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4.3. dynamische Wirtschaft

Der Begriff "schöpferische Zerstörung" stammt zwar nicht von Schumpeter selbst, erstmals verwandte Sombart diesen Begriff, dürfte aber für den Bekanntheitsgrad der Schumpeterschen Theorien maßgeblich verantwortlich sein. Der Begriff ist ein Beispiel für gutes Marketing.

Die Idee, dass irgendwelche Leute irgendwas zertrümmern, damit etwas neues entstehen kann, scheint die Leute irgendwie zu faszinieren, obwohl es nichts in der Realität gibt, was den Pathos des Begriffes rechtfertigen könnte, den im Grunde ist es höchstens eine qualitative Steigerung von alltäglichen Prozessen, egal wie sehr sich Schumpeter abmüht, dies zu bestreiten.

Es ist unstrittig richtig, dass der Otto Motor die Wirtschaft und die Gesellschaft tiefer verändert hat, als der Staubsauger mit Wasserfilter, das ändert aber nichts daran, dass der Otto Motor "lediglich" qualitativ und quantitativ die Bedeutung des Staubsaugers mit Wasserfilter bei weitem überragt.

Millionen kleine Innovationen haben dieselbe Wirkung wie eine Große. Wem der Vergleich zwischen Otto Motor und Staubsauger mit Wasserfilter zu heftig ist, der kann umsteigen auf Handy / Smartphone oder PC und Tablet PC.

Hat Steve Jobs mit dem Smartphone schöpferisch zerstört und so den wirtschaftlichen Kreislauf in völlig andere Bahnen gelenkt, oder hat er lediglich ein Produkt weiter entwickelt?

Ein weiteres Problem ist, dass es keine Erfindung gibt, die quasi aus dem nichts entsteht. Vor dem Telefon gab es den Telegraph, vor dem Handy das Telefon, vor dem Smartphone das Handy. Es ist egal, wie lange Jospeph Schumpeter sich abmüht, den "Führer" als neue Entdeckung zu präsentieren, das wird nichts.

Eher richtig ist, wie er feststellt, dass radikale technische Neuerungen von der Angebotsseite, nicht von der Nachfrageseite ausgehen, allerdings bestand bei den meisten epochalen Erfindungen kein Zweifel, dass das Angebot angenommen wird.

Die Probleme, die Carl Benz mit der Vermarktung seines Produktes hatte, ergaben sich aus der Tatsache, dass seine dreirädrige Kutsche einem Pferdegespann noch nicht eindeutig überlegen war. Hätte er gleich einen VW Golf hingestellt, wäre das Marketingproblem innerhalb einer Woche gelöst gewesen.

Dass jeder ein Handy kaufen wird, wenn er es sich leisten kann, war vollkommen klar. Anfänglich war es der Preis, der die Marktdurchdringung verhinderte.

Die anfänglich zögerlicher Akzeptanz von PCs lag daran, dass anfänglich noch nicht jeder verstanden hat, was man mit den Dingern anfangen kann. Als man Textverarbeitung damit machen konnte, war der Bann gebrochen.

Von daher ist auch die These, dass revolutionäre Innovationen von der Angebotsseite ausgehen nur bedingt richtig. Epochale Innovationen bergen auch ein enormes Risiko und dieses wird nur eingegangen, wenn die Marktaktzeptanz vollkommen klar ist. Würde es jemand schaffen, kleine solargetriebene, absolut sichere Familienzeppeline zu bauen, die automatisch ihren Weg finden und allen Hindernissen selbstständig ausweichen, die man direkt vor dem Balkon parken kann, das alles zum Preis von 5000 Euro und einer Geschwindigkeit von 180 km pro Stunde, besteht kein Zweifel, dass die Dinger weg gehen würden wie warme Semmel. (Würde er es dann noch schaffen, die Dinger nicht in Zigarrenform zu bauen, sondern flach, so dass man Solarmodule draufsetzen kann und die so gewonnene Energie zum Antrieb zu nutzen, dann würde er sogar die Welt revolutionieren.)

Diese spontanen und diskontinuierlichen Veränderungen der Bahnen des Kreislaufs und Verschiebungen des Gleichgewichtszentrums treten in der Sphäre des industriellen und kommerziellen Lebens auf. Nicht in der Sphäre des Bedarfslebens der Konsumenten der Endprodukte. Wo spontane und diskontinuierliche - ruckweise - Veränderungen in den Geschmacksrichtungen dieser letzteren auftreten, liegt eine plötzliche Veränderung der Daten vor, mit denen der Geschäftsmann zu rechnen hat, möglicherweise ein Anlass und eine Gelegenheit für andere als schrittweise Anpassungen seines Verhaltens, aber nicht schon solche andere Erscheinungen selbst.

aus: Joseph Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Das Grundphänomen der wirtschaftlichen Entwicklung

Schumpeter ist nun ein klarer Fall für die Ignoranz der Realität aus dem Geiste der Theorie. Da sein Hirn nun mal durch das "neoklassische" Geschwurbel vom Marktgleichgewicht vernebelt ist, ignoriert er die Realität schlicht. Das Phänomen ist zwar nicht neu, wir haben das auch bei Marx, siehe Karl Marx und bei der dozierenden Ökokaste, aber der Fall Schumpeter ist nun besonders krass.

In nur teilweisem Zusammenhang mit diesem Moment ist zweitens zu beachten, dass wir uns die Durchsetzung der neuen Kombination und das Entstehen ihrer Verkörperungen grundsätzlich niemals so vorzustellen haben, wie wenn sie ungenützte Produktionmittel in sich vereinigen. Es kann wohl sein und es wird dann als fördernder Umstand, also günstige Bedingung und selbst als Anlass der Durchdringung neuer Kombinationen erscheinen, dass gelegentlich arbeitslose Arbeitsmassen vorhanden sind, aber Arbeitslosigkeit in großem Ausmaß ist nur Folge welthistorischer Ereignisse - wie z.B. des Weltkrieges - oder eben der Entwicklung, die wir untersuchen. In keinem von beiden Fällen kann ihr Vorhandensein eine Rolle bei der prinzipiellen Erklärung spielen und in einem ausbalancierten normalen Kreislauf kann es sie nicht geben.

aus: Joseph Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Das Grundphänomen der wirtschaftlichen Entwicklung

Auf was er eigentlich hinauswill, kommt später. Er will darauf hinaus, dass der "Führer", über Kredit in die Allokation der Produktionsmittel eingreifen und diese verändern kann. Er nutzt also nicht "brachliegende" Ressourcen, die gibt es in seiner neoklassischen Welt schlicht nicht, sondern zieht Ressourcen ab.

Was uns aber hier erstmal interessiert ist die Aussage, dass es keine Arbeitslosigkeit gab, bzw. dass diese nur das Ergebnis welthistorischer Ereignisse sein kann. Wir müssen jetzt folgendes sehen. Die erste Ausgabe von "Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung" ist 1911 erschienen. Das Zitat oben entstammt aber der neunten Auflage, die ist 1934 erschienen. Dass er sich 1934 noch nicht veranlasst sah, den "Führer" auszutauschen, kann man gerade noch so durchgehen lassen. Manche Leute brauchen schon eine Bombe, die in den Dachstuhl einschlägt, um zur Erkenntnis zu kommen.

Dass er aber nach der Massenarbeitslosigkeit der frühen dreißiger Jahren schlicht behauptet, es gibt keine Arbeitslosigkeit, ist schon kühn. Mit welthistorischen Entwicklungen wird er das kaum erklären können, denn die zwanziger Jahre kannten, zumindest in den USA, keine Arbeitslosigkeit und dazwischen lag kein Ereignis von "welthistorischer" Bedeutung.

Der Beginn des Zusammenbruchs der Weltwirtschaft wird im Allgemeinen auf den Oktober 1929 datiert, als die Kurse an der New Yorker Börse stark fielen. Wir sehen also auch hier ein Phänomen, dass für die Volkswirtschaftlehre typisch ist. Die Realität spielt bei der Modellbildung faktisch keine Rolle.

Möglich ist natürlich auch, dass Schumpeter es sich nicht mit dem Mainstream verscherzen wollte und der Mainstream zur damaligen Zeit war eben die Neoklassik und in der Neoklassik gibt es keine Arbeitslosigkeit. Wir kennen solche Phänomene von der sozialistischen Ökokaste. Wer dort als Ökoprof den Standpunkt der Arbeiterklasse vertreten wollte, konnte schlecht behaupten, was man nicht übersehen konnte: Die Tatsache, dass der ausgebeutete Proletarier im Kapitalismus einen wesentlich höheren Lebenstandard hatte als der Proletarier und der Führung der Partei der Arbeiterklasse.

Selbst wenn wir konzedieren, dass es viel Arbeit macht, bei einer Seite mal ein Update zu machen, ändert das wenig. Auch 1911, dem Erscheinungsdatum der ersten Auflage, war das Phänomen Massenarbeitslosigkeit und Massenarmut bestens bekannt. Massenarbeitslosigkeit und Verelendung wird bei allen Klassikern breit und ausführlich beschrieben. David Ricardo hat das Problem zwar nicht bedauert, aber zur Kenntnis genommen hat er es, siehe David Ricardo.

Während also bei Keynes die Weltwirtschaftskrise zu einem radikalen Umdenken führte, The General Theory on Employement, Interest and Money erschien 1936, hat Schumpeter den heroischen Entschluss gefasst, die Realität schlicht zu ignorieren, was wohl auch daran lag, darin ähnelt er den meisten Vertretern der heutigen Ökokaste, dass die beruflichen Perspektiven außerhalb des mit Steuergeldern finanzierten Biotops gering waren.

Ein Verhalten, das für Ökonomen typischer ist, als der Versuch, die Realität zu erklären. Die economie pure, wie Léon Walras das nennt, sollten wir also nicht als Grundlagenforschung missverstehen. Die Grundlagenforschung beschäftigt sich durchaus mit realen Zusammenhängen, hat aber nicht die Entwicklung marktfähiger Produkte zum Ziel.

Forschungsobjekt der economie pure ist aber nicht die Wirtschaft oder irgendwelche realen Zusammenhänge. Die economie pure, die reine Ökonomie, wird allein getrieben von ihrer inneren Dynamik. Ihre Grundaussagen beziehen sich auf künstlich geschaffene Parallwelten. Die Modifizierungen der Theorien sind Modifizierungen innerhalb der Parallelwelt. Das, was man normalerweise unter Realität versteht, spielt überhaupt keine Rolle.

Es spielt im Übrigen auch selten eine Rolle, was der Autor eigentlich gesagt hat. Schumpeter wird zwar ständig zitiert, gelesen hat ihn aber wohl kein Mensch.

In der Regel muss die neue Kombination die Produktionsmittel irgendwelchen anderen Kombinationen entziehen - und aus den erwähnten Gründen können wir sagen, dass sie das grundsätzlich immer tut. Auch das löst, wie wir sehen werden, insbesondere für den Konjunkturverlauf wichtige Folgen aus, und ist eine zweite Form des Niederkonkurrierens alter Betriebe. Die Durchsetzung neuer Kombinationen bedeutet also - was eine zweite Definition von Form und Inhalt der Entwicklung in unserem Sinne abgeben könnte - Andersverwendung des Produktionsmittelapparates der Volkswirtschaft.

aus: Joseph Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Das Grundphänomen der wirtschaftlichen Entwicklung

Er nennt also zwei Definition, was die wirtschaftliche Entwicklung von einem statistischen Zustand unterscheidet, wobei beide Definitionen eigentlich letztlich auf das gleiche hinauslaufen.

Die neue Kombination entzieht der Wirtschaft qua Kredit, als zusätzlichem Zahlungsmittel, Produktionsmittel im Gegensatz zum statischen Zustand, wo Produktionsmittel lediglich modifiziert werden.

Dieser Entzug, das ist die zweite Definition, die aber lediglich eine Konsequenz der ersten ist, wird dann umgewidmet.

Irgendwie muss man sich sowas darunter vorstellen: Wird die Technik einer Windmühle verbessert, bleibt die Mühle an sich aber erhalten, gehört das noch zur statischen Wirtschaft.

Setzt jemand neben die mit Wind getriebene Mühle eine Mühle, die von einer Dampfmaschine angetrieben wird, dann gehört das zur dynamischen Entwicklung.

Mit solch unscharfen Begriffen kann man aber rein gar nichts anfangen. Ist der Diesel- oder Wankelmotor, der den Benzimotor ersetzt nun eine statische oder dynamische Entwicklung?

Leitet die Technik, mit der Fruchtsäfte kondensiert (im Vakuum) und damit transportiert werden können eine Entwicklung innerhalb einer statischen Wirtschaft ein oder gehört das zur dynamischen Wirtschaft?

Wie verhält es sich, wenn Atomstrom durch erneuerbare Energien ersetzt wird?

Unabhängig von der Frage, dass die Grenzen ohnehin fließend sind, kann anhand eines einzelnen Phänomens ohnehin nicht entschieden werden, ob eine Innovation nun revolutionär ist oder nicht.

Damit eine Innovation "revolutionär" ist, also die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft erfasst, muss eine hohe Relevanz für viele Branchen der Wirtschaft oder für andere relevante Branchen vorliegen, sie muss starke Umstrukturierungsprozesse auslösen und sie muss spill over Effekte haben.

Werden alle drei Kriterien in hohem Maße erfüllt, dann ist es wohl eine "revolutionäre" Innovation. Das ist zwar immer noch vage, aber nicht so vage wie sein Geblubber.

XML Datenbanken sind zum Beispiel, etwa in manchen Bereichen der Bioinformatik, leistungsfähiger als relationale Datenbanken. Unstreitig handelt es sich hierbei um eine Innovation und es werden hierdurch auch Produktionsmittel umgewidmet, z.B. wird mysql ausrangiert und dafür SEDNA eingesetzt.

Die Wirkung auf die Gesamtwirtschaft ist aber bescheiden. Anders verhält es sich bei der Nanotechnologie. Kann man mit ihrer Hilfe schmutz- und wasserabweisende Oberflächen erstellen, hätte das eine enorme Wirkung. Fenster müssten nicht mehr geputzt werden, was die Hersteller von Reinigungsmittel treffen würde, Autos bräuchten keine Scheibenwischer mehr und müssten nicht mehr gewaschen werden, Häuserfassaden würden ewig halten, der Dom von Florenz müsste nicht ständig runderneuert werden etc..

Bestimmte Innovationen können zu erheblichen Umstrukturierungsprozessen führen. Der Umstieg vom Bleidruck auf den Offset- bzw. Digitaldruck führte und führt zu erheblichen Umstrukturierungsprozessen. Alle Schriftsetzer wurden praktisch über Nacht arbeitslos. Der Digitaldruck erlaubt das "print on demand" und gefährdet massiv die Verlage.

Smartphones haben erhebliche spill over Effekte, weil basierend auf dem Smartphone alle möglichen Anwendungen denkbar sind. Von der Übermittlung relevanter medizinischer Daten an den Arzt, über alle Navigationdienste bis zu e-learning Programmen.

Mit einem allgemeinen Geschwurbel über Produktionsmittel, bzw. Kombinationen, soll heißen Allokation von Produktionsmittel, die entzogen werden und durch andere ersetzt werden, kann man gar nichts anfangen.

Eine schwache Präzisierung, was er eigentlich mit grundsätzlich neuen Kombinationen, die den Kreislauf der Wirtschaft durchbrechen, eigentlich meint, finden wir unter Umständen im sechsten Kapitel, "Der Zyklus der Konjunktur". Das könnte man in Richtung relevante Innovationen, die starke spill over Effekte hervorrufen und zu massiven Umstrukturierungen führen, interpretieren.

Warum treten die Unternehmer nicht kontinuierlich, in jedem Augenblick also vereinzelt, sondern scharenweise auf? Ausschließlich deshalb, weil das Auftreten eines oder einiger Unternehmer das Auftreten anderer erleichtert und eben dadurch bewirkt. Das heißt erstens: Aus den im II. Kapitel auseinandergesetzten Gründen ist das "Durchsetzen neuer Kombinationen" schwer und nur Leuten mit bestimmten Eigenschaften zugänglich, wie man am besten sieht, wenn man sich Beispiele aus früheren Zeiten vergegenwärtigt oder die wirtschaftliche Lage in dem Stadium, das einer entwicklungslosen Wirtschaft am meisten ähnelt, in dem Stadium fortgeschrittener Stockung vergleicht. Nur wenige Leute haben diese "Führereignungen" und nur wenige können in einer solchen Lage, d.h. einer Lage, die nicht schon selbst "Aufschwung" ist, in dieser Richtung Erfolg haben. Wenn aber Einer oder Einige mit Erfolg vorangegangen sind, so fallen manche jener Schwierigkeiten weg.

aus: Joseph Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Der Zyklus der Konjunktur

Es reicht also nicht, dass es einen Führer gibt, der würde den Lauf der Dinge in einer Volkswirtschaft kaum ändern und selbst, wenn dem so wäre, dann könnte dies keine Konjunkturschwankungen erklären, denn das Auftauchen einzelner "Führer" wäre ein ephemeres Phänomen.

Der "Führer" muss also einen tiefgreifenden Wandel auslösen. Was er mit "vorangegangen sind" genau meint, ist unklar, aber man kann sich vorstellen, dass bestimmte technische Entwicklungen es anderen ermöglichen, ihre Ideen durchzusetzen.

Anwendungen im Bereich Videoschnitt, Audiobearbeitung zum Beispiel verlangen relativ leistungsfähige PCs. Diese werden zwar nicht von "Führern" zur Verfügung gestellt, sondern von bestimmten Branchen, die planmäßig Geld in Forschung und Entwicklung neuer Prozessoren stecken, ermöglichen es aber anderen Branchen wie Adobe ebenfalls ihre Produkte planmäßig weiterzuentwickeln und mit Hilfe der Adobe Produkte, z.B. Audition oder Premiere können dann Multimedia Elemente produziert werden, für die man früher ein teures Equipement gebraucht hätte.

Wir haben also relevante Innovationen, die Auswirkungen auf viele Branchen haben. Vergleicht man aber diese Aussage mit der in Kapitel zwei genannten, dann meint er das wohl eher nicht. Die Hindernisse, denen sich der "Führer" gegenüber sieht, sind eher sozialer Art. Er ist ein "Fremdling", stößt auf Ablehnung und muss mit dieser Ablehnung fertig werden. Damit allerdings lässt sich das im Gefolge des ersten "Führers" scharenweise Auftreten anderer Führer kaum erklären, da die Durchsetzung von Innovationen maßgeblich von den technischen, kaufmännischen Möglichkeiten abhängen. Die Miniführer mögen sich andernfalls alle für verkappte Genies halten, den Gang der Wirtschaft werden sie nicht ändern.

Fatal ist das, weil seine gesamte Konjunkturtheorie auf der Existenz dieser "bahnbrechenden" neuen Kombinationen beruht. Sind aber die Übergänge fließend, und sie sind fließend, dann können schwankende Konjunkturverläufe nicht mit dem innovativen Wirken der "Führer" erklärt werden, da je nachdem wie man es gerade braucht, die Innovation als sich im statischen oder dynamischen Zustand sich vollziehend betrachtet werden könnte.

Weiter bleibt unklar, wieso der "Führer", der ja nach Schumpeters eigener Definition eben gerade keine Sicherheiten bieten kann, qua Kredit Produktionsmittel abziehen kann.

Der Mangel an Präzision hinsichtlich neuer Kombinationen, so nennt er das, wird noch getoppt durch die romantische Gestalt des "Führers".

Die speziell „unternehmerliche“ Art von privater Führerschaft im Wirtschaftsleben ist gefärbt und geformt – sowohl dem Verhalten als auch dem Typus nach – von ihren besonderen Bedingungen. Die Bedeutung der „Autorität“ fehlt nicht, gilt es doch oft soziale Widerstände zu überwinden und „Beziehungen“ zu erobern und Belastungsproben auszusetzen. Aber sie ist geringer insofern, als es einer „Befehlsgewalt“ über die Produktionsmittel nicht bedarf und das Mitziehen der andern Berufsgenossen zwar immer eine sehr wichtige Folge des Beispiels und Erklärungsgrund wesentlicher Erscheinungen, aber oft nicht zum individuellen Erfolg nötig – im Gegenteil ihm abträglich und vom Unternehmer nicht gewünscht – ist und ohne darauf gerichtetes Tun eintritt. Hingegen ist die Bedeutung jener besonderen Vereinigung von Schärfe und Enge des Gesichtskreises und der Fähigkeit zum Alleingehen um so größer. Und das entscheidet auch über den Typus. Ihm fehlt aller äußere Glanz, wie er bei andern Arten von Führerschaft dadurch gegeben ist, daß gehobene Organstellung die Voraussetzung ihrer Ausübung ist. Ihm fehlt aller persönliche Glanz, wie er bei vielen andern Arten von Führerschaft gegeben sein muß, bei jenen, wo durch „Persönlichkeit“ oder Geltung in einem kritischen sozialen Kreis geführt wird. Seine Aufgabe ist sehr speziell: wer sie lösen kann, braucht in jeder andern Beziehung weder intelligent noch sonst interessant, kultiviert oder in irgendeinem Sinn „hochstehend“ zu sein, kann selbst lächerlich wirken in den sozialen Positionen, in die ihn sein Erfolg ex post stellt. Er ist typisch – dem Wesen nach, aber außerdem (was nicht zusammenzufallen brauchte) historisch –, Emporkömmling und traditionslos, daher oft unsicher, anpassend, ängstlich – alles andere als ein Führer – außerhalb seines Bureaus. Er ist der Revolutionär der Wirtschaft – und der unfreiwillige Pionier sozialer und politischer Revolution –, und seine eignen Genossen verleugnen ihn, wenn sie um einen Schritt weiter sind, so daß er mitunter im Kreis etablierter Industrieller nicht rezipiert ist. In allen diesen Punkten gibt es Analogien mit Führertypen andrer Art. Aber keine dieser erregt so viel Aufsehen und, aus den verschiedensten Gründen, abfällige Kritik. Und die individuellen Qualitätsunterschiede gewinnen hier deshalb eine für das Schicksal des Typus wie für das Schicksal der Wirtschaftsform, der er seinen Stempel aufdrückt, ernste Bedeutung.

aus: Joseph Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Das Grundphänomen der wirtschaftlichen Entwicklung

Damit kann jetzt kein Mensch auch nur das Geringste anfangen. Den erfolgreicher Unternehmer können wir kürzer definieren. Er muss das Gebiet, in dem er tätig ist, sehr genau kennen, er muss den Erfolg seines Produktes quantitativ abschätzen können und er muss nicht nur den finalen erwünschten Endzustand im Blick haben, sondern auch eine genau Vorstellung davon haben, wie er da hinkommt.

Wir schließen daraus, dass Schumpeter nie unternehmerisch tätig war und außer seiner Bank, die ja pleite gemacht hat, noch nie ein Unternehmen von Innen gesehen hat, ein Schicksal, das er mit der gesamten Ökokaste teilt.

Da nun aber seine ganze Theorie auf dem "Führer" fusst, bricht sie mit dem "Führer" auch vollkommen zusammen. Übrig bleibt eigentlich nur, dass es Innovationen gibt, die die ganze Wirtschaft erfassen und damit zu erheblichen Umstrukturierungs- und Anpassungsprozessen führen.

Es macht jetzt nicht viel Sinn, auf die Thesen von Schumpeter weiter einzugehen. Seine Beschreibung passt eher zu manchen politischen "Führern", wobei man auf manche Exemplare dieses Typs auch hätte verzichten können. Charismatische Gestalten wie Garibaldi, der italienische Freiheitskämpfer oder Andreas Hofer, der sich gegen Napoleon stellte, ähneln vielleicht diesem von ihm beschriebenen Typus.

Innovationen hängen in einer modernen Wirtschaft von den gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen ab, also vom allgemeinen Bildungsniveau, Ausgaben des Staates für Forschung und Entwicklung, Fähigkeit zur Clusterbildung etc., siehe Forschung und Entwicklung durch den Staat.

Es macht auch deswegen nicht viel Sinn näher darauf einzugehen, weil Schumpeter selbst 12 Jahre später in seinem Buch 'Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie' die Bedeutung der institutionellen Rahmenbedingungen für den Erfolg von Innovationen erkannt und seinen Führer beerdigt hat.

Wir erkennen, dass Schumpeter klar erkannt hat, dass das neoklassische Geschwurbel à la Pareto und Léon Walras zu gar nichts führt. Er beschreibt eine solche neoklassische Welt im ersten Kapitel, verlässt sie aber dann und verliert sich im Diffusen, bzw. in Binsen, die jeder halbwegs informierte Zeitgenossen schärfer formulieren würde.

Das Thema ist aber im Grunde immer das Gleiche, siehe Präliminarien. Wollen wir tatsächlich abschätzen, wie kohärent institutionelle Forschung und Entwicklung ist, also welche Strategien verfolgt werden, welche Ziele verfolgt werden, mit welchen Parametern der Zielerreichungsgrad gemessen wird, wie effizient der Austausch zwischen Industrie und Wissenschaft ist, dann müssten wir erstmal wissen, ob das BmBF überhaupt eine Strategie hat und wenn es eine solche hat, wie diese aussieht, siehe Forschung und Entwicklung durch den Staat.

Wüssten wir das könnten wir uns darüber Gedanken machen, ob diese sinnvoll ist und ob die Mittel effizient eingesetzt werden, so wir denn überhaupt wissen, wofür sie eingesetzt werden. Wir haben hier weniger ein Theorieproblem, als ein Faktenproblem. Solange wir nicht wissen, auf welchen Grundlagen wirtschaftspolitische Entscheidungen beruhen, können wir sie auch nicht beurteilen. Wir haben ein Transparenzproblem, siehe Präliminarien.

Die wichtigste Erkenntnis, wobei man auch da selber drauf kommen kann, wenn man darüber nachdenkt, ist die, dass der Geldmarkt selbst Kredite schöpfen kann. Das heißt, dass der Begriff Kapital sinnvoll nur auf Realgüter angewendet werden kann. In der Klassik und Neoklassik gehen die Begriffe wild durcheinander. Kapital ist im Grunde Geld, denn es wird in liquider Form vorgestellt, andernfalls kann an es nicht investiv verwenden, Geld wiederum ist teilweise das Gleiche wie Gold, was auch nicht stimmt, weil Geld, Fiatgeld, eine nationale Währung ist, Gold jedoch, zumindest damals, eine international anerkannte Währung war, was für die Analyse einen gewaltigen Unterschied macht. Ist aber nicht klar, was Kapital ist, dann ist auch nicht klar, was Sparen ist. Versteht man unter Sparen Realgüter, wurden also Realgüter nicht konsumiert, dann müssen diese vorher produziert worden sein. Versteht man darunter Geld, dann kann man es auch drucken. Die unscharfen Begrifflichkeiten führen dann zum Beispiel dazu, dass zwischen sparen als nicht konsumierten Realgütern und sparen in Geldform nicht unterschieden wird. Die unscharfen Begrifflichkeiten sind Teil des Problems. Wachstumstheorien z.B. arbeiten bis zum heutigen Tag und in allen Lehrbüchern mit dem Begriff 'Kapital'. Ist dieser Begriff aber nicht operationalisierbar definiert, sind die Theorien Schwachsinn.

In einem Nebensatz bricht er damit, lange vor Keynes, mit der fixen Idee der Klassik.

Dass hier Einschränkungen zu machen sind, haben wir bereits erwähnt, siehe Zahlungsbilanz. Wir haben immer wieder, auch im Kapitel über den Marxismus, darauf hingewiesen, dass sparen keine Voraussetzung für investieren ist. Das heißt aber auch, dass es keinen Kapitalisten mehr gibt. Es sind die Akteure des Geldmarktes, also Kapitalsammelsstellen wie Banken und Versicherungen, die Kredite zur Verfügung stellen. Es sieht aber tatsächlich so aus, wie wenn Schumpeter der erste gewesen ist, der dies mal klar gesagt hat bzw. der die Tragweite dieses Gedankens erfasst hat. Adam Smith und David Hume sind zwar ebenfalls immer mal auf der richtigen Fährte, siehe Link oben, erfassen aber die Tragweite dieser Tatsache nicht.

Der Bankier ist also nicht so sehr und nicht in erster Linie Zwischenhändler mit der Ware "Kaufkraft", sondern vor allem Produzent dieser Ware. Da aber heute normalerweise auch alle Rücklagen und Sparfonds bei ihm zusammenfließen und sich das Gesamtangebot sei es vorhandener, sei es zu schaffender freier Kaufkraft bei ihm konzentriert, so hat er gleichsam den privaten Kapitalisten ersetzt oder entmündigt, ist er selbst der Kapitalist geworden. Er steht zwischen jenen, die neue Kombinationen durchsetzen wollen und den Besitzern von Produktionsmitteln. Er ist im Kerne eine Erscheinung der Entwicklung, allerdings nur dort, wo keine Befehlsgewalt den sozialen Wirtschaftsprozess leitet. Er ermöglicht die Durchsetzung der neuen Kombinationen, stellt gleichsam im Namen der Volkswirtschaft die Vollmacht aus, sie durchzuführen. Er ist der Ephor der Verkehrswirtschaft.

aus: Joseph Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Das Grundphänomen der wirtschaftlichen Entwicklung

Soll heißen: In einem geregelten Finanzmarkt landet sowohl das Ersparte also auch Rücklagen bei den Banken. Gleichermaßen landen verdiente Abschreibungen bei den Banken. Wir erkennen also sofort, dass ein bisschen Berufserfahrung sofort gewaltige Impulse auslöst. Mit Banken kannte er sich als ehemaliger Direktor der Biedermann & Co. Bankaktiengesellschaft aus. Ein bisschen Berufserfahrung würde also der dozierenden Ökokaste mehr als gut tun.

Ob die Gewinn- und Kapitalrücklagen bei den Banken landen ist zwar weniger sicher, da das Unternehmen sie auch investiv verwenden kann, aber möglich ist es.

Möglich ist auch, dass die Abschreibungen bei den Banken landen, die sind ja Aufwand, aber keine Auszahlung, also ein Zahlungsmittelzufluss, dem kein Zahlungsmittelabfluss entgegensteht.

Dann spricht er noch von zu schaffender Kaufkraft und das ist der entscheidende Punkt.

Damit meint er, dass das Bankensystem selbst Geld schöpfen kann, via Giralgeldschöpfung oder via Offenmarktgeschäfte. Wenn wir jetzt mit Investition die Investitionen meinen, die keine Erstatzinvestitionen sind, die werden ja durch Abschreibungen refinanziert, dann gilt Erweiterungsinvestition = Kreditvergabe - Geld von Oma oder Kumpel.

Die Gleichung Kreditvergabe = Sparen gilt allerdings nicht, weil die Banken eben nicht darauf angewiesen sind, dass die Leute ihre Spargroschen zur Bank tragen. Banken können Geld schaffen.

In diesem Punkt trifft er sich mit Keynes, dessen Theorie er aber natürlich vollständig ablehnte, was aber damit zusammenhängt, dass es in der Parllelwelt des Joseph Schumpeter keine Unterbeschäftigung gibt.

Weiter liefert Schumpeter, zumindest in 'Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung' keine vollausgebaute Geldtheorie, wie Keynes sie liefert. (Sein eigenes Buch zu diesem Thema hat er nach Erscheinung der General Theory of Employement, Interest and Money zurückgezogen.)

Ein prinzipielles Problem der Volkswirtschaftslehre sehen wir aber sehr schön bei Schumpeter, im vierten Kapitel. Aufgrund seiner durch die Theorie verengten Blicks, braucht er 33 Seiten um eine absolute Binse zu erläutern.

Der Unternehmer, der Rohstoffe billiger beziehen kann, etwa Baumwolle, indem er brachliegendes Land in Afrika nutzt und diese dort selber herstellt, oder diese auf eine günstigere Art produzieren kann, wenn zum Beispiel Insulin nicht mehr aus den Bauchspeicheldrüsen von Rindern und Schweinen, sondern mit chemischen Verfahren produziert wird, oder billiger transportieren kann, z.B. mit Containerschiffe, die durch Windkraft angetrieben werden (gibt es tatsächlich: www.skysails.info), bzw. völlig neue Produkte herstellt etc.etc., hat, bis die Konkurrenz ihn einholt, eine Rente, weil er entweder ein Produkt billiger produzieren kann, ein besseres Produkt zu einem höheren (gleichen) Preis anbieten kann oder schlicht etwas neues anbietet.

Über diese Art von Rente wird in der Regel nicht mal geredet, weil es selbstverständlicht ist. Dass Landwirte nur dann auf die Produktion von Mais zur Kraftstoffgewinnung umsteigen, wenn das größere Erträge abwirft als Mais zur Nahrungsmittelproduktion, ist naheliegend.

Auch dass dann der Wert des Bodens steigt, ist naheliegend. Schumpeter macht hieraus jetzt ein kompliziertes "Zurechnungsproblem", dichtet also 33 Seiten zu der Frage, ob dieser Mehrwert dem Faktor Arbeit, dem Faktor Boden oder dem Faktor Unternehmer zuzurechnen ist. Bei dem ganzen Geschwurbel vergisst er aber dann das Wesentliche. Bei technischen Innovationen, die in diesem Zusammenhang bedeutsamste Größe, werden die Unternehmergewinne eben nicht wegkonkurriert, denn diese haben ein Patent. im Übrigen ist auch der Unternehmer als Produktionsfaktor nicht neu, den hat schon Say eingeführt, bzw. schon Say ist aufgefallen, dass hinter einer Innovation irgendjemand stehen muss, der sie durchsetzt, siehe Unternehmer.

Ich komme nun zu dem zweiten Akt, dem Drama der Durchsetzung des Neuen in der geschlossenen Wirtschaft hat. Auch in der geschlossenen Wirtschaft lebt der Unternehmergewinn nicht ewig. Auch hier treten notwendig Veränderungen ein, die ihm ein Ende machen. Die neue Kombination ist durchgesetzt, ihre Resultate liegen vor, alle Zweifler sind zum Schweigen gebracht, die Vorteile sind nunmehr einleuchtend. Zugleich die Art, wie man sie zu erlangen hat. Da bedarf es nun höchstens eines Leiters oder Vormannes, nicht aber der Schöpferkraft und Herrschergewalt des Führers. Man braucht ja nur das Getane zu wiederholen, um die gleichen Vorteile zu erlangen. Und man wird das auch ohne den Führer tun können und tun. Mögen die Reibungswiderstände auch immer noch zu überwinden sein, im Prinzip ist die Sache anders, leichter geworden.

aus: Josef Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Der Unternehmergewinn oder Marktwert

Im folgenden beschäftigt ihn dann die Frage, ob der Unternehmer ein eigener Produktionsfaktor ist, was er schlussendlich bejaht, da die klassische Sicht, also die Entlohnung nach dem Grenzertrag des jeweiligen Produktionsfaktors ja erst in der nächsten Periode gilt, denn zum Zeitpunkt der Durchsetzung der Innovation ergibt sich deren Wert ja aus der Summe der Erträge der ursprünglichen Kombination.

Der Wert einer Fräßmaschine ergibt sich also aus dem Wert der Tischbeine, die man damit herstellen kann. Die Arbeiter werden also nach dem Grenzertrag des Faktors Arbeit an einer Fräßmaschine entlohnt, die Tischbeine herstellt. Wenn jetzt auf Puppen umgeschwenkt wird und man damit mehr verdienen kann, dann kriegen die Arbeiter erstmal auch nicht mehr Geld. Folglich bleibt nur noch der Unternehmer übrig, da es in seiner Welt nur drei Produktionsfaktoren gibt, Arbeit, Boden, Unternehmer. Lohnt sich das aber mit den Puppen, werden alle auf Puppen umstellen, bis man entweder mit Puppen wieder soviel Geld verdienen kann wie mit Tischbeinen oder, aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach Fräßmaschinen, diese teurer sind und den Unternehmergewinn auffressen. Der Unternehmergewinn ist also nie etwas Dauerhaftes.

Auf so eine verdrehte Logik kommt man nur, wenn man zulange über der Zurechnungstheorie, also über der Frage, auf welche Produktionsfaktoren der Erlös eines Produktes entfällt, nachgegrübelt hat. Der praktische Wert der Zurechnungstheorie ist exakt Null. Um aber Professor zu werden, muss man ein bisschen blubbern und Professor wollte er nun mal werden.

Unstrittig ist, das hatten wir schon bei Say, siehe Unternehmer, dass die Logik der Klassik, der ganze Preis entfällt auf die Entlohnung von Arbeit, Kapital und Boden, siehe natürlicher Preis / Marktpreis, zwar die Allokation ähnlich präzise beschreibt, wenn nicht präziser, wie die Marginalbetrachtung, aber so nicht ganz stimmen kann. Von alleine verdient keiner der drei Produktionsfaktoren und insbesondere das Kapital nicht einen müden Cent. Schlägt man nun alle Gewinne dem Kapital zu, als Profit, dann wird bestünde für den Besitzer desselben keine Notwendigkeit, sich noch irgendwie zu engagieren. Das Kapital würde sich, wie es ja im Marxismus tatsächlich geschieht, von alleine vermehren. Nach dieser Logik reich es, die Scheine in einen Tresor zu legen und darauf zu warten, dass sie Kinder kriegen. Der Unternehmer könnte in der Zwischenzeit irgendwo anders tätig werden. Der Gewinn ist also aufzuteilen in einen Teil, der auf das Kapial entfällt und einen Teil, der auf den Unternehmer entfällt. Der langen Rede kurzer Sinn: Joseph Schumpeter argumentiert ein bisschen umständlich.

Bei einer Wissenschaft, die sich als Realwissenschaft versteht, wäre zu vermuten, dass ihre Theorien um reale Sachverhalte kreisen. Dem ist weitgehend nicht so. Die meisten Abhandlungen der Volkswirtschaftslehre sind die Produktion neuer Theorien aus bereits vorhandenen Theorien. Die Realität spielt da eine eher untergeordnete Rolle.

im Übrigen ist der Ausdruck "Schöpferkraft und Herschergewalt des Führers" ein bisschen gaga. Da vermuten wir schon, dass er da im sprachlichen Duktus seiner Zeit befangen ist. Das vermuten wir auch wegen der zahlreichen rassistischen Entgleisungen.

Eine schwarze Hautfarbe ist zum Beispiel für ihn eine Eigenschaft, die, im Gegensatz zur Farbe der Augen, in bestimmter Weise mit anderen Eigenschaften zusammenhängt, so dass er aufgrund der Hautfarbe eine eigene Gruppe bildet, die er mit einem wohl damals üblichen Begriff tituliert.

Des weiteren fällt auf, dass er wohl die zentrale Message von Adam Smith nicht verstanden hat, was man auch daran sieht, dass er diesem unterstellt, eine statische Wirtschaft zu beschreiben. Das für die marktwirtschaftliche Ordnung zentrale Moment des Preises als Knappheitssignal vernachlässigt er völlig. Der Preis und damit die dezentrale Informationsverarbeitung macht aber nur in einer dynamischen Wirtschaft Sinn. Warum soll ein Unternehmer sich mit Preisen beschäftigen, wenn er nicht vorhat sein Verhalten zu ändern, auf die Marktsignale zu reagieren?

Aus Sicht des Marketings ist Schumpeter ein interessanter Fall. Der ihm zugeschriebene Ausdruck der "schöpferischen Zerstörung", de facto verwendet er den Begriff erst in "Kapitalismus, Sozialismus, Demokratie", ist deshalb so berühmt, weil er einer völligen Binse Ausdruck verleiht, diese aber pathetisch formuliert.

Könnte nicht jedermann mit dem Spruch was anfangen, würde ihn also nicht jeder verstehen, wäre er kaum so berühmt geworden. Ein Spruch wie "der Unternehmer verschiebt die aggregierte Grenzkostenkurve nach rechts" oder "Innovationen lassen Renten entstehen" ist bei weitem nicht so schick, bedeutet aber das Gleiche.

Wir konzedieren Schumpeter, dass er mal versucht hat, eine dynamische Wirtschaft zu beschreiben und auch Zusammenhänge mit in die Betrachtung einzubezieht, die schwer "zu fassen" sind, etwa die unternehmerische Persönlichkeit.

Der Versuch ist zwar gescheitert, wobei man nicht mal von einem grandiosen Scheitern sprechen kann, aber er hat es versucht. Dass sich Menschen und Unternehmen hinsichtlich Kreativität, Innovationskraft, Dynamik etc. unterscheiden, kann man kaum bestreiten, wobei modernere Untersuchungen zu diesem Thema eher von einem optimalen Mix eines Teams ausgehen, als von einem mit Schöpferkraft und Herschergewalt ausgestatten Führer.

Die Superkreativen sind oft nicht die peniblen Buchhalter und die peniblen Buchhalter sind in der Regel keine Visionäre. Manche Leute sind gut darin, Ideen zu entwickeln, langweilen sich aber schnell, wenn diese Ideen dann tatsächlich umgesetzt werden sollen. Optimal sind Teams, wenn sie die verschiedenen Eigenschaften kombinieren.

Psychologisch sind die Typen schwer zu fassen, dass es sie gibt, kann man kaum bestreiten, denn schließlich sind die unterschiedlichen Typen ja auch unterschiedlich organisatorisch verankert. Leute wie Steve Jobs, Bill Gates oder Larry Page, die also technisch ungemein versiert, visionär, detailversessen, innovativ sind und obendrein auch noch eine für das jeweilige Unternehmen typische "message" transportieren, sind wohl ausgesprochen selten.

Den "Führer" können wir ohne weiteres durch komplexe Teams ersetzen. In der Gründungsphase wird auch kein "Führer" Herschergewalt ausüben. Innovative Unternehmensgründungen sind meistens äußerst kompliziert und nur von Teams zu stemmen, die unterschiedliche Qualifikationen haben und eine "Vision" teilen.

Neuere Forschungsänsätze der Psychologie zum Thema Coping, wie also Menschen mit Krisen, Ablehnung, Scheitern umgehen, argumentieren im Übrigen anders. Bei Schumpeter ist der "Führer" sozusagen genetisch besonders veranlagt, eine Erklärung, warum manche Leute mit Ablehnung und Krisen besser umgehen können als andere gibt er nicht. Dass Unternehmer mit Krisen umgehen können müssen ist unstrittig, die Frage ist nur, warum manche Leute das besser können als andere.

Studien zum Thema Coping stellen immer wieder fest, dass Menschen, die bereits mehrere Krisen erfolgreich durchgestanden haben, bzw. sich gegen Ablehnung durchsetzen konnten, auch neue Konflikte besser durchstehen. Ein zweiter entscheidender Parameter ist social support. Menschen, die im privaten Umfeld ein positives Feedback bekommen, werden leichter mit Ablehnung fertig. Faktoren, die die Unternehmerpersönlichkeit ausmachen, kann man wahrscheinlich finden, allerdings müsste man hierfür viel tiefer einsteigen, als Schumpeter dies tut.

Man muss ihm aber zugestehen, auch wenn er gescheitert ist, dass er Wachstum nicht einfach in irgendwelche dubiosen Parameter versteckt, sondern dieses expliziert.

Gescheitert ist er, weil er aus spontanen, sporadischen Prozessen, ganz in der Tradition der Neoklassik, "Gesetze" ableiten will.

Es wäre fruchtbarer gewesen, wenn er den ganzen Brimborium mal gelassen hätte und den Zusammenhang zwischen Bildung, Innovation, Durchsetzung von Produkten am Markt quantitativ oder auch nur qualitativ beschrieben hätte, denn das ist es, was uns eigentlich interessiert.

Wissen wir mehr über solche Zusammenhänge, kann man konkret eingreifen. Sein vor Schöpferkraft und Herschergewalt strotzender Führer ist eher ein durchgeknallter Spinner und selbst wenn er zufällig mal was Vernünftiges tut, nützt das langfristig nicht viel, da wir ja nur auf ihn warten können.

Nach seiner Logik wäre ja die Anzahl der "Führer" für das Wirtschaftswachstum ein bedeutender Faktor. Dann wäre es aber interessant zu wissen, unter welchen Rahmenbedingungen diese vermehrt auftauchen. Er geht hier offensichtlich von einer biologischen Determiniertheit aus.

Da, wie wir sahen, die Unternehmereignung etwas ist, was wie jede Eigenschaft in der ethnisch homogenen Gruppe nach dem Fehlergesetz verteilt ist, so wächst bis zum Punkte der größten Ordinate die Zahl der Individuen, die fortschreitend geringeren Anforderungen in dieser Beziehung genügen. Es können und werden also von Ausnahmen abgesehen mit fortschreitender Erleichterung der Aufgabe jeweils immer mehr Leute Unternehmer werden, weshalb das erfolgreiche Auftreten eines Unternehmers nicht einfach das Auftreten, sondern immer zahlreicherer und weniger qualifizierter nach sich zieht.

aus: Josef Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Der Zyklus der Konjunktur

Was er sagen will ist simpel. Der "Führer" räumt die Probleme aus dem Weg, so dass ihm immer mehr Miniführer folgen können, die Messlatte wird also immer niedriger gelegt, so dass immer mehr Leute drüberhopsen können.

Mit Fehlergesetz meint er die Gaußsche Normalverteilung, was aber egal ist, entscheidend ist, in ethnisch homogenen Gruppen gibt es immer einen bestimmten Anteil an Unterhnehmern.

Denkt man seine Logik aber zu Ende, wird es gaga. Wenn es ethnisch homogene Gruppen gibt, muss es auch ethnisch Gruppen geben, die von dieser ethnischen Gruppe abweichen, sonst macht der Ausdruck "ethnisch homogen" keinen Sinn. Folglich gibt es Gruppen mit einem unterschiedlichen Anteil an Unternehmern und da der Unternehmer letztlich für das Wachstum sorgt ist das Wachstum einer Volkswirtschaft sozusagen genetisch bestimmt.

Ob der Dachschaden der Ökokaste genetisch bestimmt ist oder das Resultat von Umweltbedingungen, Beamtenstatus und leistungslosem Grundeinkommen, Defizite in der schulischen Ausbildung, keine Berufserfahrung etc. ist, wissen wir nicht. Wie aber eine Theorie, die Konjunkturzyklen letztlich genetisch erklärt, weltberühmt geworden ist, muss daran liegen, dass kein Mensch die Schriften Schumpeters im Orginal liest. Das ist die einzig mögliche Erklärung.

Nach der Logik dürfte es ja in Gruppen, die genetisch bedingt keine "Führer" haben, keine Konjunkturschwankungen geben.

Führt man die Theorie Schumpeters auf den Kern zurück, sagt sie nichts anderes, als dass Innovationen wachstumsfördernd sind. Darauf wäre kein Mensch von alleine gekommen.

Wenn man das aber weiß, könnte man sich mit möglichen Faktoren für Wirtschaftswachstum beschäftigen, auch mit psychologischen, sozialen, institutionellen, gesetzlichen Rahmenbedingungen etc.. Jeder dieser Bereiche ist ausreichend komplex, um darüber dicke Bücher zu schreiben. Das Fenster zu den letztlich außerhalb der Wirtschaftswissenschaften liegenden Faktoren, die aber letztlich entscheidend sind, kurz zu öffnen um dann die übliche Suada abzusingen, ist sinnlos. Dass er sich damit so schwer zu tut, dass heißt mit der Detailanalyse der letztlich bestimmenden Faktoren, liegt wohl auch daran, dass er dann von jeder Art der Modellierung absehen müsste.

Im Übrigen bleibt noch eine Frage, nämlich die, ob wir entscheidende Ziele wie Vollbeschäftigung nicht auch durch ein rein quantitatives Wachstum der Wirtschaft erreichen können. (Wobei wir hier jetzt mal von der Frage absehen, ob wir das überhaupt wollen.) Das ist nämlich die Frage, die sich Keynes stellt. Die Möglichkeit, mit bahnbrechenden Innovationen Jobs zu generieren sind beschränkt, weil sich bahnbrechende Innovationen nun mal nicht wie Brötchen backen lassen. Von daher sieht Keynes einen Ansatz in der quantitativen Ausdehnung, das heißt einer besseren Auslastung des bestehenden Produktionspotentials.

Diese Frage schneidet Schumpeter kurz mit ein paar Nebensätzen und seiner Kreislauftheorie an, bei der die Wirtschaft lediglich jahrein jahraus das gleiche produziert.

Eine harmlose Idee mit Elan umgesetzt, kann mehr Arbeitsplätze schaffen, als irgendwelche High Tech Phantasien. Zur Innovationsforschung gibt es inzwischen ja schon ganze Zentren, Lehrstühle und Studiengänge (z.B. http://igif.wiwi.uni-wuppertal.de). Ob das was bringt, weiß der Autor nicht. Beamte über Innovation forschen zu lassen ist irgendwie so ähnlich, wie eine Kuh damit zu beauftragen, eine Rezension über ein Guitarrenkonzert schreiben zu lassen.

Innovation ist weder im BAT noch in der Beamtebesoldung vorgesehen. Das verlinkte Zentrum heißt Schumpeter School of Business and Economics. Da hoffen wir mal, dass bei der Auswahl der dort Beschäftigten die richtigen Gene erwischt wurden.

Dann gibt es noch die Uni München. Die textet so.

Die am INNO-tec entstehenden Forschungsarbeiten sollen zu einem besseren Verständnis von Innovationsprozessen führen und Möglichkeiten aufzeigen, deren Ergebnisse gezielt zu beeinflussen. Zu unseren Forschungszielen gehören

die Entwicklung neuer theoretischer Ansätze in der Innovationsforschung,

die Durchführung empirischer Studien, mit deren Hilfe sich theoretische Ansätze im Hinblick auf ihren Einsatz in Forschung und Praxis beurteilen lassen,

die Quantifizierung von wichtigen Parametern in Innovationsprozessen,

die Analyse der Auswirkungen von Innovationen auf den Wettbewerb zwischen konkurrierenden Unternehmen.

Wir wollen die Ergebnisse solcher Studien in international anerkannten Zeitschriften und Publikationsreihen der Wissenschaft zur Verfügung stellen. In Beiträgen, die sich an Entscheidungsträger in Unternehmen richten, möchten wir neue Impulse für die Praxis des Innovationsmanagements geben.

aus: www.inno-tec.bwl.uni-muenchen.de

Wie sagte schon Goethe.

Die Botschaft hör ich wohl
allein, mir fehlt der Glaube

Die Ergebnisse solcher Studien über Innovation wollen sie dann in international anerkannten Zeitschriften der Wissenschaft zur Verfügung stellen. Das ist schon mal nicht besonders innovativ. So Plunder wird tonnenweise produziert.

Und wieso wollen die ihre Studien, die mit Steuergeldern finanziert werden, anerkannten Zeitschriften, die wiederum von Steuergeldern leben, zur Verfügung stellen? Wieso veröffentlichen sie nicht einfach im Internet? Das würde die Praxis dann eher erreichen, denn welcher Unternehmer liest sich schon irgendwelchen Kram in irgendwelchen pseudowissenschaftlichen Zeitschriften durch?

Oder glauben die ernsthaft, dass ein armer Vertreter der Ökokaste, der gerade einen Pöstchen in einer staatlich alimentierten "Forschungseinrichtung" ergattert hat, zum Unternehmer wird, wenn er den Kram liest? Wenn selbiger das Zeug dazu hätte, wäre er wohl kaum auf dem Pöstchen gelandet, wo man solche Zeitschriften liest.

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Infos und Anmerkungen:

ES        DE

Das Buch zur Webseite.

Die schöpferische Zerstörung

Kapitalsammelstellen als neue "Kapitalistten"

Positiv am Konzept des Führers ist, dass die Bedeutung unterneh- merischer Tätigkeit für die Marktwirtschaft erkannt wird.

Negativ ist, dass die Grenze zwischen "schöpferischer Zerstörung" und evolutiver Entwicklung fließend ist und damit die Konzeption letztlich nichtssagend ist.

Von der Bedeutung von Bildung, staatliche geförderter Forschung und Entwicklung und andere Rahmenbedingungen wird völlig abstrahiert.

Die Bedeutung von Schumpeter liegt darin, dass er die Möglichkeit von Kapitalsamelstellen zur Kreditschöpfung erkannt hat.

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