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2.2.1 Alles nur Meinung, oder was?

Der Eindruck, der in der Öffentlichkeit ensteht, dass es sich bei der Volkswirtschaft weitgehend um eine Meinungswissenschaft handelt, die Aussagen eines Ökonomen also im Grunde einen ähnlichen Stellenwert haben, wie die Ansichten eines Marcel Reich Ranickis über irgendein literarisches Werk, entsteht durch den Teil der VWL, der sich mit ordnungspolitischen oder makroökonomischen Fragen beschäftigt.

Bei ordnungspolitischen Fragen geht es um die Interaktion zwischen politischem System und wirtschaftlichem System, wobei man hier nochmal unterscheiden kann. Es kann erstens um die Frage gehen, welche Handlungsoptionen der Staat prinzipiell den Unternehmen zuweist, wie er sie also prinzipiell institutionell verankert und zweitens, inwieweit der Staat diskretionär in das wirtschaftliche Geschehen eingreift.

Bei der ersten Frage geht es also um grundsätzliche Entscheidungen, etwa, um die Fundamentalste zu nennen, ob die Wirtschaft marktwirtschaftlich oder planwirtschaftlich organisiert wird. Bei der zweiten Frage geht es um die Sinnhaftigkeit bzw. Sinnlosigkeit punktuellen Eingreifens des Staates, ob er also zum Beispiel ein Monopol, dass sich durch den Marktprozess ergibt, anschließend in seinen Handlungsoptionen einschränkt. Für die Makroökonomie, so wie sie in den Lehrbüchern steht, spielt die politische Ordnung keine Rolle. Auch in einer Diktatur kann der Staat die Geldmenge ausdehnen und die LM Kurve nach rechts oder links verschieben.

Ordnungspolitik ist wird im Bachelor / Masterstudiengang kaum noch behandelt.

  1. Der Grund dürfte wohl sein, dass dieser Bereich praktisch keinerlei berufliche Perspektiven eröffnet, so man denn lediglich, was der Fall ist, eine Verbindung zum kaufmännischen Bereich sieht, und nicht mathematisch modellierbar ist, denn die akademische Ökokaste präferiert grundstätzlich Themen und Aspekte, die irgendwie der mathematischen Modellierung zugänglich sind. Nicht die Relevanz ist maßgeblich bei der Auswahl der Themen, sondern die Möglichkeit bestimmte Methoden anzuwenden.

  2. Die Vertreter dieser Richtung, Hayek, Eucken, der Vwl beschäftigen sich mit dem Zusamenhang zwischen der Staatsverfassung und der Wirtschaftsverfassung. Sie betonen die, unstrittig vorhandenen, Vorzüge der freien Marktwirtschaft, die, auch wenn sie aus den oben genannten Gründen Defizite aufweist, bestimmte Probleme effizienter löst.

    1. Die freie Marktwirtschaft bietet die beste Informationsverarbeitung. Die Idee dahinter ist, dass der einzelne, als Unternehmer oder Konsument, nur die Informationen verarbeiten muss, die ihm ohne weiteres in seinem persönlichen Umfeld zugänglich sind, vor allem eben Preise.

      Der Hersteller von Fruchtsaft muss nicht wissen, dass der Preis für Polyethylen und damit der Preise für Kunststofflaschen gestiegen ist, weil die Nachfrage nach Erdöl, der Grundstoff für die Herstellung von Polythylen, gestiegen ist.

      Diese Zusammenhänge kann er auch gar nicht durchschauen. In einer Planwirtschaft müssten solche Zusammenhänge aber zentral für Tausende von Preisen berücksichtigt werden und ändern sich diese Preise, müssen Tausende von Produktionsprozessen neu durchdacht werden. Dem Unternehmer reicht es zu wissen, dass der Preis der Flaschen gestiegen ist. Er kann dann auf Kartons ausweichen. Auf der anderen Seite muss der Konsument nicht wissen, warum die Butter teurer geworden ist, um auf Margarine umzusatteln. Da jeder einzelne für sich optimal entscheidet, führt dies zur optimalen Faktorallokation (Probleme wie Umweltverschmutzung etc., bei der Kosten internalisiert werden müssen, lassen wir außen vor.)
    2. Würde man die Entscheidung, was, wie für wen produziert wird einer zentralen Stelle überlassen, hätten wir dort eine gnadenlose Anballung an Macht. Hinzu käme, dass diese Stelle auch noch mit der Informationsverarbeitung gnadenlos überfordert wäre, wir hätten also Macht ohne Kompetenz. Die lange Liste, die der Bund der Steuerzahler jährlich aufstellt und die Klagen der Rechnungshöfe der Länder und des Bundes haben ihre Ursache auch in einem systemischen Problem.
    3. Es deckt sich mit der Alltagserfahrung, dass Beamte nicht unbedingt den gleichen Einsatz bringen, wie die Leute, die ihr Geld in der freien Marktwirtschaft verdienen. Es gibt ja inzwischen Websites ohne Ende mit Beamtenwitzen.

      Wütend schlägt ein Beamter im Gartenbauamt eine Schnecke tot.
      "Warum hast Du das getan?" empört sich ein Kollege.
      "Das aufdringliche Ding verfolgt mich schon den ganzen Tag."

      Ein Beamter wird gefragt, warum er einen faulen Apfel isst. Meint dieser: "Als ich angefangen habe, war er noch gut..."

      Aber auch das, ist ein systemischer Fehler. Der Unternehmer, dessen Unternehmen kurz vor dem Abgrund steht und existentiell bedroht ist, arbeitet nun mal anders, als ein Beamter, bei dem es im Grunde völlig egal ist, ob er den Tag sinnfrei oder sinnvoll verbringt.
    4. Die freie Marktwirtschaft dämmt Macht ein. Unter idealtypischen Bedingungen, wenn sie nicht ideal sind, kann der Staat nach Maßgabe des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen eingreifen und die idealtypische Bedingung erzwingen, stehen Unternehmen zueinander in Konkurrenz, was durchaus günstig ist für den Kunden. Besteht keine Konkurrenz und die Preise sind "zu hoch", so werden eben genau diese hohen Preise andere Unternehmen anlocken.

Jetzt kommen wir zum eigentlichen Punkt. Der einzige, der am Spiel der freien Kräfte des Marktes nicht teilnimmt, ist der Staat selbst.

Seine Produkte unterliegen nicht der Kontrolle durch den Markt, wofür es höchst vernünftige Gründe geben kann. Würde man die Bildung der privaten Wirtschaft überlassen, dann hätte das alle möglichen komischen Effekte. Vermutlich würde die Bildung stark ökonomisch ausgerichtet werden. Das wird von Marktradikalen anders gesehen, siehe Milton Friedman. Wir kommen auf das Thema zurück.

Denn obwohl die Wirtschaft nur ein Instrument ist, verwechseln viele Leute das Instrument mit dem Endziel. Obwohl alle Leute gerne ins Kino und Theater gehen, sich Filme im Fernsehen anschauen, sind die meisten Eltern entsetzt, wenn Sohn oder Tochter Schauspieler werden will. Der Bub soll Elektroingenieur werden und die Tochter Ärztin. Aber doch nicht Schauspieler, oder noch grauenhafter: Schriftsteller !! Bücher gibt es doch bei Amazon, warum soll die jemand schreiben ??? (Mal als Nebenbemerkung: Deutsche verbringen 7 Stunden am Tag mit dem Konsum von Medien. Das ist also ein gigantischer Wirtschaftsfaktor. Und da Medien das Bewußtsein der Gesellschaft maßgeblich prägen, sollten Eltern ihre Einstellungen nochmal überprüfen. Wir brauchen dort qualifiziertes Personal.)

Des weiteren hätten wir eine tendenzielle Unterversorgung. Denn Mama und Papa glaubt immer, dass es vollkommen reicht, wenn Sohn und Tochter top ausgebildet sind und der Rest der Menschheit dumm ist wie bohnenstroh.

Mikroökonomisch ist das richtig, makroökonisch ist das Blödsinn. Was nützen die brillantesten Forschungsergebnisse im Bereich Medizin, wenn sie klinisch nicht zum Einsatz kommen, weil kein Mensch das bezahlen kann?

Der langen Rede kurzer Sinn. Die Marktwirtschaft ist lediglich ein Teil des Systems, bestimmte Aufgaben kann nur der Staat übernehmen und jetzt kommen wir zum eigentlichen Problem: In einem Teilbereich müssen wir Verhältnisse hinnehmen, die wir üblicherweise aus Planwirtschaften kennen, bzw. kannten, denn die Planwirtschaften sind ja inzwischen bis auf wenige Fälle ausgestorben. Die Probleme, die sich hieraus ergeben, haben wir schon des öfteren genannt: Assymetrie der Information, Machtanballung auf seiten des Staates, mangelndes Wissen und unklare Sachzusammenhänge.

Vor allem die ersten zwei Punkten werden nun von den Vertretern dieser Richtung, des Ordolibarlismus, ausgiebig bedauert und bejammert. Wir haben nun schon des öfteren erwähnt, dass das Internet hier die Balance wieder herstellen kann, vorausgesetzt, die Demokratie hat Subjekte, auch darüber wurde schon besprochen.

Wir werden später, wenn wir uns mit Hayek beschäftigen, noch sehen, dass dieser, im wesentlichen aufgrund der oben genannten Gründen den Einfluss des Staates auf ein Minimum heruntergeschraubt sehen will. Das Problem bei Hayek ist, dass er zwar die Probleme sieht, aber bedauerlicherweise nicht die Lösung. Richtig ist, dass staatliche Macht nur hinnehmbar ist, wenn sie transparent ausgeübt wird.

Falsch ist die Ansicht, dass allein mit marktwirtschaftlichen Mechanismen eine wirksame Kontrolle möglich ist. Eine Seite wie www.recht-eigenartig.de kann eine sehr wirksame Kontrolle ausüben und es muss kaum gesagt werden, dass man den Druck solange erhöhen kann, bis eine Leistung gezeigt wird, die zunehmend tendentiell mit einer unter marktwirtschaftlichen Bedingungen erbrachten Leistung vergleichbar ist.

Man sollte also meinen, dass die Vertreter dieser Richtung, also glühenden Anhänger Hayeks, überwiegend Freiheitskämpfer mit Pensionsberechtigung, die Piratenpartei als ihre natürlichen Verbündeten sehen, denn Transparenz und eine offene Diskussionskultur sind der zentrale Aspekt der Piratenpartei. Aber Pustekuchen. Wir haben ja keine Ahnung, wer Prof.Dr. Habermann ist, aber auf jeden Fall ist er wohl der Mitinitiator der Hayek Gesellschaft. Der argumentiert nun weitgehend frei drehend so:

"Die jungen Männer, die jetzt zum ersten Mal in ein Landesparlament - Berlin, mit 8,9 % - einzogen, beweisen dies.Es liegt ihnen vor allem daran, das Internet als eine Art moderner Allmende auszubauen: Sie möchten ein Recht auf die unentgeltliche, private Nutzung von Kopien (weswegen sie von der betroffenen Druckindustrie als Raubkopierer auch „Piraten“ gescholten wurden, woraus sie eine ironische Selbstbezeichnung machten), möchten darüber hinaus eine grundlegende Reform des Rechts an immateriellen Gütern, vor allem des Patentrechts, setzen sich gleichzeitig für einen wirksamen Datenschutz (gegen Vorratsdatenspeicherung, gegen die „elektronische Gesundheitskarte“) und für die Wahrung des „Kommunikationsgeheimnisses“ (als erweitertes Briefgeheimnis) ein, werben kräftig für Internetkommunikation als Bildungs- und Kommunikationsmittel für alle, auch im ländlichen Raum: „niemand darf zurückgelassen werden“. Alle Inhalte, die mit öffentlicher Förderung erarbeitet wurden, sollen auch frei zugänglich sein (statt Lizenzen, Gebühren, Anträge). Der Zugang und die Nutzung des Internets sozusagen als Volkseigentum."

aus: www.hayek.de

Es sei konzediert, dass man mit einzelnen Beispielen selten etwas beweisen kann. Man kann aber immerhin beweisen, dass in diesem unseren Lande Leute Professor werden können, die nur sehr wenig Nutzwert stiften können. Das Recht auf die unentgeltliche Privatkopie gibt es bereits (§ 53 Absatz 1 Satz 1 UrhG). Das können die Piraten also gar nicht mehr fordern.

Der Name Piraten leitet sich ab von dem Etiquettierung der Filesharer durch die Musik und Filmindustrie. Die "Druckindustrie" hat damit gar nichts zu tun, der Druckindustrie ist das im übrigen völlig egal, betroffen sind höchstens die Verleger, das aber auch nur sehr eingeschränkt, da es bei der Diskussion um Urheberrechte ganz überwiegend um Musik und Filme geht.

Das Patentrecht wollen die Piraten prinzipiell gar nicht verändern, hier wird im Gegenteil gefordert, die Fristen des Urheberrechts an die Fristen des Patentrechts anzupassen (20 Jahre beim Patent, aber 70 Jahre beim Urheberrecht). Ähnlich wie die Pirtaten argumentiert auch das Max Planck Institut für Rechtswissenschaften.

Die Piraten setzen sich auch nicht ein für ein "Kommunikationsgeheimnis" als erweitertes Briefgeheimnis, weil das gar nicht zur Debatte steht. Genau wie für postalisch verschickte Sendungen gilt auch für die digitale Kommunikation erstmal Artikel 10 Abs. 1 Grundgesetz.

Die Vorratsdatenspeicherung, also die Erfassung der Verkehrsdaten der elektronischen Kommunikation durch staatliche Stellen ohne Anfangsverdacht wurde vom Bundesverfassungsgericht am 2. März 2010 für verfassungswidrig erklärt. Also das ist auch nicht gerade eine besonders orginelle Position der Piratenpartei.

Der nächste Punkt ist dann richtig. Die Piratenpartei wirbt für die Etablierung komplexer e-learning Programme um so die Chancengleichheit aller Menschen auf dem Globus zu erhöhen. Das macht auch die infos24 GmbH mit ihren Sprachportalen. Damit hat sie 1 Million Besucher pro Monat und ermöglicht es Leuten im entferntesten Winkel der Welt, eine Sprache zu erlernen.

Dafür erhalten wir dann täglich dankbare emails aus allen Regionen dieser Welt.

Das Problem mit den öffentlich rechtlichen Sendern hat er auch noch nicht so richtig verstanden. Die öffentlich, rechtlichen Sender wollen alle ihre Inhalte unbegrenzt im Internet anbieten. Dagegen haben die privaten Medien geklagt, mit dem Ergebnis, dass die Inhalte der öffentlich rechtlichen Sendner nur noch für eine begrenzte Zeit im Internet gehalten werden. Das gleiche Problem gibt es mit der Tagesschau app.

Die Piraten und die öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten kämpfen da auf der gleichen Seite, um Lizenzen, Gebühren, Anträge geht es gar nicht.

Der letzte Satz ist dann endgültig frei drehend. Die Backbones des Internets werden privat finanziert. Der Kunde zahlt an den Access Provider und der zahlt wiederum die Backbones. Diese Kosten sind aber so niedrig, 15 Euro im Monat für eine Flatrate, dass es kein Thema ist, auch nicht bei den Piraten.

Eine Diskussion gibt es nur bei der CDU / CSU. Die wollen die Telekommunikationsgesellschaften zwingen, ihr Angebot in ländlichen Gebieten zu erhöhen. Die rechtliche Grundlage hierfür ist Artikel 87 f GG.

Es sieht so aus, dass bei manchen Anhängern des Ordoliberalismus der Weg in die Knechtschaft, dies ist der Titel des bekanntesten Werk von Hayek, schon mit den Vätern des Grundgesetzes begann. In dem Stil geht dann der ganze Artikel weiter. Zusammenfassend kann man sagen, der Mann hat einfach keine Ahnung, aber das ist gar nicht der interessante Punkt.

Der interessante Punkt ist, dass die Vertreter dieser Richtung zwar zwei Probleme benennen, die sogar relevant sind, bei der Lösung dieser Probleme allerdings sich in Geraune verlieren. Sie greifen tief in die Geschichte, so tief dass die historischen Fakten nur noch Schemenhaft erscheinen und in dieser historischen Ferne irgendwie alles mit allem verschmilzt.

Nun ist der Autor dieser Zeilen ja tatsächlich unter anderem auch ausgebildeter Historiker und bei manchen Aussagen Hayeks stehen einem schon die Haare zu Berge. In seinem Werk Wege in die Knechtschaft beschäftigt er sich ausführlich mit allen Sünden des Sozialismus. Meistens hat er hierbei sogar recht, unabhängig von der Frage, ob man für die Darstellung solcher im Grunde trivialen Zusammenhänge unbedingt 295 Seiten verbraten muss.

Im übrigen ist sein Argumentationsmuster aber ein bisschen einseitig. Immer dann, wenn ein Problem marktwirtschaftlich nicht gelöst werden kann, und dafür gibt es tausend Beispiele, vermutet er einen Weg in Knechtschaft, weil der Staat dann Ressourcen an sich reisst.

Vermutlich ist die einzige Ressource, die der Staat an sich reissen darf ohne dem Verdikt zu verfallen, in die Knechtschaft führen zu wollen, die, die er braucht um Professorengehälter zu bezahlen.

Die USA, insbesondere zu Regierungszeiten der Republikaner, vor allem unter Reagan, entsprechen wohl am ehesten den Vorstellungen Hayeks und seiner Jünger, was prinzipiell zeigt, dass es keine Garantie dafür gibt, dass die perfekte Ordnung im Sinne Hayeks diese perfekte Ordnung auch exportiert, was ja naheliegen würde.

Die gesamte Literatur über den kalten Krieg, die zu durchaus differenzierteren Ergebnissen kommt, scheint er nicht zu kennen, aber es fällt nicht schwer Beispiele zu finden, wo der Weg in die Knechtschaft nicht von sozialistischen Staaten organisiert wurde. Wir kommen später, wenn wir uns mit Hayek beschäftigen, darauf zurück, insbesondere auf dessen Rolle in Chile und dessen Verbindung zu Pinochet. Wir könnten natürlich auch die Unterstützung der USA für die Batista Diktatur in Cuba nennen, die Unterstützung des Somoza Regimes in Nicaragua, die Rolle der United Fruid Company in Guatemala etc. etc.. Es ist von daher nicht verwunderlich, dass die öffentliche Meinung in Südamerika öfter Mal im Kapitalismus einen Weg in die Knechtschaft sieht.

Hayeks System ist wohl flexibel genug, da ähnelt sein Gedankengebäude dem Christentum, um mit der Realität nicht in Konflikt geraten zu können. Die Unterstützung der Contra Rebellen in Nicaragua unter der Regierung Ronald Reagans, die Zehntausenden von unbeteiligten Zivilisten das Leben kostete und letztlich 1986 zu einer Verurteilung der USA durch den Internationalen Gerichtshof in Den Haag führte, kann man durchaus als Beispiel dafür sehen, dass ein im Sinne Hayeks ideale Ordnung in die Knechtschaft führt, wenn es auch die anderen sind, die diesen Weg gingen, bzw. im Falle Nicaraguas, gehen sollten. (näheres Nicaragua Contras).

Aber auch das interessiert eigentlich nur am Rande. Wirklich interessant ist, dass das Internet, das eine Lösung für die zwei tatsächlich vorhandenen Probleme bietet, von den Adepten dieser Richtung nicht aufgegriffen wird. Wir vermuten, dass diese Jungs und Mädels ganz prinzipiell wenig von Demokratie halten. Wir kommen darauf noch zurück, siehe eine Spielart der Totalitarismustheorie.

Wir vermuten, die Adepten dieser Richtung sind etwas altersschwach, kämpfen jetzt noch eine zeitlang längst geschlagene Schlachten aber kriegen von der Gegenwart nicht mehr allzuviel mit.

Diese längst geschlagenen Schlachten werden von X Gesellschaften dieser Art nochmal durchgekämpft, Hayek Gesellschaft, Walter Eucken Institut, Initiative freie Marktwirtschaft, Friedrich Naumann Stiftung etc. etc.. Teilweise dienen diese ganzen Vereine, Clubs, think tanks, Interessensvertretungen wohl auch als Auffangbecken für arbeitsloser Volkswirte. Ganz im Sinne de Ordoliberalismus wüssten wir natürlich gerne, ob die Staatsknete abgreifen, denn wenn Staatsknete in dubiose Kanäle versickert, ist das ein Weg in die Knechtschaft.

Aber da vermuten wir dann, dass das zuviel Ordoliberalismus auf einmal ist. Und überhaupt Unis und Ordoliberalismus. Also so ganz konkret. Nicht mehr als Objekt der Betrachtung, sondern als Subjekt. Ne, ne, das geht gar nicht. Das Problem bei dieser Clique ist, wie zum Beispiel bei diesem Artikel, Vereinigtes Europa der Narren (der Autor ist strammer Anhänger Hayeks), dass durch die Undifferenziertheit der Aussagen, auch das untergeht, was eigentlich richtig ist. Und natürlich haben wir hier ein Grundproblem. Der Autor des Artikels, also der freundliche Herr Weede, ist natürlich Professor. Er leiert dann alle Argumente des Ordoliberalismus runter, siehe oben, geriert sich als Kämpfer für Innovation, Wettbewerb, Steuersenkung etc. etc.. Das ganze Programm einschließlich die faulen Empfänger von Transferleistungen, die mangelnde Arbeitsdisziplin bildungsferner Schichten etc. etc..

Wir hingegen glauben, dass er mehr geleistet hätte, wenn er auf sein Professorengehalt, also eine Transferleistung, verzichtet hätte und ganz im Sinne des Ordoliberalismus ein Unternehmen gegründet hätte, das Arbeitsplätze schafft. Schwätzer und Professoren gibt es nämlich mehr als Unternehmer. Das ist das Problem.

Den Kern des zweiten Teiles der Vwl bildet die Mikro- und Makroökonomie. Die Mikroökonomie, sowie wir sie heute in den Lehrbüchern finden, ist eine eklektische Sammlung verschiedener Konzepte von Autoren, die der Neoklasik zugerechnet werden. Wie sinnreich diese Subsumierung unterschiedlicher Autoren unter einem Begriff ist, werden wir noch erörtern. Siehe Neoklassik.

Die Mikroökonomie hat hierbei sehr viele Anknüpfungspunkte an die BWL, insbesondere Marketing bedient sich üppig aus dieser Quelle, aber auch die Kosten- und Leistungsrechnung. Die Mikroökonomie ist selten, um nicht zu sagen nie, Gegenstand öffentlicher Debatten. Das liegt schlicht daran, dass sie zu Themen, die die Menschheit interessieren, schlicht nichts zu sagen hat, siehe Neoklassik. Was heute in der öffentlichen Debatte als Neoklassik diskutiert wird, ist eigentlich Marktradikalismus à la Milton Friedman. Wir werden noch sehen, dass die Neoklassik methodisch sehr stark ihrem vermeintlichen Gegenspieler, dem Marxismus, ähnelt. Die Art der Modellierung suggeriert Planbarkeit der wirtschaftlichen Prozesse und Entwicklung, die marktwirtschaftliche Ordnung rechtfertigt sich aber dadurch, dass diese Planbarkeit eben nicht gegeben ist. Man kann die marktwirtschaftliche Ordnung nicht als mathematisch planbar beschreiben, weil dann das Problem eliminiert wird, das sie lösen soll. Cum grano salis: Sie würde dann ein Problem lösen, das de facto gar nicht existiert. Siehe auch Sinnhaftigkeit der mathematischen Modellierung.

Der Gegenstand der neoklassischen Theorie tangiert selten wirtschaftliche geschweige denn wirtschaftspolitische Fragestellungen. Sie widmet sich mehr der Beschreibung einer Parallelwelt. Der einzige Fall, der dem Autor einfällt, wo Überlegungen aus der Mikroökonomie staatliches Handeln betreffen, ist das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Warum man Monopole unter staatliche Aufsicht stellt, erschließt sich dem gesunden Menschenverstand, und auch den Juristen, die dieses Gesetz anwenden, nur grob. Das Problem lässt sich mit Hilfe der Mikroökonomie, zumindest theoretisch, etwas genauer beschreiben, auch wenn das Gesetz gegen Wettbewerbsbschränkungen letztlich den Monopolisierungsgrad völlig anders misst.

Klar ist, dass der Monopolist ein Schwein ist, das verstehen wir alle. Klar ist aber auch, dass auch ein Monopolist für ein Kilo Kartoffeln keine 10 000 Euro haben will, dann würde er nämlich nix mehr verkaufen. Das ist einsichtig. Entweder würden die Leute auf was anderes umsteigen oder bei den Preisen aussterben, auf jeden Fall hätte der Monopolist irgendwann keine Kunden mehr.

Für Null Euro würde er seine Kartoffeln allerdings auch nicht verkaufen, denn dann würde er ja nix mehr verdienen. Also irgendwo dazwischen liegt der optimale Preis, also optimal für den Monopolisten, denn das Schwein macht nur das, was ihm nutzt und frommt. Beim Polypolisten ist das anders. Er verlangt den Aldi Preis, das ist der Gleichgewichtspreis, also 1,20 Euro. Die Mikroökonomie kann zeigen, dass der Monopolist, die Ratte, immer mehr Knete haben will als Aldi, denn bei Aldi können die Leute zu Lidl gehen. Genauer: Der Monopolist wird die Produzentenrente zu Lasten der Konsumentenrente erweitern. Der gesamtwirtschaftliche Wohlfahrtsverlust entsteht durch eine Einschränkung der Menge. Konsumenten, die keine Kartoffeln kaufen, erhalten, naheliegenderweise, keine Konsumentenrente und Produzenten, die keine Kartoffeln verkaufen, keine Produzentenrente. Das ist naheliegend. Wir kommen darauf zurück, siehe kardinale und ordinale Nutzenmessung.

Die Mikroökonomie führt also zu recht klaren Ergebnissen, auch wenn die Ergebnisse nicht besonders relevant sind. Mit dem Modell der Mikroökonomie, also der Neoklassik, werden wir uns im Kapitel Neoklassik noch ausführlich beschäftigen.

Die Mikroökonomie entspricht weitgehend der Welt der Neoklassik. Über den Begriff Neoklassik an sich wird noch zu sprechen sein. Dass es sich bei der Neoklassik um ein geschlossenes Theoriegebäude handelt, kann man bestreiten. Faktisch gibt es zwischen den einzelnen Autoren, die man heute der Neoklassik zurechnet, kaum Gemeinsamkeiten. Zwischen Alfred Marshall, dem Intellektuellen unter den Neoklassikern und einem durchgeknallten Spinner wie Vilfredo Pareto, bestehen eigentlich keine Gemeinsamkeiten.

Der Autor hält die Übertragung von Konzepten aus der Mikrökonomie auf die Makroökonomie für unzulässig. Es ist ein Charakteristikum der Autoren der Neoklassik, dass sie im Grunde zwischen einer einzelwirtschaftlichen Betrachtung und einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung gar nicht unterschieden. Für sie stand fest, dass ein einzelwirtschaftlich sinnvolles Verhalten auch gesamtwirtschaftlich sinnvoll ist.

Das ist offensichtlich falsch, wie man unschwer sehen kann. Für den Einzelhaushalt mag sparen, verstanden als nicht konsumierter Anteil von Einkommen aus der Vergangenheit, sinnvoll sein und aus der mikroökonomischen Perspektive sorgt der Zins auch für ein Gleichgewicht, das Investitionsvolumen entspricht dem Sparvolumen, auf dem Kapitalmarkt. Gesamtwirtschaftlich allerdings stimmt es aus vielen Gründen nicht, insbesondere weil es der Geldmarkt ist, der das 'Sparvolumen' zur Verfügung stellt.

Der Unterschied zwischen Mikroökonomie und Makroökonomie ist nicht, wie man überall liest, dass die Mikroökonomie die Einzelwirtschaft betrachtet, Haushalt, Unternehmen, die Makroökonomie die Gesamtwirtschaft, also aggregierte Größen. Der Unterschied ist, dass ein mikroökonomisch sinnvolles Verhalten, makroökonomisch ziemlich sinnlos sein kann. Ließen sich die Ergebnisse der Mikroökonomie auf die Makroökonomie einfach übertragen, wie es der Neoklassik geschieht, wäre also ein Verhalten, das mikroökonomisch sinnvoll ist auch makroökonomisch sinnvoll, bräuchten wir die Makroökonomie gar nicht.


Infos und Anmerkungen:

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Ende der Fundamentaldiskussionen

Weniger Hayek, mehr Transparenz

 

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