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Der "Innovationsrat" ist nun kongenial zur sprachlichen Beschreibung des Begriffs Innovation. Nia Künzer spielt gerne Fußball und interessiert sich für Entwicklungspolitik. Das muss einfach reichen. Hans-Jürgen Beerfeltz, seines Zeichens Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, FDP Mitglied und von Niebel auf den Posten gehievt, höchste Qualifikation Studium der Soziologie, will ein Gremium schaffen, das Ideen entwickelt und nicht Gutachten in Auftrag gibt, wo sie in fünf Jahren wissen, was sie heute hätten anders machen sollen.

Der Autor hat sich das Video nicht zu Ende angeschaut. Wenn er ein Bedürfnis nach Gruseln hat, besucht er die Geisterbahn auf der Kirmes. Das Video reicht aber, um die Gesamtproblematik zu erfassen. Wir brauchen die komplette Offenlegung der Fakten und Entscheidungsgrundlagen, auf denen wirtschaftspolitische Entscheidungen beruhen und wir brauchen die Einbindung der Gesamtbevölkerung in diese Prozesse.

Ulrich Post wird dann schon konkreter, aber hier gilt dann wieder das Goethe Wort:

Die Botschaft hör ich wohl
allein mir fehlt der Glaube

Er meint: "Erfolgreicher arbeiten kann man dann, wenn man die handelnden Personen in den Entwicklungsländern ernster nimmt als wir das in der Vergangenheit getan haben."

Es wäre schon was, wenn man die Kompetenz der deutschen Bevölkerung einbindet und sich weniger mit Ämterpatronnage beschäftigt (Vetternwirtschaft und Klientelpolitik bei FDP-Dirk Niebel), wobei sich hierbei um einen Systemfehler handelt. Weitgehend unkontrollierte Systeme laufen aus dem Ruder.

Kommen wir also zur Kernfrage zurück, ist die Nuss zu knacken, wird man den Staat dazu bringen können, die Fakten und Entscheidungsgrundlagen offen zu legen.

Der Autor würde eindeutig sagen ja, die Entwicklung ist unumkehrbar, weil der Druck auf den Staat zunimmt. Ist der einzige Mittler zwischen Politk und Bürger die Journaille, die früher ausschließlich auf totem Holz erschien, haben wir eine sehr starke Assymetrie beim Zugang zu Informationen.

Der Staat weiß naheliegenderweise alles, zumindest weiß die entsprechende Behörde immer mehr über das jeweilige Thema, als der Bürger, und der Bürger nur das, was er via Journaille geliefert bekommt. Die Journaille weiß aber erstens in der Regel auch nicht allzuviel, sie ist der Wiederkäuer von Presseagenturen wie DPA, AFP, Reuter etc.. Um die Rohdaten, die diese liefern, wickelt sie dann noch ein bisschen Meinung und verteilt es an die Kioske.

Zweitens ergibt sich aus der tagesaktuellen Berichterstattung kein zusammenhängendes Bild, weil Hintergründe nicht mitgeliefert werden und Informationen auch nicht gespeichert werden. Diese Assymetrie wird durch das Internet zunehmend beseitigt. Das Internet speichert Informationen, bis zum jüngsten Gericht, macht Informationen mühelos und kostenlos auffindbar, verknüpft Informationen und nimmt kritisch zu Informationen Stellung.

Drittens gibt es noch ein Problem. Die Journaille ist abhängig von der Politik. Wird sie frech, wird sich diese nicht mehr mit ihr unterhalten. Sie hat also allen Grund, devot mit dem Schwanz wendeln, wenn sie an wirklich interessante Informationen kommen will.

Eine ungeheure Schlagkraft hat in diesem Zusammenhang Wikipedia entwickelt. Dort finden sich praktisch alle irgendwie relevanten Personen des Zeitgeschehens abgebildet, was in manchen Zusammenhängen interessant ist.

Ist es dem einsamen Zeitungsleser nicht möglich, abzuschätzen, wie bestimmte Probleme von der Gesamtbevölkerung beurteilt werden, kann dies über das Internet sehr oft ermittelt werden.

Stellt das Bundesministerium die Veröffentlichungspflicht von Jahresabschlüsssen als Erfolg dar, so zeigt das Internet, dass diese Ansicht eigentlich von niemandem geteilt wird. Fakten, wie sie das Internet liefert, wirken langfristig stärker, als reine Marketingkampagnen, wie man sie von staatlichen Stellen, Parteien, Körperschaften des öffentlichen Rechts etc. etc. kennt.

Allerdings hätten viele Unternehmen weniger Probleme damit die Jahresabschlüsse offen zu legen, wenn der Staat so transparent wäre wie die Wirtschaft nun verpflichtet wird dies zu sein. Bundestagsabgeordnete haben heftige Probleme damit, ihre Nebeneinkünfte offen zu legen. Sehr viel weniger Probleme habe sie damit, private Unternehmen zu zwingen, den kompletten Jahresabschluss offen zu legen.

Im Moment fassen staatliche Stellen das Internet als einen Kanal auf, der im Grunde so ähnlich wie Zeitung und Fernsehen funktioniert, also die Plebs lässt man an der Weisheit gnädig teilhaben, produziert Podcasts mit irgendwelchen Bundeskanzlern, die zwar das Gleiche darstellen, wie ein Auftritt in der Glotze, dafür aber im Viererpack mit 26000 Euro Steuergeldern zu Buche schlagen. Insgesamt wurden 550000 Euro ausgetütet. Das Internet vergisst halt nie (Bundeskanzlerin-Podcasts kosteten bisher eine halbe Million).

Hinsichtlich Interaktion ist man noch im Zeitalter der Leserbriefe stecken geblieben. Langfristig wird man sich aber an die Gegebenheiten des Internets anpassen müssen oder eben riskieren, dass die öffentliche Debatte, wie dies ja bereits geschieht, vollkommen an den Parteien vorbeiläuft und sich andere Bewegungen gründen, wie z.B. www.campact.de, www.couragetoresist.org oder außerparlamentarische Organisationen wie attac, die massenwirksam sind und die Parteien vor sich her treiben.

Zwar haben auch diese Bewegungen ab einer bestimmten Größe die Tendenz, zu Marketingkampagnen zu mutieren, wie z.B. Greenpeace, doch dann verlieren sie eben auch an Glaubwürdigkeit. Wollen die Parteien nicht untergehen, werden sie sich öffnen müssen.

Spätestens dann, wenn die Piratenpartei vor der Tür steht, denn die machen Transparenz zum zentralen Thema und Transparenz ist das zentrale Thema. Dass die Piratenpartei sich nicht die Mühe macht, irgendein Geschriebsel in irgendein Parteiprogramm zu schreiben, ist da nur konsequent. Sie akzeptieren, als einzige Partei, dass die Verhältnisse nun mal kompliziert sind, und dass wir Mittel und Wege finden müssen, Komplexität zu beherrschen und den Sachverstand der Bevölkerung zu nutzen. Sie mögen konkret erstmal scheitern, langfristig werden alle Parteien diesen zentralen Gedanken übernehmen müssen.

Je mehr Informationen zur Verfügung stehen, desto mehr werden die Leute lernen, diese zu bewerten und sich ein eigenes Urteil zu bilden und weitere Informationen nachfragen und schlussendlich wird der gewinnen, der die Informationen liefert. Je öfter die Leute die Diskrepanz zwischen einer Marketingkampagne und der Realität erfahren, desto bedeutender wird die Information und die Diskrepanz zwischen Marketing und Realität kann das Internet manchmal schon sehr plastisch darstellen. Das Produkt der Politik wird zunehmend Transparenz sein und weniger Antworten auf irgendwelche Probleme bzw. die Antwort wird zunehmend mit einem Qualitätsfaktor und Plausibilität gewichtet.

An der ersten Front ist also die Ökokaste kaum beteiligt und wenn, dann eher als Opfer der Entwicklung, denn das Internet bewirkt eben auch, dass sie selbst kritisch unter die Lupe genommen wird.

An der zweiten Front, der Vermittlung von ökonomischen Sachzusammenhängen, könnte sie mitstreiten, was sie aber nicht tut. Was sie tun könnte, wurde bereits gesagt. Sie könnte die Potentiale, die das Internet bietet, e-learning, nutzen und den gesamten Stoff eines VWL Studiums öffentlich darstellen, ein Verständnis für die Komplexheit wirtschaftlicher Zusammenhänge schaffen und damit die öffentliche Kritik an ihrer Rolle entschärfen. Sie tut nichts dergleichen, sie tut genau das, inhaltlich und didaktisch, was sie schon die letzten dreißig Jahre tut und sie tut das in den Kanälen, die seit etwa 600 Jahren bekannt sind: Buch und Vorlesung.

Da dies nicht das einzige e-learning Projekt ist, das die infos24 GmbH betreibt, wie bereits mehrfach erwähnt, betreibt die infos24 GmbH auch eines der weltweit umfangreichsten Portale zum Erlernen von Sprachen, weiß der Autor, dass sich Universitäten in diese Prozesse nicht einbinden lassen. Sie bewegen sich in diese Richtung nur, wenn es Fördergelder gibt, lassen die Projekte aber sofort einschlafen bzw. beenden sie, wenn diese nicht mehr fließen. (Was jeweils zu einer gigantischen Verschwendung an Steuergeldern führt.)

E-learning wird als Gefahr wahrgenommen. Die Universitäten selbst werden also die Prozesse nicht initiailisieren. Zwar würden sich auch Chancen ergeben, aber insgesamt würde es den Wettbewerb verschärfen, was man natürlich vermeiden will.

Unabhängig davon ist die Frage, ob sie es überhaupt können. Es dürfte einige Professoren geben, für die ein Overhead Projektor High Tech ist. Die Universitäten werden sich keinen Millimeter bewegen. Den nötigen Druck können nur Fernunis, staatlich oder privat, ausüben. Davon gibt es nun unendlich viele: www.fernstudium-direkt.de.

Diese werden, so sie in der Lage sind, solche solche Systeme zu implementieren, diese erstmal nur einer geschlossenen Nutzergruppe anbieten, was aus ihrer Sicht Sinn macht.

Zweifelhafter sind da schon die Angebote staatlicher Universitäten. Hier gibt es einige, auch im Bereich Sprachen, die ihr Angebot nur den dort Studierenden zur Verfügung stellen, was einigermaßen skurril ist. Wird ein Angebot über Steuergelder finanziert, dann muss es auch öffentlich sein. Des weiteren ist es sinnlos, das gleiche Angebot x-mal zu erstellen.

Schaffen es private Fernunis über e-learning ein den staatlichen Universitäten / Fachhochschulen überlegenes Angebot zu erstellen, was möglich ist, und wird deren Abschluss vom Arbeitsmarkt akzeptiert, geraten die staatlichen Unis / Fachhochschulen unter Zugzwang. Dann passiert unter Umständen etwas, zumindest kann dann mit einem größeren Druck von Seiten der Politik gerechnet werden. Sinnvoll wäre natürlich, wenn alle Universitäten zusammen an einem Portal stricken und dieses öffentlich ist, doch auch das für die Ökokaste kein attraktives Modell. Rationalisierung der Lehre bedeutet zwangsläufig weniger Stellen.

Bewegungen wie die Piratenparteien werden im übrigen nichts anderes tun können, als das Angebot an Informationen zu erweitern. Sie können aber niemanden zwingen, das Angebot auch anzunehmen. Durch das verbesserte Angebot allein werden Prozesse nicht demokratischer, wenn die Nachfrage nach Informationen nicht steigt.

Hinzukommen muss wohl noch ein Lernprozess. Erfahren die Leute oft und immer öfter, dass die massenmedial verbreiteten Informationen oberflächlich, falsch oder interessiert sind, werden sie grundsätzlich misstrauischer. Das kann zu einem Prozess führen, der die Nachfrage nach Informationen erhöht.

Zusammenfassend: Dass sich die Ökokaste daran beteiligen wird, irgend etwas Sinnstiftendes zu tun, ist eher unwahrscheinlich. Sie werden Getriebene des Prozesses sein. Wenn der Leser aus der Zukunft diese Zeilen liest, soll er es als historische Beschreibung betrachten. Aber auch der Leser aus der Zukunft wird noch etwas lernen können: Innovationen werden nur durchgesetzt, wenn die harten Gesetze des Marktes sie vorantreiben.

Infos und Anmerkungen:

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Das Buch zur Webseite.

 

VWL ist ohne Kommunikation mit der Öffentlichkeit sinnlos

Mehr Staat muss auch immer mehr Transparenz bedeuten

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