wenn der Forschungsbereich einer Wissenschaft verschiedene Stadien durchläuft, die Gesetze, die zu einem bestimmten Stadium passen, nur selten ohne Abänderung zu anderen passen. Die Gesetze der Wissenschaft müssen sich an die Entwicklung der Dinge, die sie untersuchen, anpassen. Der Einfluss dieser neuen Vorstellungen wurde auch von den Wissenschaften übernommen, die sich mit dem Menschen befassen und zeigen sich in den Arbeiten von Goethe, Hegel, Comte und anderen. Die Spekulationen in der Biologie machten einen großen Schritt nach vorne. Ihre Entdeckungen fesselten die Aufmerksamkeit der Welt in gleicher Weise, wie die der Physik in früheren Zeiten und ein Wechsel im Ton der Moral- und Geschichtswissenschaften war deutlich spürbar. Die Ökonomie nahm an dieser allgemeinen Entwicklung teil und widmet sich Jahr für Jahr immer mehr der Biegsamkeit der menschlichen Natur und der Art, wie der Charakter des Menschen die vorherrschenden Methoden der Produktion, der Verteilung und des Konsums beinflusst von von diesen beeinflusst wird. Das erste Anzeichen dieser neuen Bewegung sieht man in John Stuart Mills hervorragender Schrift Grundlagen der politischen Ökonomie. Mills Nachfolger folgten seiner Spur weg von den Positionen Ricardos und den unmittelbaren Nachfolgern von Ricardo und der Faktor Mensch wird zunehmend stärker gewichtet als rein mechanische Zusammenhänge. Zu erwähnen sind auch noch lebende Autoren; die neue Stimmung zeigt sich auch in den Arbeiten von Cliffe Leslies historischen Untersuchungen und den vielfältigen Arbeiten von Bagehot, Cairnes, Toynbee und anderen, doch vor allem in den Werken von Jevons, dem durch die Verbindung unterschiedlichster Qualitäten auf höchstem Niveau ein sicherer und ewiger Platz in der Geschichte der Ökonomie gesichert ist. |
Jetzt kommt er der Wahrheit schon ein gutes Stück näher, er reflektiert über das Objekt: "...that their subject-matter is constant and unchanged in all countries and in all ages...". Das ist noch nicht besonders präzise, geht aber in die richtige Richtung.
Die Frage ist weniger, ob die maßgeblichen Parameter konstant sind. Die Frage ist, ob die entscheidenden Parameter Bestandteil des Modells sind oder lediglich Beziehungen zwischen Effekten hergestellt werden. Beziehungen zwischen Effekten können stabil sein und trotzdem ist die Aussagekraft Null. Die Beziehung, um das Beispiel von oben wieder aufzunehmen, zwischen Lohn und (monetär bewertetem) Grenzprodukt der Arbeit ist stabil, aber irrelevant. Noch irrelevanter, wenn man hieraus den Schluss zieht, dass die Löhne an das (monetär bewertete) Grenzprodukt der Arbeit anzupassen ist. Anzupassen hat sich das (monetär bewertete) Grenzprodukt an den Lohn. Wenn Ökonomen nicht wissen, wie das geht, haben sich halt nichts Relevantes zu sagen.
Richtig an der These von Marshall ist aber, dass auch die Beziehung zwischen den Effekten nicht stabil ist, wenn die kausalen Ursachen, die die Effekte hervorbringen, nicht stabil sind.
Die Quantitätsgleichung reales Volkseinkommen * Preisniveau = Geldmenge * Umlaufgeschwindigkeit galt mit Sicherheit eine Weile und eine Erhöhung der Geldmenge führte sicher mal eine Zeitlang zu Inflation oder zu einer Erhöhung des Volkseinkommens. Die Gleichung macht aber keine Aussagen über Transmissionsmechanismen. Ändern sich diese, etwa weil Geld einfach in der Spekulationskasse versackt, führt eine Erhöhung der Geldmenge weder zur Inflation noch zu einer Steigerung des Volkseinkommens. Es passiert schlicht gar nichts. Nicht in der Theorie, sondern in der Praxis, denn das ist es, was wir aktuell erleben.
Wir nehmen an, auch wenn es vage formuliert ist, dass Alfred Marshall den kasus knaktus erfasst hat: "They were learning that if the subject-matter of a science passes through different stages of development, the laws which apply to one stage will seldom apply without modification to others."
Die Methoden der Analyse müssen zu dem Gegenstand, der untersucht wird, passen und die mathematische Modellierung, die eben allgemeingültige Aussagen machen will, passt eben immer weniger, wenn wir es mit kontingenten Situationen, Resultat zufälliger Ereignisse und Entwicklungen, zu tun haben.
Das Modell begreift eine Situation als typisch, verallgemeinerbar und versucht die Situation auf das Verallgemeinerbare zu reduzieren, was impliziert, dass die relevanten Aspekte, die charakteristisch sind für diese Situation und bei ähnlicher Konstellation auch wieder zu einer ähnliche Situation
führen, von dem Modell erfasst werden.
Daraus ergibt sich dann, inwieweit eine Situation überhaupt modellierbar ist. An dem einen Ende haben wir Fächer wie Geschichte, Literatur, wo die Situation einzigartig ist, es nichts gibt, was verallgemeinerbar wäre, wo es im Kern darum geht, eine Situation als einzigartig zu begreifen. Das sind die berühmten idiographischen Wissenschaften.
Am anderen Ende haben wir die Physik, wo praktisch jede Situation nur das Ergebnis verallgemeinerbarer Gesetze ist. Die VWL liegt irgendwo zwischen diesen beiden Extremen. Es gibt immer einen allgemeingültigen Teil und einen kontingenten Teil und nur wenn man beide zusammen im Blick hat, erhält man sinnvolle Aussagen. Die Abstraktion vom kontigenten Teil führt meist zu Aussagen, die zwar wahr, aber trivial sind. Was allgemeingültig ist, muss noch lange nicht relevant sein und je größer der kontingente Teil, desto trivialer ist oft der allgemeingültige Teil.
Die Geldschleiertheorie fusst auf einer modellhaften Vorstellung des Zusammenhangs zwischen Geldmenge und Preisniveau. Der Zusammenhang an sich ist auch allgemeingültig und der Zusammenhang ist und war auch oft beobachtbar. Dazu gehört aber noch ein kontingenter Teil, der von Land zu Land verschieden ist, z.B. das Produktionpotential. Ist dieses sehr hoch, führt eine Ausdehnung der Geldmenge zu einem höheren Volkseinkommen ohne jede Inflation.
Was die Bezugnahme auf Hegel konkret bedeutet, bleibt offen. Zusammen mit anderen Bemerkungen kann man aber davon ausgehen, dass er auf die geschichtliche Determiniertheit des Menschen abstellt.
Darum geht es, wie bereits mehrfach erwähnt, im Positivismusstreit zwischen Popper und Adorno. Sozialwissenschaften, so sie empirisch forschen, messen lediglich etwas, was selber das Ergebnis eines Prozesses ist, was die Ergebnisse natürlich relativiert.
Um ein plattes Beispiel zu wählen. Wenn der Staat den heroischen Entschluss fasst, dass Französisch zweite Fremdsprache ist und Russisch, Arabisch, Spanisch etc. nicht angeboten wird, dann ist zu erwarten, dass mehr Leute Französisch als Fremdsprache sprechen als z.B. Türkisch. Wir kommen im Kapitel philosophische Kritik ausführlich auf diese Problematik zu sprechen.
Ein anderes, relevanteres Beispiel: Wenn sechs Millionen Deutsche pro Tag Bildzeitung lesen, kann man das als demokratisches Verhalten interpretieren. Die Leute bekommen das, was sie objektiv wollen. Man kann es aber auch als Ergebnis eine Prozesses sehen, der dafür gesorgt hat, dass die Leute das wollen.
Das sehen viele Leute nicht ein. Viele Leute werden aber einsehen, dass die weite Zustimmung für die NSDAP Ergebnis eines Prozesses war, denn die einzig denkbare Alternative wäre, dass es nicht das Ergebnis eines Prozesses war, sondern dem objektiven, konstanten Charakter der Deutschen entspricht. Vermutlich würden nur wenige Leute dieser Meinung zustimmen.
Komplexer ist es natürlich, wenn man den gesamten Bereich institutionalisierter Bildung ins Visier nimmt. Dass sich hier je nach Ausgestaltung dramatische Unterschiede ergeben, ist naheliegend.
Es macht von daher wenig Sinn z.B. aus erhobenen Daten zu bildungspolitischen Themen, isoliert von dem System, das diese Daten schafft, irgendwelche Aussagen zu machen.
Ähnlich sinnlos sind dann auch Aussagen einer Figur wie Sarrazin über irgendwelche Bevölkerungsgruppen. Die Aussagen wären selbst dann noch falsch, wenn sie richtig wären, denn die menschliche Natur ist tatsächlich sehr 'biegsam'.
Es gibt wohl kaum eine Einstellung zu fundamentalen Fragen, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften, Beziehung zu 'Ausländern', Einstellung gegenüber dem Land der Geburt, Religion etc.etc. bei der sich die Einstellung der heutigen Bevölkerung der BRD mit den in den dreißiger Jahren herrschenden Einstellungen deckt.
Im Moment können wir live beobachten, wie sich sogar grundlegende Einstellungen zur Informationsgewinnung massiv wandeln. Wer also die Volkswirtschaftlehre als ein hin- und herschieben von Kurven begreift, der kann sich im Grunde, mit Einschränkungen, lediglich auf Léon Walras berufen, nicht aber auf Alfred Marshall. Allerdings wird er in Zukunft schmerzvoll erfahren, dass er beruflich nicht nur von den Juristen verdrängt wird, sondern auch von anderen Disziplinen, die die Welt ohne Tunnelblick betrachten.
Die wesentliche Aussagen sind also: Es gibt nicht DIE Methode sondern Methodenvielfalt und es gibt kein Argument, warum die Variante (4), die allerdings in der VWL eher die Variante (5) ist, den anderen Varianten überlegen sein soll. Die ursprüngliche Aussage, dass sich die Ökonomie mit den Anreizen für menschliches Handeln beschäftigt, sofern diese sich monetär ausdrücken, wird relativiert. Von einer 'mechanischen' Auffassung der wirtschaftlichen Entwicklung à la Ricardo rückt er ab.
Bei den Autoren, die er in diesem Zusammenhang nennt, John Stuart Mill, ist das wirtschaftliche Handeln des Menschen eingebettet in ein bestimmtes politisches System und getragen von bestimmten ethischen Überzeugungen, was wohl tatsächlich das korrekte Forschungsprogramm darstellt. Ohne das poltische System kann die Volkswirtschaft nicht analysiert werden, siehe Die Politik und die Volkswirtschaftslehre.
Weiter kann man dem Abschnitt entnehmen, dass er eher die Biologie als die Physik für das methodische Paradigma hält.
Die ganz große Frage, mit der sich alle Autoren, die der Neoklassik zugerechnet werden, beschäftigen, ist das Ziel der Wissenschaft.
Hier plädieren, manche, Léon Walras, Vilfredo Pareto und Carl Menger sehr dezidiert, manche, wie Alfred Marshall, weniger dezidiert, für die "reine Wissenschaft". Das kann nicht gut gehen.
Wir sehen bereits bei der staatlichen subventionierten Grundlagenforschung, siehe Forschung und Entwicklung durch den Staat, dass sich jede Forschung letztlich durch den Nutzwert rechtfertigen muss. In dem Moment, in dem Steuergelder fließen, ist Forschung immer mehr als ein sinnfreies Hobby.
Alle Forschungsreinrichtungen, siehe den angegebenen Link, haben dieses Problem völlig klar erkannt und versuchen die Relevanz ihrer Forschung zur Lösung konkreter Probleme nachzuweisen.
Wie beschrieben gibt es auch durchaus Mittel, hier härtere Kennzahlen zu bilden.
Wer nur von reiner Wissenschaft schwafelt, wie etwa die Geisteswissenschaften, aber de facto nichts bringt, hat schlechte Karten. Nicht theoretisch, sondern ganz praktisch. Das Grundgesetz garantiert nur die Freiheit von Lehre und Forschung für eine bestehende Professur, was aber nicht heißt, dass man diese nicht auch umwidmen bzw. abschaffen kann. Und es werden konkret und in der Praxis Professuren gestrichen. Die Humboldt Uni hat das im Bereich Romanistik schmerzhaft erfahren müssen.
Das Gejammere der Geisteswissenschaften, wenn mal wieder ein paar Fakultäten zurechtgestutzt oder schlicht geschlossen werden, ist zwar lustig, aber letztlich politisch nachvollziehbar. Speziell bei den Geisteswissenschaften ist die Frage, ob deren Tun und Treiben jetzt wissenschaftlich ist oder nicht, auch sekundär. Die Frage ist schlicht, ob sie Impulse geben für die öffentliche Debatte, die Menschen für ihre Themen interessieren. Tun sie das nicht, kann man sie streichen.
Gehen wir mal die von Alfred Marshall, Vilfredo Pareto, Léon Walras genannten Ziele durch. Bei Alfred Marshall gibt es die 'reine Wissenschaft' erstmal.
Economics has then as its purpose firstly to acquire knowledge for its own sake, and secondly to throw light on practical issues. But though we are bound, before entering on any study, to consider carefully what are its uses, we should not plan out our work with direct reference to them. For by so doing we are tempted to break off each line of thought as soon as it ceases to have an immediate bearing on that particular aim which we have in view at the time: the direct pursuit of practical aims leads us to group together bits of all sorts of knowledge, which have no connection with one another except for the immediate purposes of the moment; and which throw but little light on one another. Our mental energy is spent in going from one to another; nothing is thoroughly thought out; no real progress is made. The best grouping, therefore, for the purposes of science is that which collects together all those facts and reasonings which are similar to one another in nature: so that the study of each may throw light on its neighbour. By working thus for a long time at one set of considerations, we get gradually nearer to those fundamental unities which are called nature's laws: we trace their action first singly, and then in combination; and thus make progress slowly but surely. The practical uses of economic studies should never be out of the mind of the economist, but his special business is to study and interpret facts and to find out what are the effects of different causes acting singly and in combination. | Der erste Zweck der Volkswirtschaftslehre ist folglich die Erlangung von Erkenntnis um ihrer selbst willen und zweitens praktische Fragen zu beleuchten. Auch wenn wir, bevor wir beginnen etwas zu studieren, gut daran tun, uns zu überlegen, welchem Zweck es dient, sollten wir doch nicht unsere Arbeit direkt auf den Zweck beziehen. Wenn wir das nämlich tun, dann werden wir sofort aufhören über irgendetwas weiter nachzudenken, sobald es auf die unmittelbare Frage, die uns gerade beschäftigt, keinen Einfluss mehr hat.
Die unmittelbare Verfolgung rein praktischer Zwecke veranlasst uns, alle Arten von Wissen einzusammeln, die dann nur noch durch den unmittelbaren Zweck miteinander in Verbindung stehen und kein kohärentes System bilden. Unsere Gedanken springen von einem Punkt zum nächsten, nichts wird wirklich zu Ende gedacht, es findet kein wirklicher Fortschritt statt. Geht es also um die wissenschaftliche Erkenntnis, dann ist es besser, all die Fakten und Theorien zu sammeln, die sich auf einen ähnlichen Sachverhalt beziehen, so dass das Studium des einen auch einen benachbarten Sachverhalt näher beleuchtet. Wenn wir uns so eine zeitlang mit einer bestimmten Sorte von Betrachtungen beschäftigen, nähern wir uns stückweise jenen fundamentalen Einheiten, die wir Naturgesetze nennen. Zuerst erforschen wir ihre Wirkung einzeln, dann zusammen. So schreiten wir langsam und sicher voran. Den praktische Nutzen ökonomischer Studien sollte der Ökonom nie aus den Augen verlieren, doch sein spezielle Aufgabe besteht darin, Fakten zu studieren und zu interpretieren und herauszufinden, was die Effekte bestimmter Ursachen sind und wie sie alleine und zusammen wirken. aus: Alfred Marshall, Principles of Economics, THE ORDER AND AIMS OF ECONOMIC STUDIES |
Man sollte also erstmal alles sammeln, was thematisch zusammengehört, also zum Beispiel alles, was zum Thema Gleichgewicht auf dem Gütermarkt gehört, alles was zur Geldtheorie gehört, alles zwar zu Zahlungsbilanz gehört etc.etc.. Das ist zwar richtig, wird sich aber nicht so steuern lassen. Historisch ist jede Einsicht heuristisch und geht zurück auf die Mutter der Heuristik, auf die Philosophie.
Erst im Laufe der Zeit, bilden sich die Themenkomplexe heraus, wobei der Kanon der Fragen den wissenschaftlichen Fortschritt auch durchaus behindern kann.
Linguisten zum Beispiel erzählen in jedem Seminar die Suada vom signifié und signifiant. Signifié ist dabei das Bezeichnete, das signifiant das Bezeichnende. Das Wort Tisch zum Beispiel ist ein signifiant und das, für was es steht, irgendwas mit ein paar Beinen, einer Fläche, die auf diese draufgenagelt ist und die dazu dient, etwas draufzustellen, das signifié, das Bezeichnete.
Das Problem dabei ist, dass sich das signifiant eben gerade nicht auf etwas Konkretes bezieht, sondern auf einen weiten Assoziationsraum, der in sekundenschnelle, so dies nötig ist, konkretisiert wird, ober eben, so dies nicht nötig ist, nicht konkretisiert wird. Die Sprachverarbeitung läuft also in zwei Schritten ab. Es wird erstens entschieden, was zu konkretisieren ist und zweitens wie zu konkretiesieren ist.
In einem Satz vom Typ "Das ist doch so was von Banane" wird die Banane nicht konkretisiert, das Gehirn wird nicht versuchen, sich eine konkrete Banane vorzustellen. In einem Satz wie "In Deutschland kennt man nur Bananen vom Typ Chiquita Bananen, ein Typ, der in Südamerika eigentlich eher selten ist", wird man eher versuchen, alle Bananen an seinem geistigen Auge vorbeiziehen zu lassen, die man in letzter Zeit beim Edeldiscounter gesehen hat.
In einem Satz wie "Natürlich Blond durch Wella Gard" wird man das Wort natürlich anders interpretieren als in einem Satz "Natürlich war er wieder mal besoffen".
Für alle weiteren Fragestellungen, ist es bedeutsam, dass das signifié schlicht nicht existiert. Wir haben hier ein Phänomen, dass wir oft haben. Durch die Kanonisierung von Begriffen entsteht der Eindruck einer "gefestigten" Wissenschaft, auch wenn wir es im Grunde mit reinem Blödsinn zu tun haben. Philologen werden sich bei dem Geschwaffel nicht wundern dürfen, wenn ihnen von den Neurolinguisten der Garaus gemacht wird.
Was Alfred Marshall vorschlägt, setzt gesunden Menschenverstand voraus. Es macht schon Sinn, sich mal die Frage zu stellen, ob eine steigende Nachfrage nicht die Preise senkt, im langfristigen Trend ist das ja kaum zu übersehen, weil die Anbieter dann von einer Fixkostendegression profitieren. Wer kann schon sagen, dass dieses Phänomen bedeutungslos ist?
Betrachtend man die Sache realistisch und ohne sich Illusionen hinzugeben, dann lässt sich Wissenschaft nur steuern durch ein knallhartes Feedback aus der Realiltät, letztlich also durch Mechanismen, die denen des Marktes ähnlich sind. Wenn der Markt eine bestimmte Herangehensweise nicht ad absurdum führt, dann kann sich jede Wissenschaft so lange halten wie die Scholastik im Mittelalter, bzw. sie kann sich dann von innen heraus nicht erneuern. Es ist dann Aufgabe der Politik eine öffentliche Debatte anzustoßen, bei der mal Tacheles geredet und Konsequenzen gezogen werden.
Wie man ähnlich harte Mechanismen auch in der universitären Lehre einführt, wurde bereits öfters erläutert. Man veröffentlich zu jeder Fakultät anonymisiert die Anzahl der Studenten, die ein Jahre nach Beendigung des Studiums einen Job gefunden haben und den Durchschnittsverdienst. Dann hat man einen Anhaltspunkt, ob eine Umstrukturierung, mehr Geld für andere Studiengänge oder Umschichtung zu Universitäten mit höherer Leistung, nicht angesagt ist.
Die Sache mit der "Grundlagenforschung" relativiert Alfred Marshall dann wieder. Zwar will er, in Abgrenzung zu den meisten anderen Autoren, die das Fach als Politische Ökonomie bezeichnen (Political economy: Adam Smith, David Ricardo), Economie Politique (Léon Walras), Economia Politica (Vilfredo Pareto) das Fach zutreffender mit economics bezeichnen, da der Begriff Politik eine Nähe zu anderen gesellschaftlichen Phänomenen nahelegt, die er erstmal vermeiden will, andererseits plädiert er aber gerade für die Öffnung zu anderen Bereichen des sozialen Lebens.
Economics is thus taken to mean a study of the economic aspects and conditions of man's political, social and private life; but more especially of his social life. The aims of the study are to gain knowledge for its own sake, and to obtain guidance in the practical conduct of life, and especially of social life. The need for such guidance was never so urgent as now; a later generation may have more abundant leisure than we for researches that throw light on obscure points in abstract speculation, or in the history of past times, but do not afford immediate aid in present difficulties. | In diesem Sinne ist Ökonomie ein Studium der ökonomischen Aspekte und Bedingungen des politischen, sozialen und privaten Lebens; vor allem aber des sozialen Lebens. Das Ziel der Forschung ist die Generierung von Wissen um seiner selbst willen und Richtlinien herauszuarbeiten für die Lebensführung, speziell im Bereich des sozialen Lebens. Der Bedarf solcher Richtlinien war noch nie so dringend wie heute. Ein spätere Generation mag mehr Muse für Studien haben, die abstrakte Spekulationen, abgelegene Themen oder die Geschichte vergangener Zeiten beleuchten, aber zur Lösung gegenwärtiger Probleme nichts beitragen. ebenda |
Wenn er aber das Problem anspricht, dass sich die Wirtschaftswissenschaften in abstrakten Spekulationen verlieren, die nichts zur Lösung konkreter Probleme beitragen, dann ist kaum anzunehmen, dass er von einer theoretischen Möglichkeit spricht. Warscheinlicher ist, dass er ein Phänomen anspricht, das ihm bekannt war. Man darf annehmen, dass sich die Spitze gegen Léon Walras richtet, der tief betrübt war ob der Tatsache, dass Alfred Marshall ihn schlicht ignoriert hat.
Vilfredo Pareto beschäftigt sich weniger mit der Frage der Abgrenzung der Ökonomie von andere Wissenschaften. Ausschlaggebend für ihn ist die Frage, wieweit ein Phänomen untersucht werden muss, um zu einer definitiven Aussage zu kommen. Zwischen Gesetzen im Sinn der Naturwissenschaften und Gesetzen im Sinne der Sozialwissenschaften unterscheidet er prinzipiell nicht. Bei beiden muss es eine Tendenz geben, einen regelhaften Zusammenhang, andernfalls verneint er schlicht, dass man sich damit wissenschaftliche beschäftigten kann. Die Methodendiskussion also solche hält er dann für überflüssig.
Discussioni sul "metodo" dell' economia politica riescono ad un mero perditempo. Scopo della scienza è di conoscere le uniformità dei fenommeni, e quindi giova seguire ogni qualsiasi via, ogni qualsiasi metodo, che conduca allo scopo. Alla prova solo si riconoscono i metodi buoni e i cattivi. Quello che ci conduce allo scopo è buono, sin tanto almeno che se ne trovi uno migliore. La storia ci è utile in quanto che estende nel passato l' esperienza del presente, e supplisce agli esperimenti che non si possono fare; onde è buono il metodo storico; ma è pure buono il metodo deduttivo, o induttivo, che si volge ai fatti del presente. Dove basta, nelle deduzioni, la logica usuale, si accetta senz' altro; e dove non basta, si sostituisce, senza alcun scrupolo colla matematica. Inoltre se un autore preferisce un metodo ad un altro, non lo crucieremos su ciò; ad esso unicamente chiediamo di farci conoscere leggi scientifiche; giunga poi come vuole alla meta. | Diskussionen über die 'Methode' der Ökonomie laufen auf eine Zeitverschwendung hinaus. Das Ziel einer Wissenschaft ist es, die Einheitlichkeit der Phänome zu erkennen und deshalb nützt jeder Pfad, jede Methode, die zum Ziel führt. Durch den Test wird man dann die guten von den schlechten Methoden unterscheiden. Der, der zum Ziel führt, ist gut, zumindest solange, wie man keinen besseren findet. Die Geschichtswissenschaft ist insofern nützlich, weil sie die Erfahrung der Gegenwart in die Vergangenheit ausdehnt und so die Experimente ersetzt, die man nicht machen kann. Deshalb ist die historische Methode gut. Aber auch der deduktive Weg ist gut, oder die Induktion, die auf die Fakten, die die Gegenwart liefert angesetzt wird. Wo die gewöhnliche Logik in der Form der Deduktion genügt, kann man sie ohne weiteres akzeptieren und wo sie nicht genügt, kann man sie ohne Skrupel durch die Mathematik ersetzen und wenn ein Autor die eine Methode der anderen vorzieht, dann wird er uns deshalb nicht betrüben. Das einzige war wir verlangen ist, dass er uns wissenschaftliche Gesetze lehrt; mag er diese erlangen wie er will. aus: Vilfredo Pareto, Manuale di Economia Politica, Principii Generali, § 35 |
"Scopo della scienza è di conoscere le uniformità dei fenommeni, e quindi giova seguire ogni qualsiasi via, ogni qualsiasi metodo, che conduca allo scopo." Da spricht er wohlt ein großes Wort, allzu gelassen aus. Es ist eben nicht nur das Ziel der Wissenschaft, allgemeingültige Zusammenhänge zu ermitteln. Das geht relativ leicht. ("Je dunkler es ist, desto schlechter sieht man.") Die Aussagen müssen eben auch relevant sein. Eigentlich interessieren wir uns nicht die Bohne für allgemeingültige Aussagen, wir interessieren uns für relevante Aussagen. Ein Molekularbiologe, der eine EINZIGE Pflanze mit einer speziellen Methode genetisch so verändern kann, dass sie eine essentielle Aminosäure produziert, interessiert uns unter Umständen mehr, als ein Biologe, der feststellt, dass die meisten Blätter grün sind.
Der Autor würde auch nicht versuchen, ökonomische Thesen anhand geschichtlicher Fakten zu beweisen, denn anhand geschichtlicher Fakten, beweist der Autor schlicht jede These. Damit beweist er, dass technischer Fortschritt zur Arbeitslosigkeit führt, wie auch die These, dass technischer Fortschritt Arbeitsplätze schafft. Damit beweist er, dass eine größere Sparquote zu einem höheren Wachstum führt, wie auch die These, dass eine höhere Sparquote das Wachstum mindert. Damit beweist er, dass niedrige Zinsen zu einer Überinvestition führen, wie auch die These, dass niedrigere Zinsen zur Vollbeschäftigung führen. Geschichte lehrt uns eigentlich nur eines: Alles, was die Menschheit für stabil hält, zeigt sich im historischen Ablauf ziemlich instabil.
Eines der schönsten Beipiele hierfür ist David Ricardo. Er geht von Prämissen aus, die er aus der Erfahrung seiner Zeit als stabil ansehen musste. Tatsächlich war aber hiervon nichts stabil. Die historischen Fakten haben Ricardo dazu veranlasst zu glauben, dass die Bevölkerung immer zunimmt, der Lohn auf dem Existenzminimum verharrt und die Bodenrente zu Lasten des Profits sich immer größer wird. Aus der Geschichte können wir also nur sehr wenig Lehren ziehen.
Wir bezweifeln auch, dass Pareto irgendwelche Lehren aus der Geschichte gezogen hat, wie wir später noch sehen werden, siehe Soziologie. Für seine zahlreichen Interpretationen geschichtlicher Zusammenhänge fehlt die Quelle.
Il femminismo è malattia che può solo appicarsi ad un poplo ricco o alla parte ricca di un popolo povero. Col crescere della ricchezza, nella Roma antica, crebbe il mal costume delle donne; se certe ragazze moderne non avessereo i quattrii necessari per portare in giro l'ozio e la concuspiscenza loro, i ginecologhi avrebber meno lavoro. | Der Feminismus ist eine Krankheit, die nur ein reiches Volk oder den reichen Teil eines armen Volkes befallen kann. Im alten Rom wuchs mit dem Reichtum auch die Unsitte der Frauen. Hätten bestimmte moderne Mädchen nicht das nötige Geld, um ihre Muße und Wollust auszuleben, hätten die Gynäkologen weniger Arbeit. aus: Vilfredo Pareto, Manuale di Economia Politica, La Popolazione , § 54 |
Nun ist die Ökokaste ja größtenteils eine Ansammlung schlichter Gemüter, studierend wie dozierend, der Autor könnte wahrscheinlich ein Buch schreiben über Witze auf Dorfdepp Niveau. Es wird also relativ schwierig, die Jungs und Mädels davon zu überzeugen, dass es manchmal auch sinnvoll sein kann, sich zu überlegen, wer derjenige eigentlich tatsächlich war, dessen Theoreme man jahrein-jahraus unters Volk bringt. Sie können aber getrost damit rechnen, dass das Internet zu jedem Zeitpunkt Wotans Hammer zum schwingen bringt und das Grinsen erstarrt. Wir gehen auf das Thema nochmal ein, wenn wir uns mit der Soziologie Paretos beschäftigen. Die Eliminierung des Pareto Hokuspokus aus den Lehrbüchern wäre ein echter Fortschritt, der leicht zu bewerkstelligen ist.
Ob es sich also bei den "Gesetzen" der Wirtschaftswissenschaften um Gesetze im Sinne der Naturwissenschaften handelt, wird bei den Autoren der Neoklassik äußerst kontrovers diskutierte. Wer mit diesem Satz von Carl Menger, das ist der Tieflieger unter den Neoklassikern, nicht viel anzufangen weiß, der wird bei Léon Walras belehrt. (Die Orthographie und die Sprache ist bei Menger ein bisschen merkwürdig und auch nicht allein aus der Zeit zu erklären.)
Zu welchen Resultaten uns die obige Methode der Forschung geführt hat und ob es uns gelungen ist, durch den Erfolg darzuthun, dass die Erscheinungen des wirthschaftlichen Lebens sich strenge nach Gesetzen regeln, gleich jenen der Natur, dies zu beurtheilen ist nun Sache unserer Leser. Verwahren möchten wir uns nur gegen die Meinung Jener, welche die Gesetzmässigkeit der volkswirthschaftlichen Erscheinungen mit dem Hinweise auf die Willensfreiheit des Menschen läugnen, weil hiedurch die Volkswirthschaftslehre als exacte Wissenschaft überhaupt negirt wird. aus: Carl Menger, Grundsätze der Volkswirtschaftslehre, Vorrede |
Er hat denselben Knoten im Hirn, der auch für die heutige Ökokaste charakteristisch ist. Ob die Volkswirtschaftlehre eine exakte Wissenschaft ist oder nicht, interessiert uns nicht die Bohne. Exakte Aussagen zu irrelevanten Prozessen oder die exakte Beschreibung von Trivialitäten interessieren uns nicht. Ob das Volkseinkommen durch eine bessere Organisation des Bildungswesens um 2 oder 6 Prozent gesteigert werden kann, ist uns eigentlich egal, wenn die einzige Alternative das sinnfreie Hin- und Herschieben von Kurven ist, die das Volkseinkommen um 0 Prozent steigen läßt.
Also bei Carl Menger, da ist er einzigartig auf weiter Flur, haben die 'Gesetze' der Ökonomie den gleichen Rang, wie Naturgesetze. Bei Alfred Marshall sind es eher Tendenzen, bei Vilfredo Pareto haben sie zwar den gleichen Rang wie Naturgesetze, aber schon die Naturgesetze sieht er relativ, für ihn ist lediglich ausschlaggebend, ob sich eine Regel erkennen lässt. Hinsichtlich der Aussage, dass derjenige, der die Gültigkeit der Naturgesetze negiert und dies mit der Willensfreiheit des Menschen begründet und damit die Volkswirtschaft als exakte Wissenschaft negiert, gibt es nun gleich mehrere Probleme. Das erste Problem ist, dass die Aussage, auf die er abzielt, von Léon Walras höchstpersönlich stammt. (Nota bene: Bei Léon Walras feiert die mathematische Modellierung Hoch-Zeit. Er macht also das exakte Gegenteil dessen, was er auf den ersten Seiten ankündigt.)
Or, tout d'abord, les faits qui se produisent dans le monde peuvent être considérés comme de deux sortes : les uns ont leur origine dans le jeu des forces de la nature qui sont des forces aveugles et fatales ; les autres prennent leur source dans l'exercice de la volonté de l'homme qui est une force clairvoyante et libre. Les faits de la première espèce ont pour théâtre la nature, et c'est pourquoi nous les appellerons faits naturels ; les faits de la seconde espèce ont pour théâtre l'humanité, et c'est pourquoi nous les appellerons faits humanitaires. A côté de tant de forces aveugles et fatales, il y a dans l'univers une force qui se connaît et qui se possède : c'est la volonté de l'homme. Peut-être cette force ne se connaît-elle et ne se possède-t-elle pas autant qu'elle le croit. C'est ce que l'étude de cette force peut seule apprendre. Pour le moment, peu importe : l'essentiel est qu'elle se connaît et se possède au moins dans certaines limites, et cela fait une différence profonde entre les effets de cette force et les effets des autres forces. Il est clair que, quant aux effets des forces naturelles, il n'y a rien autre chose à faire qu'à les reconnaître, les constater, les expliquer, et que, quant aux effets de la volonté humaine, au contraire, il y a lieu d'abord de les reconnaître, de les constater, de les expliquer, puis ensuite de les gouverner. Cela est clair puisque les forces naturelles n'ont pas même conscience d'agir, et, bien moins encore, ne peuvent agir autrement qu'elles ne font, et puisque la volonté humaine, au contraire, a conscience d'agir et peut agir de plusieurs manières. Les effets des forces naturelles seront donc l'objet d'une étude qui s'appellera la science pure 'naturelle' ou la science proprement dite. Les effets de la volonté humaine seront l'objet 'd'abord d'une étude qui s'appellera la science pure morale ou l’histoire, puis ensuite d'une étude qui s'appellera d'un autre nom, soit l'art, soit la morale, comme nous le verrons tout à l'heure. Ainsi se justifie déjà la distinction de Ch. Coquelin entre la science et l'art (§ 10). L'art « conseille, prescrit, dirige » parce qu'il a pour objet les faits qui prennent leur source dans l'exercice de la volonté de l'homme, et que la volonté de l'homme étant, au moins jusqu'à un certain point, une force clairvoyante et libre, il y a lieu de la conseiller, de lui prescrire telle ou telle conduite, de la diriger. La science « observe, expose, explique » parce qu'elle a pour objet des faits qui ont leur origine dans le jeu des forces de la nature, et que les forces de la nature étant aveugles et fatales, il n'y a pas autre chose à faire à leur égard qu'à les observer et à en exposer et en expliquer les effets. | Zuerst einmal kann bei allem, was sich auf der Erde zuträgt, zwischen zwei Sachverhalten unterschieden werden. Die einen haben ihre Ursache in den Kräften der Natur, Kräfte die blind und unausweichlich sind. Die anderen haben ihren Ursprung im Willen des Menschen, welche eine zur Einsicht fähige und freie Kraft ist. Die Kräfte der ersten Sorte haben die Natur als ihr Theater, deswegen nennen wir sie Naturgesetze. Das Theater der zweiten ist die Menschheit, deswegen nennen wir sie die humanen Gesetze. Neben den vielen blinden und fatalen Kräften, gibt es also auch noch eine bewusste und beherrschte Kraft: Das ist der Wille des Menschen. Vielleicht ist man sich dieser Kraft nicht so bewusst und beherrscht sie auch nicht so, wie man glaubt, doch allein das Studium dieser Kraft, kann uns dies lehren, doch zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist dies gleichgültig. Entscheidend ist, dass sie sich ihrer zumindest bis zu einem gewissen Grade bewusst und beherrschbar ist und das unterscheidet die von dieser hervorgebrachten Resultate ganz wesentlich von den Resultaten der anderen Kräfte. Es ist klar, dass man bezüglich der Wirkungen der Naturgesetze nichts tun kann, als sie anzuerkennen, sie festzustellen und zu erklären, wohingegen man hinsichtlich des menschlichen Willens sie zuerst durchschauen muss, dann beschreiben und erklären, um sie schließlich zu beherrschen. Dies ist offensichtlich, denn die Naturkräfte sind sich ihrer Handlungen nicht mal bewusst, wohingegen die menschlichen Handlungen bewußt vollzogen werden und deshalb auch verschieden sein können. Die Resultate der Naturkräfte sind also das Forschungsobjekt der reinen Wissenschaft, oder der Naturwissenschaft oder einfach der Wissenschaft. Die Resultate des menschlichen Willens sind Gegenstand einer Wissenschaft, die wir Wissenschaft von der Moral oder Geschichte nennen, oder, nach eingehendem Studium, Kunst oder Moral, wie wir gleich sehen werden. Das ist es schon, was die von Ch. Coquelin gemacht Unterscheidung zwischen Wissenschaft und Kunst ausmacht (§ 10). Die Kunst "berät, verordnet, leitet", denn ihr Objekt sind die Fakten, die ihren Ursprung im menschlichen Willen haben, und da der menschliche Wille, zumindest bis zu einem gewissen Grad, eine mit Verstand begabte und freie Kraft ist, kann man sie beraten, ihr diese oder jene Handlung nahelegen und sie leiten. Die Wissenschaft "beobachtet, stellt dar und erklärt", denn ihr Objekt sind die Fakten, die ihren Ursprung in der Natur haben und da die Naturkräfte blind und unbeeinflußbar sind, kann man, was diese betrifft, nichts anderes tun, als sie darzustellen und ihre Wirkungen zu erklären. aus: Léon Walras, Eléments d’économie politique pure, Distinction entre la science, l'art et la moral |
Damit dürfte er wahrscheinlich noch viel mehr Recht haben, als er sich das dachte. (Auch wenn er hieraus nicht die Schlüsse gezogen hat, die zu ziehen gewesen wären, siehe Léon Walras.) Tatsächlich spielen die sogenannten ökonomischen Gesetze überhaupt keine Rolle. Was logischerweise eine Rolle spielt, sind technische Zusammenhänge, also das was Carl Menger in einem Maximum an Verquastheit die 'Causalität' nennt. Hinsichtlich der anderen mit maximalem Aufwand abgeleiteten 'Gesetze' der Neoklassik besteht das Problem darin, dass man ihre Gültigkeit manchmal ex post feststellen, aber nicht ex ante prognostizieren kann. Wir hätten keine einzige Firmenpleite zu verzeichnen, wenn es irgendeine Möglichkeit gäbe, ein Marktgleichgewicht vorauszusagen.
Die Neoklassik trägt zur Erklärung der real existierenden Marktwirtschaft nichts bei, sie teilt aber überwiegend mit dem Marxismus die fixe Idee an eine sich gesetzesmäßigen vollziehenden Entwicklung, wobei im Orginal, siehe Zitate oben, die Angelegenheit stark relativiert wird. Alles Grundlegende zur Erklärung der marktwirtschaftlichen Ordnung hat Adam Smith bereits gesagt. Den Orginalen kann man die Probleme nicht ankreiden, die sind, zumindest was Alfred Marshall angeht, schwer austariert. Dass Wirtschaft eben keine naturgesetzlich waltenden Veranstaltung ist, sondern sich innerhalb eines von Menschen gemachten Rahmens bewegt, der jederzeit verändert werden kann und jederzeit verändert wird, hat Léon Walras ganz klar gesehen. Er gibt aber auch einen Grund, warum manche Leute das partout nicht sehen wollen. (Das merkwürdige an Léon Walras ist aber, dass er sein dubioses Marktgleichgewicht, dass er de facto aus der Analyse eines Tauschmarktes herleitet, als ein Gesetz verstanden wissen will.)
Ce qui a séduit les économistes dans cette définition, c'est précisément cette couleur exclusive de science naturelle qu' elle donne à toute l'économie politique. Ce point de vue, en effet, les aidait singulièrement dans leur lutte contre les socialistes. Tout plan d'organisation de la propriété était repoussé par eux a priori et, pour ainsi dire, sans discussion, non pas comme contraire à l' intérêt économique, ni comme contraire à la justice social, mais simplement comme combinaison artificielle se substituant aux combinaisons naturelles. | Was die Ökonomen an dieser Definition verführte [er bezieht sich auf eine Definition von Jean Baptiste Say, wo dieser, in der Meinung Léon Walras, ökonomische Gesetze mit Naturgesetzen gleichstellt] ist genau dieser exklusive Charakter der durch sie von den Naturgesetzen auf die ökonomischen Gesetze übertragen wird. Dieser Standpunkt half ihnen enorm in ihrem Kampf gegen den Sozialismus. Jeder Vorschlag einer Verteilung des Eigentums wurde, um es mal so zu sagen, von vorneherein von ihnen abgelehnt. Nicht etwa weil er gegen ökonomische Interesse verstoßen hätte oder weil er mit der sozialen Gerechtigkeit nicht in Einklag zu bringen gewesen wäre, sondern einzig allein deshalb, weil so künstliche Gedankenspiele die Gesetze der Natur ersetzt haben würden. aus: Léon Walras, Eléments d’économie politique pure, Définition de J.B. Say |
Das Bestreben, Theorien als objektive Gesetze darzustellen gibt es auf beiden Seiten. Sowohl bei den "bürgerlichen Ökonomen" wie auch im Marxismus und bis auf den heutigen Tag sieht natürlich eine Theorie viel objektiver und schicker aus, wenn sie mathematisch formuliert ist.
Wir werden noch sehen, siehe Karl Marx, dass das Geschwurbel mit den objektiven Gesetzen des Marxismus dem Hokuspokus den letzten Schliff verlieh.
Sollte der Hokuspokus staatstragend sein, musste er natürlich so gültig sein, wie das Gesetz, dass die Erde um die Sonne kreisen lässt oder so wahr, wie die Lehre von der Erbsünde. Soviel Ideologie braucht man der Ökokaste gar nicht unterstellen.
Es bleibt aber die Frage, wieso sie nun seit 50 Jahren denselben Quark erzählt und aus einer im Grunde sehr heterogenen, selbstreflektierenden Tradition sich eklektisch das zusammengesucht hat, was formal irgendwie nach "echter" Wissenschaft aussieht, wenn man die Herausbildung eines Kanons, feste Begrifflichkeiten, unerschütterliche Wahrheiten als Charakteristika "echter" Wissenschaft nimmt.
Bedauerlich dabei ist, dass wir uns mit dem Pareto Optimum, der Edgeworth Box, der Analyse von Marktgleichgewichten mittels der Produzenten- und Konsumentrente, mit den Grenzraten der Substitution, den Isonutzenkurven, dem Haushaltsoptimum und dem ganzen sonstigen Plunder der Lösung irgendeines relevanten Problems keinen einzigen Millimeter nähern.
Grundlagenforschung ist sicher ganz nett, aber nach 150 Jahren Wiederkäuen ist die Neoklassik in etwa so relevant wie die Scholastik des Thomas von Aquin.
Pareto Optimale Zustände und Kontraktkurven gibt es in Nigeria, in Bolivien, in Frankreich und auf dem Mond. Das ist mit Sicherheit beruhigend zu wissend, doch nützt es leider schlicht gar nichts. Bei knappen Ressourcen sollte man vielleicht jetzt mal darüber nachdenken, den Müll einzustampfen und Studiengänge zu entwickeln, die aufbauend auf anderen Studiengängen, Agrarwissenschaft, Biologie, Medizin, Ingenieurwissenschaften unter Einbeziehung der jeweiligen Länder konkrete Maßnahmen zur Lösung konkreter Probleme entwickeln. Dort werden dann auch die Jobs der Zukunft generiert.
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Hinsichtlich der Methoden ist das Paradigma der Volkwirtschaftslehre
im Allgemeinen, in der Neoklassik, die Physik.
Alfred Marshall nennt aber schon die Biologie
als Leitwisssenschaft, die eigentlich eine größere
Methodenvielfalt aufweist.
Der Begriffe Gesetz bedeutet nicht viel. Ein "Gesetz" kann aufgrund stabiler statistischer Zusammenhänge
formuliert werden oder aufgrund der Kenntnis eines
kausalen Zusammen-hanges.
In den Sozialwissenschaften ist die Formulierung von
Gesetzen umstritten, weil das, was gemessen wird, selber nur Ausdruck eines Resultats einer gesell-schaftlichen Entwicklung ist.